Gastkommentar Dr. Frank Bokelmann: Bis zum 30. Juni 1992 verwendete Verkehrszeichen noch gültig?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 30.09.2009

Im Jahr 1992 wurden mit der 11. VO zur Änderung der StVO (BGBl. I 1992, S 678) die Verkehrszeichen verändert und modernisiert (z.B. der Glockenrock der Frau statt wallendem Kleid im Zeichen "Gehweg" oder Kurbeln und Lampe ab beim Zeichen "Radweg"). Die alten Zeichen sollten gem. § 53 Abs. 9 StVO weitergelten, aber nicht mehr neu aufgestellt werden.

Nun ist mit Wirkung ab dem 01.09.2009 (BGBl I 2009, 2631) der § 53 Abs. 9 StVO selbst mit der lapidaren Begründung "Rechtsbereinigung" gestrichen worden. Dabei hat der Normgeber offensichtlich übersehen, dass in den alten Bundesländern noch viele der alten Schilder (in Stadtstaaten z.B. Überholverbote, in den Flächenländern viele Zeichen für gemeinsame Geh- und Radwege sowie Z 237 „Radweg“) stehen, die mit der Robustheit westdeutscher Qualitätsarbeit auch noch weitere 17 Jahre stehen könnten. Gerade in den 80ern wurden ja viele gemeinsame Geh- und Radwege gebaut (außerorts) oder einfach nur beschildert (innerorts). Meine private (nicht repräsentative) Statistik für Teile Schleswig-Holsteins zeigt u.a., dass neue Schilder zur Anordnung der Radwegbenutzungspflicht nur bei „neuen“ Radwegen oder an neuen Einmündungen zu finden sind.

Weil nun die Radwege nicht so robust gebaut sind wie die Schilder, die ihre Benutzung anordnen sollen, dürften insbesondere Radfahrer die neue Freiheit nutzen und sich dabei auf einem Beschluss des OLG Stuttgart vom 14.02.2001 - 5 Ss 348/2000 berufen. Es ging in diesem Beschluss um eine veraltete Tempobegrenzung mit schmalen Ziffern und "km". Die Betroffene fuhr nach dem 31.12.1998 innerorts an einem gem. § 53 Abs. 4 StVO ungültigen "30 km"-Schild mit 47 km/h vorbei und bekam keine Verwarnung. § 53 Abs. 4 StVO ist übrigens seit dem 01.09.2009 ebenfalls entfallen.

Entsprechende Fälle könnten insbesondere die Amtsgerichte in den alten Bundesländern in größerer Zahl erreichen. Dabei wird die Frage eine Rolle spielen, ob auch ohne § 53 StVO alte Schilder weitergelten, wenn sie von der heutigen Norm erkennbar abweichen, aber bis zum 31.08.2009 befolgt werden mussten.

 

 

 

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16 Kommentare

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Das BMVBS will sich offenbar nicht festnageln lassen. Ich habe diverse Fragen gestellt. Die erste war, ob die alten Vz. tatsächlich keinerlei Rechtswirkung ggü. den Verkehrsteilnehmern mehr entfalten. Die Antwort war, daß sie "ungültig geworden" sind. Auf die zwei weiteren Fragen betreffend Auswirkungen auf die zugrundeliegende Anordnung (wg. Anfechtung einer Neuanordnung ...) sind sie dann gleich gar nicht eingegangen.

Naja, jetzt beschäftigt sich der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages (auf Anfrage eines Abgeordnetenbüros) mit dem Thema. Irgendwann demnächst Genaueres.

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möglicherweise aufgrund dieses Blogbeitrags hat es nun auch die Hamburger Bürgerschaft und Öffentlichkeit gemerkt:

http://archiv.mopo.de/rewrite/show.php?pfad=/archiv/2010/20100327/hambur...

Einen etwas ausführlicheren Artikel zum Thema "Schilderwald: Tausende Verkehrszeichen ungültig" kann man via Google-News vom Hamburger Abendblatt erhalten.

Für völlig verfehlt halte ich aber die Absicht, die alten Schilder nun durch eine Wiedereinfügung der nun verlorenen Überleitungsvorschrift retten zu wollen.

