OWi-Basiswissen: Rechtlicher Hinweis beim Fahrverbot erforderlich!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 25.03.2010

Das OLG Jena, Beschluss vom 26.02.2010 - 1 Ss 270/09 = BeckRS 2010 05941 hat sich mit einem Gesichtspunkt befasst, der OWi-Basiswissen darstellt: Das Erfordernis des rechtlichen Hinweises, wenn das Gericht entgegen der Ahndung im Bußgeldbescheid ein Fahrverbot anordnen will. Hier auszugsweise:

 

 

Ist im Bußgeldbescheid ein Fahrverbot nach § 25 StVG nicht angeordnet worden, so darf das Gericht im Einspruchsverfahren nur dann auf diese Nebenfolge erkennen, wenn es in entsprechender Anwendung des § 265 Abs. 2 StPO den Betroffenen zuvor auf diese Möglichkeit hingewiesen hat (vgl. BGHSt 29, 274 ff.; OLG Koblenz VRS 71, 209; OLG Düsseldorf VRS 77, 367 und 87, 203; OLG Hamm zfs 2005, 519). Die Hinweispflicht soll den Betroffenen vor Überraschungen schützen, auf die er seine Verteidigung nicht hat einstellen können. Das Unterlassen eines solchen Hinweises begründet in der Regel die Rechtsbeschwerde und führt - bei unbeschränktem Rechtsmittel - zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowohl im Schuld- als auch im Rechtsfolgenausspruch, da ansonsten dem Betroffenen die Möglichkeit der Rücknahme seines Einspruchs genommen würde (vgl. OLG Düsseldorf VRS 87, 367; Göhler, OWiG, 15. Aufl. 2009, § 71 Rn. 50b).

Das Amtsgericht hat einen entsprechenden Hinweis, der zu den wesentlichen Förmlichkeiten der Hauptverhandlung gehören würde, in der Hauptverhandlung nicht erteilt. Dies steht aufgrund der negativen Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls nach § 274 StPO fest. Auch vor der Hauptverhandlung ist ein Hinweis auf die Möglichkeit der Verhängung eines Fahrverbotes in Abweichung vom Bußgeldbescheid nicht gegeben worden. Dies ergibt sich aus dem sonstigen Akteninhalt, der dem Senat aufgrund der zulässig ausgeführten Verfahrensrüge, ein solcher Hinweis sei auch nicht vor der Hauptverhandlung, insbesondere nicht mit der Ladung, erteilt worden, als Erkenntnisquelle zugänglich ist. Da der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde vorgetragen hat, er hätte die Rücknahme seines Einspruchs erwogen, um das Fahrverbot von sich abzuwenden, lässt sich schließlich auch nicht mit Sicherheit ausschließen, dass das Urteil auf diesem Verfahrensfehler beruht, weshalb es insgesamt aufzuheben ist.

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