"Politische Korruption" - Wer fördert Carsten Maschmeyer oder macht er sogar selbst Politik?

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 12.01.2011

Der bereits im vergangenen September vom NDR ausgestrahlte Film von Christoph Lütgert „exclusiv: Der Drückerkönig und die Politik“ – heute Abend in der ARD wiederholt – wird vermutlich für einiges Aufsehen sorgen.

Es geht um Carsten Maschmeyer, befreundet mit der Schauspielerin Veronica Ferres, der 650 Millionen schwer sein soll. Geld, das der Gründer des Finanzdienstleisters AWD laut „Panorama“ u.a. durch falsche Erfolgversprechen zu Anlageprodukten verdient haben soll. Die Strategien des Finanzdienstleisters AWD sollen 6.500 Kleinanlegern in geschlossenen Fonds die Ersparnisse gekostet haben, weshalb AWD seit Jahren von Beobachtern kritisch begleitet wird. Von „politischer Korruption" spricht in dem Beitrag der ehemalige SPD-Politiker Albrecht Müller, die vorliege, wenn politische Entscheidungen getroffen werden, die private Interessen beförderten. Nun wird es pikant: In einer Sequenz des Films spricht Bundespräsident Christian Wulff davon, dass ihn mit dem Finanzindustriellen "eine Freundschaft" verbinde, hat er doch auch im vergangenen Jahr auf dessen Anwesen in Mallorca Urlaub gemacht. Die Bilder mit dem früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder sind zahlreich.Und dann gibt es noch eine gemeinsame Firma mit dem Politikberater Bert Rürup, die Maschmeyer-Rürup-AG, und den früheren Arbeitsminister Walter Riester, der auf Veranstaltungen des AWD auftritt. Eine gefährliche Nähe in "einer Welt, in der der schöne Schein zählt, der Fototermin, bei dem alle lächeln" (wie heute Michael Hanfeld in der FAZ auf Seite 31 schreibt).

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68 Kommentare

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Erschreckend war insbesondere die Reaktion von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) im Interview mit einem der Reporter des ARD-Teams.

 

Ich verfolge seit ca. meinem 15 Lebensjahr, also seit fast 15 Jahren, aktiv das politische Geschehen; ein so unwürdiger Auftritt eines Spitzenpolitikers ist mir noch nicht untergekommen. Frau Schröder versuchte zunächst, den Lobbyisten Rürup als personifizierten "objektiven Sachverstand" hinzustellen. Auf die Frage, ob sie die Herren Maschmeyer und Rürup wirklich für unabhängige Berater halte (zur Info für ganz spitzfindige Zeitgenossen: http://www.mr-ag.com), wusste sie (zu Recht!) keine plausible Antwort; wie eine "Ertappte" entschwand sie mit einem körperlichen Trick (Bücken, dann Rausdrehen) aus dem Interview.

Etwas derart Unwürdiges habe ich noch nie gesehen. Kristina Schröder fehlt offenbar jedes kritische Verständnis und jede Vorstellung von den Grenzen des Lobbyismus im demokratischen Rechtsstaat.

Ich habe aufgrund dieses unwürdigen Fehlverhaltens ernstliche Zweifel daran, ob eine solche Frau Ministerin in unserem Land sein sollte!

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Aufgrund der nur 28-minütigen Laufzeit konnte der Film die Hintergründe der Einführung des Riesterrente und der damit verbundenen "Bedienung" des lobyystarken, durch eine beträchtliche Anzahl "habilitierter Mietmäuler" vertretenen Finanz- und Versicherungssektors nur andeutungsweise darstellen. 

 

Zur vertieften Info die Aussagen von Albrecht Müller auf www.nachdenkseiten.de:

http://www.nachdenkseiten.de/?p=3182

http://www.nachdenkseiten.de/?p=3274

http://www.nachdenkseiten.de/?p=3582

 

"Der ehemalige Bundestagsabgeordnete und Publizist Diplom-Volkswirt Albrecht Müller stellt in seinem Artikel "Riester-Rürup-Täuschung - prüfen Sie selbst nach" dem Konzept der Riester-Rente insgesamt ein vernichtendes Urteil aus. Er kritisiert, dass die Riester-Rente aus Sicht des Allgemeinwohls betrachtet eine Verschwendung von Steuergeldern sei und begründet das damit, dass das bisherige Umlageverfahren um vieles günstiger und effizienter sowie insgesamt sozialer sei. Die Förderung der Riester-Rente subventioniere hingegen die Finanz- und Versicherungswirtschaft, ohne dass das zu einem Vorteil für die Gesellschaft führe. Zusammenfassend führt er aus: Man kann die Entscheidung für den teuren Umweg zur kapitalgedeckten privaten Altersvorsorge nur verstehen, wenn man fragt, wer daran verdient: Die Finanzwirtschaft, die an der Umstellung beteiligten Wissenschaftler und auch viele Politiker. Die Zerstörung der gesetzlichen Rente zugunsten einer privaten Altersvorsorge ist ein heutzutage leider typischer Fall von politischer Korruption."

 

Quelle: wikipedia.de

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http://www.abendblatt.de/kultur-live/article1756628/Rechtsstreit-um-AWD-Reportage-haelt-an.html

Nach Angaben des NDR-Justiziars Klaus Siekmann ging am Mittwoch um 18 Uhr im Sender ein Unterlassungsbegehren von Maschmeyers Anwalt Matthias Prinz ein. ... Prinz [hatte] für die Abgabe einer Unterlassungserklärung eine Frist bis 24 Uhr am vergangenen Mittwoch gesetzt. Die Reportage wurde am selben Abend um 21.45 Uhr ausgestrahlt. Siekmann hält die von Prinz gewünschte Frist für unangemessen kurz. Dies habe er gestern Vormittag auch die Kanzlei von Maschmeyers Anwalt wissen lassen. Der Anwalt hatte bereits vergangenen Freitag einen 61 Seiten starken Schriftsatz an alle neun ARD-Intendanten geschickt. Darin warnt er vor möglichen rechtlichen Konsequenzen, die eine Ausstrahlung der Reportage zur Folge haben könnte.

wenigstens ein Sender, der noch Rückgrat zeigt ...

Lothar Späth ist übrigens zurückgetreten, nachdem herauskam, dass er auf der Jacht eines befreundeten Unternehmer Urlaub gemacht hatte - Christian Wulff hat offensichtlich nicht so viel Anstand. Glaubt denn wirklich jemand, Maschmeyer lädt einen Ministerpräsidenten auf seine Villa auf Malle ein und lässt ihn im Gästezimmer übernachten?

Wird diese Seite denn moderiert? Ich halte manche Beiträge für durchaus grenzwertig?

Der Begriff "politische Korruption" soll wohl Freundschaftsbeziehungen (an denen ja zunächst nichts auszusetzen ist)  bezeichnen, die wegen ihrer Nähe zwischen politischer Macht und wirtschaftlichem Interesse anrüchig sind bzw. werden können. Insbesondere wenn Freunde aus der Versicherungs- und Finanzbranche an der Gestaltung von Gesetzen mitwirken, wird m.E. ein Abstandsgebot missachtet. Der Vorwurf trifft dann den politischen Amtsträger, der jeden Anschein zu vermeiden hat, dass die Freundschaft auf politische Entscheidungen durchschlägt. Die Presse ist m.E. geradezu verpflichtet, solche Beziehungen aufzudecken und kritisch zu beobachten, denn rechtlich sind solche Beziehungen ja kaum zu erfassen. Dass diese Aufgabe  ein öffentl.-rechtlicher Sender wahrnimmt, spricht für die Unabhängigkeit des Journalisten und seiner Redaktion und verdient Anerkennung.

Die konkrete Sendung hat mich allerdings enttäuscht: Wenig überzeugend wurden zwei "Opfer" von AWD präsentiert, ohne dass die genauen Vorwürfe (Falschberatung?, Betrug?) und der Umfang (wurden alle Kunden falsch beraten oder nur ein Bruchteil, war das die "Masche" von Maschmeyer oder waren es nur wenige Schlechtberater? Oder war es nur Pech der vorher risikofreudigen Kunden, dass sie in der Finanzkrise Geld verloren haben? Inwieweit weicht Maschmeyers AWD denn negativ von dem Rest der Finanzbranche ab? Schließlich haben auch die Kunden vermeintlich seriöserer Banken und Sparkassen viel Geld verloren, nachdem ihnen Derivate aufgeschwatzt wurden). Hier hätte Panorama viel detaillierter und ausführlicher ermitteln und exakter berichten müssen. Gab es z.B. auch Gewinner bei diesen Fonds oder hat sich (ausschließlich) AWD bereichert? Das wurde irgendwie "angedeutet", aber nichts war konkret, auch nicht die Angaben der Frau von finanztest.

