Loveparade 2010: Zwei Jahre danach - staatsanwaltliche Ermittlungen dauern an

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 21.07.2012

Zwei Jahre nach der tödlichen Massenturbulenz bei der Loveparade in Duisburg finden die staatsanwaltlichen Ermittlungen noch kein Ende.  Nach dem Wortlaut der Presseerklärung der StA seien die Ermittlungen zwar "weitestgehend abgeschlossen", doch  lässt sich trotzdem nicht einmal ein Termin für den Abschluss der Ermittlungen vorhersagen.

Dass die verletzten Opfer und die Angehörigen der Getöteten darüber nicht glücklich sind, ist verständlich. Jürgen Hagemann, der Vorsitzende des Vereins "Loveparade Selbsthilfe", in dem sich Opfer und Hinterbliebene zusammengeschlossen haben, hat zum zweiten Jahrestag eine Erklärung veröffentlicht und wurde u.a. vom Focus interviewt:

„Was uns besonders ärgert, ist, dass die Opfer-Anwälte immer noch keine Akteneinsicht bekommen haben“, sagt Hagemann und findet Bestätigung in den Worten des Düsseldorfer Rechtsanwalts Julius Reiter: „Das ist schwer zu ertragen für die Opfer.“ Oftmals haben er und sein Kanzleikollege Gerhart Baum, der frühere FDP-Bundesinnenminister, Anträge gestellt – genauso oft ist dieser Antrag zurückgewiesen worden. „Die Hinterbliebenen wollen endlich eine Antwort auf die Frage, was genau mit ihren Kindern passiert ist“, fordert Reiter. Es sei nicht geklärt, „wer politisch, organisatorisch und strafrechtlich für diese beispiellose Missachtung der Teilnehmer verantwortlich ist“, so Hagemann.

...
Quelle FOCUS Online: http://www.focus.de/panorama/welt/zwei-jahre-nach-der-love-parade-katast...

Die unmittelbar nach dem Ereignis begonnene Sammlung, Sichtung und Analyse privater Fotos und Videos im Internet ist ebenfalls noch nicht zum Abschluss gekommen - es wird immer noch bis auf die Zehntelsekunde genau zu erkunden gesucht, wie es zu den Todesfällen gekommen ist. Aber auch schon die ersten Analysen Tage und wenige Wochen nach dem 24.Juli 2010 waren erstaunlich genau. Und an der auch hier vertretenen Einschätzung, dass ein fatales Zusammenwirken von Fehlern des Veranstalters, der Stadt Duisburg und der Polizei zu den tödlichen Folgen führte, hat sich seither nichts mehr geändert.

Ein gerade erschienenes neues Multiperspektiven-Video nimmt das Schicksal eines einzelnen Besuchers in den Fokus: Noch nachdem die ersten Opfer bereits gemeldet wurden, geriet er auf dem Weg zur Treppe in die Turbulenz und verlor dort wohl sein Leben.

Hier im Blog ist die zuvor sehr intensive  Diskussion über die strafrechtlichen Aspekte in den letzten Monaten fast zum Erliegen gekommen.

Wer sich über die bisherigen Diskussionen informieren möchte, kann sie hier finden - unmittelbar darunter einige Links zu den wichtigsten Informationen im Netz.

Dezember 2011 (169 Kommentare, ca. 7700 Abrufe)

Juli 2011 (249 Kommentare, ca. 13000 Abrufe)

Mai 2011 (1100 Kommentare, ca. 12000 Abrufe)

Dezember 2010 (537 Kommentare, ca. 10000 Abrufe)

September 2010 (788 Kommentare, ca. 19000 Abrufe)

Juli 2010 (465 Kommentare, ca. 28000 Abrufe)

Ergänzend:

Link zur großen Dokumentationsseite im Netz:

Loveparade2010Doku

Link zur Seite von Lothar Evers:

DocuNews Loveparade Duisburg 2010

Weitere Links:

Große Anfrage der FDP-Fraktion im Landtag NRW

Gutachten von Keith Still (engl. Original)

Gutachten von Keith Still (deutsch übersetzt)

Analyse von Dirk Helbing und Pratik Mukerji (engl. Original)

Loveparade Selbsthilfe

Multiperspektiven-Video von Jolie / Juli 2012 (youtube)

Interview (Januar 2013) mit Julius Reiter, dem Rechtsanwalt, der eine ganze Reihe von Opfern vertritt.

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67 Kommentare

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Dear Henning,


Gern hätte ich etwas zu diesem Thema gefragt: "Das Verfahren richtet sich weiterhin gegen 17 Beschuldigte (11 städtische Bedienstete, 5 Mitarbeiter der Lopavent GmbH und den verantwortlichen Polizeiführer)," laut der Staatsanwaltschaft Duisburg.




Meint das auch daß die individuelle Leuten am Rampe keine Verantwortlichkeit haben für ihre Auswahlen? 




Hat z.B. der Fahrer des Polizei-Fahrzeugs kein Verantwortlichkeit für sein Auswahl durch zu fahren als er vor eine dichtgedrängte Masse geriet? Man kann doch nicht sagen 'es war ein Befehl', er konnte doch sehen daß es Stau und gefährlich viel Menschen gab?




