LG München I: Hohe Strafen gegen U-Bahn-Schläger wegen versuchten Mords

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 09.07.2008

Sachverhalt

Kurz vor Weihnachten 2007 hatten die beiden zur Tatzeit 17 und 20 Jahre alten Täter an einer U-Bahn-Station in München einen Rentner von hinten niedergeschlagen und mit Schlägen und Tritten lebensgefährlich verletzt, weil er sie auf das Rauchverbot in der U-Bahn hingewiesen hatte. Das Opfer erlitt einen dreifachen Schädelbruch und eine Gehirnblutung. Eine Überwachungskamera zeichnete die Tat auf, die bundesweit Empörung und eine Debatte um eine Verschärfung des Jugendstrafrechts auslöste.

Anwendung des Jugendstrafrechts auf den zwanzigjährigen Türken abgelehnt: 12 Jahre 

Nach der mündlichen Urteilsbegründung haben die beiden den Überfall "wie verabredet gezielt und kaltblütig ausgeführt". Die Initiative sei von dem mittlerweile 21-jährigen Türken ausgegangen. Er habe besonders kaltblütig gehandelt, indem er dem wehrlosen Opfern noch den Rucksack abgenommen habe. Eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht lehnte das Gericht ab, weil der Täter eine "weitgehend gefestigte dissoziale Persönlichkeit" mit wenig Entwicklungsmöglichkeiten sei. Das Gericht hielt den beiden aber zugute, da sie die Tat gestanden und das Opfer um Entschuldigung gebeten hatten, die das Opfer aber ablehnte. Das Gericht verurteilte den Türken zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren, den Griechen zu einer Jugendstrafe von 8 1/2 Jahren.

Volle Schuldfähigkeit beider Täter

Das Gericht stufte die jungen Männer als voll schuldfähig ein. Zwar seien beide angetrunken gewesen, jedoch habe der Alkohol nicht zu verminderter Steuerungsfähigkeit geführt. Auch die Aufzeichnungen der Überwachungskamera, die jeden Tritt und jeden Schlag dokumentierte, zeigten in den Bewegungen der Täter keine Ausfallerscheinungen. Die Gutachter hatten den jungen Männern hohe Aggressivität und Ich-Bezogenheit bescheinigt.

Verteidigung will in Revision gehen

Die Verteidiger kündigten Revision an. Sie werten den Überfall als gefährliche Körperverletzung und hatten deshalb wesentlich niedrigere Strafen gefordert; den Vorwurf des Mordversuchs wiesen sie zurück.

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12 Kommentare

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Sehr geehrte Experten,

zwei Fragen zu diesem Fall:

1) das Gericht hat auf Mordversuch erkannt - woraus hat es auf den entsprechenden Vorsatz geschlossen? Wurde die Gewaltanwendung als so massiv angesehen, dass man es nicht mit der "Hemmschwellentheorie" einen Tötungsvorsatz im Zweifel verneinte?

2) welche Mordmerkmal wurden bejaht? Es kommen wohl nur niedrige Beweggründe in Betracht.

Mfg,

B. Roger

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Sehr geehrter Herr Roger,

(1) der BGH schließt aus höchst gefährlichen Gewalthandlungen auf den bedingten Vorsatz. Er betont, dass es besonderer Anforderungen an die Darlegung der inneren Tatseite in den Urteilsgründen in solchen Fällen nicht mehr bedürfe. Den Anwendungsbereich der bewussten Fahrlässigkeit schränkt er ein, indem ein Vertrauen auf das Ausbleiben des Erfolgs regelmäßig abgelehnt wird, wenn nur noch ein glücklicher Zufall diesen verhindern kann. - Vor dem Hintergrund der stark wissenschaftlich geprägten Auseinandersetzung um die Definition des bedingten Vorsatzes, zumal soweit auch ein voluntatives Element gefordert wird, stimmt dies zumindest nachdenklich.

(2) Als Mordmerkmal vermag ich zweifelsfrei nur niedrige Beweggründe zu erkennen.

