Heirat per Telefon

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 11.07.2011
Rechtsgebiete: FerntrauungHandschuheheFamilienrecht2|7886 Aufrufe

Die Eheschließung fand am 24.02.2009 in Pakistan statt. Anwesend war nur die Braut (Pakistanerin). Der Ehemann (staatenlos) war aus Deutschland "telefonisch zugeschaltet". Vor Ort gab sein Onkel für ihn die notwendigen Erklärungen ab.

Die Eheleute trafen sich im Oktober 2009 erstmals persönlich.

Seinen Antrag auf Beurkundung der Eheschließung nach §§ 15, 35 PStG lehnte der deutsche Standesbeamte ab und legte die Sache gemäß § 49 II PStG dem AG vor.

AG und OLG gingen von einer wirksamen Eheschließung aus.

Gemäß Art. 11 EGBG ist eine Ferntrauung (Handschuhehe) möglich, wenn das Ortsrecht dies vorsieht, was in Pakistan der Fall ist.

Die Wirksamkeit einer solchen in Pakistan geschlossenen „Handschuhehe" wird in Deutschland auch dann anerkannt, wenn bei der Eheschließung keine notariell beglaubigte und den Heiratspartner genau bezeichnende Vollmacht vorlag, solange nur eine Willensvertretung, die jedenfalls dem deutschen ordre public, also den grundlegenden Gerechtigkeitsvorstellungen der deutschen Rechtsordnung zuwider liefe (Art. 6 EGBGB), den Umständen nach ausgeschlossen werden kann (KG, KGR Berlin 2004, 326). Eine solche Vertretung im Willen läge vor, wenn der Vertreter eine eigene Willenserklärung abgeben würde, er insbesondere über das Ob der Abgabe der Willenserklärung zu entscheiden hätte oder ihm die Auswahl des Ehegatten überlassen wäre. Anhaltspunkte für eine solche Willensvertretung fehlen hier. Eine Willensvertretung lag insbesondere auch nicht deshalb vor, weil sich die Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung noch nie begegnet waren. Ausreichend zum Ausschluss einer Willensvertretung ist vielmehr, dass der Vertretene die Identität der Verlobten kennt und seine Vollmacht sich auf diese bestimmte, unverwechselbare Person beschränkt, so dass auszuschließen ist, dass der für einen Verlobten handelnde Vertreter jedweder anderen, zum Termin der Eheschließung erscheinenden Person das Ja – Wort des Vertretenen übermitteln würde. Dies war hier gewährleistet, denn die Verlobte war nach Namen, Alter und Wohnort, Namen ihres Vaters und dessen Ausweisnummer eindeutig und unverwechselbar bezeichnet. Anhaltspunkte dafür, dass der Ehemann seinem Onkel eine nicht nur auf diese eindeutig zu identifizierende Person beschränkte Vollmacht erteilt hat, fehlen.

OLG Zweibrücken Beschluss v. 08.12.2010 - 3 WF 175/10 = NJW-RR 2011, 725

Merkwürdigerweise prüft das OLG die sich m.E. aufdrängenden Problemkreise Schein- oder Zwangsehe nicht

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2 Kommentare

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1) Wenn ich "Handschuhehe" bei Google eingebe kommt eine Werbung: "Handschuhehe online - Handschuhehe jetzt bestellen"; hier ein screenshot.

2) Der Wikipedia Artikel dazu ist recht interessant.

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wenn das Ortsrecht dies vorsieht, was in Pakistan der Fall ist.

 

Oh, oh! Ungeahnte Möglichkeiten tun sich da auf!

 

 

 #k.

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