Auch die Vorwürfe an die Politiker blieben großteils oberflächlich: Was genau wird Wulff vorgeworfen? Darf ein BuPrä keine Freunde haben und nicht mit ihnen Urlaub machen? Es müsste doch vielmehr recherchiert werden, ob Wulff z.B. als MinPräs Maschmeyer irgendwie hinter den Kulissen unlauter "gefördert" hat bzw. von diesem gefördert wurde. Der Vorwurf an Riester, er mache Werbung für AWD, hätte ebenfalls konkretisiert werden sollen (wann? welches Amt hatte Riester damals inne? Hat er für alle Versicherungen/Finanzdienstleister Werbung gemacht, oder hat er AWD bevorzugt?) - so blieb das Ganze oberflächlich.

Dass Politiker und auch andere "wegtauchen", wenn ein Journalist mit Kamera sich vor ihnen aufbaut und ihnen unangenehme Fragen stellen will, ist zwar manchmal witzig (Michael Moore-Stil), aber meist wenig zielführend. Wie auch die wabernde Hintergrundmusik  wirkten die Einstellungen, in denen der Journalist rastlos umherwanderte oder bedeutungsvoll in die Kamera schaute, auf mich wenig seriös und das Ganze machte leider ein bisschen den Eindruck von Gerüchteküche..

 

 

Der Analyse von Prof. Müller möchte ich gerne zustimmen. "Dass diese Aufgabe ein öffentl.-rechtlicher Sender wahrnimmt, spricht für die Unabhängigkeit des Journalisten und seiner Redaktion und verdient Anerkennung." In der Tat gibt es immer wieder kleinere Perlen investigativer Arbeit, obgleich eine komplexe Aufarbeitung und Recherche anders ausschaut. Daher sehe ich auch "Die konkrete Sendung hat mich allerdings enttäuscht". Dass die dargestellten Kontakte zur Politik auf diesem höchsten Niveau zumindest zweifelhaft erscheinen könnten, drängt sich nahezu auf. Gleichwohl mag dies nur ein exemplarischer Fall von vielen sein. Es sollte nicht nur bei der Betrachtung eines selfmade-players inne gehalten werden. Auch etablierte und internationale, vermeintlich seriöse, Institutionen spielen wohl eine nicht unbeachtliche Rolle in vergleichbaren Kritiken zu den im Beitrag kurz behandelten Themen, die Netzwerke zur Politik dürften dort wohl noch weiter professionalisiert sein. Im Fazit hätten dem Thema die üblichen 45 Doku-Minuten gut gestanden. Bedarf an sachlicheren Detailrecherchen und -darlegungen wäre vorhanden. War die unübliche Reduktion auf 30 Minuten vielleicht eine redaktionelle Vorgabe und falls ja, aus welchem Grund?

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@ Prof. Dr. Müller

Ihre Kritik teile ich nur bedingt, denn sie trifft den oder die Falschen. Der Film war eine aktualisierte Fassung der bereits im vergangenen Jahr im NDR ausgestrahlten Doku zu den Methoden des AWD. In diesem Ausgangs-Film hatte Lütgert z.B. auch ehemalige Mitarbeiter des AWD befragt und journalistisch sauber dargestellt, wie das AWD-System auf den "Verkaufsdruck" der Mitarbeiter aufbaute und somit seriöse Beratung nahezu unmöglich machte.

Die Kritik trifft die ARD-Verantwortlichen, die vom Filmemacher offenbar verlangt haben, dass er seine Recherchen und Interviews in knapp 30 "unterhaltsam-kurzweiligen Minuten" unterbringt; das ist ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen, wenn man erst Herrn Maschmeyer vorstellen, dann das System des AWD und dessen Methoden darstellen und schließlich die zweifelhaften Verstrickungen der Politik entschlüsseln soll. Das alte Dokuformat (45 Minuten) wäre, wie ein Mitdiskutant völlig zutrteffend ausführte, dem Thema angemessener gewesen. Aber statt Dokumentationen haben wir ja demnächst jeden Abend ein tolle Talkshow: Will, Plasberg, Jauch usw.

Ihre Kritik, geschätzter Herr Prof. Müller, läuft darauf hinaus, dass die Dokumentarfilmer demnächst schlicht "Nein" sagen, wenn sie es unter 45 Minuten bei komplexeren Themen machen sollen. Die Konsequenz wäre kaum, dass die öffentlichrechtlichen Sender endlich von ihrem Talkshowwahnablassen; viel eher wäre die Konsequenz, dass wir noch weniger Journalismus im Fernsehen hätten. Vergegenwärtigt man sich das immense Interesse an den beiden Lütgert-Dokus (auch die 2009 ausgestrahlte Doku zum Textildoscounter "KIK" hatte knapp 4 Mio. Zuschauer), wäre das eher das falsche Signal.

Die kleinen Michael-Moore-Anleihen möchte ich Lütgert nachsehen.  

@ Wolfgang Schulz

Auch nach mehrmaligem Lesen konnte ich in keinem der Beiträge etwas "Grenzwertiges" (damit meinen sie wohl einen möglichen Verstoß gegen Strafgesetze) erkennen; nur handfeste Meinungsäußerungen, die man zu erdulden hat, auch wenn man anderer Auffassung ist. Wenn Sie solche schwerwiegenden Vorwürfe an Ihre Mitdiskutanten machen, sollten Sie hinreichend präzise sein und das Kind beim Namen nennen.

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Zunächst hatte ich ja nur eine Frage gestellt. Also bitte erst genau ansehen, bevor mir Vorhaltungen

gemacht werden.

Den Beitrag von Michael Krämer

"Das Maß der politischen korruption in diesem Land ist unerträglich geworden."

halte ich sehr wohl für grenzwertig.

Ich meinte damit auch grenzwertig im eigentlichen Sinn und keine strafrechtlichen Verstöße.

Das wird man sagen dürfen. Ich hatte auch mit Absicht den Namen nicht genannt.

Solche Beiträge sind platt und allgemein gehalten und passen schlicht nicht hierher.

Sind Sie anderer Meinung?

@ Notar Wolfgang Schulz

Ja, das sehe ich anders. Ihre Worte im ersten Ihrer Beiträge verstehe ich als Aufforderung an die Betreiber des Forums, die "grenzwertigen" Beiträge zu löschen. Solches Hinwirken auf Betreiberintervention halte ich stets für unangemessen, wenn nicht klar gegen Strafgesetze verstoßen wird oder ein sonstiger wichtiger Grund (wie zB kommerzielle Werbung) vorliegt. Nichts davon lag vor. Der Gehalt des Beitrags des Diskutanten Krämer erschließt sich nur, wenn man dem Link auch tatsächlich nachgeht. Im verlinkten Forum hat eine entsprechende Diskussion zum casus Maschmeyer stattgefunden; daneben finden sich dort augenscheinlich Beiträge zum Thema politischer Korruption. Ich kann die Beiträge im Forum nicht im Einzelnen prüfen, aber der Thread zum Maschmeyer-Thema war hinreichend substanzvoll, um den Verweis zu legitimieren. An dem Posting des Mitdiskutanten Krämer kann ich daher nicht das Geringste finden, was eine Einstufung als "grenzwertig" als gerechtfertigt erscheinen ließe.

 

Vielleicht bezog sich Ihr Argwohn gegenüber dem Krämer'schen Beitrag aber auch weniger auf den eher formalen Aspekt, dass jemand lediglich Stichworte nennt und im übrigen auf eine andere Quelle verweist; vielleicht störte Sie materiell, dass der Diskutant Krämer von politischer Korruption in Deutschland sprach. Ja, das sind harte Worte. Es sind nicht meine Worte, aber einige der im Maschmeyer-Film dargestellten Fakten geben doch zu denken. Wie ist das wirklich gelaufen mit der "Riester-Rente"? Wer schrieb hier die Gesetze und wer nickte sie nur ab? Wer profitierte von den Gesetzen?

Mal einige Fakten zum Nachdenken, nicht zum (Vor-) Verurteilen:

- Corinna Nohn hatte für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG 2008 die Verwaltungskosten untersucht, welche die privaten Anbieter der Riesterverträge den Sparern auferlegen. Ergebnis war, dass bei zahlreichen Vertragsgestaltungen die Verwaltungskosten so hoch sind, dass sie einen gewichtigen Teil des staatlichen Zuschüsse aufzehren. Ihr Urteil in der Süddeutschen vom 26.08.2008 fiel dementsprechend harsch aus: Headline: "Die Riester-Abzocke"; Primärer Subtext: "Viele Riester-Sparer füttern ein Monster namens Finanzindustrie: Ihre staatlichen Zulagen kommen nicht der Altersvorsorge zugute, sondern wandern in die Tasche der Anbieter."

