Love Parade-Unglück - zwei Monate nach den tragischen Ereignissen - im Internet weitgehend aufgeklärt

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 23.09.2010

Die im Titel dieses Beitrags aufgestellte Behauptung ist bewusst plakativ gewählt und mag auch anmaßend klingen. Ich denke aber, man kann sie in der Tendenz belegen.

Die von den verschiedenen beteiligten "Akteuren" unmittelbar nach den Ereignissen angekündigten Aufklärungsbemühungen zielten von Anfang an v.a. dahin, die Veranwortung auf jeweils die anderen Verantwortlichen abzuwälzen und die eigene Verantwortung zu leugnen oder in Frage zu stellen. Dieses Gebaren ist es, dass die verletzten Opfer und Angehörigen massiv befremdet und empört hat.

Dabei dürfte, wie ein lesenswerter Beitrag zu den rechtlichen Fehlern bei der Genehmigung der loveparade auf docunews richtig ausführt, bei einer gesetzmäßig durchgeführten Planung und Genehmigung einer solchen Veranstaltung die Verantwortlichkeit niemals unklar sein.

Recherchen im Internet (nur einige Beispiele: loveparade2010doku, lothar evers, Dr. Wittsiepe, bluemoonsun) haben schon zu Ergebnissen geführt, die weit detaillierter sind als in anderen Medien bekannt wurde. Die Gründe dafür sind nicht, dass das Internet im Allgemeinen besser geeignet wäre als andere Medien, aktuelle Ereignisse aufzuklären und zu bewerten. Internetforen und blogs haben vielmehr spezifische Schwächen, die einer objektiven Tatsachenermittlung regelmäßig eher abträglich sind: Fehlen einer Organisation, Anonymität der Beiträge, Sammelbecken von abstrusen Verschwörungstheoretikern, Auseinanderfallen von Engagement und Fähigkeiten bei den einzelnen Personen. Zudem zerfasert eine solche Internetrecherche tendenziell häufig zwischen verschiedenen teilweise ideologisch zerstrittenen Plattformen. All das lässt sich auch diesmal finden, aber bei den Recherchen zur Love Parade sind besondere Bedingungen zusammengekommen, die es ermöglichten, wesentlich weiter zu kommen als sonst. Weitere Links zu den wichtigsten dieser Recherchen finden Sie in meinem früheren Beitrag.

1. Die Betroffenen (womit ich hier alle Besucher und Interessierte meine, die potentiell in die Situation hätten kommen können) entstammen ganz überwiegend der Generation, die mit Internetforen, Twitter, Blogs, Videodatenbanken wesentlich mehr anfangen kann als mit Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen.
2. Es steht mit den auf youtube und anderen Plattformen hochgeladenen Filmen und Fotos sowie Augenzeugenberichten eine riesige Menge an Datenmaterial zur Verfügung, deren Sichtung und Sortierung (u.a. durch eine aufwändige Synchronisation vieler Besuchervideos) unter den Bedingungen des Internet wesentlich besser gelingen kann als innerhalb eines einzelnen Arbeitsauftrags bei Polizei oder Staatsanwaltschaft. Jeder kann diese Filme anschauen, verifizieren, auf Details hinweisen, Thesen aufstellen, belegen und verwerfen.
3. Die Tendenz einer Zerfaserung - ein spezifisches Problem der Internetrecherche - wurde etwas gebremst durch eine gewisse  Konzentration auf wenige Seiten und die Vernetzung dieser Seiten. Das Ziel der "Aufklärung" hat diese Seiten verbunden. Zudem haben einzelne Rechercheure mit ihren Seiten entscheidende Akzente gesetzt - auch der Einzeljournalismus ist keineswegs überflüssig in den Zeiten des Internet..
4. Das große, nachhaltige Interesse wird durch die ständige Verfügbarkeit aller Texte, Filme, Dokumente verstärkt. Nicht nur, wenn gerade ein Artikel in der Zeitung steht oder ein Filmbericht im TV gelaufen ist, sondern dauerhaft kann sich im Internet jeder informieren über die Fortschritte bei der Aufklärung und kann diese durch Einsicht in die Text- und Bildquellen unmittelbar nachvollziehen. Man kann "am Ball" bleiben, auch wenn das allg. öffentliche Interesse nachlässt bzw. von anderen Ereignissen überdeckt wird.
Ich bin sicher, ich habe noch nicht alle Aspekte aufgeführt.

Nun zur "Aufklärung" des Love Parade-Unglücks, soweit ich sie heute zusammenfassend beschreiben kann (updates sollen nicht ausgeschlossen sein):

Schon bei der Planung der LoPa hat man nicht beachtet, dass der ohnehin problematische gemeinsame Ein- und Ausgang zwischen den Tunneleingängen und der oberen Rampe zwar knapp die erwarteten Besucherströme in einer Richtung verkraften konnte, aber nicht die (vorab angenommenen) Besuchermengen in beiden Richtungen. Durch Ein- und Ausgang hätten über mehrere Stunden hinweg laut Planung in der Summe hundertausend und mehr Personen pro Stunde geschleust werden sollen. Trotz des erkennbaren Widerspruchs (60.000 Personen/Stunde  maximaler Durchgangsstrom in einer Richtung unter optimalen Bedingungen, 100.000 Personen/Stunde in gegenläufigen Richtungen für den Nachmittag geplant) wurde dieses unstimmige Konzept von den Veranstaltern geplant und von den zuständigen Behörden genehmigt.
Dass die Tunnel problematisch waren, war zwar jedem bewusst, aber man "plante" dieses Problem weg, indem man meinte, den Zustrom sicher steuern zu können. Für die Steuerung des Abstroms während der Veranstaltung (z.T. mehr als 50.000 Personen/Stunde wurden am Nachmittag erwartet) gab es kein Konzept. Und weder die zu einer Besuchersteuerung notwendige Anzahl von Ordnern, noch die dazu von den Experten vorab geforderten Lautsprecher waren am Veranstaltungstag vorhanden.

Das für die Veranstaltung geforderte Sicherheitskonzept enthielt eine Lücke gerade in dem (von allen) zuvor als sicherheitstechnisch problematisch angesehenen  Eingangsbereich (der auch unklar mal dem Veranstaltungsgelände mal dem Straßengelände zugewiesen wurde und keinerlei Fluchtwege aufwies). Ein Konzept dafür, was man tun könne, wenn es dort zu Stauungen kommt, war nicht vorhanden. Entgegen dieser Lücke, die aus den veröffentlichten Dokumenten (einschließlich der Entfluchtungsanalyse) erkennbar ist, wurde die Veranstaltung genehmigt.
Die Auflagen der Genehmigung, die u.a. beinhalteten, die Zuwege und Fluchtwege von Hindernissen frei zu halten, wurden in eklatanter und gefährlicher Weise missachtet. Die Zu- und Abgangsrampe wies am Veranstaltungstag noch etliche Hindernisse auf: Zur Personenstromsteuerung ungeeignete Bauzäune, Brezlbuden, Polizeifahrzeuge hinter weiteren Bauzäunen. Ein Gulli und ein Schlagloch mit Baumwurzel wurde - Gipfel der Rücksichtslosigkeit - mit einem Bauzaun abgedeckt (am besten hier zu sehen). Mit hoher Wahrscheinlichkeit gab im Gedränge ein Stolpern oder Verhaken in diesem Bauzaun den unmittelbaren Ausschlag für viele der Todesfälle.

Als es dennoch zu Stauungen (wie nach der Entfluchtungsanalyse vorhersehbar und unvermeidlich zunächst  am oberen Rampenende) kam, fehlte das Konzept für diesen Fall. Das "Pushen" durch Ordner und "Wegziehen" durch die Floats konnte bei der Anzahl der Besucher, die die Veranstaltung gerade verlassen wollten, nicht funktionieren: Es waren dort insgesamt zu viele Personen in beiden Richtungen für diesen Engbereich.

Man war nun auf ein adhoc-Konzept angewiesen und auf die Hilfe der Polizei. Die Polizei sperrte daraufhin an einer Engstelle auf der Mitte der Rampe den Zu- und Abgang. Gleichzeitig wurden in den Tunneln Sperren errichtet, um den Zugang zur Rampe zu hindern. Beide Sperrpositionen waren höchst ungeeignet. Sie widersprachen den vorab gegebenen Empfehlungen (Stauungen im Tunnel unbedingt vermeiden) und hatten erkennbar keine Entlastung zur Folge, sondern eine bloße Verlagerung und Verschärfung der Gefährdung. Durch die Platzierung der Sperre auf der Rampenmitte konzentrierte sich das Gedränge nunmehr im unteren Drittel der Rampe und an den Tunnelausgängen. Da die feststeckenden Besucher (die teilweise schon stundenlang auf den Zuwegen verbracht hatten) weiterhin nicht per Lautsprecher  informiert wurden, suchten sie selbst Auswege aus dem Dilemma - Masten, v.a. Treppe, Container, mit der Folge, dass sich das Gedränge in den Richtungen dieser vermeintlichen Auswege noch verschärfte und es hier über Minuten zu Massenturbulenzen kam.
Die Sperren in den Tunneln wurden schon zeitlich vor der Sperre auf der Rampenmitte aufgelöst bzw. überrannt, so dass sich das Gedränge auf dem unteren Rampendrittel nochmal verschärfte. Offenbar war auch die Funk-Kommunikation zwischen den Sicherheitsbehörden und sogar der Polizei untereinander gestört. Niemand wusste zeitweise, was er oder die anderen taten, welche Sperren geöffnet, welche geschlossen waren. Zu spät wurde eine Sperre am oberen Rampenende aktiviert, und die Abströmenden über die zweite Rampe (Korrektur: Abströmende zunächst blockiert, später über die Notausgänge) geschickt. Und auch als der Weg nach oben wieder relativ "frei" war, konnten das die im Gedränge feststeckenden nicht erkennen - niemand informierte sie.

