Türkisch für Anfänger

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 26.05.2011
Rechtsgebiete: NamesrechtNamensänderungsgesetzFamilienrecht2|3129 Aufrufe

Der im Jahr 1964 geborene Kläger, der deutscher Staatsbürger ist, ist Sohn einer deutschen Mutter und eines türkischstämmigen Vaters und trägt - ebenso wie seine Mutter - den türkisch klingenden Familiennamen des Vaters als Nachnamen. Er ist Geologe.

Er beantragt eine Namensänderung nach dem Namensänderungsgesetz und führt aus, der Name werde sehr oft falsch geschrieben. Er werde deshalb nicht ernst genommen, sondern sei Anlass zu Spott und Häme. Seine Umgebung nehme häufig fälschlich an, er sei Türke, weshalb er Verunsicherung und Ablehnung erlebe. Auch in Bewerbungsverfahren sei er wegen einer unterstellten türkischen Sozialisation diskriminiert worden. Auch von türkischer Seite werde er diskriminiert, weil er nicht Türkisch spreche und kein Moslem sei. Sein Kind, das er im Februar 2010 zusammen mit seiner deutschen Lebensgefährtin erwarte, solle nicht vergleichbare Schwierigkeiten erleben.

Dazu das VG Hannover:

Dass der Familienname des Klägers türkisch klingt, stellt für sich genommen noch keinen wichtigen Grund für eine Namensänderung dar (vgl. Ziff. 37 Abs. 1 NamÄndVwV). Auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers, er werde aufgrund seines Namens, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, sowohl von Deutschen als auch von Türken diskriminiert, kann das Gericht keinen wichtigen Grund i.S.d. § 3 Abs. 1 NamÄndG annehmen. Dass der Kläger Ablehnung allein aufgrund seines Nachnamens erlebt, wie er vorträgt, und dass Studien, auf die sich der Kläger bezieht, ergeben haben, dass Personen mit einem ausländischen Nachnamen berufliche Nachteile erleben können, wird nicht in Abrede gestellt. Die vom Kläger vorgetragenen Nachteile haben aber nicht das Gewicht, eine Namensänderung zu rechtfertigen. Denn es ist anhand des klägerischen Vortrags schon nicht erkennbar, dass der Familienname des Klägers seine akademische Ausbildung oder sein berufliches Fortkommen tatsächlich behindert oder seine Stellung in der Gesellschaft beeinträchtigt hätte. Soweit sich der Kläger auf Diskriminierung von türkischer Seite beruft, ist deren Relevanz nicht schlüssig dargelegt. Der Kläger macht nämlich zugleich geltend, er habe keine Verbindung zur türkischen Kultur und sehe sich nicht als Türke. Aus welchem Grund die Ablehnung durch eine Gruppe, der man nicht zugehören möchte, mehr als ein bloßes Ärgernis sein soll, ist nicht ersichtlich.

VG Hannover v. 14.04.2011 - 10 A 424/10
 

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2 Kommentare

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Erinnert mich an eine Mandantin, ihres Zeichens Oberstudienrätin und erklärte Freundin jedes Fremden Ausländers Migrationshintergründlers, die in ihrer unermeßlichen Weltoffenheit darauf bestand, daß ihre Tochter und ihr Enkelkind den Nachnamen des nigerianischen Schwiegersohns annehmen solle.  Wenige Jahre später traf man sich zwecks Scheidung vor dem Familiengericht wieder. Nach der Scheidung drängte die Frau Lehrerin darauf, daß ihre Tochter und ihre Enkelin wieder ihren "deutschen" Familiennamen annehmen solle (Hinweis: er endete mit "ski" und stammte aus einer Einwanderungswelle des 19. Jh.), weil mit einem ausländischen Nachnamen in Deutschland kein Blumentopf zu gewinnen sei. Daran sei natürlich nur die deutsche Engstirnigkeit schuld, die sie ganz schrecklich finde. Aber keinesfalls dürfe ihre Enkelin unter diesem Mangel an Weltoffenheit leiden. Wären alle so tolerant wie sie, hätte sie nichts gegen die Beibehaltung des nigerianischen Namens gehabt. Aber leider seien ja nicht alle Menschen so aufgeklärt wie sie selbst...

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