Haben die Menschen die sich mit Gefahr für das Leben von anderen, offenbar rücksichtslos, wie "Stagedivers," auf Mit-Opfer geworfen haben um die Treppe zu erreichen, wie man sehen kann in viele Videos, kein Verantwortung für diese Auswahlen? Natürlich kann man sagen: die handelten aus Todesangst. Die Menschen waren selber auch Opfer. Aber.... es gab auch Menschen die etwas anderes gewählt haben und geblieben sind wo sie waren. (Und hätte es ein Megaphone gegeben, dann hätte man allen fragen können nicht über andere Leute zu klettern... oder vorsichtig zu sein beim klettern.... u.s.w. u.s.w.)




Ich will nicht sagen daß die Opfer selber Schuld haben, gar nicht. Aber es scheint so zu sein, als wir diese Bilder wieder anschauen, daß es einige Menschen gibt, die mit ihre Verhaltensweise mit-schuldig ("mit-" nicht "haupt-") sind am Todes anderer Opfer.




Gibt es kein Verfahren gegen diese Menschen (Polizei-Bulli, "Stagedivers"?)      Vielleicht haben Sie das schon hier am Beck-Blog besprochen, ich weiß daß Martina das Vermuten von "fahrlässige Körperverletzung bis fahrlässige Tötung" hier schon gemeldet hat: http://blog.beck.de/2010/07/28/love-parade-wie-wurde-die-katastrophe-ver...




Ich weiß daß "Erkennbarkeit der Gefahr" anwesend sein soll. Ein Person der z.B. wußte wieviel Kilogramm er war, aber trotzdem die Folgen seiner Sturz auf andere Leute (Folgen: daß möglich Menschen umfallen und kein Atem bekommen wegen sein Gewicht) akzeptiert, hat doch "Erkennbarkeit der Gefahr seiner Verhalten".




Oder ist das alles so etwas wie Noodweerexces http://de.wikipedia.org/wiki/Notwehr#Notwehrexzess (obwohl keiner die "Stagedivers" persönlich bedrohte.)?




Wäre ich ein Person mit 150 kilogramm gewesen, die sich mehrmal auf ein andere Person mit nur 50 Kiligramm gestürzt hätte, dan würde ich mich, hinterher gesehen, unendlich Schuldig darüber fühlen....  (Heutenacht habe ich das noch getraumt.. (Ja.... wirklich ;-) ;-)) daß eine Statsanwaltin zu mir sagte: "Aber das war Noodweerexces.. Du hast kein Schuld daran.." Und ich, in diese Traum so ein Person: sagte "Aber ein Freundinist tot, wegen mein Verhalten, ich wünsche mich 2 Jahre im Gefängnis." Und die Anwaltin lachte mich an als ob ich krank war.)


(Ja, ja, ja, es gibt Menschen mit verrückte Einfühlungsvermögen ;-) ;-)




Es ist aber nicht ungewöhnlich für Menschen, nach so etwas Schuldgefühle zu haben. Es gibt Menschen die nach dem 24. Juli '10 über viel kleinere Sachen (grundlose) Schuldgefühle haben und kaum damit leben können. Auch für die Psyche aller Traumatisierten, kann es hilfreich sein auch individuelle Verantwortlichkeiten zu untersuchen.




Vielleicht sollten/könnten die Angehörigen ein Zivilprozess anfangen, und auch andere Seiten der Tragödie untersuchen lassen?




LG,


Jolie

/*-->*/

@Jolie u.a.

 

Meine Meinung zum Polizeibulli:

Da ist was faul - der Polizeibericht erwähnt jeden Mist, wie z.B. den Zugführer, der die Idee mit der fatalen PK3 hatte oder den Versuch einer angeblichen "PK 3.5" im unteren Rampenbereich aus Kräften der PK1 und PK2, wovon man absolut gar nichts in den Videos gesehen hat. Auch wird erwähnt, dass sich die Verdichtung um 16:30 zusehends aufgelöst hätte. Das Gegenteil war der Fall. Vieles wurde im Polizeibericht m.E. einigermaßen logisch "hin gebogen", um ja nicht verantwortlich gemacht werden zu können. Nur den überaus deutlich sicht- und hörbaren Polizeibulli, der auch noch zu einem überaus kritischen Zeitpunkt (16:49-17:00) durch die Menge fährt, den erwähnt man mit keinem einzigen Wort ? Hmmm...

Was war der Auftrag ? Rechtfertigt der Auftrag diesen gefährlichen Einsatz ?

M.E. hatte der Polizeibulli überhaupt keinen vertretbaren Auftrag. Evtl. wurde er sogar nur rein prophylaktisch zur Autobahnböschung geschickt und als dort nichts mehr los war, kam irgendwer auf die Idee mit dem Bulli die Verdichtung aufzulösen. Eine weitere Möglichkeit sehe ich darin, dass ein Besucher per Handy Hilfe angefordert hat und der Bulli-Fahrer zunächst an der Autobahnböschung gezögert hat, bevor er den Befehl zur Weiterfahrt bekam bzw. bevor er sich selbst dazu entschieden hat.

Rein optisch hat die komplette Besatzung keinerlei geplante oder vertretbare Hilfeleistung durchgeführt. Zufällig oder als Folge dieser gefährlichen Aktion hat sich die Lage vor dem Telekom-Plakat und im westlichen unteren Rampenbereich aber während dieses "Passiv-Einsatzes" zwischen 16:49 und 17:00 Uhr dramatisch verschlimmert. M.E. muss diese gefährliche Bullifahrt also in jedem Fall genauestens untersucht werden – auch wenn es sehr wahrscheinlich ist, dass es auch ohne diesen Bulli Tote geben hat/hätte – die Frage ist nur: War diese Aktion der Auslöser für das sog. „Todesknäuel“, das sog. „Weber-Knäuel“ und damit ggfs. verantwortlich für weitere Tote?

