Leiharbeitnehmerin erhält über 13.000 Euro Nachzahlung

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 26.04.2011
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtZeitarbeitequal payLeiharbeitCGZP4|4494 Aufrufe

Das Arbeitsgericht Krefeld hat ein Zeitarbeitsunternehmen verurteilt, eine Arbeitnehmerin rückwirkend bis zur Verjährungsgrenze nach dem "Equal pay"-Grundsatz zu entlohnen und ihr 13.200 Euro nachzuzahlen (Urt. vom 19.04.2011 - 4 Ca 3047/10).

Stundenlohn war nur einzelvertraglich vereinbart

Die heute 39 Jahre alte Klägerin ist seit September 1996 bei der beklagten Zeitarbeitsfirma als Helferin beschäftigt. Sie wurde an verschiedene Auftraggeber der Beklagten überlassen. Ihr Stundenlohn betrug im Jahre 2007 6,66 Euro, ab Mai 2008 7,66 Euro. Die Beklagte wendet ihren Arbeitnehmern gegenüber die "Tarifverträge" der CGZP an (die nach dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10, NZA 2011, 289 ja keine Tarifverträge im Rechtssinne sind, dazu BeckBlog vom 14.12.2010). Sie hat mehrfach versucht, mit der Klägerin eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die CGZP-"Tarifverträge" zu vereinbaren, was diese jedoch abgelehnt hat.

Vergleichbare Stammarbeitnehmer in den Betrieben, in denen die Klägerin eingesetzt war, erhalten zwischen 8,50 Euro und 10,34 Euro pro Stunde.

In den Entleiherbetrieben geltende Ausschlussfristen sind unerheblich

Das Arbeitsgericht Krefeld hat der Klage auf Nachzahlung der Differenz für die nicht rechtsverjährte Zeit (seit Anfang 2008) stattgegeben. Nach dem Equal-pay-Grundsatz aus § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 AÜG stehe der Klägerin das gleiche Arbeitsentgelt wie den Stammarbeitnehmern der Entleiherbetriebe zu. Der Einwand der Beklagten, es müssten auch die Ausschlussfristen der in den Entleiherbetrieben anwendbaren Tarifverträge beachtet werden, sodass ein Großteil der Ansprüche jedenfalls verfallen sei, war nach dem Urteil des BAG vom 23.03.2011 (5 AZR 7/10, dazu BeckBlog vom 25.03.2011) unbeachtlich.

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4 Kommentare

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Die Argumentation der Vermietfirma, die von der Arbeitnehmerin verweigerte Zustimmung zur Bezugnahme auf die CGZP-Tarifverträge sei rechtsmissbräuchlich gewesen, kann man ja nur als unverschämt bezeichnen.

Frage: selbst bei einer derartigen Zustimmung hätte das der Vermietfirma nichts gebracht, zumindest für Forderungen, die bis zur Satzungsänderung der CGZP am 8. Oktober 2009 zurückreichen? Der Beschluss des BAG vom 14.12.2010 bezieht sich nach Auffassung des ArbG Freiburg ja nur auf die "Gegenwart". Für Forderungen, die vor dem 8.10.2009 entstanden sind, muss - wenn der Rechtsweg beschritten wird - also der nächste Beschluss des BAG abgewartet werden, der sich aber voraussichtlich inhaltlich nicht von dem vom 14.12.2010 unterscheiden wird (s. RdNrn 94-97 und 110). Dies sieht auch das ArbG Freiburg so: "Zuzugeben ist, dass ein weiteres nach §§ 2a Abs. 1 Nr. 4, 97 Abs. 1 ArbGG durchzuführendes Beschlussverfahren über die Frage der Tariffähigkeit der CGZP am 19.6.2006 vom Ergebnis her vorgegeben sein dürfte. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar über die CGZP-Satzung in der Fassung der Änderung aus dem Jahr 2009 entschieden. Im vorliegenden Fall käme es dagegen noch auf die CGZP-Satzung aus dem Jahr 2005 an. Unterschiede dürften sich hieraus jedoch nicht ergeben. Auch wenn das Ergebnis deshalb festzustehen scheint, ist die Aussetzungspflicht nach § 97 Abs. 5 ArbGG dennoch zu berücksichtigen. Darin ist geregelt, dass das Gericht das Verfahren auszusetzen "hat". Ein Ermessensspielraum ist insofern nicht eröffnet. Auch wenn die Zweifel an der Tariffähigkeit der CGZP am 19.6.2006 sich aufgrund der Ausführungen des Bundesarbeitsgerichtes im Beschluss vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - fast zur Sicherheit verdichten, ist eine Aussetzung unumgänglich." (RdNr 17)

Für Zeitarbeitnehmer wäre es demgemäß aus prozessökonomischen Gründen sinnvoll, ihre Forderungen in zwei Beträge aufzuteilen: den, der seit 8.10.2009 fällig wurde und den davor.

Interessant wäre jetzt noch, an welchem Stundenlohn der oben angegeben Spanne sich das AG orientiert hat. Nimmt man die Auflistung des AG Krefeld, ergeben sich z.B. für den Zeitraum 16.10.2008 bis 16.11.2008 sowie den folgenden von 16.10.2008 bis 16.12.2008 mit jeweils 22 Arbeitstagen resp. 176 Stunden jeweils Beträge von 471,68 Euro - pro Stunde 2,68 Euro Differenz. Zu den 7,66 Euro Tariflohn addiert kommt man genau auf die genannten 10,34 Euro.

Das ArbG Krefeld hat sich auf Grundlage des Vortrags der Klägerin an dem Entgelt orientiert, dass in den Betrieben der jeweiligen Entleiher für vergleichbare Arbeitnehmer gezahlt wurde.

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Waren Sie anwesend?

Wenn vergleichbare Stammarbeitnehmer zwischen 8,50 und 10,34 Euro verdient haben (wie es im Eröffnungsbeitrag heißt), warum hat sich das Gericht an der Obergrenze orientiert?

Angenommen, in einer Abteilung gibt es für die exakt gleiche Tätigkeit unterschiedliche Gehaltsstufen, "begründet" durch einen (nicht) erreichten Abschluss. Wer muss dann vor Gericht was begründen bzw. beweisen? Der Leiharbeitnehmer, dass er höher eingestuft worden wäre? Oder der Verleiher, dass sein Arbeitnehmer nur am unteren Rand der Qualifikation herumkriecht?

ad 1)

Das sehen Sie vollkommen richtig.

ad 2)

Welche "Obergrenze" meinen Sie?

ad 3)

Es gab in den betreffenden Fall keine "unterschiedlichen Gehaltsstufen für die exakt gleiche Tätigkeit". Nach allgemeinen Grundsätzen wäre der Arbeitnehmer darlegungs- und beweisbelastet.

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