BGH: Neues zum Begriff der Angelegenheit?

von Dr. Hans-Jochem Mayer, veröffentlicht am 17.11.2010

Selten führt ein gebührenrechtlicher Begriff in kurzen zeitlichen Abstand zu gleich mehreren Entscheidungen des BGH. So verhält es sich aber mit dem Begriff der gebührenrechtlichen „Angelegenheit“, auf dem das gesamte Vergütungssystem des RVG aufbaut, der aber leider im Gesetz nicht definiert ist. Während der VI. Zivilsenat im Urteil vom 03.08.2010 -VI ZR 113/09 - insoweit der Praxis eine einigermaßen griffige Handhabung an die Hand gegeben hat, indem er feststellte, dass die anwaltliche Tätigkeit bei der Geltendmachung verschiedener presserechtlicher Ansprüche, nämlich Anspruch auf Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung einerseits und Gegendarstellungs- und Berichtigungsbegehren andererseits, gebührenrechtlich nicht dieselbe Angelegenheit vorliegt, und dies nicht zuletzt aus der unterschiedlichen verfahrensrechtlichen Behandlung der verschienenen Ansprüche abgeleitete hat, ist nunmehr schon die nächste Entscheidung, nämlich das Urteil vom 05.10.2010 -  VI ZR 152/09 - in den Blick zu nehmen. Bei dieser Entscheidung ging es um die Frage, ob die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen gegen den Autor einerseits und den Verlag andererseits dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG betrifft. Der BGH hob die Entscheidung des Berufungsgerichts, welches zwei verschiedene Angelegenheiten angenommen hatte, auf, wies im Rahmen der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hin, dass der Beurteilung als einer Angelegenheit auch nicht entgegenstehe, dass die Rechtsmäßigkeit einer Berichterstattung hinsichtlich verschiedener in Anspruch zu nehmender Personen, etwa des Autors eines Artikels und des Verlags aufgrund der Verbreiterhaftung, getrennt zu prüfen sei, und verwies die Angelegenheit an das Berufungsgericht zurück mit dem Auftrag festzustellen, ob im Streitfall vertretbare sachliche Gründe für eine getrennte Beauftragung der mit den Abmahnungen befasste Anwaltskanzlei bestanden hätten. Für den Anwalt bedeutet diese Rechtsprechung, dass die Frage, ob eine oder mehrere Angelegenheiten vorliegen, häufig zum Vabanquespiel wird, im Innenverhältnis wird sich der Anwalt im Regelfall durch den Abschluss von Vergütungsvereinbarungen absichern können, zu wünschen wäre, dass diese Gestaltungspraxis auch im Außenverhältnis im Rahmen der Kostenerstattung / des Schadensersatzes dann akzeptiert wird, wenn vertretbare Gründe für eine solche vergütungsrechtliche Regelung gegeben sind.

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