Steueraffäre: Ist der von § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG erfasste Ankauf entwendeter Bankdaten "unbefugt" bzw. durch Notstand gerechtfertigt?

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 11.02.2010

Mit dieser Frage setzen sich heute in der FAZ auf der Seite "Staat und Recht" S. 6 die beiden Strafrechtsordinarien Prof. Dr. Klaus Lüderssen, Frankfurt a.M., und Prof. Dr. Kai Ambos, Göttingen, in zwei getrennten Beiträgen auseinander -  mit unterschiedlichem Ergebnis,wie zu erwarten. Übereinstimmend sehen aber beide § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG (Text hier am Ende abgedruckt) als die einschlägige Strafnorm an.

 

Lüderssen sieht eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zur eigennützigen Verwertung von Geschäftsgeheimnissen nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG für gegeben (alternativ Begünstigung, § 257 StGB, "Haushaltsuntreue", § 266 StGB, und unbefugtes Beschaffen personenbezogener Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, § 44 i.V.m. § 43 Abs. 2 Nr. 2 Bundesdatenschutzgesetz). Eine Rechtfertigung durch Notstand gemäß § 34 StGB lehnt er ab, weil es - um dem Gesetzesvorbehalt zu genügen - für den Staat an einer speziellen Ermächtigungsnorm fehle.

 

Dagegen erfolgt nach Ambos im Rahmen des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG die Verwertung/Mitteilung nicht "ungefugt". Wegen des überwiegenden Interesses liege ein Fall des rechtfertigenden Notstands vor, so dass der staatliche Ankauf entwendeter Bankdaten nach dem UWG nicht strafbar sei. Rechtfertigender Notstand werde "zwar im vorliegenden Fall mit dem Argument abgelehnt, dass § 34 kein allgemeines Unrechtsverhinderungsrecht darstellt, doch ist das nicht überzeugend. Denn § 34 liegt der allgemeine Gedanke einer Abwägung und des überwiegenden Interesses zu Grunde, der jedenfalls dann fruchtbar gemacht werden kann, wenn damit nicht vorrangige strafprozessuale Ermächtigungsgrundlagen umgangen werden." 

 

Persönlich halte ich es mit Lüderssen. Im Bereich der gesamten staatlichen Eingriffsverwaltung ist es m.E. ausgeschlossen, gesetzlich beschränkte  Eingriffserlaubnisse - auch wenn generalklausartig formuliert - durch ungebundene Notstandsrechtfertigung zu substituieren. Die Güterabwägung im Rahmen des rechtfertigenden Notstands läuft darauf hinaus, dass der Zweck die Mittel heiligt. Beim Ankauf entwendeter Bankdaten - insoweit hat Ambos recht - ist es schon fraglich, ob die von den Banken geltend gemachten Rechtsgüter hier überhaupt Schutz verdienen, wenn sich die Banken faktisch an der Steuerhinterziehung beteiligen. Auch geht es präventiv um den Schutz des deutschen Steueraufkommens. Zu einer solchen Güterabwägung kommt man jedoch m.E. nicht. Geht es um Handlungen, deren Vornahme in die alleinige Kompetenz der Staatsorgane fällt, vermag § 34 StGB nicht die erforderliche spezielle Sondererlaubnis zu ersetzen. Da heiligt der Zweck nicht die Mittel (wie sich auch am uneingeschränkten Verbot der Folter zeigt, mag auch eine Güterabwägung einen anderen Weg zeigen).

 

§ 17 UWG (Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen)

1) Wer als eine bei einem Unternehmen beschäftigte Person ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das ihr im Rahmen des Dienstverhältnisses anvertraut worden oder zugänglich geworden ist, während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses unbefugt an jemand zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen, mitteilt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

  (2) Ebenso wird bestraft, wer zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen,

  • 1.sich ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis durch

    • a)Anwendung technischer Mittel,

    • b)Herstellung einer verkörperten Wiedergabe des Geheimnisses oder

    • c)Wegnahme einer Sache, in der das Geheimnis verkörpert ist,

    unbefugt verschafft oder sichert oder

     

  • 2.ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das er durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Mitteilungen oder durch eine eigene oder fremde Handlung nach Nummer 1 erlangt oder sich sonst unbefugt verschafft oder gesichert hat, unbefugt verwertet oder jemandem mitteilt.

