Gegenabmahnung ist grundsätzlich zulässig

von Dr. Thomas Lapp, veröffentlicht am 11.04.2009

Wer eine Abmahnung erhält, ist in der Regel erstmal sauer. Wenn die Überprüfung der Vorwürfe ergibt, dass die Abmahnung berechtigt ist, steigert das die Laune keineswegs. Auch wenn der Abmahnende Recht hat, macht ihn das keineswegs sympathischer. Man betrachtet ihn als Besserwisser und ärgert sich, dass man ihm auch noch Geld bezahlen muss. Noch schlimmer ist es natürlich, wenn die Abmahnung unberechtigt ist.

Ist die erste Verärgerung verflogen, möchte man in der Regel wissen, wer der Abmahner denn ist. Man betrachtet dessen Internetseite, gegebenenfalls dessen Angebote im Internet oder auf anderen Plattformen. Nicht selten stellt man dort relativ schnell ebenfalls Verstöße gegen geltende Regeln fest. Mein schönstes Beispiel ist ein Fall, indem der in der Abmahnung ausführlich gerügte und mit Hinweisen auf die Rechtsprechung erläuterte Verstoß sich nicht nur auf der Internetseite des Abmahnenden selbst, sondern in gleicher Weise auch auf der Internetseite seines Rechtsanwalts fand, der die Abmahnung formuliert hatte. Solche Entdeckungen lassen den Abgemahnten über den Sinn von Abmahnungen nachdenken. Er überlegt, wieso der andere ihn wegen eines Verstoßes abmahnt, sich also zum Wettbewerbshüter aufschwingt, bevor er seinerseits das eigene Handeln im Wettbewerb sorgfältig überprüft hat.

Schnell ist man dann mit einer umgekehrten Abmahnung bei der Hand, die gleichzeitig mit der Unterlassungserklärung übermittelt wird. Manche sehen dies als unzulässig an. RA Michael Seidlitz hat mich auf eine Entscheidung des OLG Frankfurt (Beschluss vom 05.12.2008, AZ: 6 W 157/08) hingewiesen, wonach derartige Gegenabmahnungen nicht per se als rechtsmissbräuchlich anzusehen sind. "Denn allein der Umstand, dass ein Wettbewerber, der sich selbst mit einer Abmahnung konfrontiert sieht, den Abmahnenden auf eigene Verstöße hinweist, rechtfertigt nicht die Annahme, dieser Wettbewerber lasse sich allein von sachfremden Gesichtspunkten leiten." (juris Rn. 10)

Der Entscheidung des OLG Frankfurt ist zuzustimmen. Wer sich selbst zum Hüter des Wettbewerbs aufschwingen will, muss seinerseits besonders sorgfältig darauf bedacht sein, alle bestehenden Regeln einzuhalten. Es kann nicht sein, dass die Abmahnung eines anderen dem Abmahnenden das Recht zu einem sanktionslosen Wettbewerbsverstoß gibt. Das wäre aber letztlich die Konsequenz wenn man die Gegenabmahnungen generell als missbräuchlich einstufen würde. (vgl. auch)

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