Taxifahrender Rentner: Kein Absehen vom Fahrverbot wegen beruflicher/wirtschaftlicher Härten

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 17.04.2009

Das OLG Hamm hat durch Beschluss vom 20.3.2009 - 2 Ss OWi 138/09 eine Rechtsbeschwerde eines Taxifahrers gegen ein wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes erstinstanzlich angeordnetes Fahrverbot zurückgewiesen. Der Taxifahrer war nämlich Rentner - diese Rente macht nach Ansicht des OLG auch dessen wirtschaftliche Existenz aus, so dass der Verlust der Möglichkeit der Erzielung von Einnahmen als Taxifahrer ohne Bedeutung ist. Aus der Entscheidung (gekürzt):

"...Auch die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs, insbesondere die Verhängung des Fahrverbots, lässt Rechtsfehler, die zur Aufhebung des angefochtenen Urteils insoweit führen könnten, nicht erkennen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen indiziert bereits die von dem Betroffenen begangene Geschwindigkeitsüberschreitung eine grobe Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers ( § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BKatV), so dass insoweit weitere Ausführungen nicht erforderlich sind. Von der Anordnung eines Fahrverbotes kann gem.  § 4 Abs. 4 BKatV in Einzelfällen abgesehen werden, in denen der Sachverhalt zu Gunsten des Betroffenen so erhebliche Abweichungen vom Normalfall aufweist, dass die Annahme eines Ausnahmefalles gerechtfertigt ist und die Verhängung des Fahrverbotes trotz der groben bzw. beharrlichen Pflichtverletzung unangemessen wäre, wobei das Vorliegen erheblicher Härten oder eine Vielzahl für sich genommen gewöhnlicher und durchschnittlicher Umstände ausreicht. Einen solchen Ausnahmefall können z.B. der drohende Verlust des Arbeitsplatzes oder der Verlust der sonstigen wirtschaftlichen Existenzgrundlage begründen. Derartige Umstände sind aber weder dargelegt noch nachgewiesen worden. In den Urteilsgründen wird zwar mitgeteilt, der Betroffene sei Taxifahrer. Diese Tätigkeit stellt jedoch nicht seine wirtschaftliche Existenz dar, sondern seinen Lebensunterhalt bestreitet der Betroffene in erster Linie von seiner Rente...."

Was berufliche Härten bei drohendem Verlust einer Nebentätigkeit angeht, so verweise ich (Achtung: Werbung!) auf meine Darstellungen in Krumm, Das Fahrverbot in Bußgeldsachen, § 5 Rn. 152. Letztlich kommt es für den Verteidiger bzw. den Betroffenen an, die wirtschaftlichen Verhältnisse genau darzustellen - ansonsten muss man (wie das OLG Hamm) von einer hinreichenden Existenzgrundlage durch die "Haupteinnahmequelle" ausgehen. Ähnlich schon: KG NZV 2002, 281.

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