Die genannten Umstände führten - zusammen - zur Katastrophe. Entgegen den vorherigen Ankündigungen (Sicherheit hat Vorrang) hat man diese in entscheidenden Punkten vernachlässigt. Bei allen drei "Akteuren" (Veranstalter, Stadt, Polizei) lassen sich meiner Meinung nach fahrlässige Handlungen und  Unterlassungen feststellen, die Tod und Verletzung zurechenbar mitverursachten und zu einer Anklageerhebung wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) oder Körperverletzung (§ 229 StGB) führen könnten. Die genaue institutionelle "Zuständigkeit" für jede dieser Fahrlässigkeiten ist allerdings noch in der Diskussion, auf den entsprechenden Internetseiten und hier im Blog. Und die im Strafrecht notwendige individuelle Zurechnung ist m.E. Sache der Staatsanwaltschaft.

Hier im Beck-Blog wurden zwar kaum Tatsachen unmittelbar recherchiert, aber zum Teil intensiv mit juristischer Schlagseite diskutiert. Mein Beitrag zu dieser Aufklärung war vergleichsweise gering.  Die Kommentarsektion ist  aber mit anderen Aktivitäten im Netz verknüpft und dadurch profitiert die hiesige Diskussion von den Früchten dortiger Recherche. Das Echo und die weiteren Reaktionen haben mich außerordentlich überrascht: Der Beitrag ist einer der am häufigsten angeklickten und der mit Abstand am häufigsten kommentierte Beitrag hier im Blog. Die Kommentare waren häufig weiterführend und fundiert und infolgedessen habe ich den Ausgangsbeitrag alle paar Tage aktualisiert.  

Die Diskussion und Recherche im Internet ist natürlich nicht beendet. Es gibt noch viele Details, die nicht vollständig aufgeklärt sind, und es gibt sicherlich noch weitere Belege für die schon aufgeklärten Fakten.

Möglicherweise gibt es auch an meinen obigen Erwägungen zutreffende Kritik, die ich gerne aufgreifen werde.

(Letztes update dieses Beitrags - Link eingefügt - am 12.11.2010, 14.10 Uhr)

Update am 8.Juni 2011:

Links zu den weiteren Diskussionen hier im Beck-Blog:

Juli 2010 (465 Kommentare, ca. 23000 Abrufe)

September 2010 (788 Kommentare, ca. 16000 Abrufe)

Dezember 2010 (537 Kommentare, ca. 8000 Abrufe)

Mai 2011 (bisher über 1000 Kommentare; über 7000 Abrufe)

AKTUELL: Juli 2011

 

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"Hatte Schaller nicht irgendwo behauptet, die Fläche in Dortmund sei kleiner gewesen?"

Ich habs, Lopavent bezog sich auf die Fläche für die Abschlusskundgebung in DO, Seite 1:

"Die Veranstaltung soll auf einem Teil der insgesamt 220.000 qm nutzbaren großen Fläche mehr oder weniger 'stationär' durchgeführt werden, inwieweit die Lopavent GmbH eine Einbindung der A59 wünscht, wird noch vorgetragen. Die Fläche wäre damit aber vollkommen ausreichend für die zu erwartende Besucherzahl; für die Abschlussveranstaltung stand in Dortmund nur eine 45.000 qm große Fläche zur Verfügung; auch in Essen wäre die Fläche wesentlich kleiner gewesen"

Auch noch interessant:

"Es wird kein neuer Besucherrekord angestrebt, es wird von Besucheranzahl von ca. 1.000.000 Besuchern (Zahl, die insbesondere auch medial genannt werden soll) ausgegangen."

Man beachte das kleine Wort "auch".

http://loveparade2010doku.files.wordpress.com/2010/12/anlage-4-ergebnisn...

 

 

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"Interessant ist ja auch Seite 2 der Gesprächsniederschrift, wo noch von 90.000 qm die Rede war"

Habe gerade gelesen, dass die Stadt Bedenken geäußert hatte, dass diese Fläche nicht ausreichend sei, woraufhin sich Lopavent bereit erklärte, die "Überlauffläche" im Süden noch herrichten zu lassen.

http://loveparade2010doku.files.wordpress.com/2010/12/anlage-21-protokol...

Vielleicht sollte der Doku-Blog noch eine Chronologie der Planung erstellen... :o)

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Daphne schrieb:

Vielleicht sollte der Doku-Blog noch eine Chronologie der Planung erstellen... :o)

Das ist eine gute Idee, da wirklch hilfreich für die Aufklärung und damit verbundene Überlegungen und Diskussionen.

 

Ich habe für mich selbst eine solche Chronologie erstellt - zu einem Zeitpunkt, zu dem wir Informationen über die Planung und den Inhalt von Dokumenten nur über die Presse erhielten. Täglich erschienen Artikel mit Details über die Planung und Sitzungen. Dokumente waren manchmal zitiert, manchmal in pdf angehängt. Verschiedene Medien veröffentlichten schließlich eine Chronologie der Ereignisse im Vorfeld, die jedoch jeweils nur Auszüge enthielt.

Ich stellte fest, dass ich bei meinen Überlegungen ständig auf Fragestellungen stieß, die sich nur bei Betrachtung zeitlicher Abläufe oder des letzten Standes beantworten ließen. Also fasste ich alle Infos, die ich in die Hände bekam, zu einer Chronologie der Ereignisse und Planung im Vorfeld zusammen und notierte jeweils die Quelle dazu.

Standen zu einem Ereignis mehrere Quellen zur Verfügung, wählte ich jeweils diejenige als Verweis aus, die mir am besten erschien. Das ermöglichte mir einen Überblick zu einem Zeitpunkt, zu dem täglich zig Artikel über die Loveparade erschienen.

Bis uns die Originaldokumente zur Verfügung standen, verwendete ich diese Chronologie sehr oft, um etwas nachzuschlagen. Ein Vorteil dieser Datei ist eben auch, dass man mit der Suchfunktion sehr schnell Begriffe finden kann. So hätte man jetzt bei Deiner Fragestellung "Quadratmeter" eingeben können.

Mit dieser Arbeit begann ich, noch bevor ich mich hier im Blog engagierte. Ich habe damit allerdings leider aufgehört, als der Zwischenbericht erschien. Es wurde mir einfach zu arbeitsintensiv, die ganzen Dokumente des Zwischenberichts dort einzufügen.

Das bräuchte man jetzt natürlich nicht mehr (Ausnahme: Dokumente des Zwischenberichts, die NICHT im Abschlussbericht enthalten sind).

Durch die Chronologie der Ereignisse im Vorfeld wird z.B. überaus deutlich, wie sehr sich die Dinge am Ende in Duisburg überschlugen. Man sieht Zusammenhänge besser, z.B. wann wer genau vor was genau warnte. Man sieht z.B. auch, dass der Arbeitskreis Sicherheit zu Zeitpunkten tagte, zu denen ungeheuer viel noch gar nicht feststand. Man sieht WIE VIEL erst extrem kurzfristig geplant wurde.

So stand erst im April fest, dass die Veranstaltung überhaupt finanziert werden kann. Logisch, dass der Veranstalter vorher möglichst wenig investieren wollte.

Kurz: Eine solche Chronologie ist sehr hilfreich bei Betrachtung der Loveparade.

Gerne kann ich meine alte Chronologie als Ausgangsbasis zur Verfügung stellen und mich daran beteiligen, die Originaldokumente und weitere neue Erkenntnisse hinsichtlich der Planungsabläufe dort einzufügen.

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Ich habe jetzt nach längerer Zeit wieder einen Blick in diese Chronologie geworfen. Angefangen hatte ich sie Anfang August. Tatsächlich habe ich den Zwischenbericht dort noch eingearbeitet, allerdings nur den Bericht selbst. Die Einarbeitung der vielen Dokumente überforderte dann einfach meine Zeit.

 

Dort habe ich jetzt mal das Stichwort "Quadratmeter" eingegeben. Unter anderem fand sich dazu in meiner Chronologie folgendes:

2. Februar 2010:

Auf einer Sitzung…

 

(ZEIT) […] hatten der Grundstücksbesitzer und der Veranstalter ursprünglich angekündigt, eine Fläche von 258.000 Quadratmetern zur Verfügung zu stellen. Diese Zahl schrumpfte später immer weiter auf zwischenzeitlich 90.000 Quadratmeter (also für 180.000 Personen), weil, wie es in dem Protokoll heißt: "die Herrichtung großer Geländeteile zu kostspielig sei." Die Verwaltung rechnet vor: "Selbst bei einer niedrigen Einschätzung des Besucheraufkommen von 500.000 – 600.000 Menschen, die auch nicht gleichzeitig alle vor Ort sind, würden aber im Zeitraum 17.00 – 22.00 Uhr ca. 300.000 Menschen kommen und somit befänden sich ca. 120.000 Personen im öffentlichen Verkehrsraum, die das Veranstaltungsgelände nicht betreten dürfen. […]"

Quelle:

ZEIT ONLINE: „Loveparade-Unglück – Keiner  ist ohne Schuld“, von Lenz Jacobsen, 6. August 2010 (der Zeit lag hierfür der damals noch nicht veröffentlichte Anhang des Zwischenberichtes der Stadt Duisburg vor) http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-08/loveparade-sicherheitskonzept-analyse?page=all     Gibt man nun in den Abschlussbericht/Sachverhalt das Stichwort "02.02.2010" in das Suchkästchen der pdf-Datei ein, so findet sich folgender Text:  

"Im Protokoll vom 02. März 2010 heißt es zu dieser Frage:

 

 

 

 

'Danach ist die Durchführung der Veranstaltung auf dem jetzt geplanten Gelände nicht möglich, da es höchstens 180.000 Besucher/innen fassen würde. Die Lopavent zeigte zwar am 02.02.2010 Verständnis für eine Sperrung des Geländes, wenn die Besucherzahl überschritten würde. Selbst bei einer niedrigen Einschätzung des Besucheraufkommens von 500.000 bis 600.000 Menschen, die auch nicht gleichzeitig alle vor Ort sind, würde aber im Zeitraum 17.00 Uhr bis 22.00 Uhr ca. 300.000 Menschen kommen und somit befänden sich ca. 120.000 Personen im öffentlichen Verkehrsraum, die das Veranstaltungsgelände nicht betreten dürfen. Diese Problematik ist nicht lösbar! Auf die möglichen strafrechtlichen Konsequenzen für die MA von Genehmigungsbehörden wurde hingewiesen.'

