Fristlose Kündigung wegen Verstoßes gegen ein Rauchverbot

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 08.02.2011
Rechtsgebiete: Arbeitsrechtfristlose KündigungRauchverbot6|6824 Aufrufe

Wer Gefahrguttransporter mit hochexplosivem Flüssigsauerstoff lenkt und dabei ein betriebliches Rauchverbot missachtet, kann fristlos gekündigt werden. Das hat das Arbeitsgericht Krefeld entschieden (Urteil vom 20.01.2011 - 1 Ca 2401/10).

Rauchverbot auch bei unbelandenem Tankwagen

Der Kläger war fast zwei Jahre bei der Beklagten als Auslieferungsfahrer und Servicetechniker beschäftigt. Seine Aufgabe bestand u.a. darin, hochexplosiven Flüssigsauerstoff für den Auftraggeber der Beklagten an dessen Kunden auszuliefern. Der Auftraggeber der Beklagten besteht dieser gegenüber auf Einhaltung eines absoluten Rauchverbots. Die Beklagte hat den Kläger dementsprechend sowohl im Arbeitsvertrag als auch in einer gesonderten Zusatzvereinbarung auf ein uneingeschränktes Rauchverbot in allen Auslieferungsfahrzeugen und im Umkreis von mindestens 10 Metern verpflichtet und auf den Ausspruch einer fristlosen Kündigung im Falle eines Verstoßes gegen das Rauchverbot hingewiesen. Am 06.10.2010 ist der Kläger beobachtet worden, als er im Führerhaus des Auslieferungsfahrzeuges, das allerdings zu diesem Zeitpunkt nicht beladen war, rauchte. Die Beklagte sprach daraufhin am 07.10.2010 die fristlose Kündigung aus.

Fristlose Kündigung nicht unverhältnismäßig

Das Arbeitsgericht hat die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung (§ 626 BGB) bestätigt. Entgegen den Einwänden des 26-jährigen Fahrers sei sie nicht unverhältnismäßig. Auch einer vorherigen Abmahnung habe es angesichts des leicht erkennbaren Gefahrenpotenzials, auf das der Kläger zudem ausdrücklich hingewiesen worden war, nicht bedurft.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

6 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Kann ich nicht nachvollziehen. Bei beladenem Transporter durchaus, aber doch nicht, wenn der LKW unbeladen war und von ihm bzw. i.V.m. der Zigarette überhaupt keinerlei Gefahren ausgingen. Ich hoffe, gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt.

0

Wieso denn nicht? Er wurde doch aufs Ausdrücklichste darauf hingewiesen und hat das auch akzeptiert. Für mich ist das ein recht klarer Fall von "selbst schuld"

3

Die Entscheidung ist gut nachvollziehbar, da sich auch in einem unbeladenen Tankwagen noch Restmengen befinden können und sich gerade bei Gefahrguttransporten der Arbeitgeber darauf verlassen können muss, dass Verbote von seinen Arbeitnehmern befolgt werden.

0

Es gibt ja die Figur der "Parellelwertung in der Laiensphäre". In Anlehnung an diesen Begriff könnte man sich auch eine "Parallelwertung in der Sphäre des Strafrechtlers" vorstellen. Nimmt man eine solche vor, dann sieht man sich an die Diskussion erinnert, ob beim abstrakten Gefährdungsdelikt der Nachweis zulässig ist, dass eine konkrete Gefährung ausgeschlossen ist. Nach h. M. nein. Nun ist aber, um auf den Krefelder Gefahrgutfahrer zurückzukommen, dessen Arbeitgeber kein Gesetzgeber, der Normen aufstellt, die ein Verhalten schon deshalb unter Strafe stellen, weil abstrakt gesehen damit Gefährdungen verbunden sein können, und er ist kein Strafrichter, der auf der Grundlage einer solchen Strafnorm auch dann verurteiln muss, wenn konkret keine Gefahr bestand. Ob letzteres der Fall war (war noch eine explosive Restmenge im Tank?), blieb im Krefelder Gefahrgutfall gerade offen. Das Fehlverhalten des Arbeitnehmers und damit die Rechtfertigung der fristlosen Kündigung erschöft sich folglich darin, dass er - um es mal so auszudrücken - "die betrieblichen Vorschriften nicht eingehalten hat".  Ob aus einem solchen Grund wirklich wirksam fristlos gekündigt werden kann, scheint mir fraglich.

 

RA u. Fachanw. f. Arbeitsrecht M. Bender, Karlsruhe

0

Das heißt also: Der Krefelder Fahrer darf entgegen des Arbeitsvertrages und einer Zusatzvereinbarung jedenfalls dann rauchen, wenn er eine Gefährdung für ausgeschlossen hält?

Das Rauchverbot galt absolut und unabhängig vom Beladungszustand. Woher soll man denn wissen, ob der Fahrer nur dann gegen das Verbot verstößt, wenn eine Gefährdung tatsächlich ausgeschlossen ist? Was ist, wenn der Fahrer auch vollbeladen keine Gefahr durch einen Glimmstengel erkennt? Oder wenn er eigentlich nur im leeren Fahrzeug raucht, dann aber mal die letzte Flasche vergisst, die noch im Wagen ist, weil der Besteller nicht zu Hause war?

5

P. Striebel (#5) schrieb: "Das heißt also: Der Krefelder Fahrer darf entgegen des Arbeitsvertrages und einer Zusatzvereinbarung jedenfalls dann rauchen, wenn er eine Gefährdung für ausgeschlossen hält?"

Wir diskutieren nicht darüber, ob er rauchen durfte. Er durfte nach den insoweit eindeutigen Regeln, die in diesem Betrieb gelten, unter keinen Umständen rauchen und tat es trotzdem. Wir diskutieren darüber, ob dieser Verstoß eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung auch dann rechtfertigt, wenn nicht feststeht, ob im konkreten Fall überhaupt etwas hätte passieren können. Man kennt das Problem aus Schillers "Wilhelm Tell": ist es ein Verbrechen, den Gesslerhut nicht gegrüßt zu haben?

 

RA u. Fachanw. f. Arbeitsrecht M. Bender, Karlsruhe

0

Kommentar hinzufügen