Hilfe, wer schreibt mir die bessere Doktorarbeit?

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 19.02.2011

Das passt wie bestellt in die aktuelle Plagiatsdiskussion, die auch intensiv hier im Blog geführt wird: Da haben sich doch wirklich vor dem 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Az. I-20 U 116/10; Quelle: FAZ vom 18.2.2011 Nr. 41 S. 8) zwei Ghostwriter für Doktorarbeiten (die Preise sollen zwischen 10.000 und 20.000 € liegen) darüber gestritten, ob der eine im Internet mit der Behauptung werben darf, er sei „einer der Marktführer". Mich verwundert es nicht, dass das Gericht sich nicht dafür interessierte, wer von den beiden nach Umsatz und Angebot zur Spitzengruppe zählt, sondern die Werbung schon deshalb beanstandet hat, weil eine verbotene Dienstleistung zum Erwerb eines akademischen Grads angeboten werde (zum Hintergrund).  

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16 Kommentare

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Also juristische Dissertationen hat die klagende Agentur sicherlich nicht verfasst. So doof kann man doch eigentlich gar nicht sein, dass man Unterlassung von Werbung für eine unerlaubte Leistung fordert, die man selber ebenfalls anbietet.

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@ Peter: Das ganze war wohl eher als Retourkutsche gedacht, weil die angeklagte Partei selbst flächendeckend die Konkurrenz wegen unzutreffenden Behauptungen in der Werbung abgemahnt und z. T. angeklagt hat.

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Lieber Herr von Heintschel-Heinegg,

dabei fällt mir noch Folgendes ein: Offenbar gesteuert durch "Adsense" von google taucht Werbung für Ghostwriting-Agenturen häufig gerade unter Artikeln auf, die sich anlässlich des Guttenbergschen Dissertationsplagiats mit Ghostwriting in der Wissenschaft befassten. Ironie: Ein Redakteur verfasst also einen Artikel, in dem er empört solche Machenschaften in der Wissenschaft aufdeckt oder anprangert und seine Zeitung (sowie Google) verdienen dadurch gleichzeitig an der Werbung für diesen Lug und Trug...

Gruß

Henning Ernst Müller

Als Experte sollten Sie es besser wissen: In einem Verfügungsverfahren streiten sich sich nicht zwei Parteien darum wer besser ist, sondern der Kläger verlangt vom Beklagten die Unterlassung einer bestimmten Werbeaussage.

Wäre das OLG der Meinung gewesen beide Akademischen Ghostwriter streiten sich darüber wer denn für sich behaupten kann der Marktführer beim Schreiben von Doktorarbeiten wäre die Sache gar nicht zur Entscheidung angenommen worden.

Richtig ist allerdings auch, das der hier Beklagte mit seinem adeligen Anwalt vom Kurfürstendamm zuerst zahlreiche Abmahnungen und Verfügungsverfahren eingeleitet hat.

 

Übrigens: angeklagt wird im Zivilprozeß niemand - weder der Kläger noch der Beklagte.

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Mal eine Frage nebenbei: Weswegen kann man sich eigentlich strafbar machen, wenn man eine Doktorarbeit von jemand anderem schreiben lässt und sie als seine eigene ausgibt? Betrug scheidet vollkommen aus, Urkundenfälschung ebenfalls, weil es sich um eine echte Urkunde handelt (wobei das natürlich streitig ist, da eine Urkunde nur dann echt ist, wenn sie den wahren Aussteller erkennen lässt und der wahre Aussteller nunmal ein Ghostwriter ist. Die h.M. nimmt jedoch an, dass der Unterzeichner den Inhalt der Urkunde in seinem Willen aufgenommen hat), Mißbrauch von Titeln ebenfalls nicht, da der Titel nicht unbefugt geführt wird. Gibt es da spezielles Ordnungs - bzw. Strafrecht?

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@Ghost2

Anlass und Quelle für meinen Beitrag war der zitierte kurze Artikel in der FAZ. Das Aktenzeichen belegt ein Berufungsverfahren in Zivilsachen vor dem Oberlandesgericht; mehr leider nicht und auch der Bericht enthält keinen Hinweis auf ein Verfügungsverfahren.