 

Meine Meinung zu den Überkletterern: 

Es wäre schon etwas paradox, wenn ein Überkletterer gegen einen anderen Überkletterer zivilrechtlich vorgeht. Klar waren einige Besucher "sehr" rücksichtslos. (was m.E. mind. 2 Personen noch nach 17:03 Uhr das Leben gekostet hat)

Die Schuld sehe ich aber darin, dass diesen Personen (speziell im unmittelbaren hoch verdichteten Treppen-/Plakatbereich, wo schon früh mehrere Ohnmächtige heraus transportiert wurden), welche nicht mehr in der Verfassung waren, die Gesamtlage richtig einzuschätzen, nicht geholfen wurde. Hier hätten die Verantwortlichen spätestens ab 16:39 (Meldung der Feuerwehr) kommunikativ eingreifen und steuern müssen. Es wäre ja kein Problem gewesen, den Lautsprecherwagen, der später durch den Osttunnel kam, schon um 16:25 (Auflösung PK3) oder 16:39 mit höchster Dringlichkeit einzusetzen und ggfs. die Veranstaltungsmusik abzuschalten. Es wurden aber leider weder die Verdichtungen mit 10 Pers/qm oder die Ohnmächtigen noch die fatalen Eigen-Rettungsversuche durch massenweises Überklettern, Mastklettern, Treppenklettern und Containerklettern ernst genug genommen. Man hat es sozusagen laufen lassen und zugeschaut oder gar unterstützt...

 

M.E. sollte es ein zweigleisiges strafrechtliches Verfahren geben: Vorsätzliche, vielleicht teils fahrlässige organisatorische/politische Fehlplanung vor dem 24.7. und operatives Versagen (Polizeiketten, Bulli, fehlende Rettungs- und Steuerungsmaßnahmen, fehlendes frühzeitiges Erkennen, Eingreifen und ggfs Abbrechen der Veranstaltung, Krisenstab, Verantwortliche Instanzen etc.) am 24.7. mit direkter kausaler Todesfolge in 21 Fällen.

Denn alleine die (mutmaßlich teilw. absichtliche und menschenverachtende) Fehlplanung führte in Duisburg nicht zwangsläufig auch nur zu einem einzigen Toten, so wie es etwa Prof. Still darstellt.

Die Besucherzahl wäre sehr gering ausgefallen (vermutlich keine 200.000 insgesamt). Staus hätte und hat es zwangsläufig gegeben. Der große Fehler war hier aber das Einsperren der Raver mit Zäunen und das  g e p l a n t e  "Fastabsperren" des Hauptgeländes mittels des m.E. bewusst minimalistischen Zu- und Abgangskonzeptes Hauptrampe/Rampenkopf/Crowdmanagement, welches mitten in die "Hauptattraktion Floatstrecke" hinein geplant wurde, um unkontrollierbare Menschenmassen, für die man bei einem Unglück direkt verantwortlich gewesen wäre, auf dem Hauptgelände zu verhindern.

Der letztlich tödliche Fehler war es aber, die Raver dort einzusperren, wo sie keine Zäune mehr durchbrechen konnten, um diesen künstlichen Verdichtungen zu entkommen. (Mauern Tunnel und untere Hauptrampe sowie dilettantisch produzierte Gegenstrommauer aus abreisewilligen Besuchern). Eine solche fatale und unglückliche/undurchdachte Vorgehensweise der Polizei beim vorhersehbaren Versagen des Veranstalters/des Konzeptes wurde vor dem 24.7. sicherlich so nicht eingeplant - man wollte die potentiell überzähligen 50.000 bis 100.000 Besucher zur Hauptauslastungszeit wohl eher mehrere Stunden vor den Schleusen und in der Stadt aufhalten, ablenken und festsetzen.

 

Dieses ganze Konstrukt aus vorsätzlicher politisch gewollter Schön-/Fehlplanung und dem kollektiven Abnicken viel zu hoher, berechenbarer (Prof. Still) und bewusst (auf politischen Druck) eingegangener Risiken aufgrund des ungeeigneten Standortes Duisburg sowie dem operativem "Aus-dem-Ruder-Laufen" des Einsatzes (Polizeiketten etc.) mit teils wohl unwissenden Einsatzkräften, denen die Verantwortung für den Tunnel-/Rampenbereich (Niemandsland) geplant/gezwungener Maßen aufgedrückt wurde (CM, 15.BPH etc), um sich als Veranstalter/Einsatzleiter/städtischer Planer+Genehmiger aus eben dieser Verantwortung elegant raus stehlen zu können.

Verstecken & Abwarten & Verantwortung ablehnen war da wohl auch auf allen Seiten der dringend handlungspflichtigen Führungsebenen/Einsatzleitung angesagt - und an diesem erfolgreichen Prinzip hat sich ja auch bis heute leider nichts geändert, außer dass mit sauteuren Gutachten, Märchenberichten und Filmen versucht wird/wurde, sich der Verantwortung zu entziehen...