 

  (3) Der Versuch ist strafbar.

  (4) 1In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. 2Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

  • 1.gewerbsmäßig handelt,

  • 2.bei der Mitteilung weiß, dass das Geheimnis im Ausland verwertet werden soll, oder

  • 3.eine Verwertung nach Absatz 2 Nr. 2 im Ausland selbst vornimmt.

 

  (5) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

  (6) § 5 Nr. 7 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

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23 Kommentare

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Man wird umgekehrt auch darüber nachdenken müssen, ob sich nicht die Leiter der Finanzbehörden der Untreue gegenüber der Staatskasse strafbar machen, wenn sie die Daten nicht kaufen.

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Was das Folterverbot anlangt, so hat dieses ja gerade noch einmal die Kurve gekriegt, als das Frankfurter Gericht im "Fall Daschner" ausdrücklich bestätigte, dass es sich hier um ein abwägungsfestes Verbot handle - wenn es auch auf der Rechtsfolgenseite für Herrn Daschner seeehr glimpflich ausging. Ob die Rechtsprechung die Lehre vom Gesetzesvorbehalt (und die hier fehlende Ermächtigungsgrundlage) ähnlich hoch hängen wird, bleibt abzuwarten - ich bin da etwas skeptischer. Und selbst wenn in einpaar Jahren der BGH oder das BVerfG den Ankauf als rechtswidrig einstufen sollten, so glaube ich nicht, dass den jetzt handelnden Beamten der Finanzbehörden irgendein Ungemach droht. Mein Tipp: unvermeidbarer Verbotsirrtum!

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Der Staat darf ohne Eingriffsermächtigung weder selbst in die Rechte Dritter eingreifen noch andere dafür einsetzen, unabhängig von dem verfolgten Zweck. Ob er dabei vor der Tat eine Belohnung auslobt oder diese erst später anbietet, kann dabei m. E. keine Rolle spielen.

Bezahlt man einen Straftäter für rechtswidrig erlangte Daten, um damit mögliche Steueransprüche durchzusetzen, ist es nur konsequent, statt Auslieferungsanträgen in Zukunft auch professionelle Kidnapper ins Ausland zu entsenden oder diese zumindest zu bezahlen, falls sie (in Kenntnis der späteren Belohnung) "von selbst" tätig geworden sind.

Die Zielsetzung ist nobel - der Steuerflucht muss ein Ende bereitet werden. Dies kann aber nicht durch die Verwaltung auf eigene Faust geschehen, sondern benötigt ein Tätigwerden des Gesetzgebers. Dieser könnte hier produktiver tätig werden als mit der Senkung der USt für die jeweilige Klientel, nicht durchdachten Zensurinitiativen oder den zahlreichen anderen Aufmerksamkeitshaschereien der letzten Jahre.

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Wir haben keine Prinzipien mehr. Es findet überall nur noch eine "Abwägung im Einzelfall" statt (Abwägungslehre!). Klingt zunächst vernünftig. Hat aber zur Folge, daß die Abwägung meistens im Sinne des gewünschten Ergebnisses ausfällt.

Mit gezielt gestreuten Statements lassen Politiker per Blitzumfragen in BILD und RTL die Stimmung im Volk testen, um auf diese Weise das wählerfreundliche Ergebnis der Abwägung bestimmen zu können. Und auch die Obergerichte können sich der Stimmung im Volk sodann kaum entziehen (unerträgliche Strafbarkeitslücken!). Eine Demokratisierung des Rechtsstaats oder eine Wiedereinführung des Scherbengerichts durch die Hintertür? Die historische Erfahrung lehrt, daß man Rechtsfragen nicht nach der jeweiligen Kassen- und Stimmungslage entscheiden sollte.