@Peter

In erster Linie kommt § 106 UrhG in Betracht:

"(1) Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."

Guter Überblick zum Thema im Artikel "Fremdes Gedankengut" von Reinhard Müller und bei Wikipedia 

 

 

 

Im Wettbewerbsrecht geht es anders als im Strafrecht nicht nur um Rechtsverstöße, sondern auch um (zivilrechtliche) Unterlassungsansprüche, d.h. ein Konkurrent kann die Unterlassung eines bestimmten Verhaltens (z.B. irreführender Werbung) verlangen - und ein solchen Anspruch hat das Gericht hier bejaht (s. Abschnitt B Absatz 2ff.)

@Vanishing Point
 

§ 271 StGB scheidet aus, weil dafür eine öffentliche Urkunde (z.B. Hochschulabschlusszeugnis), ein öffentliches Buch (z.B. Grundbuch) oder Register (z.B. Heiratsregister) oder eine öffentliche Datei (z.B. elektronisches Grundbuch) vorliegen müsste. Diese Anforderungen erfüllt eine Dissertation nicht.

 

§ 271 Mittelbare Falschbeurkundung

  (1) Wer bewirkt, daß Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, welche für Rechte oder Rechtsverhältnisse von Erheblichkeit sind, in öffentlichen Urkunden, Büchern, Dateien oder Registern als abgegeben oder geschehen beurkundet oder gespeichert werden, während sie überhaupt nicht oder in anderer Weise oder von einer Person in einer ihr nicht zustehenden Eigenschaft oder von einer anderen Person abgegeben oder geschehen sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

  (2) Ebenso wird bestraft, wer eine falsche Beurkundung oder Datenspeicherung der in Absatz 1 bezeichneten Art zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

  (3) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen Dritten zu bereichern oder eine andere Person zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

  (4) Der Versuch ist strafbar.  

Ist eine Ghostwriter-Diss. eigentlich ein Werk oder wird hier ein Dienstleistungsvertrag geschlossen? Hätte der Freiherr aus Oberfranken also einen Anspruch auf Rückzahlung des Honorars, falls er nicht selbst so ... dumm war, seine Einleitung aus einer der größten Zeitungen 1:1 abzukupfern, sondern dies die Idee eines Dritten war?

Das OLG Düsseldorf hat es bekanntlich einen Berliner Ghostwriter verboten sich als Marktführer für das Schreiben von Doktorarbeiten, Diplomarbeiten etc. zu bezeichnen. Seine Einschränkung, das sei ja nur zu Übungszwecken, sei lebensfremd und damit war seine ganze Dienstleistung illegal und sittenwidrig.
Es wird interessant sein, wie das LG Berlin in der Littenstraße (Kammer für Handelssachen) das sieht. Dort verklagt am 08.03.2011 der Ex-Marktführer einen Konkurrenten wegen vermeintlicher Wettbewerbsverstöße.
Bis jetzt sah das LG das Treiben des Berliners noch nicht als sittenwidrig oder illegal an und hält alles für ganz normale wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzungen zwischen seriösen Anbietern.
Wir werden sehen ob in Düsseldorf etwas anderes lebensfremd ist als in Berlin.
 

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Zur eingangs aufgeworfenen Frage nach einer Strafbarkeit ist aktuell nachzutragen, dass zu den Plagiats-Vorwürfen gegen den heute zurückgetretenen Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg die Staatsanwaltschaft Hof wegen einer Strafanzeige mögliche Verstöße gegen das Urheberrecht prüft.  

 

Der weitere Vorwurf der falschen eidesstattlichen Versicherung ist dagegen nicht Gegenstand von Ermittlungen, weil zu Guttenberg  bei seiner mittlerweile aberkannten Promotion an der Universität lediglich eine ehrenwörtliche Erklärung abgeben musste, dass er seine Dissertation selbstständig verfasst und keine anderen als die von ihm angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. 

 

Zu Disziplinarmaßnahmen bei Täuschung durch einen Soldaten im Rahmen einer Diplomvorprüfung siehe BVerwG NVwZ 2002, 855.

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