 

PS: Auch ich halte die 17 Beschuldigten, gg. die derzeit wohl ermittelt wird, (gefühlt) für zu wenig. Bleibt zu hoffen, dass dieser Kreis noch (begründet) erweitert wird, damit alle Schuldigen - besonders die vorsätzlich Handelnden/Nichthandelnden und speziell auch mögliche Druck ausübende Drahtzieher - in den Genuss von "produktiven Verteidigungs- und Verurteilungsdruck" gelangen...

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Sehr geehrte Jolie van der Klis, sehr geehrter LC (lopachron?),

danke für Ihre/Eure Beiträge:

Zu diesen Fragen habe ich auch schon längere Zeit nachgedacht:

1. Warum wird gegen den  Fahrer/die Besatzung des Polizeiwagens nicht ermittelt?

Auch wenn es aus den Videos erkennbar ist, dass der Polizeiwagen zu den Druckwellen beigetragen und damit die Lage verschlimmert hat und die Besatzung die Gefahr auch hätte vorhersehen können bei diesem Gedränge, fehlen noch zwei wichtige Voraussetzungen für einen Tatverdacht (wegen fahrlässiger Tötung):

a) Es müsste bewiesen werden, dass mindestens ein Todesfall auf diese Wagendurchfahrt zurückzuführen ist (Kausalität und Pflichtwidrigkeitszusammenhang), sprich: wer hätte überlebt, wenn der Wagen zu dieser Zeit nicht dort lang gefahren wäre. Kann das jemand beantworten?

b) nicht nur die Massenturbulenz bzw. deren gefährliche Verstärkung hätte für den Fahrer obj. und subj. vorhersehbar sein müssen, sondern auch, dass dies evtl. tödliche Druckwellen sind, die er auslöst. Beachtet bitte, dass der Fahrer keine Vogelperspektive (wie einige Videos) auf das Geschehen hat. Er sieht nicht, wie eng es einige Meter weiter ist, er sieht nur, was direkt vor ihm passiert. Er wusste nicht, was wir jetzt - nach diesem Ereignis - wissen.

Da diese tatbestandlichen Fragen schon offen bleiben, stellt sich gar nicht die Frage, ob es evtl. einen rechtmäßigen Anlass für die Polizeifahrt gab. Ich schätze auch, dass es wohl eher ein nichtiger Anlass war, der nicht rechtfertigte, irgendwen zu gefährden. Aber: Eine bloße fahrlässige Gefährdung ist eben nicht strafbar, es muss die Verursachung von Verletzung/Tod beweisbar vorliegen.

Ich glaube, ich würde ihn aufgrund meines Wissensstands auch nicht anklagen.

 

2. Warum wird nicht gegen einzelne Besucher ermittelt, die sich offenkundig rücksichtslos verhalten haben - zumindest wegen fahrlässiger, wenn nicht gar vorsätzlicher Körperverletzung? Im Video sind doch Leute zu sehen, die siich mit ihrer ganzen Körperfülle (100 kg+) auf andere, kleinere und schwächere Personen draufwerfen bzw. sie überklettern.(hier die Beschreibung von Jolie van der Klis in Ihrem Blog, dt. Version)

a) Körpervereletzung und Tötung sind Erfolgsdelikte. Auch hier müsste erst einmal eine konkrete Verursachung des Todes bzw. der Verletzung einer bestimmten Person nachgewiesen werden, nicht nur ein gefährliches Überklettern.

b) Es liegt zwar mangels Angriff keine Notwehrsituation vor, also auch kein "Notwehrexzess" (§ 33 StGB). Aber diese Leute könnten, wenn sie sich von der Situation gefährlich bedrängt fühlten, einen "entschuldigenden Notstand" (§ 35 StGB) geltend machen. Das Gegenteil wird man nicht gut beweisen können, denn wir können nicht in ihre Köpfe schauen (evtl. völlig unvernünftige Panik).

c) Man kennt diese Leute  nicht. Soweit ich weiß, ist keiner identifiziert. Allerdings könnte die Staatsanwaltschaft  bei bestimmtem Verdacht eine Öffentlichkeitsfahndung (§ 131 StPO) durchführen lassen.

 

Was mich übrigens ein bisschen überrascht hat, ist dass die StA noch auf ein weiteres Gutachten von Keith Still wartet. D.h., das bisherige "Gutachten" ist offenbar nur eine kurze vorläufige Äußerung. Vielleicht kommt aus dieser Richtung tatsächlich noch etwas mehr.

 

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Was mich übrigens ein bisschen überrascht hat, ist dass die StA noch auf ein weiteres Gutachten von Keith Still wartet. D.h., das bisherige "Gutachten" ist offenbar nur eine kurze vorläufige Äußerung. Vielleicht kommt aus dieser Richtung tatsächlich noch etwas mehr.

 

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

 

 

Hallo Professor,

genau darüber bin ich auch gestolpert...

"Die Staatsanwaltschaft hat zudem einen international anerkannten Sachverständigen hinzugezogen, dessen Arbeit noch nicht abgeschlossen ist."

Ob es sich bei diesem Sachverständigen tatsächlich um Still handelt? Hat die StA nachgefordert und wenn ja, warum genau oder handelt es sich um jemand anderen bzw eine ganz andere Thematik..? Fragen über Fragen..

 

Gruß

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Henning Ernst Müller schrieb:

...