Aufschlußreich war übrigens die Reaktion von Wolfgang Bosbach in der vergangene Woche ausgestrahlten Sendung "Hart aber fair" auf eine Frage einer Zuschauerin. Nachdem Herr Bosbach den Kauf der Daten die ganze Sendung lang als ausschließlich rechtsstaatlich geboten verteidigt hatte, warf eine Zuschauerin die Frage auf, ob man die CD aus rein rechtsstaatlichen Gründen auch dann gekauft hätte, wenn der Preis höher gewesen wäre als der vermutete Ertrag. Betretenes Schweigen von Herrn Bosbach... Nur rechtsstaatliche Interessen. Schon klar.

 

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"ist es nur konsequent, statt Auslieferungsanträgen in Zukunft auch professionelle Kidnapper ins Ausland zu entsenden oder diese zumindest zu bezahlen"

 

Ich werfe dabei einmal SWIFT, PNR und Echelon als Argumente hin. Staaten europäischer Länder dürfen die SWIFT-Daten (oder PNR-Daten oder alles was Echelon hat) nicht so abfragen und nutzen wie es die USA machen. Also erlaubt man es selbigen, diese zu erhalten - verdachtslos und generell. Die Ergebnisse kommen regelmäßig von dort (aus den USA) zurück als verwertbare Informationen. Das gilt auch für Folter-Ergebnisse aus Guantanamo. Oder - um Schäuble zu zitieren:

„Wenn wir für Informationen anderer Nachrichtendienste eine Garantie übernehmen müssen, dass sie unter Wahrung rechtsstaatlicher Prinzipien zu Stande gekommen sind, können wir den Betrieb einstellen.“

Man spielt also regelmäßig (und "regelgemäß"=gesetzeskonform) den USA von Daten über Datenquellen bis zu Personen (Gefangenen; Zwischenlandung hier, Informationen für Zugriff usw.) zu und erhält im Gegenzug die Rückmeldungen. Die Erhebung der Daten auf diese Art wäre hier illegal und wurde aus Prinzip nicht vom Volk genehmigt. Also spielt man die Bande. Ich folge daher dem treffenden Kommentar von Barbara zu.

 

Grüße

ALOA

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Wir haben schon an anderer Stelle hier im Blog über § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG diskutiert (hier). Richtigerweise müsste Anstiftung, nicht nur Beihilfe angenommen werden, da der Ankauf den Tatentschluss zur Mitteilung der Daten verursacht.  Das ist kein ganz neuer Gedanke. Schünemann z.B. ist diesem in NStZ 2008, 305 (Liechtenstein-Affäre) nachgegangen. Mir scheint aber nicht § 34 StGB der richtige Weg zu sein, um nach einer "Befugnis" (sowohl für § 17 UWG als auch für § 44 BDSG) zu suchen. Wäre dies so, könnte der Staat sich ja mit § 34 StGB auf eine allgemeine  Eingriffsgeneralklausel stützen. Dann wären viele spezielle Eingriffsgrundlagen unnötig. § 34 StGB rechtfertigt nur in ganz engen und krassen Fällen einen staatlichen Eingriff. Steuergeld, auch in Millionenhöhe, ist einfach nicht bedeutsam genug. Man könnte aber fragen, ob nicht § 161 StPO eine Ermächtigung gibt, die Daten anzukaufen. Darauf stützt sich Benjamin Küchenhoff in einem lesenswerten Artikel (hier). Diese Norm stelle eine Grundlage für die Datenerhebung (nach dem BDSG)  und auch eine Rechtfertigung gegenüber der Anstiftung zur Geheimnishehlerei nach § 17 UWG dar, beide enthalten das Merkmal "unbefugt". Doch ob § 161 StPO tatsächlich eine Befugnis gibt, kann mit gutem Grund bestritten werden. Küchenhoff meint, das BVerfG stütze seine Auffassung und zitiert BVerfG NJW 2009, 2876 (2 BvR 8/08) Dort heißt es:

"§ 161 Abs. 1 StPO stellt als Ermittlungsgeneralklausel die Ermächtigungsgrundlage für Ermittlungen jeder Art dar, die nicht mit einem erheblichen Grundrechtseingriff verbunden sind und daher keiner speziellen Eingriffsermächtigung bedürfen."

Wie  Lüderssen sagt, der Ankauf von Daten, die rechtswidrig erlangt wurden, ist ein "erheblicher" Eingriff, der eine spezifische Eingriffsbefugnis benötigt, die aber nicht gegeben ist. Man wird über § 161 StPO streiten können, bis das BVerfG einmal deutlich dazu Stellung nimmt. Die bisherige Rechtsprechung des BVerfG zum Datenschutz deutet aber eher darauf hin, dass eine spezielle Ermächtigungsgrundlage erforderlich ist.

 

Ich sehe hier ebenfalls die grundsätzliche, politische Frage des staatlichen Gewaltmonopols.

Es ist ja nicht so, dass die anzukaufenden Daten etwa von einem anderen Geheimdienst zum Kauf angeboten werden, sondern von einer Privatperson. Darin sehe ich den eigentlichen Knackpunkt.

Verallgemeinert man diese Praxis, stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien zur Verhinderung oder Aufklärung welcher spezifischer Straftaten der Staat denn von Privatleuten, die mittels strafbarer Handlungen sich (vermeintliche) Beweismittel verschafft haben (durchaus auch im Inland), Geld für diese Beweismittel zahlen wird.

Wo zieht man die Grenze? Was wiegt "genugt", 400 Mio. mögliche Steuereinnahmen und wie hoch darf der Preis dafür sein?

Wie wird verfahren, wenn im Inland Privatpersonen sich als Hacker betätigen und ebenfalls rechtswidrig in Computer anderer Bürger eindringen, um Beweise zu sammeln -sagen wir wegen Besitz von verbotenem Bildmaterial? Wie gehen die Politik und Strafverfolgungsbehörden damit auch in der Öffentlichkeit um? Bereits jetzt gibt immer wieder Fälle, in denen Privatleute Systeme hacken, beispielsweise von Nazi-Websites oder andere Datenbanken.

Angenommen, größere rechtswidrige Parteispenden käme ins Gerede, und es private Angreifer verschaffen sich die zur Aufklärung nötigen Daten --würde die Politik dann ebenso für die widerrechtlich beschafften Daten Geld ausgeben?

Wieder einmal, so scheint es mir, gibt es plötzlich delikt-spezifische Sonder-Überlegungen (wie auch anderswo, etwa im Sexualstrafrecht, zu beobachten), die innerhalb der strafrechtlichen Gesamt-Systematik willkürlich erscheinen und die immer gleiche Anwendung der gleichen Prinzipien fallweise außer Kraft setzen.

 

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Ist schon einmal darüber nachgedacht worden (ich habe die Diskussion nicht von Anfang an verfolgt), ob man nicht unterscheiden sollte: Die gekauften Informationen dürfen nicht in einem wie auch immer gearteten Strafverfahren verwendet werden, sondern ausschließlich von der Finanzbehörde und zwar nur zur Nachberechnung der hinterzogenen Steuern (ohne Strafzuschläge). Einem Bauamt, dem Unterlagen zum Kauf angeboten werden, aus denen sich ergeben soll, dass eine neuerbaute Brücke wegen gravierender Mängel in Kürze einzustürzen droht, handelt doch wohl auch dann rechtmäßig, wenn es die Unterlagen kauft, obwohl klar ist, dass der Verkäufer diese Unterlagen unter Bruch von Dienstgeheimnissen an sich gebracht hat. Oder sehe ich das falsch ?

 

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@Dr.Dressler

Ihr Bauamtsfall beinhaltet einen "intesiveren" Notstand: in ihm geht es um unmittelbare Gefahr für Leib und Leben der Passanten bzw. des die Brücke überquerenderen Verkehrs. Es wäre denkbar, dass das Bauamt in einem solchen Fall die Unterlagen kauft, bzw. sogar kaufen müsste. Dies freilich aber auch nur dann, wenn es selbst nicht die Brücke einstweilen für den Verkehr sperren und eigene Berechnungen anstellen könnte - was allerdings unwahrscheinlich ist. Insofern wäre ein Ankauf auch in diesem Fall nicht ohne weiteres gerechtfertigt.

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Sehr geehrter Herr Dr. Dressler,

dieser Gedanke ist auch schon einmal aufgekommen, z.B. hier , aber nicht weiter diskutiert worden. Was wohl dagegen spricht: Für das Steuerverfahren entfällt zwar die Verwertungsproblematik, jedoch fällt dann auch ein wesentliches Argument für den Eingriff fort. Bislang wird ja argumentiert, man müsse, um erhebliche Straftaten aufzuklären, auch einmal "im Mist" wühlen, dürfe sich nicht zu schade sein, es wird gar eine Art Notstand ausgerufen. Umso weniger dürfte aber die bloße Steuerfrage ausreichen, um einen solchen Eingriff zu rechtfertigen.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

@9 Man könnte im Vergleich zum Brückenfall etwa argumentieren, dass es sich bei diesen hohen anstehenden Steuernachzahlungen, aufgrund von oftmals langjährig fortgesetzter Steuerhinterziehung, um eine Gefährdung der Staatsfinanzierung und etwa wesentlicher Bereiche des Sozialsystems, Bildungssystems, Gesundheitssystems etc. handeln würde, was widerum etwa die berufliche Existenz vieler Menschen gefährden würde, wenn man die Daten nicht ankaufen würde.

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@Dr Dressler und Prof Müller

Zuerst werfe ich einmal dies in den Ring:

http://www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/Steuern-Datenschutz;art141...

 

Und nun meine Argumentationen. Wenn jemand einem Bauamt derartiges anbieten würde, wäre das Amt zu einer Anzeige verpflichtet. Und um Steinert noch zu folgen müsste ein Haushaltstitel für die Zahlung existieren um dem Vorwurf der Haushaltsuntreue zu umgehen.

Womit ich direkt zu Steinert über gehe. Zwei Dinge sind mir aufgefallen. Das eine habe ich genannt - Haushaltsuntreue und damit Verbunden seine Bemerkung das dies auch dann der Fall ist wenn man Millionen damit einnehmen würde.
Das zweite zitiere ich:

Man darf annehmen, dass die Rechtsberater der Regierung all diese Probleme geprüft und einer sauberen Lösung zugeführt haben. Es wäre schön, wenn sie diese öffentlich machten, damit die Jurastudenten von heute, die die Staatsanwälte und Strafrichter von morgen sein können, davon Kenntnis erlangen.

 

Womit wir bei Barbara wären. Die Bemerkung zielt auf politische Entscheidungen der Justiz ab womit die Gewaltenteilung aufgehoben wäre. Es mag vielleicht nicht  von ihm beabsichtigt gewesen sein es so aussehen zu lassen das die Politik das juristische Ergebnis liefert. Es steht jedoch imho so zu lesen.