- Ähnlich die Einstufung der VBZ in BW: "Die Zulagen kommen in der Masse nicht der Altersvorsorge zugute", sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

- Liest man etwas weiter, erfährt man etwa im HANDELSBLATT, dass offensichtlich so ziemliche jede Anlage "riester-förderungsfähig" ist. Das HANDELSBLATT fragt: "Versicherungen und Fondssparpläne werden besonders gerne als Riester-Verträge vertrieben. Bei diesen Produkten sind aber auch die Provisionen am höchsten. Ein Zufall?" Und der befragte  Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg klärt auf: "Nein.Verkauft wird das, was Provision bringt. Produkte, die wenig bringen, liegen auch nicht im Verkaufsregal. Für den Sparer wäre es aber optimal, so geringe Kosten wie möglich zu haben, und stattdessen eine möglichst hohe Rente. Ein Beispiel: wer als junger Anleger jährliche Kosten von zwei Prozent einspart, kann langfristig eine doppelt so hohe Altersrente erwarten. An solchen Verträgen verdienen die Anbieter aber viel weniger, deshalb werden sie nicht verkauft." Der Staat fördert also den Abschluss von Fondssparplänen, wobei die Versicherungswirtschaft für die entsprechende Beratung beträchtliche Beratungskosten geltend machen kann. Wenn man hoffte, der Gesetzgeber habe irgendwelche Begrenzungen für diese Verwaltungskosten eingeführt, der muss sich wohl enttäuscht sehen, wenn man dem ebenfalls im HANDELSBLATT befragte Hermann Weinmann, Altersvorsorge-Experte der Fachhochschule Ludwigshafen, Glauben schenkt:  "Allerdings gibt es sowohl 'reelle' Anbieter als auch Gebührenschinder. Dies verwundert nicht, denn es bestehen zwar Pflichten zur Kosteninformation, aber keine Kostenbegrenzungen."

Quelle: http://www.handelsblatt.com/altersvorsorge-abzocke-oder-sinnvolle-vorsor...

Je mehr ich mich als Endzwanziger, der als Hochschulmitarbeiter auch längst riestern müsste, mit diesem Thema beschäftige, desto düsterer fällt meine Analyse aus; und desto mehr Gewicht gewinnt die Einschätzung der von mir einst als Verschwörungstheoretiker und Leugner des demographischen Wandels abgeurteilten Riester-Kritiker: dass nämlich, angetrieben durch das "incentive" staatlicher Zuschüsse (die sich niemand entgehen lassen will --> Erkenntnis der Wirtschaftspsychologie), diese Riesterverträge Milliarden in die Taschen der Finanzindustrie lenken, ohne  dass eine adäquate Regulierung je vom Gesetzgeber eingeführt wurde. 

Sie und (noch auch) ich sind derzeit nicht bereit, von politischer Korruption in großem Stil zu sprechen. In Ansehung des Falles "Riester" zwingen uns die Fakten doch aber augenscheinlich, dann einen anderen, adäquateren Begriff für dieses Ausmaß an Fehllenkung gepaart mit Unterregulierung zu finden. Wie, Herr Schulz, nennen wir es?!

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@Justus nochmals: Ich habe nichts von einem Beitrag gepostet, der nahe an der Strafwürdigkeit sei. Sicher haben wir Meinungsfreiheit, aber muss pauschal von der unerträglichen Korruption in diesem Land gesprochen werden aufgrund eines einzigen Menschen? Im übrigen wollte ich nur wissen, ob moderiert wird. Dies war keine Aufforderung zur Löschung.

 

Kenner der Materie wissen:

Im Zusammmenhang mit den Praktiken der Finanzdienstleister sind auch sog. Mitternachtsnotare zu sehen, die zu jeder Tages - und Nachtzeit z.B. im Rahmen von Schrottimmobiliengeschäften zwecks Beurkundung zur Verfügung standen.

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wschulz schrieb:

Dies war keine Aufforderung zur Löschung.

Stellen Sie sich vor, Sie hörten im Gedränge eines Volksfestes jemanden sagen "Gibt es denn hier keine Ordner? Ich finde das Verhalten einiger Besucher hier als grenzwertig." Glauben Sie dann wirklich, dass sich dieser Mensch kein Eingreifen wünscht?

Wie Sie darauf kommen, dass Maschmeyer der einzige Mensch sein soll, der sich Politiker mit Einladungen zu Urlauben und anderen besonderen Erlebnissen gewogen stimmt, ist mir ein Rätsel. Haben Sie die 1,1 Millionen-Parteispende an die FDP kurz vor der Mehrwertsteuersenkung für Hotels nicht mitbekommen? Diese Milliarden Steuerausfälle dürfen Sie und ich jetzt ausbügeln ...

Damit wir in der aktuellen Diskussion auf dem Laufenden bleiben, hat "Die Leserin" heute um 12:27 Uhr den Link dazu eingestellt, dass das Berliner Landgericht auf Antrag von Herrn Maschmeyer aus der Dokumentation die Passage verbietet, in der der NDR-Reporter Christoph Lütgert den AWD-Gründer um ein Interview bittet. Gegen diese Entscheidung will der Sender Widerspruch einlegen. Denn gegen die Behauptung, von den angeblichen Vorwürfen erst aus der Programmzeitschrift erfahren und außerdem mehrfach ein Interview angeboten zu haben, spricht jedenfalls die von der Redaktion zusammengestellte Chronologie.

Ob diese gerichtliche Auseinandersetzung letztlich im Sinne des AWD-Gründers ausgeht oder nur einen kurzen juristischen Erfolg gebracht hat, wird sich zeigen. Wenn wir bislang den Fall AWD in der öffentlichen Diskussion noch nicht so hatten, jetzt haben wir ihn. Zudem erhält herr Maschmeyer jetzt auch Gelegenheit auf die ebenso interessanten wie wichtigen Fragen zu antworten, die in der Dokumentation vor laufender Kamera gestellt, aber nicht beantwortet worden. Jetzt wäre doch die Gelegenheit, die nach ihm nach seiner Behauptung nicht eingeräumt wurde. Ich bin gespannt, wie es nun weiter geht!

Nebenbei bemerkt: In meiner Buchhandlung bekam ich kurz vor Weihnachten - wie auch andere Kunden - das schön aufgemachte Kalendarium vom Verlag C.H.Beck "Für alle Tage. Mit Tolstoi durch das Jahr" geschenkt (leider nicht identisch mit dem gleichnamigen Lesebuch, das ich mir aber beim nächsten Besuch dort einmal ansehen werde). Gerade habe ich wieder einmal darin geblättert und bin dort für den 12. bis 14. Januar auf die folgenden beiden Einträge gestoßen:

"Erst unterlasse den Raub, dann spende Almosen. Zieh deine Hand vom Wucher ab, erst dann strecke sie zum Almosengeben aus. Denn wir mit denselben Händen einen das letzte Hemd nehmen und den anderen bekleiden, so führt uns Almosen nur zum Verbrechertum. Besser sollte man gar keine Wohltätigkeit üben als eine solche." Chrysostomos

"Ein Reicher muss unbarmherzig sein, wenn er seinem natürlichen Impuls der Barmherzigkeit nachgibt, wird er in Bälde nicht mehr reich sein."

Interessante Aussagen zum Rentenprivatisierungslobbyismus traf in einem Interview auch Diana Wehlau: http://www.freitag.de/politik/1102-sdsg  . Sie hat an der Universität Bremen ihre Doktorarbeit über "Lobbyismus und Rentenreform" geschrieben.

 

Daraus etwa: "Die unabhängige Politikberatung ist in der Rentenpolitik gefährdet – stärker als in anderen Politikbereichen. Walter Riester war der erste Arbeitsminister, der Mitglieder des Sozialbeirats der Bundesregierung absetzte, um kritische Positionen aus dieser Richtung zu unterbinden: So wurde der Privatisierungs-Skeptiker Winfried Schmähl im Jahr 2000 als Vorsitzender des Beirats gegen Bert Rürup ausgetauscht. Seit dieser Phase wird die wissenschaftliche Politikberatung von Befürwortern des Privatisierungskurses dominiert. Auch heute wird trotz der Finanzkrise keine ernsthafte Diskussion über die erheblichen Risiken der privaten Altersvorsorge geführt."

 

Interessant am Rande auch: "So war Bela Anda erst BILD-Journalist, dann Gerhard Schröders Regierungssprecher, und ist nun PR-Chef von AWD."

 

"Lobbyistischer Einfluss findet im Wesentlichen im Verborgenen statt. Es gibt eine große Diskrepanz zwischen der immensen Bedeutung, die persönlichen Kontakten und informellen Gesprächen beigemessen wird, und dem, was hierüber dokumentiert und damit erfassbar ist."

 

Im Fazit kristallisiert sich immer mehr heraus, dass Lobbyismus überprüfbarer Strukturen, weit stärkerer Kontrolle und Einschränkungen bedarf.