Mit freundlichen Grüßen

Bernd von Heintschel-Heinegg

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Ich bin von meiner Politischen Überzeugung eher links eingestellt und habe viele anständige, gebildete ausländische Freunde. Was mich bei der Diskussion mit diesen eher erstaunt hat, war, dass sie noch mehr als die meisten Deutschen für eine harte Strafe waren. Sie sehen aufgrund eines solchen Verhaltens, natürlich stärker als die meisten Deutschen, ihr Image gefährdet und möchten, dass zwischen anständigen und asozialen Ausländern, auch im Bewusstsein der Öffentlichkeit, unterschieden werde.

Ich glaube nicht, dass Ausländer von der deutschen Justiz im Allgemeinen benachteiligt behandelt werden. Fünf Deutsche, die einen Ausländer zusammenschlagen, haben in der Vergangenheit mehr Aufmerksamkeit erregt, als fünf Ausländer, die einen Deutschen zusammenschlagen, da hier meist von einer politisch motivierten Tat ausgegangen wurde. Dass dies auch in umgekehrter Weise der Fall sein kann, dringt so langsam in das Bewusstsein der Öffentlichkeit, nicht nur der Deutschen.

Früher gab es in Discos und anderen Plätzen meines Erachtens mehr dumme Anmache und Gewalttaten von Jugendlichen mit nicht deutscher Herkunft. Diese scheinen sich, nachdem schon mehrere Jahre das Thema in den Medien immer wieder aufgegriffen wird, besser zu benehmen. Das ist mein subjektiver eindruck und auch die Statistiken geben mir recht. Die Ausländerkriminalität sinkt in den letzten Jahren wieder, nachdem sie früher innerhalb weniger Jahre enorm angestiegen war.

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Sehr geehrter Herr Roger,

vielleicht darf ich die Antwort von Herrn Prof. Dr. von Heintschel-Heinegg auf Ihre (wie ich übrigens finde: völlig berechtigten) Fragen zu dem viel beachteten Urteil noch durch einige Punkte ergänzen:

zu 1) Insgesamt richtet die Rechtsprechung die maßgeblichen Anforderungen an den Tötungsvorsatz sehr stark an den Umständen des Einzelfalls aus. Der Hemmschwellenansatz, den Sie zutreffend in diesem Zusammenhang erwähnen, spielte vor allem in den Aids-Urteilen (vgl. nur BGHSt 36, 1) eine bedeutsame Rolle bei der Begrenzung des Vorsatzes im Bereich der Tötungsdelikte. In der Folge dieser Entscheidungen bezweifelte man in der Literatur allerdings vermehrt, dass eine derartige natürliche Tötungshemmung überhaupt existiert. Zudem wurden vielfach die im Ergebnis wenig sachgerechten Auswirkungen der Rechtsfigur auf die Strafbarkeit des Unterlassenden sowie des hemmungslosen Affekttäters kritisiert. Mittlerweile verweist die Rechtsprechung trotz dieser meines Erachtens beachtlichen Bedenken immer noch, selbst bei höchst gefährlichen Gewalthandlungen wie im Fall der sog. „U-Bahn-Schläger“, auf die Hemmschwelle, die der Annahme einer vorsätzlichen Tötung entgegenstehen könne. Dieser Hinweis dient aber nur noch als formaler Einstieg in eine umfassende Prüfung des Vorsatzes anhand einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Umstände. Konkret muss der Tatrichter demnach sämtliche Gegebenheiten des fraglichen Falls in Betracht ziehen, die trotz der objektiv so gefährlichen Gewalthandlung eine Bejahung des Vorsatzes noch hindern könnten. Man spricht hier kurz von Gegenindizien.
Auf den Fall der „U-Bahn-Schläger“ übertragen, dürfte das etwa bedeuten: Die äußerst lebensgefährlichen Schläge und Tritte der Täter begründen die starke Indizwirkung hinsichtlich des Tötungswillens der Angeklagten. Als Gegenindiz wäre insbesondere die Alkoholisierung der Täter zu erwägen, selbst wenn sie nicht zur verminderten Schuldfähigkeit geführt hat.
Problematisch an diesem Wechselspiel zwischen der starken Indizwirkung der Gewalthandlung einerseits und den Gegenindizien andererseits, das die Rechtsprechung mit einer solchen Gesamtschau eröffnet, ist meines Erachtens zweierlei: 1. Können die Instanzgerichte den Tötungsvorsatz überhaupt noch revisionsfest feststellen oder erhöht die jeder Abwägung immanente Unsicherheit im Rahmen der Vorsatzprüfung die Erfolgsaussichten einer Revision derart, dass dadurch die Rechtssicherheit beeinträchtigt wird? 2. Welche Umstände können der Annahme von Vorsatz überhaupt entgegenstehen? Sind etwa starker Alkoholeinfluss, affektive Erregungszustände oder das Nachtatverhalten taugliche Gegenindizien? In diesem Rahmen muss es leider bei dem Hinweis auf diese Aspekte bleiben. Falls nun Ihr Interesse an dem Problemkreis des Tötungsvorsatzes geweckt sein sollte, darf ich Sie vielleicht auf meinen Beitrag zu diesem Thema verweisen, der im Herbst in den JA erscheinen soll. Dort finden Sie auch weiterführende Literatur- und Rechtsprechungsnachweise.