 

Grüße

ALOA

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Sehr geehrter Herr Pof. Müller,

Ihre Stellungnahme zu meinem Bauamtsfall überzeugt mich nicht. Ich möchte noch einmal einen Vergleichsfall bilden:

A hat Steuern hinterzogen. Er ist dafür bestraft worden und hat seine Srafe verbüßt. Die hinterzogenen Steuern sind rechtskräftig gegen ihn festgesetzt worden, konnten aber nicht beigetrieben werden, weil verwertbares Vermögen des A nicht zu ermitteln war. Nun bietet B der Vollstreckungsstelle des Finanzamts Informationen über ein der Finanzverwaltung unbekanntes Kontoguthaben des A zum Kauf an. Meinen Sie wirklich, dass die Finanzverwaltung die Information nicht käuflich erwerben darf ? Es gibt doch wohl keinen Zweifel, dass Sie als privater Gläubiger des A nichts Unrechtes täten, wenn Sie die Information erwerben würden, um an Ihr Geld zu kommen. Warum soll der Fiskus das nicht dürfen ? (Wohlgemerkt nur zum Zwecke der Eintreibung hinterzogener Steuern!).

Gruß R.Dressler

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Sehr geehrter Herr Dr. Dressler,

zu Ihrem Bauamtsfall habe ich gar nicht Stellung genommen.

Der Satz "Wenn ein Privater das darf, dann muss es erst recht der Staat dürfen"  stimmt in dieser Allgemeinheit nicht. Der Staat ist vielmehr an Eingriffsgrundlagen gebunden, während für den Bürger erst einmal alles erlaubt ist, was nicht verboten ist. Das Argument, der Staat solle nicht durch Belohnung von Straftaten einen Anreiz dazu geben, solche zu begehen, bleibt auch dann bestehen, wenn es nur um das Steuereintreiben geht. Wenn jetzt Frau Leutheusser-Schnarrenberger sagt, man werde auch den Datenverkäufer strafrechtlich verfolgen, kommt das einem "venire contra factum proprium" gleich: Erst  bezahlen wir Dich und hinterher bestrafen wir Dich. Es ist dies ein anderer Fall als der eines "Schein-ankaufs" im Drogenmilieu, wo die Polizei Drogen ankauft (und später vernichtet), um dem Dealer auf die Spur zu kommen.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

@Dr Dressler

Ich nehme an Sie meinten meinen Einwand. Der bleibt auch im Falle des Finanzamtes bestehen.

A) Das Finanzamt benötigt die Mittel für den Ankauf und damit einen genehmigten "Haushaltstitel" dafür. Es gibt imho keinen offiziellen Hauslatstitel/Etat des Staates für Schmiergelder o.ä..

B) Das Beispiel mit dem Finanzamt ist nicht vollständig. Vorbedingung für die Problematik ist, das B) die Daten (zwingend) unter Begehen einer Straftat erlangt hat. Ich habe eingewandt, das das Finanzamt Kenntnis von dieser Straftat hat. Da es Kenntnis von dieser Straftat hat ist es dazu verpflichtet dies der Polizei bzw,. einem Staatsanwalt zu melden. Diese müssen ihrerseits tätig werden. Zum einen wegen dieser Straftat und dann ggfs. wegen weiterer Vergehen. Zum Beispiel: woher weiß B) das A) dem Finanzamt etwas schuldet bzw. die Bankverbindung nicht angegeben hat (Verrat eines Dienstgeheimnisses beim FA; ggfs. der Geldbewilligenden Stelle? Org. Verbrechen?)?

Es würde wohl so ablaufen können, das ein Scheingeschäft getätigt wird und das "erbeutete" (nicht mehr gekaufte) Wissen wird beschlagnahmt (so schriftlich fixiert oder dann eben bekannt), der Verkäufer wird festgenommen. Zusätzlich wird es im FA selbst zu Untersuchungen kommen (wer hatte Zugriff auf die Daten).

 

Grüße

ALOA

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Mein Kollege Prof. Tonio Walter hat Spiegel-Online ein Interview gegeben, in dem er weder eine Strafbarkeit des "Informanten" noch des Staates sieht. Auch er bezieht sich auf § 161 StPO als Rechtfertigungsgrund:

"Egal, welchen Tatbestand man annimmt: Den deutschen Behörden steht ein Rechtfertigungsgrund zur Seite, nämlich die allgemeine Befugnis, beim Verdacht von Straftaten "Ermittlungen jeder Art" durchzuführen, wie das Gesetz sagt."

