OLG Düsseldorf: Doch kein Problem mit ViBrAM

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 31.03.2010

Irgendwie ist die Verwertbarkeit der Messvideos noch immer ein Dauerbrenner. Während vor kurzem noch ein Senat des OLG Düsseldorf ein Verwertungsverbot für eine Videobrückenabstandsmessung mit der Anlage ViBrAM angenommen hat, heißt es nun schon wieder: Kommando zurück! OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.03.2010 - IV-1 RBs 23/10 - zu finden hier auf der Seite der Justiz-NRW hat nämlich entschieden:

  • § 100h StPO iVm § 46 OWiG ist richtige Ermächtigungsgrundlage für die Identifizierungskameraaufnahmen
  • Die Übersichtsaufnahmen haben keine Eingriffsqualität.

 

Kurzer Auszug aus der Entscheidung:

"....Für die Einschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch den Einsatz der "Identitätskamera" ist in der – über § 46 Abs. 1 und 2 OWiG sinngemäß anwendbaren – Vorschrift des § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO eine gesetzliche Grundlage vorhanden, die den verfassungsrechtlichen Geboten der Normenklarheit und Verhältnismäßigkeit (BVerfG NJW 2009, 3293, 3294 m.w.N.) entspricht und deren Voraussetzungen mit der hier festgestellten Anwendung des ViBrAM-Messsystems eingehalten wurden (ebenso OLG Bamberg NJW 2010, 100, 101 betr. Brückenabstandsmessverfahren VAMA; OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. Januar 2010 [4 Ss 1525/09] betr. Brückenabstandsmessverfahren ViBrAM-BAMAS; OLG Jena, Beschluss vom 6. Januar 2010 [1 Ss 291/09] betr. Bildaufnahme nach maschineller Feststellung einer Geschwindigkeitsüberschreitung; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 18. Januar 2010 [14 L 2/10] betr. Videomessverfahren JVC/Piller; Krumm NZV 2009, 620, 621; aA 3. Strafsenat des OLG Düsseldorf, Einzelrichterbeschluss vom 9. Februar 2010 [IV-3 RBs 8/10] betr. ViBrAM; Grunert DAR 2010, 28, 29)....

...Die hierbei erfolgte Videoaufzeichnung des laufenden Verkehrs mittels der "Übersichtskamera" stellt keinen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der aufgenommenen Verkehrsteilnehmer dar (OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. Januar 2010 [4 Ss 1525/09]; AG Saarbrücken, Urteil vom 11. November 2009 [22 OWi 901/09]; aA 3. Strafsenat des OLG Düsseldorf, Einzelrichterbeschluss vom 9. Februar 2010 [IV-3 RBs 8/10]; Niehaus DAR 2009, 632, 633).
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Grundrechtsrelevanz von Geschwindigkeitsmessungen durch Videoaufzeichnung (NJW 2009, 3293, 3294) ausdrücklich offen gelassen, ob bloße Übersichtsaufnahmen des auflaufenden Verkehrs den Schutzbereich des informationellen Selbstbestimmungsrechts tangieren. Für die hier zur Rede stehende Verwendungsart ist diese Frage zu verneinen...."

 

 

Ach so: Für die Entscheidung des OLG Düsseldorf v.9.2.2010 gibt`s demnächst eine Anmerkung von mir im DAR (wohl Ausgabe 4).

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5 Kommentare

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was ich nicht verstehe, ist das das BVerfG doch genau zu der Frage bereits entschieden hat. Zwar nicht in der vom OLG zitierten Entscheidung, sondern in dem Urteil zur automatischen Kennzeichenerfassung. HIerzu muss man erwähnen, daß die automatische Kennzeichenerfassung nichts anderes vom Grundsatz ist, als eine ständig laufende Videokamera.

Ich zitiere einmal:

1 BvR 2074/05, 1 BvR 1254/07 vom 11.03.2008

 

"Die Intensität der individuellen Grundrechtsbeschränkung kann ferner durch die Möglichkeit einer heimlichen Vornahme der Maßnahme erhöht sein. Zwar wird die für die Erfassung eingesetzte Kamera in vielen Fällen für den Vorbeifahrenden wahrnehmbar sein, es sei denn, die Geräte würden verdeckt aufgestellt oder das Fahrzeug würde aus der Rückansicht erfasst. Ob aber ein Trefferfall registriert wird und die Daten gespeichert sowie für weitere Zwecke genutzt werden, ist für den Betroffenen selbst dann nicht erkennbar, wenn er die Kamera gesehen hat. Mangels Kenntnis hat er keinen Anlass, Rechtsschutz zu suchen. Anders liegt es, wenn er über die Erhebung durch Anschlussmaßnahmen erfährt, etwa weil das Fahrzeug umgehend durch die Polizei angehalten wird.

"Auch entfällt der grundrechtliche Schutz nicht schon deshalb, weil die betroffene Information öffentlich zugänglich ist - wie es für Kraftfahrzeugkennzeichen, die der Identifizierung dienen, sogar vorgeschrieben ist (§ 23 Abs. 1 Satz 3 StVO). Auch wenn der Einzelne sich in die Öffentlichkeit begibt, schützt das Recht der informationellen Selbstbestimmung dessen Interesse, dass die damit verbundenen personenbezogenen Informationen nicht im Zuge automatisierter Informationserhebung zur Speicherung mit der Möglichkeit der Weiterverwertung erfasst werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 23. Februar 2007 - 1 BvR 2368/06 -, NVwZ 2007, S. 688 <690 f.>)."