Zu 2) Soweit ich gehört habe, standen kurzzeitig neben den niedrigen Beweggründen die Mordmerkmale Heimtücke sowie Grausamkeit im Raum. Die beiden erstgenannten Elemente des § 211 StGB bejaht offenbar auch das Urteil des LG München I, wobei mir persönlich bei der gebotenen restriktiven Auslegung der Mordmerkale die Annahme niedriger Beweggründe am naheliegendsten erscheint. Im Rahmen der insoweit erneut notwendigen Gesamtwürdigung des Falls ist allerdings zu beachten, dass jeglicher nachvollziehbare Grund für das höchst aggressive Täterverhalten fehlen muss, damit die Tatmotive als niedrig qualifiziert werden können (vgl. nur BGH StV 98, 130, 131).
Viele Grüße,
Benedikt Edlbauer

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Sehr geehrtes Expertenteam,

können Sie mir vielelicht sagen, ob ein strafbefreiender Rücktritt vom Mordversuch überhaupt in Betracht gezogen wurde?
Wenn die Täter nach Abchluss der letzten Tathandlung davon ausgingen, dass sie noch nicht alles nötige zur Herbeiführung des Erfolgs (Tod) getan hatten und daraufhin freiwillig und einvernehmlich aufhörten, wäre doch ein Rücktritt von einem unbeendeten Versuch zumindest denkbar gewesen, oder?

MfG

Konrad Zdanowiecki

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Sehr geehrter Herr Zdanowiecki,

die Frage kann ich Ihnen bezogen auf den konkreten Fall leider nicht beantworten, weil ich weder bei der mündlichen Urteilsbegründung anwesend war noch das schriftliche Urteil kenne, das meines Wissens noch nicht rechtskräftig ist.

Wenn die Feststellungen des Gerichts bei einem Alleintäter (hier waren es aber zwei) so wären, wie von Ihnen geschildert, dann hätten Sie unter Zugrundelegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung recht (persönlich bin ich da anderer Ansicht, ZStW 109 [1997] S.29 ff). Bei Mittätern richten sich die Voraussetzungen jedoch nach § 24 Abs. 2 StGB (während der Universitätsausbildung wird diese Vorschrift immer wieder übersehen und der Rücktritt bei mehreren Tatbeteiligten fehlerhaft nach § 24 Abs 1 StGB geprüft), so dass Voraussetzung für einen strafbefreienden Rücktritt die freiwillige Verhinderung der Vollendung ist (Satz 1). Jedoch genügt zur Straflosigkeit das freiwillige und ernsthafte Bemühen eines der Tatbeteiligten, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird (Satz 2). Nach meiner Erinnerung an den konkreten Fall finde ich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Rücktrittsvoraussetzungen nach § 24 Abs 2 StGB vorlagen.

Mit freundlichen Grüßen
Bernd von Heintschel

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Sehr geehrter Herr von Heintschel,

zunächst mal vielen Dank für Ihrer schnelle und ausführliche Antwort. Eine Frage hätte ich noch.

Durch die Verwendung des Wortes "einvernehmlich" wollte ich darauf hinaus, dass Rspr. und Lit. doch im Rahmen des § 24 II StGB dann eine Ausnahme machen, wenn alle Tatbeteiligten auf Grund einer gemeinschaftlichen Vereinbarung mit gleicher Willensrichtung und gegenseitiger Zurechnung von der Tatvollendung Abstand nehmen, wobei schon ausreichen kann, dass jeder mit dem Handeln des anderen einverstanden ist (z.B. BGH NStZ 89, 318, Schönke/Schröder-Eser § 24 Rn. 73).
Deswegen würde mich interessieren, ob eine solche Konstellation im U-Bahn-Fall (sofern sich die beiden also sagten "der hat genug, lass uns aufhören" und nicht vom Tod des Opfers ausgingen) zumindest denkbar gewesen wäre.

