Demnächst: Die Richterbewertung Online

von Dr. Michael Karger, veröffentlicht am 27.09.2010

Soeben erst ist eine Lehrerin mit ihrer Beschwerde gegen eine Bewertung im Portal spickmich.de vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert, die Verfassungsbeschwerde wurde nicht angenommen (siehe hierzu z.B. Telemedicus), da kommt jetzt das im beck-blog schon früher vorausgesagte Portal zur Richterbewertung. Laut HAZ startet nun markplatzrecht.de eine Plattform zur Bewertung von Richtern und Gerichten. Die Justiz soll durch konstruktive Kritik noch besser gemacht werden - so eines der Ziele. Wie die Ziel-Bewertungsgruppe sich hierzu stellt, bleibt abzuwarten. Es soll jedenfalls laut HAZ Noten von 1 bis 6 geben.

Hier - nicht ganz ernst gemeint - ein Vorschlag zur Bewertungsmatrix:

  • Prozess gewonnen: 1
  • Prozess verloren: 6
  • Teilobsiegen / Teilunterliegen / Vergleich: Je nach Obsiegen / Unterliegen zwischen 2 und 5

 

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11 Kommentare

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.... in einem Bundesstaat der USA, wo Richter gewählt werden, verlor ein angesehender Richter die Wiederwahl.

Warum? Er hatte einen verurteilten Vergewaltiger freigelassen!  AUFSCHREI AUFSCHREI ... wegen erwiesener Unschuld (das hat dann keiner mehr gehört) .....

Alle diese Bewertungsportale ändern an den Mißständen gar nichts. Öffentlicher Druck ist gut, nur ist er selten von Fachkenntnis getrübt und letzlich auch nichts anderes als Mob.

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Schwierig. Während man als Schüler/Student seinen Lehrer/Professor tatsächlich bewerten kann (durchaus auch subjektiv) wird es bei einem Urteil, welches für Recht erkennen soll problematischer. Würden nicht wahrscheinlich Richter schlechter bewertet, die zu Ungunsten urteilen, obwohl dies jeder rechtlichen Würdigung standhält?

Dennoch interessant.   

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Meines Erachtens läuft es in Deutschland bzgl. der Richterwahl sowieso ziemlich falsch. Ob ich Richter werde entscheidet nicht meine Erfahrung, sondern, ob ich zweimal ein Prädikatsexamen habe. Aber mal ernsthaft: Wieviel praktische Erfahrung hat jmd. der gerade mal zwei Jahre Referendariat absolviert hat? Für die Rechtsprechung: Keine. In England ist es bspw. so, dass jmd. eine gewisse Zeit als Anwalt gearbeitet haben und Erfahrung vorweisen muss, um als Richter tätig werden zu können. Halte ich für sehr, sehr sinnvoll. Was sagt eine Examensnote denn schon über einen Juristen aus? Es gibt Leute, die schreiben sehr, sehr gute Examina, die würde ich noch nicht einmal einen Fall bzgl. Mängelgewährleistung im Kaufrecht machen lassen, weil sie so vergeistigt sind. Dann gibt es auch Leute, die keine guten Examina schreiben, aber praktisch denken können - natürlich ist es nicht ausgeschlossen, dass die Fähigkeiten auch den Noten entsprechen. Aber das deutsche Richtersystem ist nicht wirklich sinnvoll ...

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[Zunächst an falscher Stelle gepostet:]
Selbstverständlich hat man sich, wenn man in der Öffentlichkeit steht, auch einer Kritik zu stellen.

