ITU: Keine Medaillen für Deutschland bei der Telekommunikation - nur im Mittelfeld

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 01.03.2010

Die ITU in Genf hat vergangene Woche ihren aktuellen Telekommunikationsbericht veröffentlicht.

Im Vergleich von 159 Staaten bleibt Deutschland entsprechend dem ICT Development Index (IDI) bei der Verfügbarkeit von Mobilfunk- und Festnetztelefonie, den pro Internetnutzer zur Verfügung stehenden Bandbreiten und der Verbreitung von Computern und Internet in Privathaushalten auf Rang 13. Spitzenreiter sind Schweden, Luxemburg, Korea, Dänemark, und die Niederlande. Damit gehört Deutschland im Bereich Telekommunikation nicht zu den zehn modernsten Ländern der Welt.

Wie könnte Deutschland zu den Spitzenreitern aufschließen?

Link:

http://www.itu.int/ITU-D/ict/publications/idi/2010/index.html

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3 Kommentare

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AxelSpies schrieb:

Wie könnte Deutschland zu den Spitzenreitern aufschließen?

 

Ein Problem ist vor allem die Vernachlässigung des ländlichen Raumes, vor allem in Nord und Ostdeutschland (ganz vor allem Nordostdeutschland).

Die Telekommunikationsdienstleiter sind grundweg private Unternehmen, die die Abdeckung nach Profitabilität vornehmen. Dort wo viele Menschen wohnen = hohe Bandbreit und gute Anbindung. Woanders = schlechte Anbindung.

Aus diesem Loch käme Deutschland nur raus, wenn der Staat den Einsatz der EU-Gelder, die meines Wissens nach für den Ausbau bereit gestellt wurden, kontrolliert umsetzt, d.h. der Telekom Auflagen erteilt, bis wann bestimmte Bandbreiten wirklich Flächendeckend zur Verfügung gestellt werden müssen.

Andernfalls wird es bald Regionen geben mit Ethernet-LAN Geschwindigkeit (100 MBit/s) und Regionen die immernoch nur Modem oder GPRS/Edge über Funk haben.

 

Aktuell sehe ich diese Probleme in der Praxis. In meinem Heimatort in Mecklenburg - Vorpommern mangelt es an einem Gerät für 70€ (meinte der Mechaniker der T-Com) um DSL3000 verfügbar zu machen. Jedoch verhindert die Telekom (die angibt die Glasfaserleitung austauschen zu müssen, was an die 100.000€ kosten soll) aus wirtschaftlichen Gründen den Einbau, so der Techniker. Grund dafür ist, dass Kunden bei bestehen dder Leitungen zu anderen Anbietern als der Telekom wechseln könnten (was billiger sein würde) und somit würde die Telekom Verträge verlieren.

Solange diese Praxis beibehalten wird, ist Besserung ebenfalls nicht in sich.

 

Noch ein ganz anderes Problem ist die Diskontinuität der Bandbreite. Nach physikalischen Gesetzen nimmt die Leistung eines Signales mit der zurückgelegten Entfernung (dabei kommt es auf den Widerstand des Leiters an) ab. Dadurch kann ein Szenario entstehen, was obskur erscheinen mag, nämlich, dass zwischen sich entgegengesetzten Häusern ein Geschwindgkeitsunterschied von Adsl (16Mbit/s) und DSl-light (384kbit/s) liegen kann. Grund dafür ist die Entfernung beider Häuser zum jeweiligen Knotenpunkt. Lösung des problemes verspricht das setzten weiterer Knotenpunkte (m.W.n. 35.000€ pro Stück) oder die Verwendung von Glasfaserkabeln.

Letzlich hilft nur ein staatlich organisierter Aufbau der Netzwerke, um zumindest eine Grundversorgung herzustellen (in Anbetracht der Datenflut, sollte es mindestens 2Mbit/s sein, besser 6Mbit/s). Danach können die Netze weiterhin durch private Unternehmen verwaltet werden.

Da ich nicht weiß was kostengünstiger ist, würde sich vllt der flächendeckende Einsatz von UMTS/ HSDPA-Netzen lohnen, die im Moment bis zu 7,2 Mbit/s Downstream ermöglichen.