Anlage 38, Protokoll zur Besprechung am 02.03.2010

http://www.duisburg.de/ratsinformationssystem/bi/vo0050.php?__kvonr=20056110&voselect=20049862

 

In meiner Chronologie habe ich versucht, jedes Datum zu erfassen, das irgendwo auffindbar war. So tauchen Informationen über die Sitzung vom 2. Februar nur in einem Protokoll einer weiteren Sitzung vom 3. März auf. Dennoch habe ich zum 2. Februar die entsprechende Sitzung in der Chronologie erfasst. Daraus wird z. B. deutlich, dass Anfang März bereits einen ganzen Monat lang die erhebliche Verkleinerung des nutzbaren Festivalgeländes im Raum stand.

 

In dem Originalprotokoll vom 2. März tauchen übrigens weitere Daten auf, an denen wesentliche Gespräche (zwischen wem auch immer) geführt wurden. Da müsste meine Chronologie daraufhin gecheckt werden, ob die alle enthalten sind.

Weiterhin unangenehm ist, dass die Anlagen nur in pdf-Dateien kopiert wurden, weshalb sich daraus nicht einfach mit rechter Maustaste Texte kopieren lassen wie bei den Zeitungsartikeln. Möglich wäre allenfalls, Textpassagen über Schnappschuss-Werkzeug in Textdateien zu kopieren.

Beim Zwischenbericht habe ich mir noch die Arbeit gemacht, sehr viel daraus für die Chronologie abzuschreiben bzw. zu zitieren. Der Zwischenbericht stammt von der Kanzlei. Da ist äußerste Vorsicht mit dem Copyright geboten. Anfänglich wollte ich meine Chronologie irgendwo veröffentlichen. Also habe ich mir die Arbeit gemacht, Texte aus dem Zwischenbericht eben nicht einfach abzuschreiben, sondern die Inhalte mit eigenen Worten zu formulieren und dabei auf den Zwischenbericht zu verweisen.

Dann bin ich zeitlich mit dieser Arbeit einfach auf der Strecke geblieben.

Eingearbeitet werden müssten also der Abschlussbericht, dessen Anlagen sowie Anlagen des Zwischenberichts, die womöglich im Abschlussbericht fehlen (weiß nicht, ob es da welche gibt) sowie weitere wesentliche Informationen und Dokumente, die seit der Veröffentlichung des Zwischenberichts aufgetaucht sind. Dann hätte man eine vollständige Chronologie.

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Hier noch weitere Infos aus meiner Chronologie zur Größe des Festivalgeländes:

 

März 2010

(ZEIT, Quelle s.oben) Lopavent hat dann angesichts dieser Probleme die eigenen Schätzungen einfach angepasst. Sie ging jetzt von nur noch 400.000 Besuchern aus ("mehr können auch kaum durch die Bahn befördert werden"), und davon, dass gleichzeitig höchstens 200.000 bis 250.000 Leute auf dem eigentlichen Gelände seien, "da eben ein ständiger Austausch stattfindet."

 

21. April 2010:

Laut Zwischenbericht der Stadt Duisburg sind zu diesem Zeitpunkt Größe und Herrichtung des Festival-Geländes noch nicht abschließend bekannt. Auch ist das Fluchtwege-Konzept noch unklar. Das Bauamt weist auf die Genehmigungspflicht und auf die Vorschrift der Versammlungsstättenverordnung hin, nach der zwei Personen pro Quadratmeter genehmigt werden können.

Weitere Quelle: „WDR.de dokumentiert Genehmigungsverfahren – Wie die Loveparade genehmigt wurde“, von Christina Hebel, 6. August 2010 (hierzu lagen dem WDR 150 Seiten Aktenvermerke, Gesprächsprotokolle und Anträge zur Genehmigung der Loveparade vor)

Der Sicherheitsbeauftragte von Lopavent stellt der Stadt ein Sicherheitskonzept für die Loveparade vor. Bisher liegt von dem Veranstalter nur ein Grobkonzept von Mitte März 2010 vor. In einem Aktenvermerk zu dem Treffen ist die Rede von "Diskussionen" über die "Entfluchtung" und die Herrichtung des Geländes am alten Duisburger Bahnhof. Das Bauamt weist darauf hin, "dass in Anlehnung an die Versammlungsstättenverordnung zwei Personen pro m² der Richtwert für die Erteilung der vorübergehenden Nutzungsänderung sein werden".

31. Mai 2010

(WDR, Quelle s.o.) Lopavent reicht den lange erwarteten neuen Antrag auf Genehmigung bei der Stadt ein.

 

___________________________________

Durch die Chronologie wird deutlich, wie lange um die genaue Größe des Festivalgeländes gerungen wurde.

Eine Quelle, die besagt, wann genau das endgültige Gelände festgelegt wurde, habe ich in der Chronologie noch nicht, bin aber für einen Hinweis (mit Quellenangabe) dankbar.

 

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Danke Leserin! Gefällt mir! :o) Ich trage mich schon seit längerem mit dieser Überlegung, nur waren wir bisher noch schwer mit den Fotos & Videos beschäftigt. Selbst da ist noch nicht alles auf dem neusten Stand. Im Moment ist es bei einigen zeittechnisch schwierig, sich intensiv einzubringen. Aber wenn wir Deine Arbeiten übernehmen könnten, wäre das natürlich eine immense Erleichterung. Ich werde das Thema mal ansprechen... in der Hoffnung, dafür nicht gesteinigt zu werden ;o) Kennt jemand ein gutes Programm, was PDF wieder in Textdateien umwandelt? Das würde zumindest das Zitieren per copy & paste ermöglichen und jede Menge Zeit sparen.

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Daphne schrieb:

Kennt jemand ein gutes Programm, was PDF wieder in Textdateien umwandelt? Das würde zumindest das Zitieren per copy & paste ermöglichen und jede Menge Zeit sparen.

Das nützt leider nichts, denn es handelt sich um eingescannte Kopien, die pro Seite komplett als Grafik vom pdf-Writer angesehen wurden. Ansonsten lässt sich jede pdf-Datei schwierigkeitslos in eine Textdatei umwandeln. Dann sind halt bloß sämtliche Gestaltungsmerkmale weg. Wenn man aber diese eingescannten Kopien in Textdateien umwandelt, dann sind diese leer.

Ansonsten gäbe es m.E. höchstens die Möglichkeit, die pdf-Dateien alle auszudrucken, neu einzuscannen und dabei ein Texterkennungsprogramm einzuschalten (das kann sogar mein alter Scanner). Das alleine wäre aber schon eine riesen Arbeit und die Kopien sind von mäßiger Qualität, so dass man hinterher eine gigantische Arbeit mit Korrekturen hätte.

Das wäre m.E. insgesamt mehr Arbeit als Infos zu den einzelnen Daten zusammenzufassen.

Es ist ja nicht Ziel der Sache, die Dokumente komplett in die Chronologie zu übertragen. In der Chronologie genügt eine Zusammenfassung der Ereignisse eines Datums mit evtl. Zitaten und Quellenverweis.

Dabei sollte aus dem Text genügend hervorgehen, um die Ereignisse anhand der Chronologie komplett nachvollziehen zu können.

Damit man dann so schön komfortabel Stichworte eingeben und so alles mögliche mal im Ablauf und Zusammenhang betrachten kann, ist es eben notwendig, nicht nur Datum und einen Verweis auf die Quelle zu erfassen, sondern auch einen entsprechend aussagekräftigen Text, in dem - wie das beim journalistischen Schreiben üblich ist - nicht abgekürzt wird, also nicht mal "Quadratmeter" und mal "qm", sonst funktioniert's nicht.

 

Mal sehen. Vielleicht komme ich ja irgendwann dazu, den Abschlussbericht/Sachverhalt noch in meiner Chronologie zu ergänzen. Dann müssten die allermeisten Termine sowieso drin sein und man bräuchte nur noch weitere Infos daraufhin abzuchecken, ob etwas zu ergänzen ist, und vielleicht einige zusätzliche Quellen aufführen.

Wenn ich weiß, dass jemand Interesse an dieser Arbeit hat, mache ich sie mir natürlich viel lieber. :-))

 

Eine große Hilfe wäre schon folgendes: Hat mal jemand die Anlagen des Zwischen- und des Abschlussberichts miteinander verglichen? Gibt es zum Zwischenbericht Anlagen, die beim Abschlussbericht fehlen?

 

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Die Leserin schrieb:
Eine große Hilfe wäre schon folgendes: Hat mal jemand die Anlagen des Zwischen- und des Abschlussberichts miteinander verglichen? Gibt es zum Zwischenbericht Anlagen, die beim Abschlussbericht fehlen?

Nach meiner Übersicht fehlen keine Anlagen von Zwischen- zu Endbericht. Aber im Text ist gekürzt worden. Mir fiel besonders die "Entsorgung" des Duisburger Krisenstabes auf:

http://docunews.org/loveparade/krisenstab-versenkt/

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Thema Chronologie:
Liebe Leserin,
wenn Du Lust hast, Deine vorhandenen Links einzustellen und evtl später oder auch arbeitsteilig zu ergänzen, kannst Du dazu gerne DocuNews nutzen. Man könnte da eine eigene Sektion "Chronologie" neben die Analysen und den Blog stellen.

Melde Dich bei Bedarf über das dortige Kontaktformular oder Telefon.

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Lothar Evers schrieb:

Thema Chronologie:
Liebe Leserin,
wenn Du Lust hast, Deine vorhandenen Links einzustellen und evtl später oder auch arbeitsteilig zu ergänzen, kannst Du dazu gerne DocuNews nutzen. Man könnte da eine eigene Sektion "Chronologie" neben die Analysen und den Blog stellen.