Die Bewertungsportale (das gilt auch für Produktwertungen) leiden aber unter einem systematischen Mangel, der geeignet ist, die (mittels der Notengebung jedenfalls vorgegebene) Objektivität in Frage zu stellen: So enthält etwa meinprof.de für meine Person exakt 8 Bewertungen (die meisten sind einige Jahre alt). Da ich jedes Semester mehrere hundert Studenten im Hörsaal unterrichte, bewegt sich die Bewertungsanzahl im Promillebereich und ist kaum aussagekräftig. Ab 15 Bewertungen würde dort ein Notendurchschnitt erstellt. Das Portal existiert schon ein paar Jahre, die Bewertungen sind ebenfalls "in die Jahre" gekommen. Selbst wenn ich meinen Unterricht aufgrund der Bewertungen mittlerweile entscheidend verbessert hätte (einige Verbesserungen habe ich tatsächlich durchgeführt, aber ich gehe mal davon aus, dass er noch verbesserungsbedürftig ist), kann das der Plattform und ihren Lesern nicht auffallen. Nach anfänglicher Publizität ist das Bewerten mittlerweile nämlich den meisten Studenten zu aufwändig oder zu langweilig geworden (sie müssen ja zusätzlich ständig diese langweiligen Evaluationsbögen ausfüllen, die die meisten mit der durchgehenden Note "2" ankreuzen. Ich habe dafür großes Verständnis. Es bedeutet aber, dass dann diejenigen Einzelnen, die sich etwa über eine Note des Profs (bei Richtern: Urteil) geärgert haben, mit ihrer negativen Bewertung überproportionalen Einfluss gewinnen. Ein Super-Prof oder Super-Richter kann dann aufgrund nur eines Bewerters aus der Anonymität heraus plötzlich ganz "alt" aussehen und umgekehrt kann ein ziemlich schwacher Beamter sich durch seine Verwandtschaft und Bekanntschaft pushen lassen. Die Bewertungsportale geben eine Objektivität vor, die sie nicht leisten können. Das sollte bei der rechtlichen Bewertung berücksichtigt werden. Da man sich den Richter und Verwaltungsbeamten nicht aussuchen kann, ist zudem (anders als bei Profs) auch das Ziel eines solchen Bewertungsportals unklar.

Zuletzt kaufte ich einen Staubsauger, das objektiv mieseste Gerät seiner Klasse, ein glatter Fehlkauf. Doch auch dieses Gerät wird (mit teilweise abstrusen Begründungen) von einigen Käufern bei amazon mit 5 Sternen bewertet.

 

Herr Prof. Müller hat meines Erachtens Recht mit seiner Auffassung, das "Kopfnoten" manipulierbar sind und nur eine beschränkte Aussagekraft haben.

Eigentlich ist es ja bitter, dass offensichtlich ein Bedürfnis besteht, Menschen von den ersten Schuljahren an bis zum Ende ihrer beruflichen Laufbahn zu benoten und zu "ranken".

Als Anwalt ziehe ich wohl keinen echten Mehrwert aus der Information, welche Einzelnoten eine Richterin / ein Richter bekommt. Ein Mehrwert läge aber für "Forum Shopper" darin, wenn man mehr Informationen über die grundsätzlichen Tendenzen der Rechtsprechung z.B. einer Kammer erhalten könnte, deren Entscheidungen nicht so häufig veröffentlicht werden - das ist Wissen, das sonst nur "Insider" haben, die dort öfter Prozesse führen. 

Bewertung fördert Selbstkorrektur.

Eine, zugegeben, subjektive Erfahrung: Ein Richter wirkt bei Verhandlungen ohne ehrenamtliche Richter gelegentlich schlecht vorbereitet, einseitig und handhabt Verfahrensregeln ein bißchen willkürlich. Kaum sind die ehrenamtlichen Richter dabei, führt der gleiche Richter mustergültig, gut vorbereitet und stets prozessordnungsgemäß die Verhandlung.

Die Gefahr, sich eine Blöße zu geben, reicht zur Verhaltensverbesserung aus. Einen ähnlichen Effekt verspreche ich mir von einer Richterbewertung.

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Quote:
Schließlich hat Spickmich nach gut drei Jahren Bestehen den Punkt erreicht, wo neue Investoren neben dem notwendigen Branchen-Knowhow vor allem auch den Draht zu potentiellen Werbekunden liefern sollten, um möglichst viele Etats aus dem Onlinegeschäft zu ergattern.
Über die "Richtigkeit" und Wichtigkeit von Spickmich und die Motive der Seitenbetreiber und Investoren ist damit alles gesagt...

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Ich persönlich fände es gut, wenn richterliche Arbeit und Entscheidungen bewertet würden. Fehler oder  gefährliches Halbwissen haben bei einem Richter gefährliche Auswirkungen. Wenn eine junge Richterin im Verkehrsrecht nicht einmal weiß, wie groß PKW- Anhänger sein können oder äußert, daß die Unfallaufnahme der Polizei NICHT der Sicherung von Beweismitteln dient...  stelle ich mir schon die Frage, nach unserem Rechtssystem. Und bei Berufungen wird sicher in den wenigsten Fällen gegen den vorherigen Richter entschieden: eine Krähe hackt der anderen Krähe keine Auge aus.

Woran will man dann als normaler Bürger noch glauben, wenn nun auch im richterlichen Beruf wie in der Politik der Einäugige der Sehende unter den Blinden ist???

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