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Ich möchte in diesem Zusammenhang eine ganz naive Frage stellen:

Es wurde festgestellt, dass es mit der staatlichen Rentenversicherung Probleme gibt: Die gerne postulierte Luxusvariante des Problems ist, dass viele ihren Lebensstandard aus dem Berufsleben mit der Rente nicht werden aufrecht erhalten können (war das ohne zusätzliche private Vorsorge nicht schon immer so?). Nach und nach kommt nun immer deutlicher zum Vorschein, dass die Rente für einen großen Teil der Bürger nicht ausreichen wird, um ihren Lebensunterhalt zu gewährleisten, und sei es nur auf oder knapp oberhalb des Sozialhilfeniveaus.

Wäre es nicht das Naheliegendste gewesen, die Leute zu freiwilligen höheren Beiträgen in die staatliche Rentenkasse zu bewegen?

Warum ein zweites Fass aufmachen, das mit Unwägbarkeiten für den einzelnen, sehr oft schlecht über Finanzanlagen informierten Bürger verbunden ist?

Die zusätzliche private Absicherung durch langfristige Geldanlagen stand auch vorher jedem Bürger offen. Neu daran ist lediglich die spezielle Form der staatlichen Förderung, welche sich in der gegebenen, sicher mit erheblich höherem bürokratschem Aufwand verbundenen Form erübrigen würde, hätte man statt dessen versucht, zusätzliche Ansparungen der Bürger auf die staatliche Rentenkasse zu konzentrieren.

 

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p.s.: Ich stelle damit quasi die Frage danach, ob nicht das entwickelte System der Rieserrente ansich bereits ein deutlicher Hinweis darauf ist, dass die Möglichkeit des Mitverdienens Dritter an den Renteneinzahlungen der Bürger geschaffen werden sollte.

(Selbstverständlich würden Dritte auch an Geldanlagen der staatlichen Rentenkasse mitverdienen, jedoch nicht zwangsläufig in vergleichbarem Ausmaß und dies wäre auch besser zu kontrollieren.)

 

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Außerdem möchte ich noch auf diese Science-Fiction-Dokumentation (Jahr 2030) aufmerksam machen, die womöglich nur noch heute, Samstag, in der Mediathek des ZDF zu sehen ist:

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/hauptnavigation/nachrichten#/beitrag/video/1227358/2030---Aufstand-der-Alten

Dieser Film fasst die mit der mangelnden staatlichen Rentenversorgung verbundenen Ängste vieler Bürger in dramatischer Darstellung zusammen.

Wo sehe ich nun den Zusammenhang zu dieser Diskussion?

Früher wurde meinem Eindruck nach viel mehr Wert auf freiwillige Einzahlungen der Bürger in die staatliche Rentenversicherung gelegt. Meine Eltern zahlten beispielsweise freiwillige Beiträge für meine Mutter, die lange Zeit als Hausfrau nicht berufstätig war, und das war eine ganz wichtige Angelegenheit, für die andere finanzielle Wünsche zurückstehen mussten. Ich bekam mit, dass meine Eltern mehrfach eine entsprechende Beratung erhielten.

Heutzutage werden die Leute auf private Vorsorge bzw. die Riesterrente verwiesen. Das schafft zusätzliches Misstrauen der staatlichen Rentenversicherung gegenüber.

Meine Ansicht ist, dass die öffentliche Hand durch den Verweis auf eine zwangsläufig notwendige private Rentenvorsorge der Bürger zeitgleich kommuniziert, sich selbst außer Stande zu sehen, das Geld der Bürger adäquat zu verwalten bzw. anzulegen.

Aus vielen Gesprächen entnehme ich, dass Leute meiner und der nachfolgenden Generation der Ansicht sind, ihre Rentenzahlungen an die staatliche Kasse seien für sie selbst verlorenes Geld, quasi nichts anderes als eine zusätzliche Steuer zur Finanzierung der aktuellen Transferleistungen.

Man sollte nicht unterschätzen, wie stark und weitgehend dies das Vertrauen in den Umgang der öffentlichen Hand mit dem Geld der Bürger untergräbt, und zwar nicht nur eingeschränkt auf dem Punkt der Rentenvorsorge.

Das Nachdenken über Korruption ist eine geradezu zwangsläufige Folge.

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 Ja, das ist richtig. Die Riester-Rente ist im Wesentlichen eine indirekte Subventionierung der Finanzbranche. Sie kommt den Steuerzahlenden teuer zu stehen.

Über den Einfluß der Finanzdienstleistungsbranche auf die Rentenreform kann man hier Näheres erfahren:

http://www.vs-verlag.de/index.php;do=show/sid=8263785724a7f1e0c819ab013253960/site=w/book_id=17196

Mit der Teil-Privatisierung der Alterssicherung markiert die Rentenreform 2001 einen Systembruch in der deutschen Rentenpolitik. Zweifelsohne profitieren insbesondere Banken, Versicherungen und Investmentfonds von diesem rentenpolitischen Paradigmenwechsel. Deren Gewinnaussichten haben sich infolge der Leistungskürzungen bei der gesetzlichen Rente und der Förderung der privaten „Riester-Rente“ massiv verbessert, so dass sich unweigerlich die Frage nach dem Einfluss der Finanzdienstleistungsbranche im Politikfeld Alterssicherung stellt. Im Zentrum der vorliegenden Arbeit stehen der Zugang der zentralen Akteure der Finanzbranche zum rentenpolitischen Policy-Netzwerk sowie deren lobbyistischen Aktivitäten und Beziehungsstrukturen. Die empirischen Befunde zeigen den Einfluss privatwirtschaftlicher Verbände und Großunternehmen auf und erklären, warum die Teil-Privatisierung der Alterssicherung in Deutschland überhaupt politisch durch- und umgesetzt werden konnte.

Dem kann ich mich nur anschließen.

Ich bleibe dabei: Es gibt in unserem land einen überbordenden Lobbyismus in Richtung einer Ökonomisierung und Privatisierung klassischer öffentlicher Kernbereich, die der demokratischen Kontrolle bedürfen und nicht allein der Marktregelung überlassen bleiben dürfen.

Michael Krämer

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@ Notar Wolfgang Schulz

1.

Sätze, die mit "Sicher haben wir Meinungsfreiheit, aber [...]" beginnen, sind mir suspekt.Das mag dogmatisch sein oder kleinkariert, aber so empfinde ich es!

2.

Zudem hat hier niemand "aufgrund eines einzigen Menschen" einen Verdacht politischer Korruption ausgesprochen. Vielmehr kommt doch in den Beiträgen klar zum Ausdruck, dass es um eine Mehrzahl politischer Entscheidungsträger insbesondere im Kontext der Riester'schen Rentenreform geht, die sich nachweislich von Personen haben beraten lassen, die von klaren Interessenkonflikten betroffen waren. Hinzu kommt, dass dieser Fall in gewisser Hinsicht exemplarisch für andere Gesetzgeberungsverfahren (und wenn nur im ""informellen Teil"...) der jüngeren und jüngsten Vergangenheit war. Und mit der geplante Pflegereform scheint man auf dem Pfad der Untugend weiter zu wandern; als sei dieser noch nicht eingetreten genug!

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Heute Abend, Panorama um 21.45 Uhr im Ersten, Vorschau:

http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2011/awd169.html

Textauszug aus der Vorschau:

Vergangene Woche hat die ARD-Dokumentation "Der Drückkönig und die Politik" gezeigt, mit welch zweifelhaften Methoden Multimillionär Carsten Maschmeyer sein Vermögen machte. Jetzt wehrt sich der Gründer des AWD per BILD-Interview gegen die Vorwürfe und behauptet, er sei zu einem Interview mit konkreten Fragen bereit gewesen. Erstaunlich: Panorama hatte ihn oft genug angefragt.

Deshalb hat ihn Panorama erneut um ein Interview gebeten - seine schillernde Karriere bietet genügend Stoff für viele offene Fragen.

 

0

Unter der Überschrift: "Großangriff auf die Pressefreiheit" wird heute in der FAZ nicht etwa das ungarische Mediengesetz, sondern das Vorgehen Maschmeyers gegen den NDR und die Panorama-Redaktion beschrieben (Quelle)

Maschmeyer verlässt sich für sein Vorgehen offenbar nun nicht mehr allein auf das Presserecht, sondern hat Premium-Strafverteidiger Strate aus Hamburg engagiert, mit einem strafrechtlichen Gutachten gegen den Panorama-Journalisten vorzugehen. Laut FAZ "gutachtet" Strate in Richtung Nötigung, politische Verdächtigung, Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz; zudem deutet er ein Stalking-Vergehen an. Zitat Michael Hanfeld/FAZ:

"Mit dieser Vorhaltung wendet sich der Anwalt Strate direkt an den Intendanten des Norddeutschen Rundfunks, Lutz Marmor, und verlangt Auskunft: Er will detailliert wissen, in welchem Arbeitsverhältnis der Reporter Lütgert zum NDR steht (als Redakteur ist er im vergangenen Jahr in Pension gegangen), wie dessen Weiterbeschäftigung begründet wird und wie seine Bezüge aussehen. Alsdann werden Lütgerts Recherchereisen aufgezählt, die, wie der Anwalt schreibt, „der Verbreitung und Herstellung von rechtswidrig erlangtem Bildmaterial“ dienten – gemeint sind Aufnahmen, die Maschmeyer und den AWD-Sprecher Bela Anda, Maschmeyers Firma, sein Haus bei Hannover und sein Anwesen auf Mallorca zeigten."