Melde Dich bei Bedarf über das dortige Kontaktformular oder Telefon.

 

Hallo Lothar,

das könnte evtl. eine Möglichkeit sein.

Vor einer Veröffentlichung muss jedoch auf jeden Fall wenigstens noch der Abschlussbericht ergänzt werden, wobei sich darin natürlich die meisten der genannten Termine wiederholen. Aber auf Basis Zwischenbericht würde ich ihn nicht öffentlich stellen.

 

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Hier ist m.M. nach der Beweis, dass die Stadt das Gelände sperren wollte (s. Ketten bzw. Sperren seitens der Polizei). Warum sie daran ein "gesteigertes Interesse" hatte, habe ich mehrfach versucht zu verdeutlichen.

Zitat (Die Leserin): "Danach ist die Durchführung der Veranstaltung auf dem jetzt geplanten Gelände nicht möglich, da es höchstens 180.000 Besucher/innen fassen würde. Die Lopavent zeigte zwar am 02.02.2010 Verständnis für eine Sperrung des Geländes, wenn die Besucherzahl überschritten würde." (Quelle: Anlage 38, Protokoll zur Besprechung am 02.03.2010 http://www.duisburg.de/ratsinformationssystem/bi/vo0050.php?__kvonr=20056110&voselect=20049862)

P.S. Mir war von Anfang an klar, dass das nicht auf dem Mist von Lopavent gewachsen sein konnte.

Sie wussten ALLE, was auf sie zukommt, hier haben wir's: "Auf die möglichen strafrechtlichen Konsequenzen für die MA von Genehmigungsbehörden wurde hingewiesen." (Zitat und Quelle: s.o.)

Auch durch dieses Zitat wird sehr viel deutlich in Sachen Besucherzahlen:

März 2010

 

(ZEIT, Quelle s.oben) "Lopavent hat dann angesichts dieser Probleme die eigenen Schätzungen einfach angepasst. Sie ging jetzt von nur noch 400.000 Besuchern aus ("mehr können auch kaum durch die Bahn befördert werden"), und davon, dass gleichzeitig höchstens 200.000 bis 250.000 Leute auf dem eigentlichen Gelände seien, "da eben ein ständiger Austausch stattfindet."

Wir wissen, dass in Dortmund und Essen die andere Hälfte mit dem Auto, Fahrrad, zu Fuß, Bussen und Bahnen, Moped...kamen. Demnach hätten es ja dann auch 800.000 gewesen sein können. Nun wird allerdings seitens DB behauptet, dass von der Kapazität her lediglich 30.000/h möglich gewesen seien. Klar ist aber auch, dass sich MA, die an diesem Tag Dienst hatten darueber auszuschweigen haben, was sie so geschätzt haben. Da herrscht "Maulkorbgebot", sonst droht vermutlich die Kuendigung. (Mobbing wohin man auch schaut!)


 

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Es gab einen Hackerangriff auf die Staatsanwaltschaft! Diese Nachricht stammt aus vertraulichen Kreisen. Mehr ist z.Zt. nicht bekannt.

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Die exakte Flächenermittlung würde einige Arbeit bedeuten. Man müsste - was offensichtlich weder der Veranstalter geleistet hat noch die Behörden eingefordert haben - die Flächen einzeichnen und abziehen, die dem Publikum nicht zur Verfügung stehen (Wege der Floats, Gänge, Rettungswege, Aufstellflächen, Sanitäranlagen, Technik). Aufgrund meiner beruflichen Erfahrung in der Veranstaltungstechnik (jetzt über 25 Jahre) gehe ich davon aus, dass von der ursprünglichen Bruttofläche maximal 60% übrig bleiben. Bei 90.000 m² blieben demnach 54.000 m² fürs Publikum, also maximal 108.000 Besucher.

Wie gesagt, die Fläche musste der Veranstalter exakt ermitteln, um nicht durch zu hohe Besucherzahlen (mehr als 2 Personen/ m²) gegen die SBauVO zu verstoßen. Die maximalen Besucherzahlen müssen dann auch immer eingehalten werden; die Besucheranzahl muss folgerichtig exakt gezählt werden. Im Brandschutzkonzept wird allerdings mit einer maximalen Belegung + 12% gerechnet. Eine Überschreitung um 1 Person ist bereits rechtswidrig, eine Überschreitung um 12% nimmt also einen umfangreichen  organisierten Verstoß gegen die SBauVO an.

Sollten ungeschnittene Videos ohne Kameraschwenk von der Einlasssituation vorliegen, wäre eine nachträgliche Ermittlung der exakten Besucherzahl möglich. Dies ist von Finanzbeamten schon gemacht worden, um eine Diskrepanz zwischen Konzertbesuchern und angeblich verkauften Karten erfolgreich nachzuweisen.

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Die Fläche von 90.000 Quadratmetern wurde meinem Wissen nach irgendwann auf 110.000 aufgestockt. Da wurde noch ein weiterer Bereich hinzugenommen. Ich habe nur noch keine Info darüber, wann das ganz genau geschah.

Aber Ihre Aussagen bleiben gleichermaßen korrekt.

Ich habe ja die Kameraaufnahmen mehrerer Stunden aus dem Eingangsbereich ausgewertet und zum Teil auch zu Vergleichszwecken Aufnahmen von Kameras aus den Seitenbereichen der Gebäude angesehen. Alle Kameras haben einen Schwenkwinkel, der auch noch andere Bereiche des Festivalgeländes zeigt.

Das Gelände war zwar (abgesehen von den Bereichen Tunnel, Rampe und Eingangsbereich) nicht überfüllt, aber nur deshalb, weil nicht alle, die dies wollten, auf das Gelände kamen und letztlich wirklich nur ein Teil der erwarteten Personen auf dem Gelände waren.

Wie Sie bereits an anderer Stelle ausführten, muss natürlich auch berücksichtigt werden, wo sich voraussichtlich wie viel Publikum aufhält. An Stellen Gelände in die Rechnung einzubeziehen, an denen sich während der Veranstaltung kaum jemand aufhält, um - rein rechnerisch - auf die 2 Personen pro Quadratmeter zu kommen (und das auch noch, ohne die von Ihnen aufgezählten Einschränkungen zu berücksichtigen), ist schon ein durchaus interessantes rechnerisches Abenteuer, insbesondere wenn man sich in der chronologischen Betrachtung das langanhaltende Schachern um Quadratmeter und Personen ansieht.

 

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Hallo Meister für Veranstaltungstechnik,

sorry, noch kurz zur Erklärung: Mit "Eingangsbereich" habe ich in meiner Auswertung der Kameraaufnahmen den Bereich zwischen Rampe bzw. den Böschungen, welche die Rampe seitlich eingrenzen, und den Gebäuden auf dem Festivalgelände bezeichnet (also jenen Bereich oberhalb der Rampe, durch den auch die Floatstrecke lief).

Gerade hatte ich diesen Begriff einfach weiter verwendet, ohne ihn (wie in der Auswertung) zu erläutern.

 

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M.f.V.

Zitat: "Sollten ungeschnittene Videos ohne Kameraschwenk von der Einlasssituation vorliegen, wäre eine nachträgliche Ermittlung der exakten Besucherzahl möglich."

Der Grund, weshalb es diese Aufgaben angeblich "nicht gibt", um die reale Besucherzahl zu verschleiern?

 

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Liebe Kommentatoren,

ich möchte noch einmal in diese Diskussion eingreifen, weil ich glaube, Sie verrennen sich in ein Detail, das kaum relevant ist: Wie viele Besucher tatsächlich auf dem gesamten Gelände waren, spielt für die rechtliche Beurteilung keine Rolle, weil es sich um ein lokales Gedränge handelte, das zur Katastrophe führte.

Dieses Gedränge wurde mit dadurch ausgelöst, wie viele Besucher auf das Gelände wollten und herunter wollten, nicht aber wie viele sich schon darauf befanden. Die 2 Personen pro Quadratmeter-Regel gilt für das gesamte Gelände im Durchschnitt, nicht anders kann die Norm ausgelegt werden. Bei jeder Veranstaltung, bei der ich jemals war, gab es lokale Verdichtungen und Bereiche, in denen es weniger eng war. Wenn die Regel 2 Pers. pro Quadratmeter so zu lesen wäre, dass tatsächlich auf jedem einzelnen Quadratmeter nur max. 2 Personen sein dürften, wäre fast jedes Konzert illegal.

Wie viele Personen insgesamt auf das Gelände durften, spielt nur eine Rolle insofern, als man offenkundig damit rechnete, mehrere hundertausend Leute draußen stehen zu lassen und für deren Steuerung keine geeignete Maßnahmen vorbereitet hatte. Zwar wird man, wenn sich nun herausstellt, dass das Gelände doch viel kleiner war, als Lopavent angab, die Rechtmäßigkeit der Genehmigung in Zweifel ziehen können, aber es fehlt am Pflichtwidrigkeitszusammenhang für die strafrechtlcihe Zurechnung, denn es ist ziemlich klar, dass die Flächengröße und die Besucheranzahl auf dem Gelände für den Todeserfolg keine Rolle spielte. Die WDR-Schätzung aus Luftbildern, die auf ca. 130.000 bis 150.000 Besucher auf dem Gelände kam, ist wahrscheinlich realistisch.

Schließlich ist es auch abwegig anzunehmen, die Kameraaufnahmen lägen deshalb nicht vor, weil man die wahre Besucherzahl verschleiern wollte. Auch diese Annahme, wie schon die anderen "Theorien" aus dieser Quelle, führen nur zur Verwirrung und haben bei näherem Hinsehen keine Substanz.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Henning Ernst Müller schrieb:

 Die WDR-Schätzung aus Luftbildern, die auf ca. 130.000 bis 150.000 Besucher auf dem Gelände kam, ist wahrscheinlich realistisch.

