Leserfrage: Blaulicht für Ordnungsämter?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 25.02.2011
Rechtsgebiete: BlaulichtOrdnungsamtVerkehrsrecht13|5274 Aufrufe

Heute mal eine Leserfrage aus den letzten Tagen, die ich anonymisiert einstellen durfte (zur Erläuterung: Der Blogleser ist Vollzugsbeamter einer Kommune):

"Ich hatte von Ihnen den Kommentar gelesen über die Ausstattung von Fahrzeugen mit Blaulicht außerhalb der Polizei. Ich beschäftige mich zur Zeit intern mit dem selben Thema. Ich bin bei uns im Hause zuständig Fahrzeuge zwangsweise stillzulegen da der Versicherungsschutz erloschen ist oder die KFZ Steuer nicht gezahlt wurde o.ä. Lt. Ihrem Kommentar bzw. dem Gerichtsurteil in dieser Sache wurde die Ausstattung des Kommunalen Ordnungsdienst abgelehnt, da diese ihre eigenen Mittarbeiter die sich in einer Gefahrensituation befinden durch hinzurufen anderer Mittarbeiter, die mit Blaulicht und Martinshorn, herbeieilen sollten. Meines Erachtens nach ist das Gerichtsurteil in dieser Angelegenheit völlig richtig, da für solche Aufgaben die Polizei selber zuständig ist. In meinem Falle "benötige" ich Blaulicht & Martinshorn um z.B. von der Halteradresse zu einer anderen Adresse zu kommen wo nachweislich das Fahrzeug sich befinden soll und dies ggf. in kurzer absehbarer Zeit genutzt werden soll.  Die Polizei ist in diesem Falle nicht in Niedersachsen zuständig, da ich/wir (Kommunen) außdrücklich für diese Aufgaben ernannt worden sind.

Wäre Ihrer Meinung nach in diesen Falle eine Außrüstung von Dienstfahrzeugen (bei uns handelt es sich für den kompletten Landkreis um 2 Fahrzeuge) mit Blaulicht (Einzellrundumleuchte welches bei Bedarf aufs Dach befestigt wird (Magnethalterung)) und Martinshorn realisierbar? Bzw. wenn nicht, aus welchem Grund sind in anderen Kommunen solche Fahrzeuge vorhanden?!?!"

Da das letztlich reines Verwaltungsrecht ist, habe ich mir dedacht, dass ich die Frage mal ins Blog packe. Können andere Leser hierzu etwas beitragen?

 "

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13 Kommentare

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Ließe sich die Frage nicht schon anhand des Verkehrsrechts für ein vorhandenes Blaulicht verneinen, insb.  35 VIII StVO? Der beabsichtigte Einsatzzweck liegt außerhalb eines vernünfitgen Verhältnisses gegenüber der unvermeidlichen Gefährdung des Straßenverkehrs bei seiner Verwendung. Vielleicht beim erloschenen Versicherungsschutz, aber wo die Dringlichkeit der Stillegung bei ausstehender KFZ-Steuer liegt, erschließt sich mir nicht.

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Der Bewertung von Richard möchte ich mich anschließen. Der Darstellung des kommunalen Vollzugsbeamten muss ich aber widersprechen. Er mag zwar mit der Handlung der Stilllegung primär betraut sein, jedoch niemals ausschließlich. Der Polizeidienst ist immer auch zuständig, da der Gebrauch eines unversicherten Fahrzeuges immer auch eine Straftat gemäß §6 Pflichtversicherungsgesetz darstellt. Deswegen ist die Polzei gemäß StPO verpflichtet tätig zu werden, wenn ihr das zur Kenntnis gelangt. Diese Pflicht kann nicht durch Verwaltungsregelungen aufgehoben werden. Insofern keinesfalls reines Verwaltungsrecht Herr Krumm.

Der Fragesteller möge doch die Begründung für die (rechtswidrige) Ausrüstung bei anderen Kommunen dort nachfragen. Dann können wir weiter diskutieren.

