Urheberrecht und neue Nutzungsarten - Anwendbarkeit des § 137 l UrhG im Verlagsbereich

von Prof. Dr. Thomas Hoeren, veröffentlicht am 20.01.2008

In jüngster Zeit sorgt § 137 l UrhG für Unruhe in Kulturkreisen. Die Vorschrift kam mit dem 2. Korb und trat zum 1. Januar 2008 in Kraft. Sie sieht vor, daß die Verwerter von Werken, die zwischen 1965 und 2007 erstellt wurden unter bestimmten Voraussetzungen kraft Gesetzes die Nutzungsrechte für neue Nutzungsformen erwerben.

Wie sich jetzt zeigt, sorgen die Anwendungsvoraussetzungen der Vorschrift für zahlreiche Probleme, gerade auch im Verlagsbereich. Die Übertragungsfiktion kommt zB nur zum Tragen, wenn dem Verleger vorab "alle wesentlichen Nutzungsrechte" übertragen worden sind. Das Verlagsrecht umfaßt nach dem Verlagsgesetz (jedenfalls bis 1994) nur das Vervielfältigungs- und das Verbreitungsrecht. Insofern käme ein Verlag nur dann in den Genuß des § 137 l, wenn er alle wichtigen im Gesetz aufgeführte Verwertungsrechte ausdrücklich im Vertrag aufgeführt hat. Dies ergibt sich auch aus § 31 V UrhG (sog. "Zweckübertragungstheorie").

Vorsichtshalber empfiehlt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels in einem neuen Merkblatt den Autoren, von dem mit § 137 l verknüpften Widerspruchsrecht möglichst bald Gebrauch zu machen und bei den Verlagen schriftlich der Auswertung in neuen Nutzungsformen zu widersprechen.

Das Merkblatt und weitere Infos sind zu finden unter

http://archiv.twoday.net/stories/4552355/

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4 Kommentare

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Zwar führen wir uns durch das Zitat geehrt, doch wird die Position des Börsenvereins möglicherweise nicht ganz zutreffend darstellt, siehe http://archiv.twoday.net/stories/4636170/. Hilfreich wäre eine Äußerung, ob die Rechtsauffassung zutrifft, dass Autoren noch bis zum 31.12.2008 Nutzungrechte einem Schriftenserver ohne Zustimmung des Verlags übertragen können, wobei die Rechte auch nach 2008 gültig bleiben.

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Lieber Herr Dr. Graf,
besten Dank für Ihren Hinweis. Der Börsenverein hat in seiner Stellungnahme Hinweise zum Widerspruchsrecht - ob diese als Empfehlungen zugunsten der Autoren anzusehen sind, ist in der Tat fraglich. Der Börsenverein verschickt statt dessen Hinweise an Autoren, die diesen von der Ingebrauchnahme seines Widerspruchsrecht abschrecken soll. Frage an Sie: Wie würden Sie ein Widerspruchsschreiben formulieren? UnD. In Sachen Schriftenserver habe ich noch keine Rechtsauffassung. M.E. stellt sich Ihre Frage nicht, weil die Verlage ohnehin meist nicht von § 137 l UrhG Gebrauch machen können. Was denken Sie? Ihr TH

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Sehr geehrter Herr Professor Hoeren!

Vielen Dank für Ihre Antwort!

Zu Ihrer Frage nach dem Musterbrief habe ich mir erlaubt , unter
http://archiv.twoday.net/stories/4637947/
ausführlich Stellung zu nehmen.

Hinsichtlich der Frage, ob der klassische Verlagsvertrag als eine Art buy-out-Vertrag konzipiert war, würde ich anders als Sie davon ausgehen, dass man dies im Zweifel voraussetzen sollte. Setzt sich die Rechtsauffassung in Urteilen nach 2008 durch, dass Verlagsverträge meist unter die Voraussetzungen für die Gültigkeit der Übertragungsfiktion fallen, können Autoren nicht mehr von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen, da ihnen dieses nur bis zum 31.12.2008 zusteht.

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Sehr geehrter Prof. Hoeren,

bezüglich des § 137 I stellt sich mir die Frage, wie es sich mit der Übertragungsfiktion im Falle von mdl. Absprachen verhält? Gerade freie Journalisten erhalten doch häufig nur einen Zeilenpreis ohne dass im Vorfeld umfangreichere Verlagsverträge geschlossen werden.

Im Falle von Digitalisierungen von Tages-, Wochen- oder Monatszeitungen, Zeitschriften, Magazinen, etc. wird diese Übertragungsfiktion doch in Zukunft zu einem großen Problem führen, denn die Verlage werden doch mit Sicherheit die Position vertreten, sich alle wesentlichen Nutzungsrechte mit Zahlung des Zeilenpreises angeeignet zu haben.

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