Equal-pay-Ansprüche von Arbeitnehmern der Zeitarbeitsbranche: Aktueller Überblick

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 12.12.2011

Nachdem das BAG mit Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10, NZA 2011, 289) zwar die Tarifunfähigkeit der CGZP festgestellt hat, infolge des gegenwartsbezogenen Streitgegenstandes im Rechtsbeschwerdeverfahren aber keine Aussagen für die Vergangenheit zu treffen hatte, herrscht derzeit vielfach Rechtsunsicherheit. Arbeitnehmer der Zeitarbeitsbranche, in deren Arbeitsverträgen auf die CGZP-Tarifverträge Bezug genommen war, haben mit ihren auf Gewährung rückständigen Lohns gerichteten Klagen unterschiedlichen Erfolg:

Tarifunfähigkeit der CGZP auch in der Vergangenheit

Den Klagen stattgegeben haben u.a. das LAG Berlin-Brandenburg (Urt. vom 20.09.2011 - 7 Sa 1318/11), das ArbG Herford (Teilurt. vom 04.05.2011 - 2 Ca 144/11 und Urt. vom 10.08.2011 - 2 Ca 542/11) und das ArbG Chemnitz (Urt. vom 16.05.2011 - 11 Ca 3523/10).

Ausschlussfristen

Unterschiedlich beurteilt wird, in welchem Umfang einzelvertraglich vereinbarte Ausschlussfristen zum Erlöschen der Equal-pay-Ansprüche führen können. Das LAG Sachsen hat angenommen, dass die Ausschlussfrist bereits mit der Fälligkeit der Forderung, also (in der Regel) dem Ablauf des jeweiligen Arbeitsmonats begonnen habe (Urt. vom 23.08.2011 - 1 Sa 322/11), ebenso das ArbG Rostock (Urt. vom 14.06.2011 - 3 Ca 1508/09) und das ArbG Stade (Urt. vom 28.06.2011 - 2 Ca 21/11).

Das LAG Düsseldorf (Urt. vom 08.12.2011 - 11 Sa 852/11) hat sogar die Geltung tarifvertraglicher Ausschlussfristen bestätigt, denn selbst wenn die CGZP tarifunfähig gewesen sein sollte, gelte dies nicht für die am Tarifvertrag beteiligten Einzelgewerkschaften im CGB.

Demgegenüber haben das LAG Berlin-Brandenburg (aaO.) und das ArbG Bremen/Bremerhaven (Urt. vom 12.05.2011 - 5 Ca 5129/10) angenommen, dass die Ausschlussfrist erst mit der Verkündung des BAG-Beschlusses am 14.12.2010 zu laufen begonnen habe.

Aussetzung der Equal-pay-Klagen

Eine Reihe von Gerichten hält wegen § 97 ArbGG eine Aussetzung der Equal-pay-Klagen für erforderlich, bis die Tarif(un)fähigkeit der CGZP auch vergangenheitsbezogen geklärt sei (LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.06.2011 - 11 Ta 10/11; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15.08.2011 - 2 Ta 42/11, vom 17.08.2011 - 2 Ta 44/11 und vom 09.09.2011 - 2 Ta 45/11 sowie LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.06.2011 - 6 Ta 99/11).

Erste Verfahren sind inzwischen beim BAG anhängig, sodass hoffentlich im ersten Halbjahr 2012 mit einer Klärung gerechnet werden kann.

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Das Urteil des LAG Düsseldorf gilt ja nur für den Spezialfall, dass ein Leiharbeitnehmer eine Zusatzvereinbarung über den "mehrstufigen" MTV unterzeichnet hat. Dass es solche Zusatzvereinbarungen gibt, in denen der Menschenvermieter nicht auch gleichzeitig ein einzelvertragliche Ausschlussfrist untergeschoben hat, dürfte extrem selten sein.

Wer allerdings 2010 schon ahnte, was da auf die Menschenvermietungsbranche zukommt, hat wohlweislich auf die Unterschrift unter solche Vereinbarungen verzichtet.

Ob eine solche zweistufige Ausschlussfrist nach dem Motto "es gilt der Tarifvertrag mit der CGZP und gleichzeitig der mit der jeweils zuständigen Einzelgewerkschaft (die nicht einmal CGZP-Mitglied ist!)" aber der AGB-Überprüfung standhält, insbesondere was die erforderliche Transparenz angeht, ist mehr als fraglich. Man stelle sich das einmal auf andere Lebensbereiche übertragen vor: "Für diesen Mobilfunkvertrag gelten die AGB der Deutsche Telekom AG sowie der jeweils zuständigen Tochtergesellschaft (Telekom Deutschland GmbH, Deutsche Telekom Kundenservice GmbH, Deutsche Telekom Netzproduktion GmbH, Deutsche Telekom Technischer Service GmbH, T-Mobile Global Holding GmbH, T-Mobile Worldwide Holding GmbH)" Was würde ein Richter dazu sagen?

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