Schlussanträge der Generananwältin in der Rechtssache "Rosenbladt"

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 28.04.2010

Die Generanwältin beim EuGH Verica Trstenjak hat heute ihre Schlussanträge in der Rechtssache "Rosenbladt" (C-45/09) gestellt. Auf Vorlage des ArbG Hamburg muss der EuGH in dieser Rechtssache entscheiden, ob eine allgemeine tarifvertragliche "Altersgrenze 65" mit europäischem Gemeinschaftsrecht, insbesondere mit dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, vereinbar ist.

Die Generanwältin hält tarifvertragliche Altersgrenzen und ihre Allgemeinverbindlicherklärung unter bestimmten Voraussetzungen für vereinbar mit Gemeinschaftsrecht. Sie empfiehlt dem EuGH folgende Entscheidung:

  1. Eine tarifvertraglich vereinbarte Rentenregelaltersgrenze kann dann mit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf vereinbar sein, wenn die Sozialpartner hierzu speziell durch eine mitgliedstaatliche Bestimmung befugt werden, die den Anforderungen von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie genügt, oder dann, wenn die Voraussetzungen für eine Übertragung der Durchführung der Richtlinie auf die Sozialpartner nach ihrem Art. 18 Abs. 1 vorliegen.
  2. Die gesetzlich eingeräumte Befugnis der Sozialpartner zur Vereinbarung und Ausgestaltung von Rentenregelaltersgrenzen in Tarifverträgen durch nationale Bestimmungen wie § 10 Sätze 1, 2 und 3 Nr. 5 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist dann als vereinbar mit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 anzusehen, wenn der nationale Gesetzgeber mit diesen Bestimmungen die Ziele der Beschäftigungspolitik und der Eindämmung der Arbeitslosigkeit verfolgt, wenn sich aus diesen Bestimmungen ergibt, dass die Sozialpartner vor der Vereinbarung von Rentenregelaltersgrenzen stets prüfen müssen, ob diese in Hinblick auf die Verfolgung dieser Ziele objektiv gerechtfertigt sind, und wenn diese Prüfung gerichtlich kontrolliert werden kann.
  3. Eine für allgemeinverbindlich erklärte Rentenregelaltersgrenze wie § 19 Nr. 8 des Rahmentarifvertrags für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung ist mit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 vereinbar, wenn die Tarifvertragsparteien vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie abgewogen haben, ob die Anwendung einer solchen Ungleichbehandlung wegen des Alters für die Verfolgung der vom Gesetzgeber festgelegten legitimen Ziele für den betreffenden Wirtschaftsbereich objektiv gerechtfertigt ist. Die Umstände, dass eine Regelung wie § 19 Nr. 8 des Rahmentarifvertrags erstens nicht als zeitlich beschränkte Sondermaßnahme angewendet wird, zweitens keine zwingende Verpflichtung zur Neueinstellung vorsieht, drittens eine einvernehmliche Verlängerung des Arbeitsverhältnisses über die Rentenregelaltersgrenze hinaus ermöglicht und viertens die konkrete Höhe der Ansprüche aus der Rentenversicherung nicht berücksichtigt, führen für sich allein nicht zwingend zu einer Unvereinbarkeit einer solchen Rentenregelaltersgrenze mit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78.
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