Freya von Moltke, Mitbegründerin des Kreisauer Kreises, verstorben - Zwei Literaturempfehlungen

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 05.01.2010

Freya Gräfin von Moltke (1911 - 2010) - Witwe von Helmuth James Graf von Moltke (1907 - 1945), einem der bekanntesten Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime - verstarb am vergangenen Freitag in den USA. Die promovierte Juristin und Mutter zweier Söhne zählte zu denen, die dem NS-Regime die Stirn boten. Helmuth James von Moltke war gemeinsam mit seiner Frau der Begründer und führende Kopf des Kreisauer Kreises, benannt nach dem Familiengut in Niederschlesien, das Freya von Moltke in den 1930er-Jahren leitete, während ihr Mann in Berlin als Kriegsverwaltungsrat tätig war. Die einstige Widerstandskämpferin suchte aber auch den Dialog. Den Gutshof stellte sie für die Begegnung deutscher und polnischer Jugendlicher zur Verfügung. Ihren Namen gab sie für eine Stiftung, die sich seit 2004 für die Verständigung zwischen Menschen aus Ost- und Westeuropa einsetzt.

Freya von Moltke, die bereits während des Widerstands die zentrale Bezugsperson ihres Mannes war, wurde seine wichtigste Begleiterin durch die Haftzeit. Als Helmuth James von Moltke am 23.1.1945 in Plötzensee wegen Hochverrats hingerichtet wurde, obwohl ein konkreter Umsturzversuch nicht nachgewiesen werden konnte, war seine Frau 33 Jahre alt.

Schon in der Vorweihnachtszeit hatte ich überlegt, ob ich Ihnen nicht die folgenden beiden Bücher als Leseempfehlung oder als Geschenktipp (zumal für junge Juristinnen/Juristen) vorstellen sollte. Jetzt gibt es hierzu den aktuellen Anlass:

Die Biografie von Günter Brakelmann "Helmuth James von Moltke" schildert wie sich schon früh der angehende Jurist sozial engagierte, selbstbewusst internationale Kontakte knüpfte und offen Kritik an Hitler übte. Um nicht der NSDAP eintreten zu müssen, verzichtete er auf eine Richterlaufbahn. Als Völkerrechtler setzte er sich unermüdlich gegen die Kriegsverbrechen der deutschen Wehrmacht ein.

Nicht minder beeindruckend ist sein lange unbekanntes Gefängnis-Tagebuch und die Briefe an seine Frau aus der Haftzeit: Helmuth James von Moltke "Im Land der Gottlosen. Tagebuch und Briefe aus der Haft 1944/45". Sie führen vor Augen, wie Moltke das ist Gestapo-Gefängnis und das Konzentrationslager, Mithäftlinge, Verhöre und Bewacher wahrgenommen hat. Vor allem zeugen sie von einem unbeugsamen geistigen Widerstand gegen die Unmenschlichkeit.

Beiden Büchern wünsche ich viele, vor allem junge Juristinnen/Juristen als Leser!

Helmuth James von Moltke an seine beiden Söhne während der Haft im Oktober 1944: "Ich habe mein ganzes Leben lang ... gegen den Geist der Enge und der Gewalt, der Überheblichkeit, der Intoleranz, des Absoluten, erbarmungslos Konsequenten angekämpft, der in den Deutschen steckt und der seinen Ausdruck in dem nationalsozialistischen Staat gefunden hat."

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5 Kommentare

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Sehr geehrter Herr Prof. Heintschel-Heinegg,
ich möchte Sie auf eine falsche Information in Ihrem Text aufmerksam machen, die leider von ziemlich vielen seriösen deutsch-und englischsprachigen Medien verbreitet wurde. Freya von Moltke hat den Gutshof nicht "zur Verfügung gestellt". Niemand wusste besser als sie, dass es nach 1945 nichts mehr gab, was man hätte hergeben können. Schon Helmuth James von Moltke rechnete noch zu Lebzeiten damit, dass Kreisau entweder an Polen oder die Tschechoslowakei fällt. Die Einladung von Bundeskanzler Kohl, mit ihm im November 1989 zur Messe mit dem polnischen Premierminister Tadeusz Mazowiecki nach Kreisau zu reisen, hat sie abgelehnt, um nicht den geringsten Verdacht aufkommen zu lassen, es handle sich um eine "Rückkehr" auf ihren früheren Besitz.
Freundliche Grüße
Ludwig Mehlhorn
P.S. siehe in memoriam Freya von Moltke auf www.eaberlin.de

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Vielen Dank für den Hinweis hier im juristischen Blog. Gerne möchte ich auch auf die bevorstehenden "Ökumenischen Plötzenseer Tage" hinweisen.