Für ihre nochmaligen Bemühungen bedanke ich mich schon mal im Voraus.

MfG

Konrad Zdanowiecki

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Sehr geehrter Herr Zdanowiecki,

natürlich ist eine solche Konstellation denkbar; sie führt aber im konkreten Fall m.E. gleichwohl nicht zum strafbefreienden Rücktritt:

Das Zitat Schönke/Schröder stimmt, wenngleich es sehr vorsichtig formuliert ist ("kommt in Betracht" - wann?) und auch die (aus meiner Sicht zutreffende) Gegenauffassung zitiert(!). Die Gegenauffassung ist viel stärker als die Zitate es erahnen lassen. Das BGH-Zitat im Kommentar ist schon nicht einschlägig.

Nochmals, warum aus meiner Sicht ein Rücktritt ausscheidet: Wegen Versuchs wird der rücktrittswillige Beteiligte nach § 24 Abs 2 StGB nicht bestraft,

a) wenn er (durch Unschädlichmachen seines Tatbeitrags oder auf andere Weise) freiwillig die Vollendung der Tat, an deren Versuch er beteiligt war, verhindert, (das scheidet vorliegend aus) oder

b) wenn er sich freiwillig und ernsthaft um die Verhinderung der Vollendung bemüht (auch das scheidet aus), falls die Tat ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.

Die Voraussetzungen des Rücktrittsprivilegs verschärft § 24 Abs 2 StGB, wenn am Deliktsversuch mehrere beteiligt waren. Auch im Fall des unbeendeten Versuchs genügt hier bloßes Nichtweiterhandeln zu Rücktrittszwecken nicht (ganz überwiegende Meinung). Der Grund für diese Verschärfung der Rücktrittsvoraussetzungen liegt darin, dass der Gesetzgeber den Versuch mit mehreren Beteiligten für gefährlicher hält als den Versuch des Alleintäters und dass er eine Rücktrittsregelung treffen wollte, die einer Vollendung der Tat möglichst entgegenwirken soll! Das bloße "Lass uns aufhören" genügt deshalb eben nicht.

Mit freundlichen Grüssen
Bernd von Heintschel-Heinegg

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Hallo,
das bedeutet doch und so verstehe ich auch den Wortlaut des § 24 II StGB, dass bei mehreren Tatbeteiligten ich gar kein unbeendeten Versuch prüfen muss. Da der Täter immer eine Handlung vornehmen muss, um zurück zutreten. Richtig?

Grüße

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Richtig (mit den Worten von Jakobs Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl., 26/24): "Der Rücktritt des zuletzt Handelnden befreit Beteiligte nicht von der Haftung. Beteiligte können jedoch ihrerseits zurücktreten, wobei bei allen nicht zuletzt handelnden Personen zu beachten ist, dass sie mit ihrer Leistung zugleich die Tatausführung dem Nachfolgenden überlassen, also ihrerseits schon dann alles getan haben, wenn die Tat beim zuletzt Handelnden entweder noch nicht ins Versuchsstadium getreten ist oder aber jedenfalls nicht in dasjenige des beendeten Versuchs. Die Art, in der Beteiligte zurücktreten, kann sich also nicht nach dem Stand der Hauptstadt richten. Das berücksichtigt § 24 II StGB." Allerdings, sofern ein Beteiligter zur Vollendung noch unersetzbare Beiträge zu leisten hat, verhindert er die Vollendung schon, indem er sich zukünftig versagt.

Prüfen Sie also - wie sonst auch - die in § 24 II StGB genannten Voraussetzungen; von der Situation des "unbeendeten" Versuchs spricht der Gesetzestext nicht.