 

Michael Gladow

 

Eher frage ich mich: Muss Deutschland zu den Spitzenreitern in einer Kategorie aufschließen, die sich danach bestimmt, ob und wie Heinrich und Konrad im Internet surfen? Oder gibt es möglicherweise dringendere Probleme? Was die für Investoren entscheidende Infrastruktur angeht, ist Deutschland nicht im Nachteil. Der IDI beleuchtet ja gerade die sogenannte "Informationsgesellschaft".

Es steckt zweifellos eine gewisse Logik dahinter, wie Privatunternehmen von wirtschaftlichen Interessen geleitet Regionen erschließen oder eher weniger. Danach hat es keinen Sinn, Netze in Regionen zu schaffen, in denen wenige, überwiegend alte Menschen leben. Wonach hat es denn Sinn? Natürlich kann der Staat es auch hier "besser" machen als jedes Unternehmen und nach egalitaristischen Idealen, fern jeder wirtschaftlichen Vernunft flächendeckende Verfügbarkeit schaffen. Wo die Bevölkerung am Ende der Leitungen ausstirbt, bezahlt eben der Rest der Republik und das auf Pump. Um sich aus Prinzipienreiterei volkswirtschaftlich wieder einmal übernehmen zu können, wäre ein erheblicher sozialer Stellenwert der digitalen Grundversorgung erforderlich. Den kann ich, beheimatet im IT-Sektor, nicht erkennen. Der Online-Medienkonsum und die -Teilhabe haben zweifellos ihre wertvollen Aspekte, aber - schon aus Zeitgründen - substituieren sie auch andere Medien. Fraglich, ob gegenüber dem Substituierten ein wesentlicher Vorteil besteht, oder - vereinfacht gesagt - ob man nicht mal wieder ein Buch lesen sollte.

Es ist in absurder Weise en vogue (aus meiner Perspektive vorrangig in der Mehrheitsbevölkerung, die der Informationstechnologie nur als Konsument gegenübersteht, unter Endanwendern), an die Wahl der Mittel, an "Digitalisierung", inhaltlich überzogene Erwartungen zu knüpfen. Die Illusion, mit dem Einsatz neuer Technik, mit dem Umfüllen alten Weins in neue Schläuche irgendwelche strukturellen Verbesserungen zu bewirken. Das beginnt mit der Meinung, ein Vortrag gewinne durch Powerpoint an Qualität, und reicht bis zu so ideell im elektrifizierten Lebensstil tief verwurzelten Projekten wie "One Laptop per Child" - Bildungsverbesserung durch Verteilen von Billigelektronik in Afrika. Entsprechend wird in öffentlichen Debatten das menschenwürdige Dasein eines Tages von Konnektivität mit mindestens zwei Megabit pro Sekunde abhängen. Ich glaube, wir lassen uns zu leicht vom Wesentlichen ablenken.

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@Richard: Ihren Sinn für Realität in allen Ehren, nur sie verkennen dabei, dass es in einem Industriestaat wie Deutschland einer ist, mitlereile zu einem Grundbedürfniss geworden ist Internet zu haben. Sie sagen, dass ältere Menschen unrentabel sind, weil diese seltener ein solches Bedürfnis haben, aber auch sie und ich werden einmal alt und wollen dann nicht auf das Internet verzichten.

Aber auch so haben eben die nicht älteren Menschen einen Bedarf an einer Grundversorgung mit Internet. Wer heutzutage auf dem technisch neuesten Stand (auch aus Sicherheitserwägungen heraus) bleiben will, ist gezwungen seinen Computer ständig mit Updates zu aktualisieren.

Sie sollte einmal mit einem Modem oder einem GPRS-Gerät versuchen Windows einzurichten, ich schwöre ihnen, danach sind sie es Leid, langsahmes Internet zu haben. (Das update von Office 2007 auf beide Serviceupdates unter Windows 7 dauert geschätzte 10h, bei guter GPRS Verbindung)

Zudem wird immer mehr nurnoch online oder weit überwiegend online angeboten. Für Menschen ohne adäquates Internet entweder ein Geduldsspiel oder eine Qual.

Wenn wir jetzt auf einen Ausbau der Netze verzichten, hätten wir auch auf den Bau von Straßen verzichten können etc.

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