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Warum sollte das verfehlt sein, wenn man Fehler beseitigt? Das erschließt sich mir nicht.

Im Gegenteil - bei der prekären Haushaltslage unserer Kommunen wäre es geradezu eine Pflicht diesen Unfug zu heilen!

Allerdings könnte der Idee von Kollege RA Ferner, nahe Aachen gefolgt werden: eine Umwidmung gem § 47 VwVfG:

Ungültige Verkehrsschilder: Keine vorschnelle Freude

Zur Zeit häufen sich in der Presse Berichte über einen – zumindest vermeintlichen – Fehler des Gesetzgebers: Man hat in der StVO schon 1992 neue Verkehrsschilder eingeführt, die schrittweise ersetzt werden sollten. Diese Schilder entsprechen im Wesentlichen den alten Schildern, nur in Details sind sie abgewandelt, z.B. ist bei einem beidseitigen absoluten Halteverbot nun oben und unten jeweils ein dünner Pfeil zu sehen, anstelle eines einzelnen dicken Pfeils unten. Inzwischen wurde (Ende 2009) eine Klausel im Gesetz gestrichen, die die Gültigkeit der alten Schilder sicherstellt (§53 IX StVO). Es mehren sich nun Stimmen von “Experten” und Juristen, dass die alten Schilder, sofern sie noch verwendet werden, “ungültig” seien – wer z.B. in einem absoluten Halteverbot parkt, das mit einem alten Schild ausgewiesen ist, könne schwerlich eine “Knolle” bekommen. Mitunter lesen sich manche Berichte inzwischen schon fast wie ein Aufruf, die alten Schilder bewusst zu ignorieren.

Wir klären zur Zeit hausintern die Sachlage. Bis dahin ist an dieser Stelle dringend zu raten, polemischen Aufrufen bzw. Hinweisen zur Nichtbeachtung nicht zu folgen. Abgesehen von der fragwürdigen gesellschaftspolitischen Einstellung, eine bisher tolerierte und offensichtlich gewollte sowie seit Jahren bestehende Regel zum Nachteil der anderen Verkehrsteilnehmer zu ignorieren gibt es hier zwei handfeste juristische Gründe:

  1. Vor kurzem wurde bei uns berichtet, dass beim Parken im Halteverbot eine Mitschuld bei einem Unfall angenommen werden kann. Meines Erachtens wird man bei dieser zivilrechtlichen Haftungsverteilung kaum Beachten, ob das ausgewiesene Halteverbot nun mit einem Schild neuerer oder älterer Gattung ausgewiesen war. Das Risiko der Mitschuld wird in jedem Fall weiter bestehen.
  2. Auch bei der Frage, ob die Schilder per se gar keine Wirkung entfalten, bin ich persönlich kritisch: Der §47 VwVfG bietet die Möglichkeit der Umdeutung von Verwaltungsakten (Das Verkehrsschild ist ein Verwaltungsakt nach §35 S.2 VwVfG). Die Voraussetzungen der Umdeutung sind: Fehlerhaftigkeit des VA, gleiche Zielrichtung zwischen umgedeuteten und ursprünglichem VA, kein innerer Widerspruch des Regelungsinhalts, Rücknehmbarkeit des urspr. VA, keine Umdeutung eines gebundenen in einen Ermessens-VA. Die h.M. nimmt bei “Fehlerhaftigkeit” dabei nicht nur den rechtswidrigen, sondern sogar den nichtigen VA der umgedeutet werden können soll – wer also im aktuellen Fall eine fehlende Ermächtigungsgrundlage sieht und darüber sogar die Nichtigkeit des Verkehrsschilds erkennt kommt immer noch zur Umdeutung. Ich sehe im Ergebnis durchaus die Möglichkeit, die alten (nun evt. fehlerhaften) Verkehrsschilder im konkreten Fall “umzudeuten”.

