Petrus und die Abrechnungsfrist

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 20.10.2011

Einem Vermieter war es am 31.12. wegen der Wetterverhältnisse zu beschwerlich, die fertige Betriebskostenabrechnung persönlich zuzustellen. Deshalb rief er den Mieter an, erklärte ihm die Situation und die Rechtslage, und vereinbarte mit ihm die Verlängerung der Abrechnungsfrist bis 3.1. Im Prozess beruft sich der Mieter auf den Ablauf der Abrechnungsfrist, § 556 Abs. 3 BGB.
Die spannende Frage, ob die Vereinbarung trotz § 556 Abs. 4 BGB wirksam ist, hat das LG Koblenz (v. 28.1.2010 - 14 S 318/08, WuM 2011, 564) bejaht. Im Hinblick auf die Witterungsverhältnisse müsse die Vereinbarung nach Treu und Glauben bestand haben.
Im Ergebnis richtig, in der Begründung schwach. § 242 BGB kann nur der letzte Rettungsanker sein.
Also: wenn dem Mieter gleichzeitig ein Vorteil gewährt wird, fehlt es am Nachteil nach § 556 Abs. 4 BGB (Lehmann-Richter, WuM 2010, 3). Im Übrigen gilt die Vorschrift nicht im laufenden Mietverhältnis. Denn sobald der Mietvertrag geschlossen ist, gilt Vertragsfreiheit.

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6 Kommentare

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Halte ich für zweifelhaft. Wo ist der Vorteil für den Mieter bei einer Verlängerung der Abrechnungsfrist? Einevertragliche Verlängerung dürfte vielmehr gegen § 556 IV verstoßen (MüKo Rn. 48, Soergel Rn. 21).

Und warum soll die Unabdingbarkeits-Regelung des § 556 IV BGB nach Vertragsschluss nicht mehr anwendbar sein? Das hieße, nach Vertragsschluss kann nach Belieben auch zu Ungunsten des Mieters etwas Anderes vereinbart werden? Das kann wohl kaum gemeint sein.

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Sehe hier auch keinen Vorteil für den Mieter bei einer Verlängerung. Das ist doch genau der Fall, den die Norm regelt.

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Klar ist die Vereinbarung trotz § 556 IV BGB wirksam, die Parteien können nach Vertragsschluss alles mögliche vereinbaren. Es zweifelt doch auch keiner daran, dass die Parteien einvernehmlich das Mietverhältnis ohne die gesetzlichen Kündigungsgründe und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beenden können. Der Mieter war vorliegend ja nicht gezwungen, das Begehren des Vermieters zu akzeptieren. In der Situation vor Abschluss des MV ist dies anders, weil der auf Wohnraum Angewiesene in einer Drucksituation steht. Deshalb die vielen zwingenden Vorschriften des sozialen Mietrechts. Nach Vertragsschluss gilt dies nicht.

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Das § 556 Abs. 4 BGB Vereinbarungen, die nach Mietvertragsschluss getroffen werden, nicht erfassen soll, halte ich für falsch. Eine solche Einschränkung lässt sich der Vorschrift nicht ansatzweise entnehmen.

Der erwähnte Abschluss eines AUfhebungsvertrags ist natürlich möglich. Dabei handelt es sich aber auch nicht um einen Verstoß gegen § 556 Abs. 4 BGB.

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Die Parteien können jederzeit vereinbaren "Dieser Anspruch aus der Abrechnung vom ... besteht, auch wenn die Abrechnungsfrist schon abgelaufen ist". Das Gesetz zwingt den Mieter nicht, die Abrechnung nicht zu begleichen, obwohl er das - seine Rechte kennend - möchte (ohne es zu müssen), weil er zB seinen Vermieter für einen netten Kerl hält. Vereinbart er sich mit seinem Vertragspartner in diesem Sinne, muss er sich später daran festhalten lassen, auch wenn er zwischenzeitlich seine Meinung über den einwandfreien Charakter des Vermieters geändert haben mag. Das ist ein grundsätzliches Prinzip der Vertragsfreiheit und gilt nicht nur speziell für das Mietrecht.

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was machen Sie denn mit Modernisierungsvereinbarungen. Wenn § 556 Abs. 4 BGB Vereinbarungen der vorliegenden Art verbietet, sind Mod. -Vereinbarungen nach § 554 Abs. 5 BGB auch unwirksam. Immerhin ist der Wortlaut der Vorschriften identisch.

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