Ende der Aufrechnungsverbotsklauseln

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 11.09.2011
Rechtsgebiete: AufrechnungAufrechnungsverbotMiet- und WEG-Recht2|10203 Aufrufe

Der BGH (BGH v. 7.4.2011 – VII ZR 209/07) hält die Klausel, in der die Aufrechnung nur mit unstreitigen und rechtskräftig festgestellten Forderungen zugelassen wird, gemäß § 9 Abs. 1 AGBG (= § 307 BGB) im Rahmen eines Architektenvertrages (Werkvertrag nach § 631 BGB) für unwirksam. Denn sie soll den Vertragspartner des verwendenden Architekten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine solche Benachteiligung liege vor, wenn der Besteller durch das Verbot der Aufrechnung in einem Abrechnungsverhältnis eines Werkvertrages gezwungen würde, eine mangelhafte oder unfertige Leistung in vollem Umfang zu vergüten, obwohl ihm Gegenansprüche in Höhe der Mängelbeseitigungs- oder Fertigstellungskosten zustehen (vgl. BGH v. 23.6.2005 - VII ZR 197/03, NJW 2005, 2771). Denn hierdurch würde in das durch den Vertrag geschaffene Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung in für den Besteller unzumutbarer Weise eingegriffen.

Die beschriebene Klausel ist auch in vielen Mietverträgen enthalten. Für die Wohnraummiete ist daher vielfach auf § 309 Nr. 3 BGB abzustellen. Indessen lässt sich daraus die Wirksamkeit einer Aufrechnungsverbotsklausel nicht herleiten. Denn diese Vorschrift verbietet zunächst nur Klauseln, in denen die Aufrechnung auch mit rechtskräftig festgestellten und unstreitigen Forderungen verboten ist.

In einem Prozess ist es ohne Weiteres vorstellbar, dass die Forderung des Mieters nicht unstreitig, aber entscheidungsreif ist, das Verfahren aber z.B. wegen der Fortsetzung der Beweisaufnahme noch längere Zeit läuft. In dieser Zeit trägt der Mieter das Insolvenzrisiko des Vermieters. Demnach kann die Argumentation des VII. Senats auch auf die Wohnraummiete übertragen werden – und erst recht auf die Gewerberaummiete.

  

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2 Kommentare

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Diese Einschätzung teile ich nicht. Denn die BGH Entscheidung kommt im Mietrecht m.E nicht zur Anwendung, die BGH Entscheidung bezieht sich nur auf Werkverträge. Auszug aus der Entscheidung:

„Rechtsfehlerhaft bejaht das Berufungsgericht dagegen die Wirksamkeit von § 4 Nr. 4. 5 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen. Diese Bestimmung ist entgegen einer vielfach in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte vertretenen Auffassung (OLG Hamm, BauR 2004, 1643, 1645 m. w. N.) gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam. Denn sie benachteiligt den Vertragspartner des verwendenden Architekten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Eine solche Benachteiligung liegt vor, wenn der Besteller durch das Verbot der Aufrechnung in einem Abrechnungsverhältnis eines Werkvertrages gezwungen würde, eine mangelhafte oder unfertige Leistung in vollem Umfang zu vergüten, obwohl ihm Gegenansprüche in Höhe der Mängelbeseitigungs- oder Fertigstellungskosten zustehen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2005 - VII ZR 197/ 03, BGHZ 163, 274, 279; OLG Frankfurt, OLGR Frankfurt 2008, 665; H.-D. Hensen in Ulmer/ Brander/ Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 309 Nr. 3 BGB Rn. 7 m. w. N.; Kessen, BauR 2005, 1691, 1693 ff.). Denn hierdurch würde in das durch den Vertrag geschaffene Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung in für den Besteller unzumutbarer Weise eingegriffen.“

Diese Situation stellt sich im Mietrecht m.E. nicht.

In der Wohnraummiete ist eine Diskussion im Hinblick auf § 556b Abs. 2 BGB überflüssig. Aber: was machen Sie in der Gewerberaummiete, wenn sich nach langer Beweisaufnahme - bei wirksamen Minderungsausschluss - herausstellt, dass der Mieter doch - allerdings nicht in der begehrten Höhe -  mindern durfte und nun z.B. wegen eines Nebenanspruchs noch weitere Beweise erhoben werden müssen. Das hält eine rechtskräftige Feststellung der Rückforderung des Mieters auf. Oder: wir wissen doch jetzt, dass die Minderung auch auf die Betriebskostenabrechnunanzuwenden ist. Die Minderung ist noch nicht rechtkräftig festgestellt, also muss der Mieter die Nachfordeung ungeschmälert zahlen. Na prima!

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