Zu diesen Fragen habe ich auch schon längere Zeit nachgedacht:

1. Warum wird gegen den  Fahrer/die Besatzung des Polizeiwagens nicht ermittelt?

[...]

Da diese tatbestandlichen Fragen schon offen bleiben, stellt sich gar nicht die Frage, ob es evtl. einen rechtmäßigen Anlass für die Polizeifahrt gab. Ich schätze auch, dass es wohl eher ein nichtiger Anlass war, der nicht rechtfertigte, irgendwen zu gefährden. Aber: Eine bloße fahrlässige Gefährdung ist eben nicht strafbar, es muss die Verursachung von Verletzung/Tod beweisbar vorliegen.

Ich glaube, ich würde ihn aufgrund meines Wissensstands auch nicht anklagen.

[...]

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

Nanu, so ein schlechtes Gedächtnis, Herr Professor?

Sie bräuchten nicht zu schätzen, Sie könnten (noch) wissen...

Wie auf einigen Videos zu sehen und auch vor langer Zeit in diesem Ihrem Blog nachgewiesen wurde, transportierte dieser Polizeibulli ein Team von Rettungssanitätern auf die Rampe, die es ohne den Fahrzeugtransport zu Fuß nicht durch das Gedränge geschafft hätten.

Ich halte das keineswegs für einen "eher nichtigen Anlaß", dem Sie auch noch indirekt eine "fahrlässige Gefährdung" unterstellen.

Aber im Ergebnis sind wir uns einig: Aufgrund Ihres nun offenbarten Wissensstandes (in diesem Punkt) würde ich auch nicht anklagen; man will sich ja nicht lächerlich machen ;-)

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zum Thema Still- bzw. Expertengutachten:

Das bisher bekannt gewordene Gutachten hat ja "nur" allgemein untersucht bzw. festgestellt, dass die Kalkulation des Besucherzu- und -abstroms mit mehr als 60.000 pro Stunde über mehrere Stunden hinweg und einem Gesamtmaximum von 150.000 zwischen 17 und 18 Uhr angesichts des allgemein anerkannten Standards von 82 Personen pro Minute und Meter Durchlassbreite (in eine Richtung!) die tatsächlichen baulichen Möglichkeiten dauernd und zum Teil um ein Mehrfaches überstieg. Dies beleuchtet die Mitschuld bzw. -verantwortung der Planer und Genehmiger.

Ich kann mir vorstellen, dass auch "operative Teilaspekte" oder Szenarien gutachterlich betrachtet worden sind bzw. noch werden, wie z.B. die Auswirkung der Sperre im Westtunnel und ihrer Aufhebung (bzw. was passiert wäre, wenn dieser Durchlass nicht komplett freigegeben worden wäre und wie viele Ordner es für ihren Erhalt gebraucht hätte) oder die Auswirkungen der Polizeiketten im oberen Teil der Rampe bzw. eine Modellrechnung, welche Menschendichte auf der Rampe ohne diesen Stau geherrscht hätte und eine Kombination beider Szenarien.

Ebenso, wie sich eine Information der Besucher über den tatsächlichen Zugangsweg mittels einer ELA ausgewirkt hätte (eine der Hauptursachen der lokalen, letztlich tödlichen Turbulenz war ja, dass die Kommenden wegen der Dichte der Menge nur die eigentlich gesperrte steile Treppe als Zugang wahrnahmen und auf sie zustrebten - ein Effekt, der sich nach Freigabe der Treppe noch verstärkte).

Ohne solche z.T. kombinierten Teilrechnungen bzw. Szenarien ist es mMn unmöglich, den Verdächtigen ihren individuellen Beitrag zum Geschehen zuzuordnen und über eine Anklage zu entscheiden - eine "gemeinschaftliche Fahrlässigkeit" oder "Bildung einer fahrlässigen Vereinigung" analog zu Mord oder Terror gibt es im deutschen Strafrecht ja nicht ... (vielleicht wären die beteiligten Parteien bei solchen Veranstaltungen ja zu gegenseitiger Kontrolle und gemeinschaftlicher Prävention deutlich stärker motiviert, wenn es eine entsprechende Mitverantwortung gäbe?)

Irgendwie verstehe ich das nicht ganz:

 

Die beiden "Firmenchefs" Sauerland+Schaller waren doch hauptverantwortlich für die Planung der LOPA in Duisbug. Beide kannten doch die "geheimen" Spitzenzahlen von 145.000 Besuchern / h (bzw. sie waren ihnen zugänglich) und bei beiden dürfte man doch voraussetzen, dass sie auf dem Niveau eines Grundschülers ausrechnen konnten, dass der einzige Ein-/Ausgang Hauptrampe dafür völlig unterdimensioniert war.

 

Sie (und einige Andere) gingen also mit dem Bewusstsein in diesen Tag (24.7.), dass es ab ca. 16-17 Uhr bis 20/21 Uhr zu massiven Problemen kommen musste. (neben den ganzen Schummeleien bei den Rettungswegen etc.)

Beide hat das aber nicht interessiert und sie gingen dieses viel zu hohe Risiko absichtlich und bewusst ein - nicht für sich selbst, sondern für die Raver!

 

Warum also keine Anklage ?