Die Frage der Umdeutung ist für mich nicht zwingend, aber zumindest möglich. Betroffene können zur Zeit beim besten Willen nicht voraussehen, ob ein Richter die Umdeutung nach §47 VwVfG als Möglichkeit sieht, anerkennt und anwendet. Vor diesem Hintergrund kann ich dringend nur raten, nicht sehenden Auges gegen Verkehrsregeln zu verstoßen

 

Gruß Till

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Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer : "Das Ergebnis ist ernüchternd: Die [StVO-] Novelle ist wegen eines Verstoßes gegen das verfassungsrechtlich verankerte Zitiergebot nichtig. Das bedeutet: Es gilt weiterhin die StVO in der Fassung vor dem 01.09.2009. Die alten Schilder müssen nicht ausgetauscht werden."

http://juris.de/jportal/nav/nachrichten/zeigenachricht.jsp?feed=juna&wt_...

 

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Die StVO-Novelle vom September 2009 ist nach Ansicht des Herrn Minister also "nichtig". 1848 erklärte uns Julius Hermann von Kirchmann: Ein Federstrich des Gesetzgebers, und ganze Bibliotheken werden zu Makulatur. Heute gilt wohl: Eine Pressemitteilung des Herrn Minister, und ganze Heerscharen von Juristen müssen sich um die Rechtsfolgen kümmern:

Gilt das alte Recht ab heute (oder: ab dem Tage nach der Verkündung der PM?) wieder? Oder rückwirkend ab dem 1. September? Bekommt man jetzt als ertappter Verkehrssünder sein Geld wieder? Automatisch oder nur auf Antrag? Kann nun nachträglich noch geahndet werden, was zwischen dem 1. September 2009 und dem 13. April 2010 vermeintlich keine OWi war? Müssen sämtliche Schadensersatzsachen rückabgewickelt werden, in denen der Zivilrichter seit dem 1. September bei einem Verkehrsteilnehmer einen Pflichtenverstoß annahm und der sich nun als Null und "nichtig" erweist? Und selbst soweit es nur darum geht, dass nach Ansicht des Herrn Minister die Behörden sich nicht an das im September dem Rechtsschein nach in Kraft getretene Recht halten sollen: Sind seit dem 1. September wegen der Novelle aufgestellte Schilder wieder abzuschrauben? Sind sie nur nichtig oder Nicht-Akte? Sind Schilder, die sich nach der Novelle als entbehrlich erwiesen, nun wieder aufzustellen, obwohl sie sich als entbehrlich erwiesen hatten? Fragen über Fragen.

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Aus dem Usenet:

-------- Original-Nachricht --------
Betreff: Re: StVO-Novelle nichtig?
Datum: 13 Apr 2010 17:00:00 +0200
Von: usenet2010@cfaerber .(spamschutz)name (Claus Färber)
Newsgruppen: de.soc.recht.strassenverkehr
Referenzen: <82j0epF39uU1@mid.individual.net>    <BMl+Ne4JcDD@mid.cfaerber.name>

Claus Färber <usenet2010@cfaerber.name> schrieb/wrote:
> Im Ernst: Das ist ja ganz großes Kino. Welches Zitiergebot er meint,
> wird natürlich nicht klar. Ebensowenig, ob das Problem nicht auch die
> alte StVO trifft und wir wieder bei der StVO von 1927 landen...

Es muss sich um das Zitiergebot aus Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG handeln:
Danach muss die Rechtsgrundlage angegeben werden; die Einleitungsformel
der Änderungsverordnung (im BGBl.) ist tatsächlich etwas komisch:

| Auf Grund
|
| - des § 5b Absatz 3 sowie des § 6 Absatz 1 Nummer 3 erster Halbsatz in
|   Verbindung mit Absatz 3 Nummer 3 Buchstabe c und f, Nummer 14, 18
|   und des § 26a des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der
|   Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), von denen
|   § 5b Absatz 3 und § 6 Absatz 1 zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes
|   vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1958) und § 26a Absatz 1 zuletzt
|   durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. Juli 2007 (BGBl. I S. 1460)
|   geändert worden sind, verordnet das Bundesministerium für Verkehr,
|   Bau und Stadtentwicklung,
|
| - des § 6 Absatz 1 Nummer 5b, 15 in Verbindung mit Absatz 2a des
|   Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5.
|   März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), § 6 Absatz 1 und 2a zuletzt
|   geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 14. August 2006 (BGBl. I
|   S. 1958), verordnen das Bundesministerium für Verkehr, Bau und
|   Stadtentwicklung und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz
|   und Reaktorsicherheit:

Die zitierten Vorschriften existieren zum Teil nicht einmal.

§ 5b Abs. 3:

| (3) Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung wird
| ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bei
| der Einführung neuer amtlicher Verkehrszeichen und -einrichtungen zu
| bestimmen, dass abweichend von Absatz 1 die Kosten entsprechend den
| Regelungen des Absatzes 2 ein anderer zu tragen hat.

§ 6 Abs. 1 Nr. 3 1. Hs:

| die sonstigen zur Erhaltung der Sicherheit und Ordnung auf den
| öffentlichen Straßen, für Zwecke der Verteidigung, zur Verhütung einer
| über das verkehrsübliche Maß hinausgehenden Abnutzung der Straßen oder
| zur Verhütung von Belästigungen erforderlichen Maßnahmen über den
| Straßenverkehr, ((und zwar unter anderem...))

Das würde ja reichen, wenn er nicht "in Verbindung mit" nicht existenten
Vorschriften zitiert worden wäre.

§ 6 Abs. 3 hat keine Nummern und schon gar keine Buchstaben.

Gemeint war wohl jeweils Abs. 1, also § 6 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c, f, Nr.
14 und 18:

| 3. c. über das Mindestalter der Führer von Fahrzeugen und ihr
|       Verhalten,

|    f. über das innerhalb geschlossener Ortschaften, mit Ausnahme von
|       entsprechend ausgewiesenen Parkplätzen sowie von Industrie- und
|       Gewerbegebieten, anzuordnende Verbot, Kraftfahrzeuganhänger und
|       Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 7,5
|       Tonnen in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr und an Sonn- und
|       Feiertagen, regelmäßig zu parken,

| 14. die Beschränkung des Haltens und Parkens zugunsten der Bewohner
|     städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel sowie die
|     Schaffung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit
|     außergewöhnlicher Gehbehinderung, mit beidseitiger Amelie oder
|     Phokomelie oder vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für
|     blinde Menschen, insbesondere in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung
|     oder Arbeitsstätte;

| 18. die Einrichtung von Sonderfahrspuren für Linienomnibusse und
|     Taxen;

Man kann sich jetzt streiten, ob das "klar" ist, also der Schreibfehler
einfach durch Auslegung korrigiert werden kann, oder ob das das Zitat
kaputt macht.

Davon wird dann die Wirksamkeit der Änderungen bei den 
Radverkehrsvorschriften abhängen.

§ 6 Abs. 1 Nr. 5b und 15 existieren dagegen wieder:

| 5b. das Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs in den nach § 40 des Bundes-
|     Immissionsschutzgesetzes festgelegten Gebieten nach Bekanntgabe
|     austauscharmer Wetterlagen;

| 15. die Kennzeichnung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten
|     Bereichen und die Beschränkungen oder Verbote des Fahrzeugverkehrs
|     zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit in diesen Bereichen, zum
|     Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen und zur Unterstützung
|     einer geordneten städtebaulichen Entwicklung;

§ 6 Abs. 2a sagt nur, dass ein anderes Ministerium mitmachen muss.

§ 26a ist die Grundlage für Bußgeldvorschriften.

Claus

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Weiß jemand der werten Kollegen, wann und wo Herr Ramsauer dessen unter "Juris" genanntes abgegebene Zitat denn abgegeben hat? Ist dieses Zitat belegt?

In der Tat erscheint auf den ersten Blick völlig nebulös, um welches Zitiergebot es sich handelt und in welcher Form dagegen Verstoßen worden sein soll. Kreativ ist der Lösungsansatz aus Sicht des Ministers sicherlich.

Mir ist auch nicht klar, weshalb es eines Änderungsentwurfs und der Zustimmung des Bundesrats bedürfen sollten, wenn - nach Ansicht des Verkehrsministers Ramsauer - die Novelle schon nichtig sein sollte und damit weiterhin die StVO in der Fassung vor dem 01.09.2009 gelten würde. Hat hier jemand eine sinnvolle Erklärung?