Die Ökumenischen Plötzenseer Tage finden jedes Jahr um den 23. Januar (Todestag von Helmuth James von Moltke) und den 27. Januar (Holocaust-Gedenktag) herum in der Katholischen Gedenkkirche Maria Regina Martyrum und der Evangelischen Gedenkkirche Plötzensee (Charlottenburg-Nord) statt. Mit einer Reihe von Veranstaltungen gedenken Berliner Christinnen und Christen der Märtyrerinnen und Märtyrer der Nazi-Zeit.
Das Gesamt-Programm finden Sie im Anhang.

Samstag 23.Januar
16.30 Uhr Gedenkkonzert mit der Charlottenburger Kantorei (Leitung: Martin L. Carl)
im Ev. Gemeindezentrum Plötzensee, Heckerdamm 226, 13627 Berlin
18.00 Uhr Ökumenische Vesper zum Märtyrergedenken
in der Kath. Gedenkkirche Maria Regina Martyrum, Heckerdamm 230, 13627 Berlin

In diesem Jahr wird auch der kürzlich verstorbene Freya von Moltke gedacht.

Das Gesamtprogramm der Die Ökumenischen Plötzenseer Tage finden jedes Jahr um den 23. Januar (Todestag von Helmuth James von Moltke) und den 27. Januar (Holocaust-Gedenktag) herum in der Katholischen Gedenkkirche Maria Regina Martyrum und der Evangelischen Gedenkkirche Plötzensee (Charlottenburg-Nord) statt. Mit einer Reihe von Veranstaltungen gedenken Berliner Christinnen und Christen der Märtyrerinnen und Märtyrer der Nazi-Zeit.
Das Gesamt-Programm finden Sie im Anhang.

Samstag 23.Januar
16.30 Uhr Gedenkkonzert mit der Charlottenburger Kantorei (Leitung: Martin L. Carl)
im Ev. Gemeindezentrum Plötzensee, Heckerdamm 226, 13627 Berlin
18.00 Uhr Ökumenische Vesper zum Märtyrergedenken
in der Kath. Gedenkkirche Maria Regina Martyrum, Heckerdamm 230, 13627 Berlin

Die Ökumenischen Plötzenseer Tage finden jedes Jahr um den 23. Januar (Todestag von Helmuth James von Moltke) und den 27. Januar (Holocaust-Gedenktag) herum in der Katholischen Gedenkkirche Maria Regina Martyrum und der Evangelischen Gedenkkirche Plötzensee (Charlottenburg-Nord) statt. Mit einer Reihe von Veranstaltungen gedenken Berliner Christinnen und Christen der Märtyrerinnen und Märtyrer der Nazi-Zeit.
Das Gesamt-Programm finden Sie im Anhang.

Samstag 23.Januar
16.30 Uhr Gedenkkonzert mit der Charlottenburger Kantorei (Leitung: Martin L. Carl)
im Ev. Gemeindezentrum Plötzensee, Heckerdamm 226, 13627 Berlin
18.00 Uhr Ökumenische Vesper zum Märtyrergedenken
in der Kath. Gedenkkirche Maria Regina Martyrum, Heckerdamm 230, 13627 Berlin

In diesem Jahr wird auch der mutigen und leider kürzlich verstorbenen Freya von Moltke gedacht, die ich selbst persönlich kennen lernen durfte.

Das Gesamtprogramm der Ökumenischen Plötzenseer Tage: http://www.charlottenburg-nord.de/Aktuell/Veranstaltungen/Veranstaltungs...

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PS: Bitte um Entschuldigung für die mehrfach identischen Inhalte, welche durch copy/paste entstanden. Eine Korrekturfunktion der Kommentatoren für bspw. 5 Minuten, wie in vielen Blogs ermöglicht, wäre sehr günstig, dies vielleicht als kleiner Hinweis an die technische Administration.

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