Fragt sich, was Strate auf der anderen Seite als Verteidiger von seinem Vorgehen halten würde.

Zudem hat Maschmeyer offenbar eine Kampagne gegen weitere Panorama-Autoren in Gang gesetzt. Von Auskunfteien seien sie nach ihren Beschäftigungsverhältnissen befragt worden. Zitat Michael Hanfeld/FAZ:

"Das Ziel dürfte klar sein: die Autoren verunsichern und diskreditieren, die Bilder vom Markt nehmen, Berichterstattung austrocknen, andere abschrecken, sich immun machen gegen die lästigen Anfragen der Presse. Darin darf man – zumal bei einer mächtigen, so gut vernetzten Figur wie Maschmeyer, von dessen AWD-Verein der frühere Kanzler Schröder einmal sagte, dessen Mitarbeiter erfüllten eine „staatsersetzende Funktion“ – einen veritablen Angriff auf die Pressefreiheit und den freien Journalismus erkennen, insbesondere jenen Journalismus, der mit investigativen Methoden den Geheimbünden und Hinterzimmergeschäften der Macht auf die Spur kommen will."

 

Das sind Methoden, wie sie sonst durchaus aus korrupten Staaten bekannt sind. Man kann nur - mit der FAZ - die Hoffnung hegen, dass solche "Maschen" und Methoden in Deutschland nicht zum Erfolg führen.

Und zum Engagement Strates kann man nur den Kopf schütteln. Maschmeyer muss wahrscheinlich viel Geld dafür geboten haben, dass sich ein so bekannter und fähiger Verteidiger für so eine potentiell den eigenen Ruf schädigende Sache hergibt. Peinlich.

 

Hoffentlich werden sich auch andere Medien dieses Themas verstärkt annehmen. Dann dürfte es zunehmend unmöglich werden, gegen jeden einzelnen Journalisten in dieser Form vorzugehen.

 

Außerdem bleibt zu hoffen, dass in der Auseinandersetzung Maschmeyer versus NDR nicht das eigentliche Thema aus dem Blick gerät.

Politiker haben erklärt, der Staat sei nicht in der Lage, für eine ausreichende Rente der Bürger zu sorgen. Gleichzeitig wird jedoch postuliert, private Unternehmen könnten da Abhilfe schaffen. Nein, mehr noch: Die private Altersvorsorge wird als unbedingt notwendig dargestellt.

Alleine dies lässt schon aufhorchen. Was könnte dahinter stehen? Sind die Politiker der Ansicht, der Staat sei besonders ungeschickt im Umgang mit dem Geld der Bürger, so dass jeder vernünftige Mensch seine Alterssicherung besser - zumindest zusätzlich - in andere Hände legen sollte?

Sollte es tatsächlich Möglichkeiten geben, trotz der demografischen Entwicklung für eine ausreichende Rente der Bürger zu sorgen - eben durch zusätzliche Geldzahlungen -, warum nimmt sich dann dessen nicht der Staat selbst an? Warum verweist man die Leute auf einen Finanzmarkt, den kein normal informierter Bürger durchschauen kann?

Und kann es denn wirklich vorteilhaft für die Bürger sein, wenn Dritte (Berater, Verkäufer etc.) in nicht geringem Maße an dem Geld mitverdienen, das die Bürger für ihre Rentenvorsorge aufbringen?

Und in diesem Zusammenhang sind die persönlichen Verbindungen zwischen Maschmeyer, Riester, Rürup und wichtigen Politikern außerordentlich bemerkenswert.

Es ist kaum zu glauben, wie wenig diese "staatsersetzende Funktion" von Privatunternehmen bislang in der Öffentlichkeit hinterfragt wurde. Hoffentich geht dieses Thema nicht in wenigen Wochen wieder unter. Man sollte es auch nicht ausschließlich auf Maschmeyer fokussieren.

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Dem "Peinlich" ist im Fazit nichts hinzuzfügen. Die Grenzen kritischer Berichterstattung sind traditionell weit zu ziehen, zumal diese heute ohnehin in Massenmidien kaum mehr Stellenwert erlangt.

 

Wenn bei vorliegendem Sachverhalt die angesprochenen Normen und Tatbestände in einer Klausur ernsthaft benannt und geprüft würden, könnte ich mir vorstellen, dass die Prüflinge wohl mit einem "abwegig" durchfallen würden.

 

War denn tatsächlich "staatsersetzende" oder vielmehr "staatszersetzende Funktion" gemeint?

 

Anstatt zu später bis nachtschlafender Zeit, sollten solch investigative Reportagen/ Dokumentationen verstärkt für die Hauptsendezeiten produziert, erstausgestrahlt und zu rezipierbaren Zeiten wiederholt werden. Und entgegen des kürzlichen Beschlusses der ARD, noch mehr Talkshows auszustrahlen, wären aufklärende investigative Beiträge weit demokratiefördernder und auch dringend geboten, um wenigstens einem Grundintellekt der Menschen in diesem Land gerecht zu werden.

 

 

 

 

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Im August 2009 erschien in der Wirtschaftswoche ein sehr langer Artikel über den AWD, den ich in diesem Zusammenhang in verschiedener Hinsicht interessant finde:

http://www.wiwo.de/unternehmen-maerkte/warum-es-awd-besonders-hart-trifft-405833/

Hier ist er in der Druckversion auf einer Seite – etwas komfortabler zum Lesen:

http://www.wiwo.de/unternehmen-maerkte/warum-es-awd-besonders-hart-trifft-405833/print/

 

Zunächst einmal geht es darum, dass dem AWD gerichtlich verboten wurde, sich weiterhin „Ihr unabhängiger Finanzoptimierer“zu nennen.

Prozesse von Anlegern, aber auch von ehemaligen „Beratern“ wegen einbehaltener oder zurückgeforderter Boni-Zahlungen werden beschrieben.

Auf Seite 4 geht es um die finanzielle Situation der „Berater“, Zitat:

> Die große Masse der Vermittler, die Tag für Tag an der Verkaufsfront Policen, Fonds und Finanzierungen losschlägt, muss – nach verlockenden Gehaltsvorschüssen in der Anfangsphase – erst einmal hartes Brot kauen. Von den Provisionen bleibt oft nur wenig übrig, weil die Neueinsteiger in der Regel ein Gehaltsdarlehen in Anspruch nehmen, das sie jahrelang abstottern, und weil sie die Hierarchie des AWD-Strukturvertriebs füttern müssen. Das sind die Vorgesetzten auf jeder Stufe und die Zentrale. Ein weiterer Teil der Provisionen wandert in die Rücklagen für den Fall, dass Kunden die Verträge kündigen oder die Anbieter der Finanzprodukte ihre Courtagen zurückfordern. „Trotz des hohen Arbeitseinsatzes bleibt vielen zu wenig Geld zum Leben“, berichtet ein AWDler. <

Bonus-Zahlungen müssen zurückerstattet werden, wenn die Leute nicht ein weiteres Jahr beim AWD bleiben. Man tut viel, um die Verkäufer dauerhaft zu binden. Im Internet finden sich diverse Informationen über ehemalige AWDler, die ihren Ausstieg mit hohen Schulden bezahlten.

Diese Bedingungen scheinen für die Verkäufer in Strukturvertrieben üblich zu sein, sind also keine Besonderheit des AWD.

Und es geht in dem Artikel um den Konkurrenzkampf innerhalb der Finanzberater-Branche und um den Kampf von Versicherungsgesellschaften um Einflussnahme.

Auch die Berater bei Banken, die den Kunden Riesterrenten verkaufen sollen, müssen oftmals auf selbstständiger Basis arbeiten und sind somit von Provisionen abhängig.

Das ist die Szenerie, in welche die Politik die Bürger schickt, damit sie selbst für ihre Rente sorgen.

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Zitat: Von den Provisionen bleibt oft nur wenig übrig, weil die Neueinsteiger in der Regel ein Gehaltsdarlehen in Anspruch nehmen, das sie jahrelang abstottern, und weil sie die Hierarchie des AWD-Strukturvertriebs füttern müssen. Das sind die Vorgesetzten auf jeder Stufe und die Zentrale.

Zu ergänzen ist noch, dass die "Berater" auch noch Abgaben für die örtlichen Büros zahlen müssen.

Die "Berater"?

Falsch. Die Bürger mit ihren Einzahlungen für die Rentenvorsorge müssen für all dies aufkommen.