Dies gilt übrigens auch für § 24 I StGB: Mit der begrifflichen Unterscheidung zwischen "unbeendetem" und "beendetem" Versuch kann man die beiden gesetzlichen Grundmuster für einen strafbefreienden Rücktritt bezeichnen, sogar zur schlagwortartigen Kurzbezeichnung der Rücktrittsvoraussetzungen mögen sich die Begriffe eignen, wenn sie aus einer Rücktrittsdogmatik hergeleitet werden. Gleichwohl ist die begriffliche Unterscheidung an sich überflüssig. Sie beinhaltet lediglich eine klärungsbedürftige Umschreibung des interpretationsbedürftigen Gesetzestexts, der für beide Fälle fordert, dass es der Täter nicht zu Tatbestandsverwirklichung kommen lässt. Der einzige Unterschied zwischen den beiden gesetzlichen Rücktrittsvarianten besteht darin, dass der Täter dieses Erfordernis entweder schon durch bloßen Verzicht auf ein Weiterhandeln (wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat noch nicht alles zur Tatausführung erforderliche getan hat und erst weiteres Handeln den Erfolg bringen würde) oder erst durch Gegensteuerung erreicht (weil der Täter das Seine getan hat und zur Vollendung der Tat dem Geschehen einfach seinen Lauf lassen könnte).

Im übrigen: Jeder unbeendete Versuch ist nichts anderes als ein beendeter Teilversuch. Bemüht sich der Täter, einen Tresor zu knacken, indem er an verschiedenen Stellen ein Loch aufschweißen will, so liegt bereits nach dem ersten Loch ein beendeter Teilversuch vor, ebenso wenn der Täter zunächst vergeblich prüft, ob die Tresorttüre vielleicht versehentlich und versperrt geblieben ist. Unbeendeter und beendeter Versuch unterscheiden sich eben allein darin, was seitens des Täters erforderlich ist, damit es nicht zum Erfolg kommt.

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Liebe Kollegen,

zu zwei Fragen kurze Anmerkungen aus meiner Sicht:

1. Die Frage nach einem "unbeendeten Versuch" (ich übernehme hier mal die verbreitete Terminologie, die ich als Arbeitshilfe auch trotz einiger damit verbundener Fragen persönlich positiver bewerte als Herr Kollege von Heintschel) spielt bei § 24 II insoweit keine Rolle, als immer eine Erfolgsverhinderung oder ein ernsthaftes Bemühen (unter den genannten weiteren Voraussetzungen) gefordert wird.

Mittelbar kann sie aber durchaus bedeutsam werden, wennn man - insoweit eng am Gesetzestext - alle Fälle der Beteiligte mehrerer nach § 24 II behandelt (und nicht mit Teilen der Lehre z.B. den angestifteten Alleintäter nach § 24 I). Dann nämlich wird man ein Verhindern der Tat i.S.d. § 24 II S. 1 durchaus auch im bloßen "Nichtweiterhandeln" des einzigen am Tatort anwesenden Beteiligten annehmen können - wenn, ja wenn der Versuch "unbeendet" ist. Mit dem U-Bahn-Fall hat diese Konstellation freilich nichts zu tun.

2. Im Ergebnis dürfte wahrscheinlich kein ernsthafter Zweifel darüber bestehen, dass ein einvernehmlicher Rücktrittsbeschluss aller Beteiligten zu einem Rücktritt führen kann. War die Situation so, dass für den einvernehmlichen Beschluss gleichsam "alle Stimmen" erforderlich waren bzw. der Beschluss i.R. einer sehr schnellen Kommunikation gefasst, würde ich die Mitwirkung an diesem Beschluss auch als "Verhindern" genügen lassen.

Umgekehrt ist die bloße Passivität nach einem Rücktrittsbeschluss der übrigen Beteiligten, an dem ein Täter/Teilnehmer nicht mitgewirkt hat, nach dem Gesetz nicht ausreichend (weshalb auch zweifelhaft ist, inwieweit mit Blick auf drohende Schutzbehauptungen nachträgliche "gleichsam akzessorische Rücktrtitsbeschlüsse" anerkannt werden sollten. Das mag im Einzelfall zwar zu Härten führen - andererseits ist es ja immer so, dass der Täter nach dem Eintritt ins Versuchsstadium das Rücktrittsrisiko trägt - und das errstreckt sich nicht nur als die Vollendung, sondern auch auf die Rücktrittsmöglichkeit vs. Versuchsstrafbarkeit.

Beste Grüße,

Hans Kudlich

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