Mich wundert allerdings, dass er so gar keine Folgeprobleme sieht. Meine Gegenauffassung oben in #7.

Ich habe das Interview von Prof. Walter mit Erstaunen, um nicht zu sagen: Befremden, gelesen. O-Ton: "Egal, welchen Tatbestand man annimmt: Den deutschen Behörden steht ein Rechtfertigungsgrund zur Seite, nämlich die allgemeine Befugnis, beim Verdacht von Straftaten "Ermittlungen jeder Art" durchzuführen, wie das Gesetz sagt."

Das wäre ja noch viel weiter als § 34 StGB, der eine Güterabwägung verlangt (wobei sich über die zulässigen Wertungsgesichtspunkte und ihre Gewichtung sicher lange streiten ließe).

Bezeichnenderweise beruft sich Prof. Walter auf den (nicht namentlich genannten) § 161 Abs. 1 StPO, unterschlägt aber den Nachsatz "soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln".

Selbst verdeckte Ermittler, die nur zur Aufklärung bestimmter Straftaten und unter Beachtung spezieller formeller Voraussetzungen eingesetzt werden dürfen, dürfen nur ausnahmsweise zur Aufrechterhaltung oder unter Benutzung ihrer Legende Straftaten begehen (§ 110a Abs. 3, § 110c StPO). Die Anstiftung zur strafbaren Mitteilung von nach § 17 UWG rechtswidrig erlangten Daten und die Belohnung der Erlangung durch eine Geldleistung (§ 257 StGB) sollen dagegen ohne weiteres zulässig sein?

Auch die Berufung auf den Umstand, dass ja nur eine durch (staatlichen Stellen nicht erlaubte) Handlungen eines Privaten geschaffene Lage im Interesse des Allgemeinwohls ausgenutzt werde, ginge hier fehl. Es geht ja nicht um die Frage, ob eine von einem Anonymus per Post geschickte DVD mit Daten über Steuerhinterzieher ausgwertet werden darf, sondern um ihren Ankauf.

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Auch Politiker dürfen ihre Konten bald wieder nach Deutschland umziehen:

 

"Im Streit um den Ankauf gestohlener Steuerdaten will die Schweizer Volkspartei das Bankgeheimnis für deutsche Politiker lüften. Künftig sollen Steuerhinterzieher in den Reihen deutscher Parteien angeprangert werden können. Laut "Frankfurter Rundschau" gibt es bereits eine parlamentarische Initiative."

 

http://www.tagesschau.de/ausland/svp100.html

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Bei der Diskussion über die Konsequenzen einer Verletzung des § 17 UWG werden mE zwei Punkte etwas vernachlässigt:

Das UWG schützt, wie schon sein Name sagt, vor unlauterem Wettbewerb. Die Entwendung der Daten zum Zweck der Weitergabe an Strafverfolgungsbehörden/Finanzbehörden berührt somit schon gar nicht diesen Schutzzweck, da es nicht darum geht, die Daten zum Zweck des Wettbewerbs (Kundenabwerbung o.ä.) zu nutzen.

Zudem zeigt  mE die gesetzgeberische Wertung des § 17 UWG als grundsätzliches Strafantrags- und Privatklagedelikt, dass bei der Abwägung mit dem Interesse an Durchführung einer gleichmäßigen Besteuerung und dem staatlichen Strafverfolgungsinteresse in den vorliegend regelmäßig gegebenen Fällen der schweren Steuerhinterziehung das (bloße) private Interesse der Banken am Schutz vor Entdeckung ihrer Beihilfe zur Steuerhinterziehung (wenn nicht sogar teilweise Anstiftung) zurücktreten sollte.

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