 

Jo, wobei die Aufnahmen allerdings erst zwischen 17:20 Uhr & 17:40 Uhr gemacht wurden.

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Henning Ernst Müller schrieb:

Liebe Kommentatoren,

ich möchte noch einmal in diese Diskussion eingreifen, weil ich glaube, Sie verrennen sich in ein Detail, das kaum relevant ist: Wie viele Besucher tatsächlich auf dem gesamten Gelände waren, spielt für die rechtliche Beurteilung keine Rolle, weil es sich um ein lokales Gedränge handelte, das zur Katastrophe führte.

 

Das mag wohl leider so sein, allerdings geht es diesbezüglich doch eher darum herauszufinden, ob diese Veranstaltung überhaupt genehmigungsfähig war. Denn wenn sie aufgrund nicht erfüllter Auflagen nicht genehmigt worden wäre, hätte es keine Toten gegeben. Für mich persönlich ist das kausal genug....

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ich lese gerade ein bischen im Zwischenbericht der Stadt.

http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV15-34.pdf

dazu  ein kurzer Kommentar.

wenn es brennt, dann rufe ich die Feuerwehr und versuche den Brand zu löschen.

aber ich werde keine Telefonkonferenz mit mit meinen Tanten abhalten, um zu beraten was zu tun ist.

alle möglichen Szenarien wurden doch schon im Vorfeld durchgesprochen?

mfffggg

 

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Ah... nun glaube ich zu verstehen, was es mit diesem Sicherheitsaufschlag auf sich hat... es handelt sich wohl um eine fiktive zusätzliche Personenzahl, quasi eine Überfüllungssituation um ca. 12% zur Berechnung, heißt, wenn eine Gefahrensituation unter verschärften Bedigungen aufgelöst werden kann, wird es auch unter den realen Bedingungen klappen.
Allerdings hat dieser Aufschlag nichts mit der Genehmigung zu tun, die hätte bei den veranschlagten 100.500 qm nur für max. 221.000 Besucher erteilt werden dürfen. Sehe ich das richtig?

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In dem Interview, auf das Herr Licht oben verlingt hat, wird auf dieses Blog und eine Aussage von Herrn Prof. Müller direkt Bezug genommen.

 

 

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Geradezu ärgerlich ist an dem Interview, dass wieder eine entscheidende Frage nicht gestellt wurde: Jedem einigermaßen intelligenten Menschen musste auffallen, dass, wenn es vier Stunden dauert, bis 250.000 Leute das Gelände auf dem "normalen Weg" verlassen haben (Entfluchtungsergebnis), also maximal 60.000 Leute pro Stunde durch die normalen Ein/Ausgänge über Rampe und beide Tunnelwege hindurchpassen, dass es dann ausgeschlossen ist, innerhalb einer Stunde über 100.000 Personen wie geplant in beide Richtungen gehen zu lassen. Und auch dieses Konzept von Lopavent  ist ja in der Entfluchtungsanalyse von TraffGo abgedruckt, lag also Dr. Klüpfel vor. Warum fragt Herrn Dr. Klüpfel niemand danach? Ist ihm das nicht aufgefallen? War ihm das keine Anmerkung wert? Und weil es nicht in seinem Auftrag lag, dazu Stellung zu nehmen, hat er diese Ungereimtheit einfach mal so ignoriert? Herr Dr. Klüpfel, falls Sie hier mitlesen, versuchen Sie bitte eine Antwort.

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Herr Dr. Klüpfel, falls Sie hier mitlesen, versuchen Sie bitte eine Antwort.

Dem schließe ich mich an.

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Auf die Fragestellung, wie viele Gäste für die Veranstaltung vorgesehen waren und wie die Eingangssituation dafür gestaltet wurde, möchte ich doch noch einmal eingehen:

Vergleichen wir die Versammlungsstätte für die Loveparade dafür noch einmal (bereits an anderer Stelle von Meister für Veranstaltungstechnik erfolgt) mit einem Veranstaltungsgebäude.

Unzweifelhaft ist an dieser Stelle unserer Diskussion, dass die Versammlungsstätte an den Einlassschleusen begann, welche den Eingang darstellten.

Dann könnte man die Tunnel als eine Art Eingangs-Foyer mit ziemlich ungewöhnlicher Form hierfür bezeichnen. Die Rampe ist dann der Aufgang zum eigentlichen Veranstaltungs-Saal. Und jener Bereich, den ich als "Eingangsbereich" bezeichne, ist der Eingangsbereich innerhalb des Veranstaltungs-Saals, eben jener Bereich, in den im Falle der Loveparade alle Besucher in den Saal hineinströmten.

Durch diese Betrachtung wird auf einfache Weise deutlich, was hier unter anderem auf haarsträubende Weise geplant wurde.

Zunächst einmal gibt es im Foyer und Aufgang keine Notausgänge. Da diese Bereiche für die geplante Gästeanzahl viel zu eng bemessen sind, ergeben sich in der Folge Personenverdichtungen dort, welche nicht nur die Regel von 2 Personen pro Quadratmeter sprengen, sondern - wie sich gezeigt hat - lebensbedrohliche Formen annehmen.

Genau genommen ist es Blödsinn, damit zu argumentieren, man habe die Gäste bereits vorher solchermaßen aufhalten wollen, dass es eben nicht zu derlei Personendichten kommen sollte. Man kann doch nicht eine Versammlungsstätte planen, deren Eingang und Folgebereiche für die erwartete Gästeanzahl lebensbedrohliche Enge erwarten lässt und dann erklären, man habe darin kein Problem gesehen, weil man die Leute schon auf den Straßen davor aufhalten wollte.

Stellen Sie sich doch eine solche Planung mal für ein Fußballstadion oder für eine Versammlungsstätte für große Konzerte vor!

Überdies wäre es völlig undenkbar, für ein Stadion oder einen großen Konzertsaal nur einen einzigen Eingang in den eigentlichen Veranstaltungsraum (Konzertsaal oder auf die Tribünen) zu planen. Wo gibt es denn sowas? Nirgends. Und das mit wirklich sehr gutem Grund.

Die Argumentation, man könne eine solche Fläche im Freien für eine Veranstaltung wie die Loveparade so ganz und gar nicht mit einem festen Gebäude vergleichen und müsse daher von den entsprechenden Vorschriften abweichen können, hat sich im Falle der Loveparade höchstselbst einen Stempel der besonderen Beachtung aufgedrückt. Derlei Argumentationen und ihre Befolgung führten hierbei in direkter Weise zu Todesfällen.

 

 

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@Daphne:

Das mag wohl leider so sein, allerdings geht es diesbezüglich doch eher darum herauszufinden, ob diese Veranstaltung überhaupt genehmigungsfähig war. Denn wenn sie aufgrund nicht erfüllter Auflagen nicht genehmigt worden wäre, hätte es keine Toten gegeben. Für mich persönlich ist das kausal genug....#

 

Die Bedeutung des Pflichtwidrigkeitszusammenhangs ist vielen Menschen nicht bekannt bzw. nicht einleuchtend, hat jedoch rechtlich enorme Wichtigkeit: Angenommen, sie dürften aufgrund fehlender Winterreifen, fehlendem Führerschein, technischer Mängel  o.ä.  gar nicht mit ihrem Auto fahren. Nun fahren Sie dennoch und fahren auf völlig trockener Straße (sagen wir, in einem schneefreien "Tunnel") eine betrunkene Person an, die für Sie vorab völlig unerkennbar vor ihr Auto getorkelt ist. Selbstverständlich waren Ihre "Fehler", nämlich unerlaubt zu fahren, "kausal" für den Unfall, denn wären Sie nicht gefahren, wäre der Betrunkene unverletzt geblieben. Dennoch wird man Ihnen mangels Pflichtwidrigkeitszusammenhang keine Strafe für die Verletzung des Betrunkenen auferlegen - solange Ihre Fahrlässigkeit mit dem konkreten Unfallerfolg nichts zu tun hatte. Soweit das Grundsätzliche. Selbstverständlich ist es im LoPa-Fall komplexer, weil die Genehmigung eine Aussage zur gesamten Veranstaltung trifft und darin sowohl solche Dinge abgesegnet wurden, die mit den Todesfällen in Zusammenhang stehen als auch solche, die - insofern glücklicherweise - nicht zum Tragen kamen; letzteres betrifft etwa die Fluchtwege bei Feuer. Insofern sollte der Blick, wie die Leserin (# 76) nachvollziehbar ausführt, auf die Ein-/Ausgangssituation gerichtet werden. Die Gesamtzahl der zugelassenen Besucher bzw. die Größe der Fläche hat damit aber nichts zu tun. Auch wenn es ein Gelände von nur 50.000 m² gewesen wäre und 100.000 Besucher zugelassen wären, hätte die Ein-Ausgangssituation unabhängig davon "stimmen" müssen und das "Foyer" hätte eigene Fluchtwege haben müssen.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Herr Professor,

"Warum fragt Herrn Dr. Klüpfel niemand danach? Ist ihm das nicht aufgefallen? War ihm das keine Anmerkung wert? Und weil es nicht in seinem Auftrag lag, dazu Stellung zu nehmen, hat er diese Ungereimtheit einfach mal so ignoriert?"

Liegt hier der Hase im Pfeffer? Das muss ihm aufgefallen sein. U.U. wurde diese Frage auch gestellt. Dieses Interview ist angeblich der erste Teil. Es scheint ja dann wohl noch einer zu folgen.

Nicht vergessen: Schreckenberg erhielt von Rabe 20.000 Euro! Auftrag: Absegnen, bitte!

Es muss einen Grund geben, warum er jetzt sagt, er habe nie Geld bekommen, was Rabe, vermutlich sogar unter Eid, sicherlich ebenfalls behauptet. Es ist ein Kollektivding, so viel ist klar.

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Ach, Herr Licht. Schreckenberg ist nicht gleich Klüpfel oder Traffgo.

