Saalwechsel und Sitzungsöffentlichkeit

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 08.04.2011

Das OLG Koblenz, Beschluss vom 07.02.2011 - 2 SsBs 144/10 = BeckRS 2011, 03350 hat sich mit dem Problem der Sitzungsöffentlichkeit in OWi-Sachen befasst. Ganz interesant zu lesen, da Fehler in diesem Zusammenhang sicher häufig vorkommen:

"...Die in zulässiger Weise erhobene Verfahrensrüge greift im Ergebnis nicht durch. Zwar ist dem Verteidiger zuzugeben, dass ein Hinweis auf eine bestimmte Verhandlung grundsätzlich in Form eines Aushangs zu erfolgen hat, damit jeder interessierte Zuschauer die Möglichkeit erhält, die gewünschte Verhandlung zu verfolgen (vgl. OLG Zweibrücken in NJW 1995, 333; Beck OK StPO § 338 2.-beck-online). Für den Fall, dass die Verhandlung in einem anderen als dem ursprünglich bestimmten Sitzungssaal stattfindet, folgt daraus, dass nicht nur an dem neuen Saal ein Aushang anzubringen ist, sondern dass darüber hinaus auf den Wechsel auch an dem ursprünglich vorgesehenen Raum hinzuweisen ist. Der Vortrag des Verteidigers, dass vorliegend beides von dem Vorsitzenden wohl versehentlich nicht veranlasst worden sei, wird gestützt durch die hierzu abgegebenen dienstlichen Stellungnahmen des RLG B. und des JOW B. vom 1. Dezember 2010.

Indes stellt eine nur geringfügige Erschwerung der Informationsmöglichkeiten noch keinen rechtswidrigen Ausschluss der Öffentlichkeit im Sinne des § 338 Nr. 6 StPO dar. Vielmehr reicht es zur Wahrung der Öffentlichkeit aus, wenn sich mögliche Interessenten ohne besondere Schwierigkeiten von dem Ort der Sitzung Kenntnis verschaffen und im Rahmen der tatsächlichen Gegebenheiten Zutritt nehmen können. Diesbezügliche Erkundigungen sind einem Besucher zuzumuten (vgl. BVerfG in NJW 2002, 814; BGH in NStZ 1983, 208 und in BGHR StPO § 338 Nr. 6 Ortstermin 1 und 3; OLG Hamm in NJW 1974, 1780; Kukein in Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., § 338 Rdn. 85).

So lag der Fall hier. Bei dem Amtsgericht Linz handelt es sich um ein relativ kleines und überschaubares Gerichtsgebäude. Die Sitzung fand innerhalb desselben Gebäudes in einem der insgesamt nur drei Sitzungssäle statt. Der nach dem Wechsel genutzte Saal lag direkt gegenüber dem ursprünglich vorgesehenen Saal I (vgl. OLG Hamm, a. a. O.). Angesichts der dargelegten räumlichen Gegebenheiten hätte für einen interessierten Besucher zweifelsfrei die Möglichkeit bestanden, sich ohne größere Schwierigkeiten entweder selbst oder über die Gerichtspforte bzw. mit Unterstützung eines diesbezüglich angesprochenen Wachtmeisters die erforderlichen Auskünfte zu verschaffen, und zwar selbst dann, wenn der Vorsitzende eine Anweisung zum Aushang eines neuen Terminzettels an Saal II zuvor weder an die Geschäftsstelle noch an die Wachtmeister gegeben hatte (vgl. BGH in NStZ 1982, 476). Dass tatsächlich konkreten Personen aufgrund der Verlegung der Sitzung die Anwesenheit in der Hauptverhandlung nicht möglich gewesen wäre, legt der Beschwerdeführer zudem selbst nicht dar (vgl. BVerfG, a. a. O.)..." ..."

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