 

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"In der Tat erscheint auf den ersten Blick völlig nebulös, um welches Zitiergebot es sich handelt und in welcher Form dagegen Verstoßen worden sein soll."

 

Lesen müßte man können, zum Beispiel den oben von mir zitierten Text von Claus Färber.

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@Till Wollheim

1. Die alten Schilder sind nun mal am Ende ihrer Lebensdauer. Irgendwann verblassen sie auch tatsächlich (sofern sie alle wirklich vor dem 01.07.1992 aufgestellt wurden). Es gibt zwar an optimalen Standorten noch recht rüstige (fast neu aussehende) Senioren. Aber es lohnt wohl wirklich nicht, ihnen jetzt noch ein langes Leben zu versprechen. Bisher waren alle Übergangsfristen zwischen zwei un zehn Jahre lang. Das reicht dann auch. Tatsächlich haben einige Baulastträger die Schilder seit August 2009 gewechselt und die neuen Schilder bestellt. Die Sache ist damit durch.

2. Die gestrige Rettungsaktion, wenn sie denn tatsächlich etwas bewirkt, bestätigt nur wieder die Baulastträger, die das Thema nunmehr ein dreiviertel Jahr ausgesessen haben. Abwarten und greinen. Dann erledigt sich das schon. Die Schnellen und Effizienten sind die Dummen und werden vermutlich gerade von Gemeindegremien und Vorgesetzten abgekanzelt - die Faulen hingegen gelobt. Wollen wir wirklich, daß deutsche Beamte so erzogen werden?

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Wie ich gerade sehe, hat sich vorgestern die Stifung Warentest auch schon mit dem Thema auseinandergesetzt:

http://www.test.de/themen/auto-verkehr/meldung/Verkehrszeichen-Neue-Verkehrsschilder-jetzt-ungueltig-1859028-2859028/

Dort heiß es nun: "Der Eindruck, der Minister habe die Initiative ergriffen und den peinlichen Zustand durch kluges Handeln beendet, trügt jedoch. Keineswegs kann ein Verkehrsminister eine Verordnung, ob fehlerhaft oder nicht, einfach für nichtig erklären. Was markig klingt, ist lediglich die Rechtsauffassung des Ministers. Ob sie stimmt, ist unter Juristen umstritten. Manche meinen, die ungeschickte Novelle von 2009 sei wirksam, die Schilder in altem Design also tatsächlich ungültig. Andere folgen Ramsauers Ansicht." (Hervorhebung durch mich).

Das Ergebnis ist ernüchernd für die Kommunen. Denn für die Bußgelder bedeutet diese Aussage: "Klagt ruhig! Ihr werdet wahrscheinlich gewinnen." Auf jeden Fall muß in jedem einzelnen entsprechenden Urteil ein längerer Aufsatz über die Gültigkeit der alten Schilder stehen. Und dann muß man dem Betroffenen auch noch vorwerfen können, er habe klare Regeln verletzt. Spätestens da sollte jeden Gericht austeigen, wenn es nur um formale Übertretungen ohne Unfälle geht.

Ganz nebenbei beschäftigt sich der Artikel m.E. recht kundig mit dem Schicksal der erst zum01.09.2009 eingeführten Schilder. Und da dürfte vor allem die Ladehemmung bei der Parkraumbewirtschaftung für die Kommunen ärgerlich werden.

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Es hat nur 2 Jahre, 3 Monate und 13 Tage gedauert, dem Bundesrat eine Neufassung der StVO vorzulegen (Sie wissen schon - jene Norm, die jeder Verkehrsteilnehmer in Sekundenbruchteilen auf jede sich ihm darbietende Verkehrssituation anwenden können muss):

http://www.bundesrat.de/cln_110/nn_1934482/SharedDocs/Drucksachen/2012/0401-500/428-12,templateId%3Draw,property%3DpublicationFile.pdf/428-12.pdf&usg=AFQjCNFxDVTg4mm3r_yvaILFo_-RzkHyAQ

In vielleicht drei Monaten ist dann mit einer Veröffentlichung im BGBl zu rechnen, wenn der Bundesrat nicht wieder viele neue Ideen einbringt (wie schon im Vorfeld der Novelle 2009, wo sich jedes Bundesland mit bevorstehender Landtagswahl einen netten Antrag einfallen ließ).

