Zweites Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder kurz vor Verkündung

von Dr. Claus-Henrik Horn, veröffentlicht am 05.04.2011
Rechtsgebiete: Pflichtteilnichteheliche KinderErbrecht|4250 Aufrufe

Das „Zweite Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder“ steht kurz vor der Ausfertigung durch den Bundespräsidenten. Nun sind erb- und pflichtteilsberechtigt auch nichteheliche Kinder nach ihren Vätern, wenn sie vor dem 1. Juli 1949 geboren wurden.

Das gilt für Erbfälle seit dem 29. Mai 2009, da an diesem Tag der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt hat, dass die Nichtgleichstellung von ehelichen mit nichtehelichen Kindern gegen die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) verstößt. Wenn es jedoch keine Erben gab und der Bund bzw. ein Land erbte, so steht dem Kind auch für vorherige Erbfälle ein Ersatzanspruch gegen den Bund bzw. gegen das entsprechende Land zu – einschließlich eines Auskunftsrechts zum Wert des Nachlasses. Dies stieß im Gesetzgebungsverfahren auf Widerstand seitens der Länder.

Ist ein Erbschein für einen Erbfall seit dem 29. Mai 3009 schon erlassen, der aber noch nicht das nichteheliche Kind ausweist, dann wird dieser nur auf Antrag eingezogen; die Nachlassgerichte werden also nicht selber tätig. Gerichtskosten werden weder für die Einziehung noch für den Erlaß des neuen Erbscheines erhoben, so die Übergangsvorschriften.

Falls bereits ein Urteil in dieser Konstellation ergangen ist, kann der Erbstreit nochmals vor einem Gericht aufgerollt werden.

Interessantes Detail: Hat ein Erblasser einen Pflichtteilsberechtigten in seinem Testament nicht berücksichtigt, kann normalerweise der Pflichtteilsberechtigte wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten das Testament anfechten. Das Änderungsgesetz schließt aber dieses Anfechtungsgesetz in den Fällen der vor dem 1. Juli 1949 geborenen nichtehelichen Kindern aus.

Weitere Reformen im Erbrecht sind nicht in Sicht. Das teilte Dr. Birgit Grundmann, Staatssekretärin des Bundesministeriums der Justiz, Berlin, am 2. April 2010 während des 6. Deutschen Erbrechtstages mit.

Die begrüßenswerte Gesetzesänderung ist praxisrelevant: In einem Mandant von mir überwies der Erbe schon vor einiger Zeit den Pflichtteil an meinen Mandanten, da dieser erkannte, dass das Gesetz sicher umgesetzt wird und er die Sache rasch beenden wollte. Ganz anders in einem anderen Mandat, in dem ich die nichteheliche Tochter vertrete: Die Witwe hat über ihren Anwalt verlauten lassen, dass bis zur Verkündung in dem Bundesgesetzesblatt kein Pflichtteilsrecht für meine Mandantin besteht und sie mein Schreiben als „gegenstandslos“ zurückweist. Die Hoffnung stirbt bekanntlicherweise zuletzt. 

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen