Entwurf zum Bürgerportalgesetz liegt vor: De-Mail für Alle soll pro Jahr bis zu 1,4 Mrd € sparen

von Dr. Michael Karger, veröffentlicht am 04.02.2009

Der Werbeslogan ist schon gefunden: "De-Mail – so einfach wie E-Mail, so zuverlässig und vertraulich wie Papierpost". Ab 2010 soll sie kommen, die De-Mail. Heute hat die Bundesregierung den vom Bundesministerium des Inneren vorgelegten Entwurf des Gesetzes zur Regelung von Bürgerportalen beschlossen. Bürger und Unternehmen können dann bei akkreditierten Diensteanbietern ein Bürgerportalkonto mit elektronischem Postfach und elektronischer Mail einrichten.

Die neuen De-Mail-Adressen sollen auf "de-mail.de" enden. Neben einem sicheren Zustell- und Versanddienst (z.B. für "elektronische Einschreiben") soll auch ein "elektronischer Safe" angeboten werden, in dem Dateien sicher abgelegt werden können. 

In der Begründung zum Gesetzesentwurf wird vorgerechnet, dass Wirtschaft, Verwaltung und Bürger zusammen bis zu 1,4 Mrd. € pro Jahr an Porto und Material einsparen werden, denn die De-Mail soll die klassische Briefpost jedenfalls partiell ersetzen - ein Ansatz, der die Deutsche Post wahrscheinlich weniger freuen dürfte.

Dem Projekt ist zu wünschen, dass es funktioniert und die erforderliche Akzeptanz findet. Ganz sicher ist das nicht, denn auch die einst viel gepriesene Digitale Signatur war weitgehend ein Flop. Und der Argwohn gegen staatliche Bespitzelung ist groß - ein Blick in die Kommentare bei Heise Online zum Thema genügt. Hier sollte der Gesetzgeber wohl noch ganz klar machen, dass die De-Mail kein "Trojanisches Pferd" des Staates mit dem Ziel von noch mehr Überwachung ist. Ein Werbefilmchen zum Thema gibt es auch schon beim Beauftragten des Bundes für Informationstechnik.

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Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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15 Kommentare

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Netter Versuch, aber meine Daten sind wahrscheinlich mit TrueCrypt und GPG besser geschützt als in einem staatlich initiierten "elektronischen safe" bei egal welchem akkreditierten Anbieter.

Die Bundesregierung und gerade das BMI haben hier mit ihrem "Sicherheitswahn" und den damit verbundenen Maßnahmen einiges an Vertrauen zerstört. Insoweit sind die Kommentare auf heise Online mehr als verständlich.

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Offtopic und doch themennah (Stichwort Akzeptanz):

Hat sich die Zahl der Mahnbescheidsanträge seit Dezember eigentlich vermindert bzw. ist ein Anstieg der Klageverfahren ohne vorgeschaltetes Mahnverfahren zu beobachten ?

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Kann man dort auch "von Bürger zu Bürger" kommunizieren? Das dürfte die Wettbewerbshüter von der Kommission auf den Plan rufen.

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Hier trennt sich was getrennt gehört :-)

Für die avisierten Leistungen sind für viele Leistungsgeber im IT-Bereich durchaus nützlich. Allerdings sehe ich schon kommen das hier an allen Ecken und Kanten Schindluder mit den ahnungslosen Bürgern getrieben wird. Im Crossover erinnere ich hier an die 0190 Problematik von der vermutlich tausende Eltern im Lauf der Jahre betroffen waren. Sprich Papa oder Mama haben eine DE Mail-Adresse und Junior ordert mal fix für ein paar Tsd. € Waren. Hier wird zwingend davon ausgegangen werden, dass der Inhaber der Auftraggeber ist. Die Beweislast ist dann erdrückend.

Oder besser noch. Ich kenne die Adresse und den Sicherheitscode meiner EX-Freundin...

Die blöde Kuh kommt aus den Schulden nie mehr raus...

Eine Frage der Aufwandsrelevanz. Es macht dann Leistungsanbietern keinerlei Aufwand mehr einzufordern zu mahnen, zu pfänden etc. pp..

Mal schauen. Vernunft, Verstand und Verantwortung?

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Was den e-safe betrifft, kann ich mich Mueller vorbehaltlos anschließen. Meine Daten speichere ich bestimmt nicht bei einem staatlich zertifizierten Anbieter. Sowohl der Staat als auch die Privatwirtschaft haben in den letzten Jahren bewiesen, dass sie nicht vertrauenswürdig genug sind, um ihnen sensible Daten anzuvertrauen.

Von der Sicherheit von de-Mail bin ich auch nicht überzeugt. Die größte Schwachstelle sind nun mal der Rechner des Endanwenders und der Endanwender selbst. Es hilft überhaupt nichts, die Kommunikation zwischen Endanwender und Provider und zwischen den Providern zu verschlüsseln, solange der Rechner des Endanwenders für Angriffe aus dem Netz offen wie ein Scheunentor ist und solange es - auch mittels social engineering - allzu leicht möglich ist, Millionen von Rechnern zu kapern und zu Botnetzen zusammenzuschließen. Schadsoftware auf dem Rechner des Endanwenders kann prinzipiell alles, was der Endanwender selbst kann.

Letztlich glaube ich nicht an einen Erfolg, weil ich erwarte, dass die beteiligten zertifizierten Provider potenzielle Kunden mit ihren Preisvorstellungen abschrecken werden. Insbesondere die Telekom fällt dadurch auf, dass die bei Einführung neuer Technologien (UMTS, Internet-TV usw.) gern Mondpreise verlangt, die potenzielle Nutzer eher abschrecken als anlocken.

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Und wer überprüft die "akkreditierten Diensteanbieter". Die Meldung passt ja wunderbar in eine Zeit, in der die Zeitungen voll sind mit Meldungen von Bespitzelungen seitens der Bahn, aber eben auch der Deutschen Telekom... So lange der Datenschutz in diesen Unternehmen so klein geschrieben ist, wird man den Bürger nicht davon überzeugen können, dass seine Daten hier "sicher" sind.

Wäre es nicht sinnvoller, ein staatliches Zertifiktat zur Verschlüsselung und Sicherung des E-Mail-Transports anzubieten, das man dann mit der eigenen Mail-Adresse verwenden könnte?

Und à propos freie Wählbarkeit: Ich seh mich schon mit der schönen E-Mail-Adresse "sebastian.dosch34@de-mail.de".

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Wie man sieht, überwiegt die Skepsis. Leider kein gutes Omen für ein Zukunftsprojekt. Trotzdem: Ich würde der De-Mail Erfolg wünschen und bis 2010 ist ja auch noch etwas Zeit zur Optimierung.

@ Mueller: Ich gebe Ihnen recht, den elektronischen Safe würde ich wahrscheinlich auch nicht nutzen. Aber vielleicht wäre doch für viele besser, die sonst Speicherplatz in einer "Cloud" buchen ?

@ Woset: Zum off-Topic-Thema elektronisches Mahnverfahren kann ich leider derzeit nicht viel sagen - vielleicht wissen andere Leser was dazu ?

@ Giesen: Soweit ich es verstehe, ist die Bürger-zu-Bürger Kommunuikation ausdrücklich dabei. Ob das ein Wettbewerbsthema ist - möglich. Immerhin werden ja möglicher andere Anbieter von Mail-Diensten verdrängt. Jedenfalls findet sich in § 19 des Entwurfs eine Bestimmung zur Gleichstellung ausländischer Dienste, um insoweit eine Diskriminierung zu vermeiden.

@ Jens: Die Frage der Preisgestaltung ist interessant. Wenn die De-Mail allen zugänglich sein soll, müsste es auch für Bürger zugänglich sein, die finanziell schlecht gestellt sind.

@ Dosch: Wer die Akkreditierung vornimmt, sagt der Entwurf nicht. Dazu soll es noch eine Rechtsverordnung geben. Die Mail-Adresse "@de-mail.de" ist in der Tat nicht besonders "cool".

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Ich habe eine Verständnisfrage: Soll denn dieser staatliche Email-Account auch dazu dienen, etwa Bescheide mit Rechtskraft zuzustellen? Also wie der normale Briefkasten draußen am Haus wirken?

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Und die Adresse de-Mail.de birgt auch noch wunderschöne markenrechtliche Implikationen... Deutsche Marken: 39915319, 30031199, 30753465 (das ist die des Bundes), 39602380 und 39612421...