 

Wenn mein Einkäufer in meiner Firma die Elektroinstallation bei einer polnischen Firma ordert, welche sich bekanntermaßen nicht an irgendwelche DIN-Vorgaben und Richtlinien hält, nur um 50 TEUR zu sparen - dann bin ich als Firmenchef mit diesem Wissen bei einem Unglück doch wohl der Hauptschuldige, der seine Mitarbeiter wissentlich und ungefragt einem viel zu hohen Risiko ausgesetzt hat - so wie es Schaller und Sauerland (und einige ihrer Mitarbeiter) mit den Ravern gemacht haben...

 

Wenn man schon von Ursachenketten spricht, dann müsste man doch bei den Chefs anfangen...?

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Sehr geehrter lc,

Sie schreiben:

Die beiden "Firmenchefs" Sauerland+Schaller waren doch hauptverantwortlich für die Planung der LOPA in Duisbug. Beide kannten doch die "geheimen" Spitzenzahlen von 145.000 Besuchern / h (bzw. sie waren ihnen zugänglich) und bei beiden dürfte man doch voraussetzen, dass sie auf dem Niveau eines Grundschülers ausrechnen konnten, dass der einzige Ein-/Ausgang Hauptrampe dafür völlig unterdimensioniert war.

Die von Ihnen wie selbstverständlich angenommene "Hauptverantwortlichkeit" der Chefs ist im Strafrecht ein Problem, das insbesondere im Wirtschaftsstrafrecht eine große Rolle spielt. Die zivilrechtliche und allg. öffentlich-rechtliche Verantwortlichkeit/Haftung läuft hier aber nicht parallel zum Strafrecht. Beim Strafrecht muss eine obj. und subj.  Nähe zum Erfolg bestehen, die in vielen Unternehmungen nicht (mehr) gegeben ist, sprich: es wird Vieles an die Abteilungsleiter delegiert, die dann ggü. dem Chef nur für das Ergebnis verantwortlich sind, aber diesem mit dem  Wissen und der Entscheidungsfindung im Detail  in Ruhe lassen sollen.

Sie (und einige Andere) gingen also mit dem Bewusstsein in diesen Tag (24.7.), dass es ab ca. 16-17 Uhr bis 20/21 Uhr zu massiven Problemen kommen musste. (neben den ganzen Schummeleien bei den Rettungswegen etc.)

Das weiß ich nicht (und wird schlecht nachzuweisen sein), inwieweit die "Chefs" die Einzelheiten tatsächlich so überblickt und positiv beschieden haben.

Beide hat das aber nicht interessiert und sie gingen dieses viel zu hohe Risiko absichtlich und bewusst ein - nicht für sich selbst, sondern für die Raver!

Die Chefs würden anführen, dass sie auch von vielen Treffen der Sicherheitsverantwortlichen im Vorfeld wüssten (einschl. Polizei/Feuerwehr/Ordnungsbehörden/Entfluchtungsanalysen), die - als Experten - das Risiko für vertertbar erachtet hätten. Sie selbst wüssten doch gar nicht, wie das mit der Sicherheit alles so genau läuft. Und die Behörden hätten das doch genehmigt. 

Wenn mein Einkäufer in meiner Firma die Elektroinstallation bei einer polnischen Firma ordert, welche sich bekanntermaßen nicht an irgendwelche DIN-Vorgaben und Richtlinien hält, nur um 50 TEUR zu sparen - dann bin ich als Firmenchef mit diesem Wissen bei einem Unglück doch wohl der Hauptschuldige, der seine Mitarbeiter wissentlich und ungefragt einem viel zu hohen Risiko ausgesetzt hat - so wie es Schaller und Sauerland (und einige ihrer Mitarbeiter) mit den Ravern gemacht haben...

An einer entscheidenden Stelle stimmt der Vergleich nicht, nämlich beim "Wissen". Wenn Sie als Firmenchef Ihrem Einkäufer nur gesagt hätten, er solle beim Einkaufen möglichst viel Geld sparen (analog zu OB Sauerland zu seiner Verwaltung: macht mal!) und dieser dann (ohne Ihr Wissen), die Billigartikel ordert, dann ist Ihre Firma (je nach Modell auch Sie persönlich) zivilrechtlich haftbar zu machen, aber dennoch sind Sie strafrechtlich fein raus.

Wenn man schon von Ursachenketten spricht, dann müsste man doch bei den Chefs anfangen...?

Ja, das sehe ich auch so. Aber wenn sich der Chef  mit Detail-Nichtwissen entlasten kann, dann fällt die Strafe für das Ursachen-Setzen aus.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Gast schrieb:

einer der genannten "Chefs" - Hr Schaller hat ja ganz interessante Aussagen dazu gemacht - zB hier ab ca. 29:20

http://www.youtube.com/watch?v=6ODaYLHHPeE&feature=g-vrec

Diese ARD Doku gehört- was das investigative Nachfragen bei Herrn Schaller angeht- nicht zu den journalistischen Meisterleistungen.

Im wesentlichen sagt er, es gab viele Planer, aber zur Struktur meiner Firma möchte ich nichts sagen. 
Da fehlen eben eine bis zwei bissigere Nachfragen z.B. zur fehlenden ELA - Anlage. Die war immerhin vom Bauamt der Stadt Duisburg zweimal angefordert und angedroht worden, die Veranstaltung ohne diese Anlage nicht zu genehmigen.