Wollen Sie jetzt sagen, das sei eine riesen Verschwörung mit zig Beteiligten, von denen dann jeder eine tolle Summe von genau wieviel Euro pro Person erhalten hätte? Zwei, drei, fünf Tausend? Wow, und dann nix wie ab nach Lateinamerika, in irgend eine Bananenrepublik, mit der Deutschland kein Auslieferungsabkommen hat!

 

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"Massenpanik Selbsthilfe e.V." als Zusammenschluss der Loveparade - Geschädigten und unser Rechercheportal "DocuNews" haben heute morgen zu einer gemeinsamen Pressekonferenz nach Duisburg eingeladen. Wir wollen in Zukunft enger zusammenarbeiten und Anfang Februar 2011 eine Tagung in Duisburg zur besseren Vernetzung und Wahrheitssuche veranstaltenden, zu der wir auch die hier im beck-blog Diskutierenden herzlich einladen.

Der Text unserer Prosseerklärung ist hier dokumentiert:
http://docunews.org/loveparade/die-fakten-auf-den-tisch/

Einladung und Konzept des Kongresses gibt es hier als *pdf:
http://bit.ly/LoPaKongress

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Ach Leserin, haben Sie denn nicht gelesen, dass Schreckenberg 20000 Mäuse versprochen wurde, wenn er das Konzept seines Exzöglings fuer gut befindet? Aber er hat ja nichts gekriegt. Man munkelt, dass im Garten seines Eigenheimes eine Bananenplantage steht ;-) (Verschworen haben sich uebrigens andere. Zu denen gerhöre ich nicht.)

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Der Pflichtwidrigkeitszusammenhang ist spannend. Das heißt, dass (zunächst) die Gründe eines Tötungsdeliktes betrachtet werden und Tatsachen, die nicht zur Tötung geführt haben, (zunächst) nicht betrachtet werden. Bei der Beurteilung einer Tat ist aber doch sicherlich auch relevant, ob ein Täter auch in anderer Weise grob fahrlässig oder vorsätzlich gesetzliche Regelungen missachtet hat? Es macht sicherlich einen Unterschied, ob einmalig falsch gehandelt wurde oder die gesamte Handlungsweise durchgängig rechtswidrig war.

Die Überschreitung von Besucherzahlen bzw. das Schaffen von nicht genehmigten Zuschauerplätzen ist in der Veranstaltungstechnik ein hoch brisanter Tatbestand. Mit dem Blockieren bzw. Nicht-Schaffen von Rettungswegen verhält es sich genauso. Das Abnehmen oder das Betreiben von Versammlungsstätten ohne notwendige Sicherheitseinrichtungen (ELA) sind ebenso rechtswidrig. Ein Nachweis, dass hier organisiert, gewerblich und mit Abstimmung von Behörden gehandelt wurde, wäre für die Zukunft interessant. Personen, die sich hier als unzuverlässig erwiesen haben, könnte und müsste man zu Recht wegen erwiesener Unzuverlässigkeit von weiteren verantwortlichen Tätigkeiten in diesem Bereich ausschließen. Es wäre für die Zukunft hilfreich, nicht nur die direkte strafrechtliche Verantwortung für die Tötungsdelikte auf der Loveparade zu betrachten, sondern auch die Ahndung aller begangenen Ordnungswidrigkeiten (siehe SBauVO) auf der Loveparade durchzusetzen. Ein Signal, dass man straffrei ausgeht, wenn kein direkter Zusammenhang zu den Todesopfern oder Verletzten besteht, wäre fatal. Dies käme einer Aufforderung zum laschen Umgang bzw. Aushebeln von Sicherheitsbestimmungen gleich.

Die nachträgliche Ermittlung der exakten Publikumsfläche kann insofern interessant sein, weil zur Planung des Veranstaltungsablaufes diese Flächen getrennt betrachtet werden mussten. Sattelschlepper haben Wendekreise - die Fahrstrecke musste geplant werden. Ich bin mir aufgrund meiner beruflichen Erfahrung fast sicher, dass es Pläne mit Abteilung der Flächen geben muss. Und die Frage, wie nah die Fahrstrecke der Floats an der Rampe verläuft, hat direkten Einfluss auf den Abstrom von Besuchern aus der Rampe. Die zulässige Zahl an Besuchern hat auch Einfluss auf das Handeln der beteiligten Personen. Der Veranstalter hat zugegeben, für die Öffentlichkeit falsche Angaben gemacht zu haben (1 Mio und mehr). Die angeblich offizielle Zahl von 250.000 zulässigen Besuchern stellt sich jetzt schon als falsch heraus (es sind nach eigener Rechnung 12% zu viel). Wieviel zulässige Besucher wären korrekt gewesen? Und ganz wichtig: wer wusste von welcher Anzahl und handelte dementsprechend? Z.B. wer macht Eingänge zu, weil die Anzahl (welche Anzahl?) bereits überschritten wurde? Wie sollte mit Personen verfahren werden, die sich dann ohne Einlassmöglichkeit vor dem Einlass stauen?

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Meister für Veranstaltungstechnik schrieb:
Ich bin mir aufgrund meiner beruflichen Erfahrung fast sicher, dass es Pläne mit Abteilung der Flächen geben muss. Und die Frage, wie nah die Fahrstrecke der Floats an der Rampe verläuft, hat direkten Einfluss auf den Abstrom von Besuchern aus der Rampe. Die zulässige Zahl an Besuchern hat auch Einfluss auf das Handeln der beteiligten Personen. 

Im Detailplan für die Loveparade (als *.pdf auf der Webseite des Innenministers NW), der von der Feuerwehr Duisburg  koordiniert wurde und allen Beteiligten zur Verfügung stand, ist die Floatstrecke eingezeichnet.

Es ist nur Unklar, wer der Beteiligten diese Strecke da eingepflegt und ggf vermessen hat. Im Plan zum Bauantrag findet sich die Strecke jedenfalls nicht. Auch ist auf eine genaue Markierung der Strecke am Veranstaltungstag verzichtet worden. Man hat lediglich eine gelbe Kreidespur, ähnlich einer Sportplatzmarkierung in der Mitte der Fahrspur gezogen, um den Fahrern eine gewisse Orientierung zu ermöglichen. Die Berichten jedoch über 6 Meter "neben der Spur" gelegen zu haben.
und
völlig richtig:
wie Weit ein LKW die kurve nimmt verändert die -ohnehin enge- Einlasssituation zwischen eingezäunter Rampenböschung und Floatstrecke dramatisch.

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@Meister für Vranstaltungstechnik (#83),

ganz richtig: Für die Zurechnung des tödlichen bzw. werletzenden Erfolgs kommt es auf den Pflichtwidrigkeitszusammenhang  an - da es sich bei §§ 222 und 229 um Erfolgsdelikte handelt. Ganz anders sieht es bei den Ordnungswidrigkeiten aus; die sind meist - strafrechtlich ausgedrückt - abstrakte Gefährdungsdelikte, d.h. es kommt nicht auf einen Erfolg an, die bloße gefährliche Handlungsweise genügt. Wer etwa betrunken am Steuer erwischt wird, wird ganz unabhängig von einem Unfall (Tötung/Verletzung) wegen der bloßen Trunkenheit im Verkehr bestraft, wer mit ungeeigneten Reifen (ab heute Winterreifenpflicht!) fährt, handelt ordnungswidrig und muss zahlen. Wer eine Veranstaltung plant und dabei bestimmte Vorschriften nicht einhält, wird mit Bußgeld belegt. Ich galube  nicht, dass es bei einem strafrechtlichen Freispruch bzw. Einstellung desVerfahrens (sollte man den Zusammenhang nicht nachweisen können) ein falsches Signal gibt, denn natürlich ist es schon gravierend, wenn öffentlich festgestellt wird, dass bei Planung und Genehmigung grob fahrlässig gehandelt wurde und dass man für diese Verstöße auch ordnungsrechtlich wie ggf. zivilrechtlich haftet.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

@ Meister fVt: u.a. weil der Pflichtwidrigkeitszusammenhang für die strafrechtliche Würdigung - also die Anklage wegen fahrlässiger Tötung - mitentscheidend ist, habe ich bereits juristische "Lösungsschemata" gepostet (#25 vom 25.11.2010, 21:59 Uhr für die Polizeisperre, auf Seite 1 #258 am 17.11.2010, 18:29 Uhr für die Genehmigung selbst). Der Pflichtwidrigkeitszusammenhang wird unter 4d)Objektive Zurechnung erörtert - populär ausgedrückt: hat der "verbockte Mist" nicht nur den Boden bereitet für die Katastrophe, sondern hat er tatsächlich zum "Erfolg" (also zum Schaden/den Toten) geführt? 

Ob die Genehmigungsbehörde strafrechtlich verantwortlich sein wird, entscheidet sich mMn an folgenden Fragen:

Kennzeichen der Planung bezüglich der Besucherströme war:

a) für die Tunnel wurde eine Kapazität von ca. 60.000 pro Stunde "Einbahn" ermittelt

b) dennoch wurde ein Konzept genehmigt, das 100.000 mit "Gegenverkehr" vorsieht

c) um Überfüllung zu vermeiden, wurde im Konzept die Steuerung mittels Schleusen vor/in den Tunneln auf Anweisung durch einen Crowdmanager vorgeschrieben (sozusagen als "Sicherheitsnetz" oder "letzte Instanz" bzw. Korrektiv angesichts der unmöglichen 100.000)

Alles andere hat mit den Toten und Verletzten an der Rampe nicht direkt zu tun und ist deshalb, wie der Meister richtig schreibt, "nur" eine Ordnungswidrigkeit - analog zum Beispiel vom Prof. Müller: rennt der Betrunkene im Tunnel Ihnen so vor das Auto, dass sie selbst mit den besten Reifen nicht mehr rechtzeitig hätten halten können bzw. würde festgestellt, dass mit vorschriftsgemäßen Reifen die Verletzungen genauso gewesen wären, z.B. weil er Ihnen direkt vor das Auto gelaufen ist, bevor Sie überhaupt reagieren und aufs Bremspedal gehen konnten, dann gibt's nur einen Strafzettel wegen abgefahrener Reifen, aber keine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung. Konnten Sie aber bremsen und der Bremsweg wurde wegen der abgefahrenen Reifen länger und der Betrunkene wird deswegen getötet, dann besteht ein Pflichtwidrigkeitszusammenhang und aus der Ordnungswidrigkeit wird ein Straftatbestend: fahrlässige Tötung. 

