Rechtsgeschichtliche Fundstücke im Familienrecht - Die elterliche Gewalt

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 06.09.2011

Das BGB ist am 01.01.1900 in Kraft getreten. Die elterliche Sorge für Kinder war ihm unbekannt. Es galt:

§ 1626 Das Kind steht, solange es minderjährig ist, unter elterlicher Gewalt.

Die Eltern waren aber nicht gleichberechtigt denn es galt:

 

§ 1627 Der Vater hat kraft der elterlichen Gewalt das Recht und die Pflicht, für die Person und das Vermögen des Kindes zu sorgen.

Bei Meinungsverschiedenheiten hatte stets er das letzte Wort (§ 1634). Dem Vater stand auch die Nutznießung an dem Vermögen des Kindes zu (§ 1649 BGB Urfassung in Kraft getreten am 01.01.1900).

Wer schuldig geschieden wurde, verlor damit automatisch die Personensorge für das Kind. Die Vermögenssorge verblieb indes stets bei dem Vater. Waren beide an der Scheidung schuld, galt

§ 1635 S. 2 Sind beide Ehegatten für schuldig erklärt, so steht die Sorge für einen Sohn unter sechs Jahren oder für eine Tochter der Mutter, für einen Sohn, der über sechs Jahre alt ist, dem Vater zu.

Zur Alleinsorge der Mutter konnte es also nur beim Tod des Vaters kommen.

Das alles galt aber nur für eheliche Kinder. Für ein uneheliches (nichteheliche gab es erst viel später) Kind stand der Mutter die Personensorge, nicht aber die elterliche Gewalt zu (§ 1707 BGB Urfassung). Diese war auf einen Vormund zu übertragen.

Der uneheliche Vater hatte Unterhalt für das Kind zu zahlen, ansonsten aber keine Rechte. Er war mit dem Kind nicht einmal verwandt, so dass das uneheliche Kind ihn auch nicht beerbte.

 

PS: Die Urfassung des BGB findet man hier

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