Damit wäre der (hoffentlich) einmalige Zustand, dass BMVBW und BMJ - also zwei Ministerien eine Staates - dem interessierten Bürger stark voneinander abweichende Versionen einer für das gemeinwesen zentralen Rechtsverordnung zur Verfügung stellen, nach "nur" rund 2,5 Jahren beendet. Das wäre ja schon einmal ein Grund zur Freude.

Und dass die alten Schilder (Stand 30.061992) juristisch gerettet wurden, dürfte die Verantwortlichen jener schwäbisch wirtschaftenden Städte extra freuen, die ihre Schilder-Restbestände aus den 80ern bis heute aufbrauchen. Obwohl das schon seit dem 01.07.1992 nicht mehr zulässig war, ist es jetzt wieder erlaubt.

Deutschland ist halt doch nicht Preussen!

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Abgestellt wird der nach des Herrn Müllermeisters Presseerklärung vom 13.04.2010 rechtlich zweifelhafte oder gar rechtlose Zustand nicht nach 2 Jahren und drei Monaten, sondern nach frühestens knapp drei Jahren (13. April 2010 bis geplant: 01. April 2013). Und obwohl es angeblich nur um die Korrektur des angeblichen Zitierfehlers, einer Fomalie ging, die man binnen vier Wochen zustande bringen könnte, reitet sich der Herr Müllermeister nur tiefer in die gewollte Rechtsunklarheit: Woher bitte weiß der Verkehrsteilnehmer ab April 2013, welche Schilder überhaupt "bis zum 1. Juli 1992" galten (§ 53 E-StVO)? Ich vermisse eine bildliche Darstellung in dem nun vorgelegten Entwurf. Woher soll der Rechtsunterworfene denn sonst bitte schön wissen, dass dieses seltsame, nach Kaisers Zeiten aussehende Schild, das weder in seiner Fahrschule vorkam noch in seiner StVO steht und auch sonst in seinem Umfeld höchst unübliche Schild eines ist, das "bis zum 1. Juli 1992" galt? Der gut sortierte Verkehrsanwalt hat vielleicht noch eine alte Ausgabe der StvO im Archiv, aber soll der Verkehrsteilnehmer wirklich alle Antiquariate der Republik abklappern, um zu wissen, was damals galt und nun plötzlich wieder gilt?

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@Gast: "alle Antiquariate der Republik" muss man als Verkehrsteilnehmer nicht abklappern.

Schleichwerb: ebay, ABEbooks, amazon und viele andere ebenso wie die Bildtafel der historischen Verkehrszeichen auf Wikipedia ersetzen heutzutage den Wandertag zum Antiquariat.

 

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@klabauter: Die genannten Portale (und noch weitere) sind mir bekannt. Ich behaupte aber mal, dass die dort insgesamt verfügbaren Exemplare der StVO vom Stand "bis zum 1. Juli 1992" nur eine kleine zweistellige Zahl ausmachen. Das wird für rund 70 Millionen Verkehrsteilnehmer nicht reichen. Also wird man als rechtstreuer Verkehrsteilnehmer ruckzuck vor dem "Ausverkauft!"-Schild stehen und eben doch noch die nicht-verdatenbankten Antiquariate abklappern müssen.

Und womöglich stellt sich dabei heraus, dass es in der Fassung "bis zum 1. Juli 1992" (oder in einer früheren) wiederum irgendwelche Übergangsregelungen gab, die Schilder für weitergeltend deklarierte, die in der Fassung davor standen. Oder solche jedenfalls nicht explizit aufgehoben worden sind. Mit so einer Kette käme man mühelos bei der StVO von 1953, 1937, 1934 oder den Landes- und Kommunalrechten davor an.

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