Wahrscheinlich hätte eine ELA - Anlage für dieses Gelände einige 10.000 Euro gekostet.
("Meister": kann man das seriöser schätzen?)
Kaum zu glauben, dass die Entscheidung "Anlage einbauen und dafür die o.g Summe ausgeben",
oder
"Anlage "einsparen" und damit Veranstaltung gefährden"
auf unterer Hierarchieebene fallen konnte, und Herr Schaller in ein so wichtiges Detail nicht einbezogen wurde bzw . nicht massgeblich an der Entscheidung beteiligt war.
Nur:
nachweisen kann man das offensichtlich nicht, weshalb Herr Schaller (bisher) nicht zum Kreis der Beschuldigten gehört.

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Dear All, LC, Prof. Dr. Henning Müller,

Thank you very much for the replies to my question. Yes, I understand it is hard to prove the direct Relationship between the Number of fatal Casualties, and the Waves caused by the Police-Vehicle.

Theoreticly it _might_ be possible to place all Factors into a Computer-model, and to see what the Effect (on the Waves in the Audience) would be when the Police-Vehicle would be absent.

But any Result will be very theoretical, and besides that, like you say: the Driver may not have been aware of the Situation... (Though I do doubt that a little, because while editting the Video-footage, I could *not* do that with the sound switched on, the Persons screaming for help, made me feel as if I was suffering from a heart-condition, so how could the Driver have missed these Screams?)

I've been thinking how to avoid talking backwards and forwards, how to avoid repeating Words others have phrased so eloquently already.

It sort of seems as if Jurisdiction demands to split up every Aspect of the Disaster into tiny Sub-Segments, and i understand the necessity behind that. But we all know Disasters as large as this one, happen because of Multiple Factors, not just because of 1 single Fault —if f.E. the Police-Vehicle would have not driven through the Crowd, People would have died too, (though unsure how many), or if f.E, the Stairs would have been taken down completely before the Festival, People may have died on other Locations because of the very poor Planning and very poor Means of Communication.

Meanwhile, in all these Sub-Segments of the Disaster, there are Persons responsible (for that fragment of the Cause.)

It was an Individual that drove the Police-Car, with or without proper Mandate, - and so on, and so on: for every tiny Sub-Segment of the Disaster.

Ofcourse I understand that one (or: the Legal System) cannot calculate how many Deaths are related to each separate Sub-Segment, and thus the Legal System cannot punish the Individuals responsible for that "Part of the Disaster."

But we might end up with "Nobody responsible." Politicians are not responsible, because they "only put their Signature" and they "only trusted the Planners" and so on, and so on, and so on.



This Disaster often reminds me of 'our' Schipholbrand, where 11 people died in a Detention Unit because 3 separate Institutions did not follow the Laws and Regulations regarding Safety and Security.

The main difference is, that 2 Ministers of Government and the Burgemeester resigned a year later, when they were found politicly responsible by an independant Committee. Some Survivors got a compensation of 10.000 euro.

It is not much, but at least some Authorities (in Person) and some Institions were held accountable.

Regarding the Persons in the Crowd that seem to may-have-made dangerous Choices, I realize how awkward it may look to even raise the Question whether their "gefährliches Überklettern" may have harmed others.. On my blog the Question did upset even my closest Blogfriends ;-} who are convinced these Persons are Victims too, and that they had no Choice, being helpless in such an insane Situation.

I fully understand that. It is just that one of my thoughts was: What would the Parents of these Victims think when they would see these images? Would it not be better to have an answer to that? Yes, (LC,) for example the Name of the Authorities and Instutions that can be held accountable for this utter Chaos and Panic. If these Persons are free of any Guilt, it is good to declare them free of Guilt officially (rather in Court or by an Independant Committee than by us on the web) and to find the Persons who can be held accountable.

Sorry for the English, my 'German' leads to "Persons feeling offended" by the many Words with common etymological Origin, but today, unfortunatly, a different Meaning ;-/

Met vriendelijke groeten,

Jolie

(P.S.: By the way, I cannot follow the Links like "§ 131 StPO": the Page behind it asks for my password, and when I type it, the Page does not accept it, unlike when Posting to the Blog :-})

(And P.P.S: I wish I could find a way to post here without eather typing a zillion HTML-commands or the Posting ending up as a "blob" text without paragraphs in it = i mean: what do i do wrong.... ;-?)

 

Dear Jolie,

Jolievdk schrieb:
(P.S.: By the way, I cannot follow the Links like "§ 131 StPO": the Page behind it asks for my password, and when I type it, the Page does not accept it, unlike when Posting to the Blog :-})
in this case, the better solution is to highlight or copy this and use Google Search. Often you'll find a match of dejure.org on top of the list, a non-official collection of many important German Laws. The "official" source is www.gesetze-im-internet.de where you can find virtually any law, but in a layout less reader-friendly.

Jolievdk schrieb:
(And P.P.S: I wish I could find a way to post here without eather typing a zillion HTML-commands or the Posting ending up as a "blob" text without paragraphs in it = i mean: what do i do wrong.... ;-?)
below the text input area, you can see a link which reads either "Zum einfachen Text-Editor umschalten" or "Zum Rich-Text-Editor umschalten", you can change by just clicking it. When I can see "Zum einfachen Text-Editor umschalten" then I can create paragraphs just by using the Enter key (also, font editing keys like B, I and U appear on top of the textbox which you can use on highlighted text).

HTH

Jolievdk schrieb:

But we might end up with "Nobody responsible." Politicians are not responsible, because they "only put their Signature" and they "only trusted the Planners" and so on, and so on, and so on.

