BGH zu Adwords

von Prof. Dr. Thomas Hoeren, veröffentlicht am 22.01.2009

Bundesgerichtshof zur Zulässigkeit der AdWord-Werbung bei Google

In drei heute verkündeten Entscheidungen hat sich der u. a. für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit der kennzeichenrechtlichen Beurteilung der Verwendung fremder Kennzeichen als Schlüsselwörter (Keywords) im Rahmen der von der Suchmaschine Google eröffneten Möglichkeit der Werbung mit sog. AdWord-Anzeigen befasst. In zwei Sachen hat der Bundesgerichtshof Ansprüche der Kennzeicheninhaber verneint, in der dritten Sache hat er dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) eine Frage zur Auslegung der Markenrechtsrichtlinie vorgelegt.

In den Verfahren ging es um die in der Instanzrechtsprechung unterschiedlich beurteilte Frage, ob es eine Kennzeichenverletzung darstellt, wenn ein Dritter ein fremdes Kennzeichen (also eine Marke oder eine Unternehmensbezeichnung) oder eine dem geschützten Zeichen ähnliche Bezeichnung einem Suchmaschinenbetreiber gegenüber als Schlüsselwort angibt mit dem Ziel, dass bei der Eingabe dieser Bezeichnung als Suchwort in die Suchmaschine in einem von der Trefferliste räumlich getrennten Werbeblock eine als solche gekennzeichnete Anzeige des Dritten (mit Link auf dessen Website) als Werbung für seine Waren oder Dienstleistungen erscheint. In den entschiedenen Fällen enthielt die Anzeige weder das als Suchwort verwendete fremde Zeichen noch sonst einen Hinweis auf den Kennzeicheninhaber oder auf die von diesem angebotenen Produkte.

Im ersten Verfahren - I ZR 125/07 - hatte die beklagte Anbieterin von Erotikartikeln gegenüber Google das Schlüsselwort "bananabay" angegeben. "Bananabay" ist für die Klägerin, die unter dieser Bezeichnung ebenfalls Erotikartikel im Internet vertreibt, als Marke geschützt. Ist eine als Schlüsselwort benutzte Bezeichnung - wie in diesem Fall - mit einer fremden Marke identisch und wird sie zudem für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die die fremde Marke Schutz genießt, hängt die Annahme einer Markenverletzung in einem solchen Fall nur noch davon ab, ob in der Verwendung der geschützten Bezeichnung als Schlüsselwort eine Benutzung als Marke im Sinne des Markengesetzes liegt. Da die Bestimmungen des deutschen Rechts auf harmonisiertem europäischen Recht beruhen, hat der Bundesgerichtshof das Verfahren ausgesetzt, um dem Europäischen Gerichtshof diese Frage zur Vorabentscheidung nach Art. 234 EG-Vertrag vorzulegen.

Im zweiten Verfahren - I ZR 139/07 - standen sich zwei Unternehmen gegenüber, die über das Internet Leiterplatten anbieten. Für die Klägerin ist die Marke "PCB-POOL" geschützt. Der Beklagte hatte bei Google als Schlüsselwort die Buchstaben "pcb" angemeldet, die von den angesprochenen Fachkreisen als Abkürzung für "printed circuit board" (englisch für Leiterplatte) verstanden werden. Die Adword-Anmeldung von "pcb" hatte zur Folge, dass auch bei Eingabe von "PCB-POOL" in die Suchmaschine von Google in dem gesonderten Anzeigenblock neben der Trefferliste eine Anzeige für Produkte des Beklagten erschien. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Fall die Klage unter Aufhebung des Berufungsurteils abgewiesen. Der Markeninhaber kann in der Regel die Verwendung einer beschreibenden Angabe (hier "pcb") auch dann nicht untersagen, wenn sie markenmäßig benutzt und dadurch die Gefahr einer Verwechslung mit der geschützten Marke begründet wird. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Fall eine markenrechtlich erlaubte beschreibende Benutzung angenommen. Da eine Kennzeichenverletzung schon aus diesem Grund zu verneinen war, kam es auf die in dem Verfahren I ZR 125/07 dem Europäischen Gerichtshof vorgelegte Rechtsfrage nicht mehr an.

Am dritten Verfahren - I ZR 30/07 - war ebenfalls die Klägerin des zweiten Verfahrens - sie führt die Unternehmensbezeichnung "Beta Layout GmbH" - beteiligt. Hier ging es darum, dass ein anderer Wettbewerber bei Google als Schlüsselwort die Bezeichnung "Beta Layout" anmeldet hatte. Auch in diesem Fall erschien immer dann, wenn ein Internetnutzer bei Google als Suchwort "Beta Layout" eingab, neben der Trefferliste ein Anzeigenblock mit einer Anzeige für die Produkte des Wettbewerbers. In diesem Fall hat der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Berufungsgerichts bestätigt, das eine Verletzung der Unternehmensbezeichnung und einen entsprechenden Unterlassungsanspruch mit der Begründung verneint hatte, es fehle an der für die Verletzung der Unternehmensbezeichnung erforderlichen Verwechslungsgefahr. Der Internetnutzer nehme nicht an, dass die in dem gesonderten Anzeigenblock neben der Trefferliste erscheinende Anzeige von der Beta Layout GmbH stamme. Diese tatrichterliche Feststellung des Verkehrsverständnisses war nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht zu beanstanden. Da der Schutz der Unternehmensbezeichnungen anders als der Markenschutz nicht auf harmonisiertem europäischem Recht beruht, kam in diesem Verfahren eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nicht in Betracht.

Beschluss vom 22. Januar 2009 - I ZR 125/07 - Bananabay

LG Braunschweig - Urteil vom 7. März 2007 - 9 O 2382/06

OLG Braunschweig - Urteil vom 12. Juli 2007 - 2 U 24/07 - MMR 2007, 789

Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 139/07 - pcb

LG Stuttgart - Urteil vom 13. März 2007 - 41 O 189/06

OLG Stuttgart - Urteil vom 9. August 2007 - 2 U 23/07 - WRP 2007, 649

Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 30/07 - Beta Layout

LG Düsseldorf - Urteil vom 7. April 2006 - 34 O 179/05

OLG Düsseldorf - Urteil vom 23. Januar 2007 - 20 U 79/06 - WRP 2007, 440

Karlsruhe, den 22. Januar 2009

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6 Kommentare

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Darf ich nochmal zusammenfassen:

Die Urteile besagen, dass AdWords-Markenverletzung an einem der folgenden Punkte scheitern:

Fall 2: Keine markenmäßige Benutzung (Nur beschreibend; Ausschlaggebend: Das AdWord selbst)
Fall 3 Keine Verwechslungsgefahr (Ausschlaggebend: Der Anzeigentext)

Eine Frage zu Fall 1: Der Umstand, dass der "AdWord"-Suchbegriff ja nur Google bekannt ist, nicht aber dem Seitennutzer angezeigt wird, sollte doch darauf hindeuten, dass keine "Benutzung" vorliegt, oder?

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@M Boese: Ich habe die Pressemeldung anders verstanden.

> Fall 2: Keine markenmäßige Benutzung (Nur beschreibend; Ausschlaggebend:
> Das AdWord selbst)
Die Frage der Kennzeichenqualität des beschreibenden Zusatzes ("pcb") hat ja nichts mit der markenmäßigen Benutzung zu tun. Es sieht so aus, als wäre hier einfach das als Keyword benutzte Zeichen schon gar nicht geschützt. Das Verfahren zu PCB-Pool ist deshalb wohl auch nicht sonderlich aussagekräftig, was die spezifischen Probleme bei AdWords angeht.

> Eine Frage zu Fall 1: Der Umstand, dass der “AdWord”-Suchbegriff ja nur Google
> bekannt ist, nicht aber dem Seitennutzer angezeigt wird, sollte doch darauf
> hindeuten, dass keine “Benutzung” vorliegt, oder?
Die Pressemeldung ist hier nicht ganz eindeutig bzw. missverständlich. Ich habe aber den Verdacht, dass der BGH genau das nicht(!) entschieden hat. Jedenfalls schließe ich das einerseits daraus, dass er im Verfahren 3 zu "Beta-Layout" keine Verwechslungsgefahr angenommen hat. Eine "markenmäßige Benutzung" lag also wohl vor. Diese Abweichung könnte allerdings noch möglich sein, weil der BGH hier ja entscheiden kann, ohne den EuGH nach seiner Meinung zu fragen.

Allerdings lässt sich das wohl auch aus den Entscheidungen des BGH zu Meta-Tags schließen. Denn dort hat der BGH entschieden, dass auch die unsichtbare Verwendung von Zeichen einen "markenmäßigen Gebrauch" darstellen kann. Damals hat er diese Frage - soweit ich weiß - aber nicht dem EuGH vorgelegt, sondern hat sich mit früheren Entscheidungen des EuGH zufrieden gegeben. Warum sollte er in diesem Fall also die im Wesentlichen identische Frage doch dem EuGH vorlegen? Zumindest im damaligen Verfahren AIDOL ging es auch nicht um ein Unternehmenskennzeichen, so dass dann eigentlich eine Vorlage notwendig gewesen wäre. Deshalb vermute ich, dass es eher um die Frage der Verwechslungsgefahr geht.

Vielleicht habe ich aber auch etwas übersehen, denn die Pressemeldung deutet eher nicht darauf hin. Spätestens die Volltextentscheidungen werden es zeigen. Vielleicht weiß hier auch jemand mehr?

> Fall 3 Keine Verwechslungsgefahr (Ausschlaggebend: Der Anzeigentext)
In der Pressemeldung heißt es: "Der Internetnutzer nehme nicht an, dass die in dem gesonderten Anzeigenblock neben der Trefferliste erscheinende Anzeige von der Beta Layout GmbH stamme". Das lässt mE eher darauf schließen, dass die Positionierung und Hervorhebung der Anzeigen neben(!) den Suchergebnissen maßgeblich ist. Wobei natürlich nicht auszuschließen ist, dass auch der Anzeigentext dabei eine Rolle spielt.

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Ich würde davor warnen, in die Pressemitteilung zuviel hineinzulesen. In Sachen Beta hat der BGh ja auch die Möglichkeit, die Frage der markenmäßigen Benutzung einfach offenzulassen, um die Verwechselungsgefafr zu verneinen. Man wird also auf die Entscheidungsgründe gespannt sein dürfen. Spannend wird m.E. der Fall, wenn der EuGh für Marken das Tor zum Verbot von Googlead aufmachen sollte. Dann würde für Unternehmenskennzeichen etwas anderes gelten als bei Marken.

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Der BGH hatte eigentlich keine andere Wahl als die Frage dem EuGH vorzulegen nachdem soviele andere nationale Gerichte das auch getan haben, oder? Da wurde ja auch schon im Ausland genau geschaut, wie der BGH entscheidet.

Bezueglich Beta Layout muss man wirklich den Volltext der Entscheidung abwarten. Wenn man nur die Pressemitteilung liest, dann hat der BGH die Antwort bezueglich Unternehmensbezeichnungen (fuer welche das EU Recht ja keine Vorschriften enthaelt) schon gegeben. Dann koennte man weiter annehmen, dass der BGH dieselbe Ansicht fuer Marken vertritt, das ganze aber eben lieber nicht entscheiden will, da soviele AdWord Vorlagen anhaengig sind.

Ich frage mich ob der BGH seine Beta Layout Unternehmensbezeichnugs-Rspr dann wieder abaendern wuerde, sollte der EuGH fuer Marken anders entscheiden? Ich war immer der Ansicht, dass im deutschen MarkenG Marken und Unternehmensbezeichungen (mehr oder minder) gleichbehandelt werden?

Re PCB-Pool: Waere das eventuell anders entschieden worden, wenn die andere Seite statt PCB doch PCB-Pool als AdWord eingekauft haette? Ich denke ja.

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