@Woset: ich denke, dass die Zahl annähernd gleich geblieben sein wird, weil ja das Barcodeverfahren benutzt werden kann.

Der Staat tritt seinen Bürgern derzeit mit so viel Mißtrauen gegenüber, dass ich mich der de-Mail so lange verweigern werde, wie es nur irgend geht...

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Immerhin finden sich bei Michael Ritter (link oben)auch eine vorsichtig positve Einschätzung.

@Pflichtfeld: Da die De-Mail ja auch eine Option "Einschreiben" kennt, wird sie voraussichtlich auch Zustellungsfunktion erhalten.

Nachfrage an den Kollegen Boecker: Ihr Hinweis auf die markenrechtlichen Implikationen macht mich neugierig - könnten Sie dazu noch etwas sagen (will jetzt keine Rechereche machen) ?

Danke und Grüsse Michael Karger

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Nach § 17 Abs. 1 Bürgerportalgesetz erfolgt die Akkreditierung durch die zuständige Behörde, nach § 2 Bürgerportalgesetz das BSI.

Ärgerlich an dem Bürgerportal ist für mich auch die Tatsache, dass hier eine weitere überflüssige Infrastruktur für Kommunikation geschaffen wird. Schon die Einrichtung des elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs (EGVP) war eine überflüssige Investition, die letztlich nur zusätzlichen Aufwand bei der Kommunikation mit den Gerichten produziert. Dabei könnte man, wie insbesondere die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Rheinland-Pfalz zeigt, ohne Probleme die bestehende und etablierte E-Mail auch zur Kommunikation mit den Gerichten nutzen. Jeder zusätzliche Kommunikationsweg muss überwacht und organisiert werden, zumal ja ausdrücklich verbindliche Kommunikation insbesondere mit Zugangsnachweis vorgesehen ist. Zum Glück ist der Posteingang beim EGVP gering, da (außer Registergerichten und Mahngerichten) kaum ein Gericht in der Lage ist, Nachrichten über diesen Weg zu versenden. Jedenfalls kommen bei mir trotz häufiger Nutzung des EGVO Antworten der Gerichte immer nur per Briefpost.

Und nun sollen wir neben dem EGVP auch noch am Bürgerportal teilnehmen. Solange es Alternativen gibt, werde ich dort kein Postfach einrichten.

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39915319 ist eine Wort-/Bildmarke (Prio: 16.03.1999), die Schutz für "Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Telekommunikation; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung." beansprucht. Inhaberin ist eine Frau.

30031199 ist eine Wortmarke Dmail mit Prio vom 20.04.2000, die (unter anderem) Schutz für "(...) Bereitstellung von Einrichtungen zur Vermittlung von Waren und Dienstleistungen über elektronische Kommunikationsnetze, wie Internet oder World Wide Web; (...)" beansprucht. Inhaber ist die Person, die sich wegen G-Mail bereits mit google erfolgreich auseinandergesetzt hat.

30753465 ist eine Wortmarke D-Mail des BMI mit Prio vom 15.08.2007, die Schutz für "Rechenmaschinen, DV-Geräte und Computer; Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten; Telekommunikation" beansprucht.

39602380 ist eine Wort-/Bildmarke mit Prio vom 20.01.1996, für "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Telekommunikation.".

39612421 ist gelöscht (habe ich beim ersten Überfliegen übersehen).

Was ergibt sich daraus für das Vorhaben des Bundes?

Es gibt alleine drei Deutsche Marken, deren Waren/DL im engen Ähnlichkeitsbereich liegen und aus denen das Vorhaben unter Umständen untersagt werden könnte. Eine nicht unerhebliche Gefahr, denn einer der Inhaber ist dafür bekannt, dass er eine Auseinanderetzung auch mit großen Unternehmen nicht scheut.

Andererseits sind die Marken aus der (umgangssprachlich so genannten) Benutzungsschonfrist heraus. Die Benutzungslage ist nicht klar und es gibt für den Bund verschiedene denkbare taktische Optionen, wie sie unter Umständen das Vorhaben doch umsetzen könnten und vorallem den Inhaber der Marke 30031199 "auszubremsen".

Aber das jetzt ordentlich aufzudröseln, ohne Pferde scheu zu machen, braucht zu viel Zeit & Sorgfalt und für diese Überlegungen bezahlt mich ja keiner...

Schönes WE allseits!

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