Wenn das Kind den Aufenthalt wechselt, wird seine Unterhaltsklage unzulässig

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 08.02.2012

Nach der Scheidung verblieb es hinsichtlich der 1994 geborenen Tochter bei der gemeinsamen elterlichen Sorge. Die Tochter lebte zunächst beim Vater.

Im Jahr 2010 verklagte die Tochter (vertreten durch den Vater) die Mutter auf Zahlung von Kindesunterhalt.

Am 01.02.2011 verzog die Tochter zu ihrer Mutter.

Gleichwohl wurde das Verfahren weiter geführt, am 29.03.2011 mündlich verhandelt und die Mutter zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet.

Die Beschwerde der Mutter hatte Erfolg. Die Anträge der Tochter hätten als unzulässig abgewiesen werden müssen.

Als Minderjährige war die Tochter nicht verfahrensfähig und benötigte gemäß §§ 113 FamFG, 51 ZPO, 107, 107 BGB eines gesetzlichen Vertreters zur Führung des Verfahrens. Dies war - trotz gemeinsamer elterlicher Sorge - zunächst gemäß § 1629 II 2 BGB  allein der Vater.

Jedoch ist diese Befugnis des Vaters mit dem Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts der Tochter zur Mutter entfallen, und zwar rückwirkend auch hinsichtlich der Unterhaltsansprüche, die bis zu diesem Zeitpunkt geltend gemacht worden sind.

Dem (rückwirkenden) Wegfall der rechtlichen Vertretung steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin bis zum 31.1.2011 anwaltlich vertreten war.

Zwar wird gem. § 113 FamFG i. V. m. § 241, 246 ZPO ein Verfahren fortgesetzt, wenn eine Partei, deren gesetzliche Vertretung weggefallen ist, durch einen Rechtsanwalt vertreten wird. Jedoch sind die genannten Vorschriften nicht einschlägig, wenn die Vertretungsbefugnis des Anwalts rückwirkend - bis zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung - entfällt. In diesem Fall war die Partei bereits zum Zeitpunkt der Anhängigkeit des Verfahrens nicht anwaltlich vertreten, ein Wegfall der gesetzlichen Vertretung während des Verlaufs des Verfahrens damit liegt nicht vor.

Die Befugnis des Kindesvaters zur Beauftragung eines Rechtsanwalts als gesetzlicher Vertreter des Kindes ist rückwirkend entfallen. Denn sie hat im Zusammenhang mit der gemäß § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB bestehenden Befugnis zur Vertretung des Kindes bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen dessen anderen mitsorgeberechtigten Elternteil gestanden. Sie ist daher mit dieser rückwirkend - bis zur Verfahrenseinleitung - entfallen, als die Vertretungsbefugnis im Verfahren entfiel. Ebenso wie der vormalige gesetzliche Vertreter wurde auch die Verfahrensbevollmächtigte Vertreterin ohne Vertretungsmacht i. S. d. § 177 BGB. Eine nachträgliche Genehmigung der Verfahrensführung - § 177 BGB - ist nicht erfolgt. Vielmehr ist durch den Widerruf der Anwaltsvollmacht konkludent klargestellt worden, dass diese nicht genehmigt wird.

OLG Rostock v. 14.01.2012 - 10 UF 146/10

 

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