 

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Ergänzend zum Blog-Beitrag von Herrn Kollegen Müller vom 22. d.M. ist auf den heutigen Artikel in der FAZ  (S. 35) von Michael Hanfeld "Er bittet nur um Auskunft" hinzuweisen (leider finde ich den Beitrag nicht bei faz.net und kann deshalb keinen Link setzen), der erfreulicherweise in dieser zwischenzeitlich schon peinlich wirkenden Causa die interessierte Öffentlichkeit auf dem Laufenden hält:

Strate habe "lediglich um Auskunft zu verschiedenen Fragen gebeten", so Maschmeyer: "mehr nicht." Der Anwalt habe "ausdrücklich nicht mit einer Strafanzeige gedroht, sondern ganz im Gegenteil erklärt, dass keine Strafanzeige erstattet werden soll, wenn er in seinem Gutachten zu dem Ergebnis kommt, dass die NDR-Mitarbeiter sich nicht strafbar gemacht haben." Er wolle "niemanden einschüchtern, sondern lediglich objektiv prüfen lassen", ob eventuell rechtswidrige Handlungen vorliegen.

Der Artikel schließt mit folgendem Passus ab:

"Niemanden einschüchtern? Recherchen dieser Zeitung zufolge gibt es nicht nur den an den NDR-Intendanten Lutz Marmor versendeten, detaillierten Fragenkatalog, sondern auch Anrufe bei NDR-Journalisten, mit Nachfragen etwa nach deren arbeitsrechtlichem Status. Auch sind neue presserechtliche Abmahnungen ergangen – verschickt direkt an die Privatanschriften der Journalisten."

Da mag sich jeder sein Bild machen, könnte doch Herr Maschmeyer auch mal die Fragen beantworten, um die es in der Sache geht. Da hört man leider gar nichts!

Zu den Nachwirkungen der Sendung gibt es ein ausführliches Interview mit Christoph Lütgert bei Meedia.

Zum Vorgehen von RA Strate sagt Lütgert:

"Was mich in erster Linie überrascht, ist, dass Herr Strate, der einen ganz anderen Ruf genießt, sich dafür hergibt. Unter den Anwälten hat man ihn immer so ins linksliberale Spektrum gerechnet. Und dass er nun für Maschmeyer, den Inbegriff eines fragwürdigen Kapitalismus, tätig wird, ist schon enttäuschend. Was in seinem Brief an den NDR-Intendanten steht, ist so hanebüchen. Dort werden normale Recherchebemühungen, die man als Journalist nun mal macht, als mögliche Vorbereitung zu einer Straftat bewertet und in diesem Zusammenhang wird der NDR befragt, ob er daran denkt, Produktionskosten von mir zurückzuverlangen. Das ist auf der einen Seite sehr phantasiebegabt, aber auf der anderen Seite so abstrus, dass ich es gar nicht ernst nehmen kann. Es ist ein reiner Einschüchterungsversuch."

 

Nach Lektüre des Passus "Recherchen dieser Zeitung zufolge gibt es nicht nur den an den NDR-Intendanten Lutz Marmor versendeten, detaillierten Fragenkatalog, sondern auch Anrufe bei NDR-Journalisten, mit Nachfragen etwa nach deren arbeitsrechtlichem Status. Auch sind neue presserechtliche Abmahnungen ergangen – verschickt direkt an die Privatanschriften der Journalisten." aus dem o.g. Artikel könnte nahe liegen, dass dadurch geprüft wird, wer als freier Mitarbeiter evtl. keine Rechtsabteilung des Senders im Rücken hat und so evtl. leichter juristisch belegt werden könnte.

 

Der von Lütgert in zuletzt genanntem Artikel beschriebene "Einschüchterungsversuch" ist so offensichtlich, dass einem schlecht werden kann. Dieser und ähnliche Sachverhalte können jedoch nur Anreiz sein, weiter zu recherchieren und noch genauer hinzuschauen.

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Es geht um enorm viel Geld in einer Branche mit extremem Konkurrenzkampf (s. auch mein Beitrag #33 bzw. den dort verlinkten Artikel).

Öko-Test Online veröffentlichte am 1.10.2010 einen sehr ausführlichen und informativen Artikel über Riester- und Rürup-Renten:

http://www.oekotest.de/cgi/index.cgi?artnr=96213;bernr=21;seite=00;co

Zitat (Fettsetzungen von mir):

Für das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung ist die Welt noch in Ordnung. Auf der Homepage des Ministeriums wird die Riester-Rente als das Nonplusultra im Kampf gegen die Altersarmut dargestellt. Rund 13,85 Millionen Bürger haben mittlerweile einen solchen Vertrag abgeschlossen, vermeldete das Ministerium stolz im August 2010. Wie schon in den Vorjahren pries die Regierung die Riester-Rente wiederum fast gebetsmühlenartig als "lukrative und besonders sichere Form der zusätzlichen Altersvorsorge".

Dabei belegen zahlreiche Studien, Fallbeispiele und auch die regelmäßigen Untersuchungen von ÖKO-TEST eher das Gegenteil: Die staatlichen Zulagen klingen zwar verlockend. Schlimmer noch: Sie suggerieren sogar, dass die Produkte in jedem Fall gut sind, weil der Staat sie für förderungswürdig hält. In Wahrheit halten sie jedoch längst nicht, was die Bundesregierung verspricht. Die perfekte Altersvorsorge sind Riester-Renten nur für die Finanzdienstleister. Versicherungen, Banken, Fondsgesellschaften und Bausparkassen verdienen prächtig daran.

Die Mängelliste ist lang. "Unfaire Vertriebsmethoden, begrenzte Offenlegung von Kosten, zweifelhafte Beratungen, unzureichende und unverständliche Verbraucherinformationen sowie erfolglose Beschwerden" - mit diesen knappen Worten fasst zum Beispiel das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) die von Verbraucherorganisationen zusammengetragenen Kritikpunkte an der Riester-Rente und ihren Anbietern zusammen. Die Berliner Forscher kritisieren zudem, die Politik habe es versäumt, Riester zu einer Pflichtversorgung zu machen. Auch neun Jahre nach Einführung von Riester hätten gerade mal 37 Prozent der Anspruchsberechtigten einen Riester-Vertrag.

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Mit anderen Worten: Der größte Teil der fetten Wiese ist noch gar nicht abgegrast.

 

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Ein Schluck aus der Pulle

 

Bereits am 20. März 2010 brachte Öko-Test Online einen Artikel, in dem u.a. Riesterrenten unter die Lupe genommen wurden:

http://www.oekotest.de/cgi/index.cgi?artnr=10539;gartnr=91;bernr=21;seite=02;co=

 

Er bringt einige wesentliche Informationen in kürzerer Form als der eben von mir verlinkte Artikel, so dass ich daraus hier noch einige Zitate anfügen möchte.

 

Zunächst ein Zitat vom Ende des Artikels:

Der zweite Grund für das schlechte Geschäft, das die Versicherten mit Riester-Renten machen: Die Versicherungen gönnen sich selbst einen kräftigen Schluck aus der staatlichen Zulagenpulle. Bei gleicher Einzahlung haben Riester-Sparer zu Rentenbeginn bis zu 3.263 Euro weniger Garantiekapital und bis zu 14.373 Euro weniger an Gesamtkapital auf dem Konto als bei einer ungeförderten Privatrente, weil die Versicherer unter anderem ausgerechnet für die staatlichen Zuschüsse besonders hohe Verwaltungsgebühren kassieren. Auch die Rentenleistung fällt bei Riester-Verträgen meist geringer aus. Denn die Auszahlung aus einem Riester-Vertrag kommt bei manchen Versicherern teurer als bei einer ungeförderten privaten Rentenversicherung.

 

Obendrein haben Riester-Rentner laut der Untersuchung von Öko-Test dieselben Nachteile wie sie im Allgemeinen in der privaten Rentenversicherung üblich sind, Zitat:

Auch Riester-Versicherte müssen im schlechtesten Fall knapp 100 Jahre alt werden, damit sich ihr Vertrag lohnt. Vorausgesetzt, die Versicherungen erwirtschaften nicht nur den gesetzlich vorgeschriebenen Kapitalerhalt bzw. die garantierte Mindestrendite, sondern auch die von ihnen prognostizierten Erträge tatsächlich.

Wirklich sicher sind allerdings nur die garantierten Rentenleistungen – und deren Rendite liegt oft sogar im Minusbereich.

[…]

Die mageren Ergebnisse bestätigte unser neuester Test Riester-Renten im Juli 2009. Wer davon ausgeht, lediglich 80 Jahre alt zu werden, kommt bei fondsbasierten Riester-Renten auf jährliche Verluste von minus 1,98 bis 2,8 Prozent, sofern er infolge schlechter Kapitalmarktentwicklung nur die garantierte Rente erhält. Bei Klassikpolicen ist Riester-Sparern in diesem Fall wenigstens der Kapitalerhalt sicher. Im Ausnahmefall kann es aber auch hier passieren, dass die Rendite bis zu 2,5 Prozent pro Jahr ins Minus rutscht. Selbst mit 90 Jahren haben Riester-Sparer bei teuren Versicherern nicht einmal ihre eingezahlten Beiträge zurück.

Ein Grund für diese sorgenhaften Renditen: Die Versicherungen gehen davon aus, dass die Menschen steinalt werden. Nach ihrer Kalkulation hat ein 2008 geborenes Mädchen eine Lebenserwartung von 103 Jahren – sofern es eine Riester- oder andere Rentenversicherung abschließt. Will dasselbe Mädchen eine Kapitallebensversicherung, gehen die Versicherer jedoch nur von 77 Jahren aus.

[…]

Steinalt werden im einen, recht jung sterben im anderen Fall: Beide Annahmen machen für die Versicherungen Sinn. Je kürzer die durchschnittliche Lebenserwartung bei Kapitallebensversicherungen kalkuliert wird und je höher damit das kalkulatorische Risiko ist, dass ein Versicherter frühzeitig stirbt, desto höher fallen die Prämien aus. Leben und zahlen die Versicherten dann doch im Durchschnitt länger, streicht die Versicherung zusätzliche Gewinne ein.

Bei Riester- und anderen Rentenversicherungen ist es genau umgekehrt. Wer 103 Jahre alt wird, bekommt nach heutigem Stand 36 Jahre lang Rente. Die ist monatlich selbstverständlich wesentlich geringer, als wenn die Versicherer nur mit einem Alter von 93 und 26 Jahren Rentenzahlung kalkulieren würden. Denn die eingezahlten Beiträge – und damit das Geld, das für die Rentenzahlung zur Verfügung steht – sind in beiden Fällen gleich. Sterben die Versicherten nun nicht erst mit durchschnittlich 103 Jahren, bleibt etwas übrig vom Geld, das für die Zahlung der Rente eingeplant wurde. 25 Prozent dieser "Risikogewinne" darf die Versicherung in die eigene Tasche stecken.

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Zu berücksichtigen ist natürlich auch, dass das Geld bis zur Rente durch Inflation – je nach Anzahl der Jahre und Entwicklung – enorm an Wert verlieren kann.

Hat man bis zum Alter von 85 oder gar 90 Jahren noch nicht einmal die ursprünglich eingezahlte Summe wieder heraus, so stellt sich die Frage, ob es nicht vorteilhafter wäre, jeden Monat etwas Geld in die Matratze einzunähen und die Scheine dort im Rentenalter nach und nach wieder herauszuziehen. Wem das zu unsicher ist oder wer meint, er wolle doch ein paar klitzekleine Zinsen dafür erhalten, der könnte auf die Idee kommen, an das gute, alte Sparbuch zu denken.

 

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Nimmt man alle Informationen zusammen:

  • Das viele Geld, um das es alleine durch das Marktvolumen geht,
  • die Empfehlung der Riesterrenten von Seiten der Politik und die damit verbundenen, hervorragenden Verkaufsmöglichkeiten,
  • die Schwächung der gesetzlichen Rentenversicherung (die keineswegs "nur" demografisch begründet ist) und der damit verbundene Druck zur privaten Altersvorsorge auf die Bürger, was die Verkaufsmöglichkeiten erst recht erhöht,
  • die Förderung der Riesterrenten durch staatliches Geld, an dem die privaten Unternehmen zusätzlich mitverdienen können,
  • den enorm starken Konkurrenzkampf innerhalb der Finanz-"Berater"-Branche
  • und die Stellung von Maschmeyer in der Gesamtkonstellation aus Beziehungen und Geschäft,

dann kann man anfangen zu ermessen, warum hier gegenüber kritischer Berichterstattung auch zu außergewöhnlichen Käulen gegriffen wird.

 

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Ergeben sich eigentlich bislang konkrete Anhaltspunkte für Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Maschmeyer, evtl. beteiligte Politiker, sog. Wissenschaftler oder andere Personen, bzw. gab es bereits Ermittlungen oder sind solche beabsichtigt, ist einem Leser Näheres bekannt?

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Uff, da sind wir also offenbar in der Pflegeversicherung gerade noch einmal um eine Regelung wie bei der Riesterrente herumgekommen. Hier ein Zitat aus der Mitteldeutschen Zeitung:

 

Die schwarz-gelbe Koalition gibt ihr Vorhaben auf, in der Pflege eine private Zusatzversicherung nach dem Vorbild der Riester-Rente einzuführen. Unions-Fraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) sagte, Ziel der Koalition sei es zwar weiterhin, angesichts der Alterung der Gesellschaft eine Kapitalreserve in der Pflege aufzubauen. Die geplante Rücklage müsse aber so gestaltet werden, dass sie ein "kollektives Eintreten vieler beim Bedarfsfall des Einzelnen" gewährleiste. Das werde inzwischen von allen Koalitionspartnern so gesehen, betonte der Gesundheitspolitiker.

Der Kurswechsel bedeutet eine Abkehr der Regierungsparteien von ihrem Koalitionsvertrag. Dort war die Einführung einer verpflichtenden "individualisierten" Kapitaldeckung vereinbart worden. Diese Formulierung war allgemein immer als private Pflege-Zusatzversicherung interpretiert worden.

Die Opposition, die gesetzlichen Krankenkassen und viele Wissenschaftler hatten diesen Weg jedoch als unsolidarisch abgelehnt. Sie plädieren vielmehr dafür, dass alle Versicherten gemeinsam in eine Rücklage einzahlen, mit deren Hilfe der bis 2050 erwartete Beitragsanstieg in der Pflege abgefedert werden kann. Ohne eine Reform wird der Beitragssatz nach unterschiedlichen Schätzungen von jetzt 1,95 auf bis zu 4,5 Prozent steigen müssen.

Singhammer machte deutlich, dass er eine private Zusatzversicherung für untauglich hält. "Ein hoher Zwangsbeitrag für ein eigenes Vorsorgekonto ohne Ausgleich für sozial Schwächere könnte nicht das Prädikat beanspruchen, es sei gerecht", betonte er. Angesichts der Haushaltslage sei der Spielraum für einen steuerfinanzierten Sozialausgleich jedoch "bei realistischer Sichtweise nicht vorhanden". Zudem entstehe durch Millionen von Einzelverträgen ein hoher Verwaltungsaufwand. "Wir wollen nicht sparen, um Bürokratie zu finanzieren", sagte der CSU-Politiker. Singhammer forderte, die Kapitalrücklage vor staatlichen Zugriffen und einer Zweckentfremdung zu schützen. Dieser Punkt gilt tatsächlich als besonders problematisch: Eine kollektiv aufgebaute Reserve müsste besonders gesichert sein, da sie anders als eine individuell zurechenbare private Rücklage keinen Eigentumsschutz genießt.

Als Vorbild für einen kollektiven Spartopf gilt zum Beispiel der Versorgungsfonds des Bundes für die Beamten. In die als Sondervermögen geführte Rücklage zahlt der Bund seit einigen Jahren einen Teil der Lohnerhöhungen der Beamten ein. Das Geld wird von der Bundesbank verwaltet und am Kapitalmarkt angelegt. Es soll später für die Pensionszahlungen verwendet werden. Ähnliches wäre auch für die Pflegeversicherung denkbar. Der Verband der Ersatzkrankenkassen hatte unlängst vorgeschlagen, den Beitragssatz in der Pflege stärker anzuheben als aktuell nötig, um mit diesem Geld die Rücklage aufzubauen.

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So sollte es m.E. auch in der Rentenversicherung geregelt werden.

Das Schlimmste wäre, wenn private Riester-Verträge vom Staat gesetzlich vorgeschrieben werden. Ich möchte nicht wissen, wie dann die "Beratungen" der Bürger von Seiten der Finanzdienstleister und die teils offenen, teils verdeckten Kosten der Versicherungsanbieter aussehen würden.

 

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Ach, na ja. Es gibt in der Branche der Finanzdienstleister und Versicherungen jede Menge lukrativer Aufsichtsrats- und Top-Management-Positionen zu besetzen. Immer wieder beliebt sind auch Berater-Verträge.

 

Ja, und nicht zu vergessen: Es gilt, auch hierfür einen schönen eingängigen Namen zu vergeben.

Wir haben nun die Riester-Rente, die Rürup-Rente und nun folgt die [?]-Pflege.

Gibt es Namensvorschläge?

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Wie wäre es mit Weber-Pflege?

FAZ, 14. Januar 2010, Zitat:

Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) hat sich von den massiven Protesten vor allem der Opposition gegen die geplante Berufung des stellvertretenden Direktors des Verbands der privaten Krankenversicherung (PKV), Christian Weber, zum neuen Abteilungsleiter Grundsatzfragen im Gesundheitsministerium nicht beeindrucken lassen.

Man habe sich am Donnerstag geeinigt, erfuhr die F.A.Z. in Berlin. Weber, der 53 Jahre alt und FDP-Mitglied ist, werde seine neuen Arbeitsplatz am 1. Februar antreten. Zu seinem Aufgabenbereich gehört die Erarbeitung der neuen Gesundheitsreform aber auch die Zuständigkeit für die Pflegeversicherung, deren finanzielle Stabilität die Koalition durch Einführung einer Prämie verbessern will.

