Fernglasgewalttäter an der Mosel

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 09.08.2010
Rechtsgebiete: GewaltschutzgesetzFamilienrecht1|3499 Aufrufe

Ihm war es durch einstweilige Anordnung  nach dem Gewaltschutzgesetz verboten, sich ihrer Wohnung  auf weniger als 500 Meter zu nähern und ihr wiederholt nachzustellen.

Sie stellt Bestrafungsantrag, denn sie und ihr neuer Lebensgefährte haben ihn am 24. und 31.07.09   gesehen, als  er vom gegenüberliegenden Ufer der Mosel aus ihre Wohnung beobachtet hat. Sie wissen das so genau, weil sie ihn mit Hilfe eines Fernglases identifizieren konnten.

„Nö“, sagt er. „Ich habe nur die Schiffe auf der Mosel beobachtet.“

Mit Hilfe modernster Technik (google-earth) stellt das Gericht fest, dass die Entfernung zwischen der früheren Wohnung der Antragstellerin in K…, und der Bundesstraße, die auf der gegenüberliegenden Seite der Mosel verläuft, an keiner Stelle weniger als 500 m beträgt.

Sodann führt der Senat aus:

Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner die Wohnung der Antragstellerin aus einer Entfernung von mehr als 500 m und getrennt durch einen breiten Fluss (!), beobachtet. Die Antragstellerin selbst konnte den Antragsgegner als "Täter" nur deshalb identifizieren, weil sie bzw. ihr Lebensgefährte ihrerseits dazu übergegangen sind, ihre Umgebung mit dem Fernglas zu betrachten. All dies schließt die Annahme aus, dass der Antragsgegner durch sein Verhalten vom 24.  bzw. 31. Juli 2009 die Antragstellerin hartnäckig belästigt hat.

OLG Koblenz v. 29.12.09- 13WF 1002/09 = FamRZ 2010, 1284

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Warum spielen in 70% der Bestrafungsanträge eigentlich immer die Wahrnehmungen des neuen Lebensgefährten eine entscheidende Rolle? Es entsteht manchmal der Eindruck, daß die treibende Kraft hinter der angeblich belästigten Dame der neue Lebensgefährte ist, der sich einen Nebenbuhler vom Hals halten will.

Der Streit um die Entfernungen gerät häufig dann an die Grenze des Absurden, wenn kurze Entfernungen festgelegt worden sind, z.B. weniger als 50 Meter. Dann sollen die Gerichte nach Vorstellung der Antragsteller schon einmal ausmessen (und da hilft auch kein Google Earth mehr), ob es vom Schlafzimmer der Belästigten im 4. Stock bis zur Straßenecke, an der der Antragsgegner mit einem Auto vorbeigefahren sein soll, Luftlinie 51 Meter oder 49,5 Meter (Satz des Pythagoras?) sind. Und wie lange hat der Belästiger den Abstand unterschritten, wenn sein Auto 50 km/h  schnell gefahren ist? Das gibt man als Richter doch besser seinem 15-jährigen Sohn, der sich mit solchen physikalischen Fragen gerade in der Schule herumschlagen muß.

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