 

Wie gesagt beide Systeme sind dadurch gekennzeichnet, daß eine Aufnahme durch eine permanent laufende Videokamera erfolgt.

 

 

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@schaffi

Sorry, aber wo ist das Grundrecht beeinträchtigt, wenn mangels Kennzeichenerkennbarkeit gar kein Eingriff vorliegt? Keine Erkennbarkeit heißt keine Datenerhebung!

Siehe OLG Stuttgart:

"Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Grundrechtsrelevanz von Geschwindigkeitsmessungen durch Videoaufzeichnung (NJW 2009, 3293, 3294) ausdrücklich offen gelassen, ob bloße Übersichtsaufnahmen des auflaufenden Verkehrs den Schutzbereich des informationellen Selbstbestimmungsrechts tangieren. Für die hier zur Rede stehende Verwendungsart ist diese Frage zu verneinen...."

Lediglich hinsichtlich  der zutreffenden Rechtsgrundlage für die Identaufnahme sehe ich die Diskussion noch nicht für beendet an.

 

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@schaffi

Hier nochmal ein Exkurs zur Technik

Kennzeichenlesekameras sind daür ausgelegt das Kennzeichen in einem definierten Verkehrsraum darzustellen.

Aufösung der Kamera minstens grösser 1280X 1024 Pixel + Progressive Scan = Vollbild.

Bildfenster 10= 20m vor der Kamera.

 

Tatvideo bei Abstandsmesssystem- Das Video soll aufschlussgeben wie das Fahrverhalten von ca 300m bis vor  die Messstelle war.

Es werden keine Einzelaufnahmen benötigt sondern die gesamte Verkehrsituation muss beurteilt werden. Auffahren , Einscheren, Bremsmanöver.

Dies können alle Anhaltspunkte sein die zugunsten des Betroffenen bewertet werden können. Es reicht das man den Fahrzeugstrom auf der Fahrbahn im angesprochenen Bildfenster erkennen kann. Auflösung der Kamera max 752 X 576 Pixel im Halbbildverfahren.Pal. Kein Polfilter um durch die polarisierenden Scheiben zu kommen.

Es wird somit alles unterlassen um personenrelevante Erkenntnisse über diese Kamera zu gewinnen.

Technisch lalles möglich aber nicht zugelassen!

Es existieren Gutachten, die die Technik der Tatkamera überprüft und Aussage das über die Tatkamera keine personenrelevanten Daten gewonnen werden können.

( Auch bei digitalenVergrösserungen nicht ect) stimmt und belegt ist.

Bei der Vielzahl der Kameratechnik wirft man vieles in einen Topf . Es gilt hier genau zu differzieren! Dann leuchtet einem die Rechtmässigkeit ein.

 

 

 

 

 

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ok,

 

Die Zuordnung erfolgt über Fahrervideo. Der Tatvorwurf kann jedoch nur über die Übersichtsaufnahme erfolgen, die anlaßlos und zur Erhebung von Daten, zb. des Annäherungsverhaltens durchgeführt wurde. Eine Indivdualisierung ist offensichtlich möglich, denn sonst könnte grundsätzlich kein Fahrervideo der Übersichtsaufnahme zugeordnet werden.

 

 

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@schaffi

Bitte einmal Mitdenken! Es gibt bei rechtmässiger Nutzung kein durchgängiges Fahrer( ident)video.

Ohne konkreten Anlass ( Verdacht ) werden keine personenrelevanten Daten ( Kennzeichen, Fahrer)  gespeichert siehe Technik

Es gibt nur dann Aufnahmen von Daten die die persönlichen Lebensumstände offenlegen , wenn der Messbeamte einen begründeten Verdacht hat

und die Identaufnahme auslöst und speichert.

Nachträglich das Tatband auf Tatbestände zu durchsuchen bringt nichts - da alle Verkehrsteilnehmer gegen die kein Anfangsverdacht an der Messtelle anonym bleiben- ohne Identinfo!

 

Nochmal der grobe Ablauf.

Messbeamter oder System ( Vks selekt ) spricht Verdacht aus weil er aus dem Verkehrsgeschehen sieht das eine Abstandsund Geschwindigkeitsübertretung zu vermuten ist- (VKS select - hier stellt die Software den Verdachtsvorwurf fest) und startet die Identaufnahme des Betroffenen.( VKS select errechnet den Zeitpunkt wann das betroffene Fahrzug passiert und macht dann Identbilder- kein Video)

Somit habe ich nur eine Sammlung von Verdachtsfällen. Nur die kann der  Beamte mit einem geeichen Vermessungssystem prüfen, da alle anderen Verkehrsteilnehmer anaonym bleiben.

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Grober Ablauf: zuerst konkreter Anfangsverdcht- dann identbilder des Betroffenen , dann Beweisführung.

 

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