BGH: Miterben dürfen Mietvertrag bereits bei Stimmenmehrheit kündigen

von Dr. Claus-Henrik Horn, veröffentlicht am 23.12.2009

Die Miterben einer Erbengemeinschaft dürfen einen Mietvertrag hinsichtlich einer Nachlass zugehörigen Immobilie kündigen, auch wenn die Erbengemeinschaft diese Entscheidung nur mehrheitlich und nicht einstimmig getroffen hat (BGH, Urteil vom 11.11.2009 - XII ZR 210/05). Bislang war es dem BGH zufolge so, dass auch der überstimmte Miterbe mitwirken musste. Die Kündigung musste nämlich von sämtlichen Miterben ausgesprochen werden, also einstimmig. 

Verklagt war der Freistaat Sachsen, der Mieter der Nachlass zugehörigen Immobilie war, wo eine staatliche Puppentheatersammlung untergebracht war. Zwei Miterben mit einem Stimmenanteil von 75 % hatten die Kündigung ausgesprochen, da der Beklagte als Mieter weiterhin nur eine Miete von 204,13 € zahlen wollte und nicht den ortsüblichen Mietzins von 4.078 €. Lt. BGH stellte sich die Kündigung wegen des „offensichtlichen Missverhältnisses“ „objektiv als wirtschaftlich vernünftig dar“. Die Kündigung diente der „Werterhaltung des Nachlasses“. Da somit eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung vorliegt, geht nach dem neuen BGH-Urteil § 2038 BGB dem § 2040 BGB vor.

Die Entscheidung hat erhebliche praktische Relevanz. Bislang musste der sich widersetzende Miterbe erst auf Mitwirkung zur Erklärung der Kündigung verklagt werden, so dass wegen der dadurch bedingten Verzögerung eine Erbengemeinschaft praktisch handlungsunfähig werden kann. Auch auf andere bedeutsame Bereiche der Verwaltung der Erbengemeinschaft wird sich diese Entscheidung auswirken.

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