→ für eine Verurteilung muss also nachgewiesen werden, dass

a) entweder: das Crowdmanagement angesichts der errechneten unmöglichen Besucherströme zwangsläufig versagt hätte im Sinne von falschen Anweisungen (sehr schwierig, da spekulativ und das Crowdmanagement keine Entscheidungen traf, die zu den Toten geführt hat)

b) oder: bei einer über die ganze Zeit funktionierenden Besuchersteuerung an der Rampe über den Crowdmanager (so wie im Veranstaltungskonzept vorgesehen) es zwangsläufig dazu geführt hätte, dass es dafür nicht an der Rampe, sondern an den Zugangsschleusen zu Toten und Verletzten durch Erdrücken gekommen wäre. Hierbei ist die Frage entscheidend, ob der, der die unmöglichen Besucherströme genehmigt hat, diese Menschenmassen und ihr Verhalten an den Schleusen voraussehen konnte. Aus den bisherigen Erfahrungen mit Toten und Verletzten bei Großveranstaltungen in Deutschland wie Konzerten (Tote Hosen u.a.) muss von einer Behörde, die für die Genehmigung solcher Veranstaltungen zuständig ist, verlangt werden, dass ihr solche Vorfälle bekannt sind und sie dies bei ihrer Entscheidung berücksichtigen muss (analog zur Haftung eines Anlageberaters, der bei seiner Beratung nicht nur die Meldungen des Emittenden bzw. Unternehmens, sondern auch allgemein bekannte Informationen Dritter wie kritische Pressemeldungen zu Markt- und Erfolgsaussichten im Beratungsgespräch erwähnen muss!). Da die Besuchersteuerung im Sicherheits- und Veranstaltungskonzept als zentrales Anliegen hatte, Staus zu vermeiden, wäre bei korrekter Berechnung der Besucherströme erkennbar gewesen, dass das Problem und Hauptrisiko für Staus nur an die Schleusen verlagert worden ist (mit der Folge von Toten und Verletzten eben dort statt am Eingang). Damit ist die Genehmigungsbehörde ebenfalls wegen fahrlässiger Tötung dran, denn sie hat sich, um die Pest zu vermeiden, für die Cholera entschieden - und die war zweifellos als solche erkennbar (Lösungsschema 4b) Objektive Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts: der eingetretene Erfolg und der wesentliche Kausalverlauf müssen objektiv aus Sicht eines beobachtenden Dritten vorhersehbar gewesen sein - Grundrechenarten hätten genügt).

c) oder: die Entscheidungswege am Veranstaltungstag so gestaltet wurden, dass der verantwortliche Crowdmanager seine Aufgaben gemäß Veranstaltungskonzept gar nicht wahrnehmen konnte (indem er einen Polizisten zur Seite gestellt bekam, der nicht weisungsbefugt war). Dies ist zweifellos der Fall. Damit ist der Veranstalter in der strafrechtlichen Verantwortung, denn bei einer derart gravierenden Abweichung an einem als schon vorher kritisch bekannten Punkt vom genehmigten Konzept hätte er auf sofortige Abhilfe drängen oder die Veranstaltung absagen müssen, da die Sicherheit auf der Hauptrampe und am Eingang oben auf der Rampe nicht mehr gewährleistet war. Ebenso ist derjenige zu belangen, der die Abweichung zu verantworten hat (Leiter des Einsatzstabes und/oder der Polizeikommandant), denn diese Pflichtwidrigkeit (Abweichung vom beschlossenen Konzept) führte zur Katastrophe.

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Frage an Prof. Müller: wie strend sind die Anforderungen an den Pflichtwidrigkeitszusammenhang eigentlich im Zivilprozess - also wenn es um Schadenersatz (z.B. Behandlungskosten, Verdienstausfall, Schmerzensgeld usw.) geht?

D.h. ist es denkbar, dass ein Angeklagter (z.B. Stadt Duisburg bzw. deren Vertreter) im Strafprozess freigesprochen wird, weil die Ordnungswidrigkeit (Genehmigung einer Veranstaltung entgegen den Vorschriften des SonderBauVO) unbestritten ist, aber der strafrechtliche Pflichtwidrigkeitszusammenhang nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann - und trotzdem Schadenersatz leisten muss, weil die OWi ja unbestritten ist und den Schaden mitverursacht hat? (so ähnlich wie bei O.J. Simpson sozusagen) Oder richtet sich der zivilrechtliche Anspruch in D sklavisch an der vorherigen strafrechtlichen Verurteilung aus?

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@Mein Name: Es ist in der Dogmatik und Rspr. schon im Strafrecht Vieles umstritten, im Zivilrecht (da habe ich keinen genauen Überblick) wohl genauso. Im Grundsatz ist die Erfolgs- bzw. Schadenszurechnung aber gleich zu bestimmen. Allerdings müssen ein paar Dinge beachtet werden:

1. Das Zivilgericht muss sich nicht (schon gar nicht sklavisch) an die strafrechtliche Bewertung halten. Regelmäßig wird man aber schon aus prozessökonomischen Gründen einige Ergebnisse aus einem vorherigen Strafprozess übernehmen.

2. (Noch wichtiger!) Die Beweislast ist im Zivilrecht anders als im Strafprozess verteilt. Während im Strafrecht der Pflichtwidrigkeitszusammenhang gegen den Angeklagten bewiesen werden muss, ist es im Zivilprozess so, dass der Einwand des mangelnden Pflichtwidrigkeitszusammenhangs vom Beklagten erhoben und bewiesen werden muss, z.B. muss der Arzt, der vor einer OP (die dann zum Schaden führte) erwieseermaßen nicht richtig aufgeklärt hat, belegen, dass der konkrete Patient/Kläger auch bei richtiger Aufklärung der OP zugestimmt hätte. Wegen der unterschiedlichen Beweislast kann es durchaus zu Abweichungen kommen.

3. Während im Strafprozess eine individuelle Zurechnung nötig ist, kann zivilrechtlich auch z.B. die "Stadt Duisburg" verurteilt werden.

 

Vielen Dank für die rasche Antwort - genau um diese Unterschiede bezüglich der Beweislast (und des Anspruchsgegeners) ging es mir in meiner Frage und das ist sicher auch für viele Geschädigte wichtig.

Das wird auch im Falle von Dr. Klüpfel/TraffGO ein interessanter Aspekt - er sagt selbst im xtranews-Interview: "Es ist wahrscheinlich, dass die Entfluchtungsanalyse ein wesentlicher Baustein im Genehmigungsprozess war. D.h., ohne die Entfluchtungsanalyse wäre eine Genehmigung nicht zustande gekommen." 

Damit gibt er einen hypothetischen Pflichtwidrigkeitszusammenhang zu - er wusste, welche Bedeutung seine Analyse für den Genehmigungsprozess hatte und dass er als Fachmann mit mehr Sachkenntnis als seine Auftraggeber de facto entscheidend für den Genehmigungsprozess war. Daraus lässt sich durchaus eine Garantenstellung herleiten.

Die Parallelen zum Revisionsurteil des BGH (Aufhebung des Freispruchs des Gutachters der eingestürzten Eishalle Bad Reichenhall) http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Ger... sind interessant: dort wurde der Gutachter für 3000 Euro mit Kostenschätzungen für Sanierungsmaßnahmen beauftragt, lieferte aber (zusätzlich) eine positive Einschätzung der Standfestigkeit der Halle (ein entsprechendes Fachgutachten hätte nach Auskunft eines Architekten, der kurz vorher mit einer Voruntersuchung beauftragt war, etwa das zehnfache gekostet). Inwieweit hier ein "Deal" des Auftraggebers vorlag nach dem Motto "sag uns etwas Positives außerhalb des eigentlichen Prüfauftrags, damit wir die 30.000 sparen können", muss das Landgericht nun ermitteln.

Ähnlich kann der Auftrag an TraffGo interpretiert werden: "wir wollen von euch einen Verstoß gegen die SonderBauVO abgesegnet haben", analog der Auftrag an Prof. Schreckenberg. Als Gutachter hätte Dr. Klüpfel die gesetzlichen Vorschriften kennen und auf den Verstoß hinweisen müssen, denn bei Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften wäre eine Entfluchtungssimulation gar nicht notwendig gewesen. Er hätte angesichts dessen, dass er um die Bedeutung des Gutachtens für den Genehmigungsprozess wusste, die ihm überlassenen Unterlagen besonders sorgfältig prüfen und auf derart offensichtliche Widersprüche wie Besucherströme über dem Fassungsvermögen der Fluchtwege hinweisen müssen.

Dass er sich nun scheuklappenmäßig auf die reine Entfluchtungskalkulation zurückzieht, ist zwar aus der Position eines möglicherweise Beschuldigten oder Schadensersatzpflichtigen verständlich, moralisch aber ...

Selbst wenn es für eine strafrechtliche Verurteilung nicht reichen sollte, sind die TraffGo und Schreckenberg noch lange nicht aus dem Schneider, was Schadenersatzansprüche angeht.

Man stelle sich folgende Situation vor: ein Reiseunternehmer bringt seinen Bus, mit dem er eine Reisegruppe durch eine Wüste fahren will, zum TÜV und fragt, ob er technisch gesehen auch mit 2mm Profil die Reise machen kann. Der TÜV-Gutachter weiß, dass von seinem Urteil die Reise abhängt und sagt "ja, das klappt, wenn sich sonst alles gemäß der normalen Parameter und Routenvorgaben des Busfahrers bewegt". Dabei übersieht er, dass der Motor bereits im Stand deutlich Öl verliert. Der Bus bleibt in der Wüste mit  Motorschaden liegen, Reisende verdursten und der Gutachter sagt: "ich sollte doch nur entscheiden, ob eine solche Reise auch mit 2mm Profil technisch möglich ist"...

