Der vergessene Scheidungsantrag

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 31.08.2011

Die Beteiligten hatten im September 1992 geheiratet. Am 28.02.2000 wurde ihr Scheidungsantrag vom 25.01.2000 dem Ehemann zugestellt.

Am 7. Mai 2000 beantragte sie durch ihren Anwalt, das Verfahren ruhen zu lassen.

 

Dann geschah 10 Jahre nichts.

Erst am 25.02.2010 stellte er einen eigenen Scheidungsantrag, der ihr am 01.03.2010 zugestellt wurde.

Am 30.03 2011 schied das Familiengericht die Ehe und entschied über den Versorgungsausgleich auf der Basis einer Ehezeit vom 01.09.1992 bis 31.01.2000.

Ihre dagegen gerichtete Beschwerde war erfolglos.

Das Ende der Ehezeit i.S. des § 3 VersAusglG wird nach ständiger Rechtsprechung des BGH durch den Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags bestimmt, der den zur Scheidung führenden Rechtsstreit ausgelöst hat. Das ist regelmäßig der älteste noch rechtshängige Antrag, auch wenn es zur Aussetzung oder zum tatsächlichen Stillstand dieses Scheidungsverfahrens gekommen war  BGH NJW-RR 2006, 289). Das durch den ersten Antrag der Ehefrau vom 21.1.2000 eingeleitete Ehescheidungsverfahren war trotz des jahrelangen Stillstands im Zeitpunkt der Zustellung des weiteren Antrags am 01. März 2010 immer noch rechtshängig.

Der Scheidungsantrag des Mannes hat daher kein neues Verfahren in Gang gesetzt, sondern ist im Rahmen des früher rechtshängig gewordenen Scheidungsverfahrens gestellt worden; er ist als Gegenantrag in dem schon rechtshängigen Verfahren aufzufassen.

Die Berufung auf den seit 2000 rechtshängigen Scheidungsantrag verstößt hier auch nicht etwa gegen Treu und Glauben, weil die Parteien seit dieser Zeit dauerhaft getrennt gelebt haben. Es gab selbst nach der Darstellung der Antragstellerin lediglich einige Versöhnungsversuche, aber kein längeres Zusammenleben. Allenfalls bei einer längerfristigen Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft, wie sie hier fraglos nicht vorliegt, kann unter Umständen ausnahmsweise von einem anderen Ende der Ehezeit ausgegangen werden.

OLG Koblenz v. 09.08.2011 - 13 UF 443/11

 

 

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