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 §35 StVO erlaubt Sonderrechte nur zu Erfüllung hoheitlicher Aufgaben bzw. zur Rettung von Menschenleben - gehört das Eintreiben von Steuern auch dazu? 

Ja, das Eintreiben von Steuern ist eine hoheitliche Aufgabe.

 

Übrigens geht es nicht um Sonderrechte (die kommen IMO keinesfalls in Frage), sondern um die Ausstattung mit Sondersignalanlage, um Wegerechte geltend machen zu können.

 

Insofern geht auch Kommentar #1 mit seinem Bezug auf § 35 fehl.

 

Wegerecht erlaubt zwar, die von anderen Verkehrsteilnehmern geschaffene freie Bahn auch zu nutzen (und dafür auch rote Ampeln zu überfahren), aber beispielsweise nicht Geschwindigkeitsüberschreitungen.

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Hallo, # 4, der Vollzugsbeamte fährt nicht hinterher, um Steuern einzutreiben.

Wegevorrechte sind Sonderrechte. Was soll die Anbringung der Sondersignale, wenn man sie nicht nutzen darf. Der Staat schmeißt doch schon genug Steuergeld zum Fenster raus.

Rote Ampeln werden nicht überfahren (auch wenn das der Volksmund so sagt).

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1. Es ist falsch, dass in Niedersachsen die Kommunen zur Vorhaltung von Straßenverkehrsämtern bzw zur Wahrnehmung dieser Aufgaben ausdrücklich ernannt wurden. Das war mal so, wurde aber in den Zuständigkeitsverordnungen wieder entfernt. Will man nun die Zuständigkeit herleiten, muss man sich (zulässigerweise) auf Gewohnheitsrecht stützen.

 

2. Erst recht ist es falsch, dass bei Eile die Ordnungsbehörden in Niedersachsen zuständig sein sollen. Eile ist typisches Merkmal von Gefahrenabwehrrecht und gem. § 1 II 1 NSOG ausdrücklich der Polizei zugewiesen. Will man als Behörde eilig einen Zustand sichern und kann dies mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht, muss man (zumindest in Niedersachsen) die Hilfe der Polizei in Anspruch nehmen.

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Sonderrechte nach § 35 StVO können nicht geltend gemacht werde, da der Kommunale Ordnungsdienst nicht zu den dort gennanten privilegierten Organisationen zählt.

 

Der Einsatz von Blaulicht + Sondersignal nach § 38 StVO (und damit je nach Ansicht auch die analoge Anwendung von § 35 StVO) scheidet mangels der dort abschließend genannten Verwendungsgründe aus.

 

Die (nutzlose) Ausrüstung der Fahrzeuge mit Blaulicht scheitert am Nichtvorliegen der in § 52 Abs. 3 StVZO genannten Organisationen.

Ausnahmen nach § 70 StVZO könnten zwar von der zuständigen Behörde genehmigt werden; sie wären aber mangels Einsatzmöglichkeit reine Steuerverschwendung und dürften somit vom pflichtgemäßen Ermessen auch nicht mehr gedeckt sein.

 

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Nachtrag zur Eingangsfrage "aus welchem Grund sind in anderen Kommunen solche Fahrzeuge vorhanden?":

 

In einigen Bundesländern (zBsp Hessen) sind die kommunalen Ordnungsbehörden kraft Landesgesetz Polizei(-behörden). Daher dürfen sie auch mit Sondersignal ausgestattet werden.

In der Masse der Bundesländer werden die kommunalen Ordnungsbehörden jedoch nicht per Gesetz der Polizei zugeordnet. Dementsprechend findet auch keine Ausrüstung mit Sondersignal statt. In NRW (Klagebeispiel Wuppertal) wurde die langjärige rechtswidirge Vergabepraxis durch die RegBez kürzlich geändert und es werden -mangels Polizeieigenschaft- keine Ausnahmegenehmigungen für die Ordnungsämter mehr erteilt und die alten Genehmigungen laufen aus.

