Sinn und Unsinn von Fristen bei Schönheitsreparaturen

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 29.11.2011

Der BGH hat zum Ausdruck gebracht, dass die Fristen des Mustermietvertrages des BMJ von 1976 bei der Beurteilung von Renovierungsklauseln nur noch herangezogen werden können, wenn der Vertragsschluss vor dem 1.1.2008 stattgefunden hat (BGH v. 26.9.2007 - VIII ZR 143/06, WuM 2007, 684 = NZM 2007, 879). Möglicherweise gelten daher in Zukunft anderen, insbesondere längere Fristen. Ein Rückgriff auf die Zeiträume in der Wertermittlungsrichtlinie zur ImmoWertVo 2010 (WertR 2006) ist aber nicht hilfreich (dazu Langenberg, WuM 2006, 122, der danach Fristen von 5, 8 und 10 Jahren befürwortet). Diese Werte repräsentieren nämlich die Lebensdauer der dort bezeichneten Baumaterialien. Um Fristen für eine Abnutzung, die Renovierungsbedarf erzeugt, als Orientierung festlegen zu können, muss auf Erfahrungswerte zurückgegriffen werden. Dazu muss aber hinsichtlich der verschiedenen Nutzungen differenziert werden, was letztlich die Einholung von Sachverständigengutachten im Einzelfall erfordert.

Die Funktion von (allein wirksamen: weichen) Fristenplänen besteht in der zeitlichen Orientierung bei der Feststellung der Fälligkeit und der Bemessung der Höhe des Abgeltungsanspruchs. Da im Zusammenhang mit Abgeltungsklauseln aber ohnehin nur mehrere Berechnungsbeispiele im Mietvertrag die Transparenz verdeutlichen sollen, kann dadurch weder eine Verbindlichkeit anderer Fristen herbeigeführt werden noch die richtige Zeitbestimmung ermittelt werden. Denn es geht allein darum, dem Mieter die Auswirkungen seiner Abnutzung auf die Höhe des Anspruchs des Vermieters nahe zu bringen. Dafür ist aber keine Fristenregelung bei der Ausführung von Schönheitsreparaturen erforderlich.

Demnach beschränkt sich der Zweck von (weichen) Fristenplänen auf eine Beweiserleichterung. Sind nach dem Mietvertrag vereinbarte Regelfristen bei Ende des Mietvertrages nicht abgelaufen, sieht die Regelung über die Renovierung aber vor, dass bei starker oder geringer Abnutzung seit Mietbeginn kürzere oder längere Fristen nach dem Grad der Erforderlichkeit einzuhalten sind, enthält die Klausel damit eine sog. „weiche“ Ausführungsfrist. Soll die Fristenregelung in den AGB aber nur für den Regelfall gelten und Ausnahmen nach dem Erhaltungszustand zulassen, trifft den Mieter die Beweislast, dass entgegen der im Vertrag genannten Frist noch keine Renovierungsbedürftigkeit besteht (BGH v. 8.10.2008 - XII ZR 84/06, NJW 2008, 3772 = NZM 2008, 890). Nimmt der Vermieter umgekehrt aber für sich eine Verkürzung der Regelfristen in Anspruch, muss er darlegen und beweisen, dass der Erhaltungszustand der Mieträume eine frühere Ausführung der Schönheitsreparaturen erfordert (OLG Düsseldorf v. 1.10.2009 – 10 U 58/09, ZMR 2010, 356 = GE 2009, 1553).

Wer diese Vorteile in Anspruch nehmen will, sollte einen Fristenplan regeln. Dabei muss er jedoch Vorsorge treffen, dass die gewählten Fristen unangemessen und damit unwirksam sind. Für diesen Fall muss in der Regel der Vermieter den Eintritt der Fälligkeit anhand des Zustandes darlegen und beweisen. Werden weiche Fristen geregelt, ist die Versuchung groß, den Zustand nicht festzuhalten. Werden sie zwar weich, aber zu kurz bemessen, sind sie unwirksam und führen auch keine Orientierungshilfe herbei. Deshalb sollte nicht nur derzeit von der Regelung von Renovierungsfristen abgesehen werden.   

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3 Kommentare

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M.E. ist das mit den Endrenovierungsklauseln eher Unsinn, zumal die Abgeltungsklauseln erhebliche Beweisschwierigkeiten aufwerfen und ohnehin nur Peanuts bringen dürften.

Geschickter finde ich es, eine sanfte Klausel zu den Schönheitsreparaturen ("Der Mieter hat Schönheitsreparaturen, soweit diese nach der tatsächlichen Abnutzung der Mietsache jeweils erforderlich sind, zu tragen.") gekoppelt mit einer Endrenovierungsklausel ("Der Mieter hat die Wohnung nach Ende des Mietverhältnisses in renoviertem Zustand zu übergeben, soweit eine Renovierung auf Grund zuvor durchgeführter Schönheitsreparaturen nicht entbehrlich ist."). Das müsste AGB-rechtlich noch gehen. Sicherheitshalber kann man beim Vertragsschluss noch ein Protokoll anfertigen, aus dem sicher ergibt, dass dem Mieter die Wohnung auch zu einer höheren Miete angeboten wurde, der Mieter sich aber zu Gunsten einer günstigeren Miete für Schönheitsreparaturen und Endrenovierung entschieden hat.

Bei vielen Vermietern scheint aber eher die Haltung zu bestehen, alles niet- und nagelfest zu Lasten des Mieters machen zu wollen, wobei dann nachher vor Gericht alles unwirksam ist und man auch noch mit den Prozesskosten zu halten steht...

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Naja, so böse sind die Vermieter gar nicht, die meiste Miete geht eh nicht an Ihn, sondern an die Bank, bei denen alte Kredite mit Zinsen > 4% laufen...

Ich fand die ganze Renovierungsentscheidung Unsinn. Ich meine, Erwachsene Menschen haben da einen Vertrag unterschrieben. Dann wird dieser Vertrag nachträglich alleine zulasten des Vermieters gekippt. So manches Jamba Sparabo geniesst einen höheren rechtlichen Schutz als ein Mietvertrag.

Für dem Mieter schön, der Vermieter, der entgegen landläufiger Meinung nicht als reicher Rechtsexperte den Mietern so gerne das Geld aus der Tasche zieht, sondern häufig ein Kleinvermieter ist, mit großem Kredit bei der örtlichen Bank und bei gleichzeitiger vollzeitiger Erwerbstätigkeit und die Mietverträge bei Haus- und Grund besorgt hat, freut sich natürlich nun über das neue unbezahlte Wochenend - Renovierungshobby.

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Ein Blick in das Gesetz ... usw.

"Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten."

"Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Mieter nicht zu vertreten."

Wenn von gesetzlichen Vorschriften abgewichen werden soll zu Lasten einer Vertragspartei, die sich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses meist in der schwächeren Verhandlungsposition befindet, dann ist eine Kontrolle durch die Rechtsprechung durchaus angebracht. Außerdem geht es hier im Grundsatz um Formularmietverträge, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegen. Und da heißt es unmissverständlich:

"Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist."

Dass Renovierungsklauseln in Formularverträgen angesichts der Klarheit des Gesetzestextes überhaupt noch in der Rechtsprechung akzeptiert werden, kann man nur als Geschenk an die Vermieter bezeichnen.

 

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