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@ Mein Name

Ich denke, man sollte in Post 86 noch d) und e) hinzufügen:

d) es wurde entgegen SBauVO keine angemessenen Rettungswege aus dem Tunnel gefordert, erstellt und geprüft. Diese hätten - im Gegensatz zur ungeeigneten Treppe - den Besuchern die Möglichkeit gegeben, dem Zerquetschtwerden zu entkommen

e) es wurde entgegen SBauVO und entgegen der Baugenehmigung keine ELA-Anlage erstellt und auch nicht bei Bauabnahme vermisst (ein Abbruch der Veranstaltung war nach Wegfallen der ELA von der SBauVO vorgeschrieben). Diese ELA-Anlage wäre im Gegensatz zu den Polizeiketten eine Möglichkeit gewesen, den Besucherstrom tatsächlich zu steuern.

Was meinen Sie dazu?

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Meister für Veranstaltungstechnik schrieb:

d) es wurde entgegen SBauVO keine angemessenen Rettungswege aus dem Tunnel gefordert, erstellt und geprüft. Diese hätten - im Gegensatz zur ungeeigneten Treppe - den Besuchern die Möglichkeit gegeben, dem Zerquetschtwerden zu entkommen

wer eine Genehmigung für eine Sondernutzung von öffentlichen Straßen(öffentliches Staßenfest) beantragen will, der erfährt im Internet durch die verschiedensten Stadtverwaltungen sehr viel über die verschiedensten Gebühren pro qm aber sehr wenig über "möglicherweise" vorhandene Vorschriften über  Rettungswege. (Rettungswegepläne)

anscheinend geht es den städtischen Behörden in erster Linie um das generieren von Einnahmen        und dann kommt lange nichts.

die Treppe währe ohne diesen katastophale Bauzaun Absperrung durchaus als Rettungsweg geeignet gewesen.

jedenfalls besser als der Container und diese  in einen viel zu steilen Winkel (etwa 80grad) aufgestellte Leiter.(haben diese Polizisten noch nie etwas von einem Anstellwinkel gehört)

ansonsten, ein paar Staßenmarkierungen für Kommen und Gehen hätten auch schon was genutzt.

usw.

mffffgggg

 

 

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julius schrieb:

wer eine Genehmigung für eine Sondernutzung von öffentlichen Straßen(öffentliches Staßenfest) beantragen will, der erfährt im Internet durch die verschiedensten Stadtverwaltungen sehr viel über die verschiedensten Gebühren pro qm aber sehr wenig über "möglicherweise" vorhandene Vorschriften über  Rettungswege. (Rettungswegepläne)

 

Das sind zwei verschiedene Genehmigungen.

Für eine Sondernutzung von öffentlichen Straßen braucht man keine Rettungswege.

Diese braucht man nur, wenn das Gelände z.B. umzäunt ist. Dann aber braucht man eine ANDERE Genehmigung von einer anderen Behörde dafür, nämlich eine Genehmigung von der Baubehörde.

 

Diese Problematik mit den zwei verschiedenen Genehmigungen und zwei verschiedenen Behörden haben wir hier doch aber auch schon mehrfach und sehr ausführlich erläutert.

 

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Die Leserin schrieb:
Diese Problematik mit den zwei verschiedenen Genehmigungen und zwei verschiedenen Behörden haben wir hier doch aber auch schon mehrfach und sehr ausführlich erläutert.

...sitzen aber immer wieder dieser wohl grössten Nebelkerze aus dem Schlussbericht der Stadt Duisburg auf, in dem Frau Dr Jasper ja frech behauptet, diese Sondernutzungsgenehmigung habe ausgereicht, um den Sektor V1 von Vereinzelungsanlagen bis Rampenende als Sektor V1 des Veranstaltungsgeländes der Loveparade zu betreiben...

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Lothar Evers schrieb:

...sitzen aber immer wieder dieser wohl grössten Nebelkerze aus dem Schlussbericht der Stadt Duisburg auf, in dem Frau Dr Jasper ja frech behauptet, diese Sondernutzungsgenehmigung habe ausgereicht, um den Sektor V1 von Vereinzelungsanlagen bis Rampenende als Sektor V1 des Veranstaltungsgeländes der Loveparade zu betreiben...

Ich hoffe sehr, dass die damit nicht durchkommen.

Im Gegenteil: Es sollte m.E. genauer untersucht werden, wie es zu der absonderlichen und nicht gerade naheliegenden Teilung der Genehmigungen bzw. Ausstellung einer falschen Genehmigung für einen Teil des Geländes kommen konnte. Die Folge war immerhin, dass die gesamten Problematiken des Bereichs Tunnel/Rampe fortan ausgeklammert wurden. Aus diesem Grund wäre m.E. eine Erhebung der Gründe für dieses kreative Teilungsvorgehen wichtig.

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Welcher Vogel fliegt unbemerkt im Nebel bei Dämmerung, es sei denn er krächzt?

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Hallo Meister, 

ich vermute, es geht um die Aufzählung

→ für eine Verurteilung muss also nachgewiesen werden, dass

bei der es um die Würdigung der Planung und Genehmigung geht. Insofern muss ich die Aufzählung dahingehend korrigieren, als c) - Entscheidungswege am Veranstaltungstag - nicht mehr die Genehmigung selbst, sondern die (fehlerhafte) Umsetzung des genehmigten Konzepts zum Inhalt hat. Das Gleiche gilt für die ELA (Bestandteil der Genehmigung), wo das Defizit in der Durchsetzung der Auflage war. Kann sein, dass dies in den Verantwortungsbereich der dieselbe Behörde fiel, muss aber nicht.

Es bleiben also a) - zwangsläufiges Versagen des Crowdmanagements, spekulativ  und b) - zwangsläufige Überfüllung entweder am Eingang oder an den Schleusen (vorhersehbar und tatsächlich eingetreten). Die fehlenden Rettungswege im Tunnel sind mMn eher ein "Unterpunkt" von b), da sie von vornherein nicht gegeben waren, nicht installiert hätten werden können/sollen (weil es umfangreiche Baumaßnahmen erfordert hätte) und so gesehen kein alternativer Verlauf des Geschehens denkbar ist.

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@Die Leserin

http://www.mbv.nrw.de/Service/Downloads/Bauverwaltung/versammlungsstaett... auf öffentlichen Straßen oder öffentlichen oder privaten Grünflächen, die nicht eingezäunt sind und daher jederzeit und ungehindert über öffentliche Verkehrsflächen betreten oder verlassen werden können, fallen auch dann nicht unter den Anwendungsbereich der VStättVO, wenn sie Szenenflächen oder Tribünen haben. In diesem Fall ist Bauordnungsrecht
nur auf die baulichen Anlagen der Szenenflächen und Tribünen (z.B. Richtlinie
über Fliegende Bauten) anzuwenden. Dies schließt nicht aus, dass sich die für Großveranstaltungen zuständigen Ordnungsbehörden bei der Genehmigung derartiger Großveranstaltungen an den Vorschriften der VStättVO orientieren. Derartige Auflagen könnten auch von der Straßenbaubehörde z.B. bei der straßenrechtlichen Sondernutzungsgenehmigung für eine Veranstaltung auf einer gewidmeten Straßenfläche gemacht werden. Verlangen die jeweils für
Sicherheit und Ordnung zuständigen Ordnungsbehörden aus sicherheitsrechtlichen Gründen bauliche Absperrungen zur Begrenzung der Besucherzahlen oder zur Steuerung der Besucherströme, dann hat dies zur Folge, dass die   nach Nummer 2 anzuwenden ist.

das bedeutet dass auch der gesamte Weg durch die Stadt  unter VStättVO Richtlinien zu beurteilen ist.

denn  die nicht eingezäunt sind und daher jederzeit und ungehindert über öffentliche Verkehrsflächen betreten oder verlassen werden können

kann ja nicht ernsthaft behauptet werden ?

mfffggg 

 

 

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nochmal der Link aus obigem Beitrag da es die Formatierung durcheinder gehauen hat.

http://www.mbv.nrw.de/Service/Downloads/Bauverwaltung/versammlungsstaett...

Seite 4

Großveranstaltungen auf öffentlichen Straßen oder öffentlichen oder privaten Grünflächen,
die nicht eingezäunt sind und daher jederzeit und ungehindert über öffentliche Verkehrsflächen
betreten oder verlassen werden können, fallen auch dann nicht unter den Anwendungsbereich
der VStättVO, wenn sie Szenenflächen oder Tribünen haben. In diesem Fall ist Bauordnungsrecht
nur auf die baulichen Anlagen der Szenenflächen und Tribünen (z.B. Richtlinie
über Fliegende Bauten) anzuwenden. Dies schließt nicht aus, dass sich die für Großveranstaltungen
zuständigen Ordnungsbehörden bei der Genehmigung derartiger Großveranstaltungen
an den Vorschriften der VStättVO orientieren. Derartige Auflagen könnten auch von der
Straßenbaubehörde z.B. bei der straßenrechtlichen Sondernutzungsgenehmigung für eine
Veranstaltung auf einer gewidmeten Straßenfläche gemacht werden. Verlangen die jeweils für
Sicherheit und Ordnung zuständigen Ordnungsbehörden aus sicherheitsrechtlichen Gründen
bauliche Absperrungen zur Begrenzung der Besucherzahlen oder zur Steuerung der Besucherströme,
dann hat dies zur Folge, dass die VStättVO nach Nummer 2 anzuwenden ist.

mfffggg

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@Julius:

Stimmt. Die VStättVO war auf den gesamten eingezäunten Bereich anzuwenden, also bereits ab Einlassschleusen, die sich ja bereits ein ganzes Stück vor den Tunneln befanden.

Auf den übrigen Zuwegungen gab es zumindest theoretisch Stichstraßen und andere Ausweichmöglichkeiten, oder?

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