Quelle: http://www.faz.net/s/Rub0E9EEF84AC1E4A389A8DC6C23161FE44/Doc~EAB9D7B8AF4C34723953A640BB517943B~ATpl~Ecommon~Scontent.html

 

Oh, hoppla, das haben wir bei unseren bisherigen Vorschlägen zum Entgegenkommen für vorteilhafte politische Entscheidungen bislang übersehen:

Sueddeutsche.de, 21. Januar 2010, Zitat:

Die Nähe der Liberalen zur privaten Versicherungswirtschaft geht über politische Kontakte weit hinaus. Zwischen der FDP und der Deutschen Krankenversicherung gibt es auch eine geschäftliche Kooperation: ein vergünstigtes Rundum-sorglos-Paket allein für Parteimitglieder.

"Exklusiv für FDP-Mitglieder", so lautet das Angebot. Genauer: die "liberale Alternative zur Gesundheitsreform". So wirbt die Deutsche Krankenversicherung DKV, Europas größter Privatversicherer, auf der FDP-eigenen Internet-Plattform netzwerk-mit-nutzwert.de. Weitere Informationen? Nur für den, der sich als "FDP-Mitglied verifizieren" kann.

Auf den Seiten der DKV selbst wird es noch deutlicher. Das Logo der Liberalen prangt unter dem der DKV. Daneben drei glückliche Anzugträger und der Claim: "Freie Demokratische Partei und DKV - starke Partner".

Eine Partnerschaft, die sich auszahlt für FDP-Mitglieder und Mitarbeiter. Es gibt Fünf Prozent Rabatt. Vorerkrankungen sind - anders als üblich - kein Grund, den Versicherungsschutz zu verweigern. Familienmitglieder werden mitversichert und Wartezeiten gibt es auch nicht.

Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/liberale-und-krankenversicherung-die-rabatt-koenige-der-fdp-1.57348

 

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Laut diesem Interview mit dem DKV-Chef Günter Dibbern soll der Name Riester-Pflege lauten:

Der Tagesspiegel, 7. Dezember 2009, Auszug:

Herr Dibbern, haben Sie am Wahlabend eine Flasche Champagner geköpft?

Wir haben nicht gefeiert, und es liegt uns auch fern, in Euphorie zu verfallen. Dafür ist die Lage im deutschen Gesundheitswesen zu komplex. Aber natürlich haben wir jetzt eine politische Ausgangslage, die unsere Situation verbessert.

[...]

In der Pflege soll die Kapitaldeckung nun verpflichtend werden. Wird das Geschäft auf die Privaten zulaufen?
Wir stehen auf jeden Fall für privatwirtschaftliche Lösungen zur Verfügung. Ich bin überzeugt davon, dass das nur in privatwirtschaftlicher Umgebung funktioniert.

Manche Ihrer Kollegen sagen, die Privatversicherer wären mit dem Aufbau einer Kapitaldeckung für alle Pflegeversicherten von jetzt auf gleich überfordert.
Ich habe bewusst nicht gesagt, wir packen das schon. Ein verpflichtendes Pflege-Riester-System für 80 Millionen Bürger aufzubauen, ist eine unglaubliche Herausforderung. Ich würde aber nicht von vornherein sagen, dass wir damit überfordert wären. Die private Versicherungswirtschaft ist leistungsfähig. Das hat sie mit knapp 30 Millionen privaten Krankenversicherungs-Verträgen und 14 Millionen Riester-Verträgen in Deutschland bewiesen.

Quelle: http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/wir-koennen-beitragssteigerungen-nicht-vermeiden/v_default,1644210.html

 

Günter Dibbern ist Vorstandschef der DKV und Mitglied im Vorstand der Konzernmutter Ergo. Im Konzern-Beirat saß bis September 2009 auch der FDP-Abgeordnete und parlamentarische Staatssekretär im Gesundheitsministerium Daniel Bahr.

Die Ergo Versicherungsgruppe AG hat in Deutschland nach eigenen Angaben über 20 Millionen Kunden. Zum Angebot von Ergo gehören - neben der privaten Kranken- und Pflegeversicherung - u.a. auch Riester-Renten.

Marketingmäßig würde sich für die Versicherer also Riester-Pflege anbieten, dann müsste man in der Werbung nicht extra einen neuen Namen einführen.

 

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Ich möchte an dieser Stelle eine provokative Frage einbringen:

Einige Fakten des Geflechts aus persönlichen oder gruppenbezogenen Vorteilnahmen beziehungsweise geschäftlichen und privaten Verbindungen, die im Zusammenhang mit der Privatisierung der staatlichen Sozialversicherungsaufgaben zu politischen Entscheidungen führen oder ihnen zumindest folgen, lassen sich für uns recht einfach recherchieren.

Kann man es uns verübeln, wenn wir uns fragen, ob das, was sich da so einfach recherchieren lässt, wirklich der gesamte Hintergrund der Entscheidungen und des damit offenbar erschreckend oft verbundenen Prinzips "eine Hand wäscht die andere" ist?

Korruption im Sinne der Zahlung von Schmiergeldern oder der direkten Absprache z.B. im Sinne von "Du drückst das von uns gewünschte Gesetz durch, dann geben wir dir dafür den Posten X" dürfte sich kaum auf einfache Weise recherchieren, geschweige denn nachweisen lassen.

Kann man es uns verübeln, wenn wir uns fragen, ob die Dinge im Zusammenhang mit der Privatisierung der Sozialversicherung wirklich immer wenigstens haarscharf oberhalb einer Grenze bleiben, unterhalb derer auch bei großzügiger Definition von Korruption gesprochen werden muss?

 

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Einen kritischen Beitrag zur Abwegigkeit des Riester-Systems hat der WDR gesendet, hier http://www.wdr.de/tv/westpol/sendungsbeitraege/2011/0130/riester.jsp hier zu sehen und lesen.

 

Daraus nur exemplarisch:

 

"Kritiker stellen nüchtern fest: Die staatlich geförderte kapitalgedeckte Lebensversicherung ist teuer, riskant und renditeschwach."

 

"„Ich denke Riester war als allgemeines Konzept ein Irrweg. Wenn jemand privat aus eigenem Antrieb sparen will, so ist dem nichts entgegen zu setzen, aber als Ersatz für die gesetzliche Rentenversicherung im Umlageverfahren taugt Riester nichts.“, so Gustav Horn vom Institut für Makroökonomie der Hans-Böckler-Stiftung."

 

"...denn seit 2005 können Versicherungen die gesamte Provision bei Riester-Verträgen innerhalb der ersten 5 Jahre kassieren – ein Riesengeschäft."

 

"Spätestens die Finanzkrise hat gezeigt, dass es mit der Sicherheit einer solchen Kapitalanlage nicht weit her ist, alle die, die beispielsweise einen Fondsparplan hatten, haben massive Einbußen erlitten."

 

"Blüm fordert eine Umkehr – privat vorsorgen Ja, aber nicht als Ersatz für die gesetzliche Rente. 12,5 Milliarden Euro pro Jahr entgehen dem Staat allein durch den Steuer-Vorteil durchs Riestern. Geld, dass man besser in die gesetzliche Rentenkasse stecken sollte, meint Blüm. Im Grunde steht dahinter: erstens das Geschäft mit der Privatversicherung und zweitens die Arbeitgeber haben sich aus der Solidarität rausgeschlichen. Für die Riester-Rente zahlen sie keinen Arbeitgeberbeitrag mehr. Mit der Riesterrente zahlen die Jungen mehr, nämlich Riesterbeitrag und Rentenbeitrag. Das ist mehr als der alte Beitrag und sie erhalten dafür eine niedrigere Rente.

Zur Erinnerung: Nach 27 Jahren riestern bekommt – wenns gut läuft- 280 Euro Rente im Monat raus. Teuer, renditeschwach, riskant."

 

Die gesetzliche Rente wäre auch heute sicher!! Die Fehlerhaftigkeit des aktuellen privaten Systems ist hingegen offensichtlich. Denn nur die Versicherungsbranche profitiert von den Änderungen ihrer politischen Helfer, nicht der Bürger.

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Einigkeit macht stark?

Vgl. http://www.votum-verband.de/mitglieder/, http://www.votum-verband.de/ueber-uns/satzung-ehrenkodex/index.html,

Historie, Ziele und ZweckDer VOTUM Verband ist seit 1995 als Partner für Vertriebe, Pools, Assecuradeure und Konzeptmakler, also jegliche Art von unabhängigen Finanzdienstleistungs-Unternehmen, aktiv.
Zurück geht die Gründung des Verbandes auf eine Initiative der damals bedeutendsten unabhängigen Vertriebsunternehmen für Finanzdienstleistungen ...

 

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