"Handschlag mit dem Teufel" - Ruanda-Tribunal verurteilt Organisator wegen Völkermords

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 19.12.2008

In nur 100 Tagen wurden 1994 über 800.000 ruandische Männer, Frauen und Kinder brutal abgeschlachtet, die internationale Gemeinschaft schaute tatenlos zu, weil das winzige rohstoffarme Land keine strategische Bedeutung besitzt, und  die Mission der Vereinten Nationen für Ruanda (UNAMIR) scheiterte, weil die UN ihre viel zu kleine und nicht genügend ausgerüstete Schutztruppe schmählich im Stich ließ. Diese Geschichte des Scheiterns, der Naivität, der Gleichgültigkeit, des Hasses des Völkermords, des Krieges und der Unmenschlichkeit trieb den damaligen Kommandanten der UN-Blauhelme Roméo Dallaire fast in den Selbstmord. Die Geschichte des Genozids in Ruanda (Video) ist zugleich seine Geschichte. Er brauchte Jahre bevor er sein erschütterndes Buch "Handschlag mit dem Teufel" schreiben und damit wieder zu sich selbst finden konnte.

Dallaire hatte zu Beginn des Völkermords den einst starken Mann im ruandischen Verteidigungsministerium, den Offizier und Politiker Théoneste Bagosora  aufgesucht, um mäßigend auf ihn einzuwirken. Auf diese Begegnung bezieht sich der Titel seines Buchs. Bei seiner Zeugenaussage vor dem im tansanischen Arusha tagenden UN-Kriegsverbrechertribunal für Ruanda bezeichnete Dallaire  den Militär als "Schlüsselfigur" des Genozids.

Am Donnerstag hat das UN-Gericht den Obristen Thénoste Bagosora  als Drahtzieher des Völkermords zu einer lebenslangen Fallstrafe verurteilt; zwei weitere ehemalige Offiziere der ruandischen Armee wurden ebenfalls zu lebenslanger Haft verurteilt, ein vierter Angeklagter wurde freigesprochen. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass der inzwischen 67 Jahre alte Oberst eine Gruppe befehligte, die den vielfachen Mord an Angehörigen der Volksgruppe der Tutsi und an moderaten Hutu plante und ausgeführt hat. Es ist das erste Mal, dass das Ruanda-Tribunal einen der Organisatoren des Völkermords verurteilt. Bagosora  hat Berufung gegen das Urteil angekündigt.

Ruanda sollte für die Weltgemeinschaft eine Lehre sein!

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