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Aus dem ganz offenbar drängenden Wunsch zahlreicher Ordnungsämter, doch auch Blaulicht und Martinshorn nutzen zu dürfen, spricht in erster Linie Geltungssucht, die angesichts der offensichtlich an den Haaren herbeigezogenen Begründungsversuchen bei mir ein intensives Fremdschämen auslöst.

Nein, Ordnungsamtsmitarbeiter sind keine Sheriffs. Und wenn sie es gern wären, sollten sie es nicht aussprechen - das ist doch peinlich.

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Das ist - neben der rechtlichen Würdigung - der eigentliche Hauptauspekt. Applaus. Der Wunsch nach einer blauen Funzel dient in den allermeisten Fällen lediglich dem Aufbau des eigenen Egos.

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Selbst der kleinste Verwaltungsbeamte wird seine kleine Aufgabe noch so wichtig finden, daß er nur durch den Einsatz des Sondersignals, für die Außenwelt als "Wichtig" erkennbar wahrgenommen wird.

 

 

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Zu #1: Hier geht es ausdrücklich um die Sicherheit und Ordnung, weiterhin widerspreche ich dem 35 VIII StVO auch nicht da die Sonderrechte pflichtgemäß angewendet werden würden.

 

Zu #2: Polizei ist erst zuständig wenn die Straftat begangen wird… vgl. jeder der ein Handy hat kann damit am Steuer telefonieren, deswegen überprüft die Polizei aber trotzdem nicht alle Handynutzer….

 

Zu #3: Hoheitliche Aufgabe kann ich bejahen. Eintreibung der steuern ist in diesem Falle nicht gemeint, bezieht sich eigentlich nur auf den fehlenden Versicherungsschutz (das mit den Steuern gehört einfach zum Aufgabenbereich dazu…)

 

Zu#6: 1.) Vgl. Nds. SOG i.v.m. Vollzugsbeamtenverordung

            2.) völliger quatsch, vgl. §99 Nds. SOG, Verwaltung hat IMMER jemanden der das machen muss… nur falls diese Person bereits unterwegs zu einem anderen Einsatzort wäre dann kann die Polizei „helfen“….

 

Zu#7: Richtig ist das Verwaltungen nicht in §35 (1) StVO genannt werden! Jedoch gibt es m.E. nach vom Gestzgeber extra den § 46 (2). Dort können von ALLEN Vorschriften Ausnahmen erteilt werden… also auch vom §§ 35,38. Wäre das nicht gewollte wäre es anders formuliert worden?!?!?!

 

Selbes Beispiel bei dem § 52 Abs. 3 StVZO wobei hier sogar im § 70 (1) Nr. 1 StVZO ausdrücklich der § 52 genannt ist!!!

 

Zu #9 bis 11: Sehr geistreiche Beiträge, man sollte beim Sachverhalt bleiben…

Gefahrenabwehr nach Nds. SOG: Polizei UND Verwaltung

Die Verwaltung (Ordnungsämter) werden zwar meistens nie gleich angesehen haben aber dieselbe Gesetzliche Grundlage…

In diesem Falle sehe ich die Verhinderung der Straftat und der Schutz vor den Folgen eines möglichen Unfalls genauso wichtig wie andere Polizeiliche Aufgaben…

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@12 - ja, das waren geistreiche Beiträge - und näher am "Sachverhalt" als jedes juristische Argument. Man sollte sich nicht zwanghaft an die Diskussion juristischer Probleme klammern, wenn die Lösung ganz woanders zu finden ist. Zum Beispiel in einem aufmunternden Wort, das dem Rechtssuchenden bei der Überwindung seiner Minderwertigkeitsgefühle hilft. Und dabei, sich nicht öffentlich zum Horst zu machen.

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