Jolie, I glaube schon dass es gelingen wird, Personen für die Katastrophe verantwortlich zu machen. Ob sie schliesslich strafrechtlich verurteilt werden, ist eine andere Frage. Wenn man den Einleitungsvermerk der Staatsanwaltschaft liesst, ist der schon gut und individuell begründet. Inzwischen ist ja ein mit dem Eventchef weiterer Lopavent Mitarbeiter, und damit die zweite Hierarchistufe nach Herrn Schaller hinzugekommen. Hierzu kennen wir die Begründung der Staatsanwaltschaft nicht.

Man muss sich glaube ich von der Idee lösen, dass es in diesem Desaster noch viele Menschen hätte geben können, die professionell intervenieren, und das ganze "zum Guten wenden. Der Fahrer des Polizeibullis, hatte -mit einiger Sicherheit den Auftrag, Helfer an ihren Einsatzort zu bringen. Da wäre doch zu klären, ob das in ausreichender Zahl anders hätte geschehen können?

Es ist glaube ich ab einer bestimmten Eskalation des Geschehens nicht mehr zu erklären, warum jene BesucherIn stirbt und eine andere nicht. 
Ein Aspekt, der sicherlich strafrechtlich völlig irrelevant ist, ist der hohe Ausländeranteil, und die Tatsache, dass alle Todesopfer alleine waren, bzw ihre Bezugspersonen verloren hatten, also nicht zwei Personen aus einer Besuchergruppe "Seite an Seite" starben.

Quote:

It is just that one of my thoughts was: What would the Parents of these Victims think when they would see these images? Would it not be better to have an answer to that? Yes, (LC,) for example the Name of the Authorities and Instutions that can be held accountable for this utter Chaos and Panic. If these Persons are free of any Guilt, it is good to declare them free of Guilt officially (rather in Court or by an Independant Committee than by us on the web) and to find the Persons who can be held accountable.


I know many of the Relatives and Survivors meanwhile. 
All I can say: they react very different and individually. But they all want to know more about the responsibilities. 

5

Unternehmer können sich durchaus darauf berufen, dass sie die Folgen ihrer unternehmerischen Handlungen überhaupt nicht abschätzen können. Dann müssen Sie aber das operative Geschäft rechtswirksam delegiert haben und haften für die richtige Auswahl der befugten Person. Bei Veranstaltungen hat es der Unternehmer einfach. Hier hat der Gesetzgeber bereits festgelegt, wer die Verantwortung tragen darf: es muss sich um einen "Verantwortlichen für Veranstaltungstechnik" handeln. Bei der Größe der Veranstaltung musste es sich um einen Meister oder Ingenieur handeln. Dieser technische Leiter musste

1. fachlich korrekt planen gemäß geltenden Gesetzen wie SBauVO NRW sowie Stand der Technik

2. die notwendige Gefährdungsanalyse und die Maßnahmen zur Vermeidung derselben verantworten

3. Aufbau und Durchführung der Arbeiten überwachen

4. am Veranstaltungstag die Veranstaltung technisch leiten

5. nach SBauVO die Veranstaltung abbrechen, wenn Sicherheitseinrichtungen nicht funktionsfähig waren oder fehlten.

All dies ist nicht geschehen; der verantwortliche Meister hat jedenfalls grob fahrlässig gehandelt. Dies auch, wenn die erforderliche Pflichtenübertragung nach SGB III mit der Übertragung der notwendigen Befugnisse nicht erfolgt wäre. In der Position der technischen Leitung war zumindest erforderlich, die massiven technischen Mängel (fehlende Rettungswege, fehlende ELA, untauglicher Zustand des Geländes) unverzüglich dem Unternehmer zu melden. Bei Umfang und Risiko der Mängel hätte dies unbedingt schriftlich geschehen müssen. Damit macht man sich nicht beliebt, deswegen unterbleibt dies meistens - vor allem weil korrekt arbeitende technische Leiter nach meiner beruflichen Erfahrung keine Rückendeckung durch Behörden bekommen.

 

Ich befürchte, dass wie in der Branche üblich (weil es leider keine Behörde kontrolliert, obwohl sie dürften und müssten) nicht zu einer korrekten Übertragung von Unternehmerpflichten gekommen ist. Die gesetzliche Verpflichtung der Baubehörden, regelmäßig die "Einhaltung der Betriebsvorschriften" zu überwachen, ist bei der Änderung von der Versammlungsstättenverordnung zur Sonderbauverordnung leider gestrichen worden. Im Rahmen der Sorgfaltspflicht halte ich diese aber für immer noch gegeben. Es ist ebenfalls branchenüblich, dass viele Verantwortliche für Veranstaltungstechnik genau wissen, dass ihne keine Unternehmerpflichten übertragen wurden und daher pflichtwidrig sich nicht mehr um die Sicherheit der ihnen anvertrauten Gäste und Mitarbeiter kümmern.

 

Hier ist eine strafrechtliche Klärung für die Zukunft hoffentlich richtungsweisend.

 

 

5

Henning Ernst Müller schrieb:

Dass die verletzten Opfer und die Angehörigen der Getöteten darüber nicht glücklich sind, ist verständlich. Jürgen Hagemann, der Vorsitzende des Vereins "Loveparade Selbsthilfe", in dem sich Opfer und Hinterbliebene zusammengeschlossen haben, hat zum zweiten Jahrestag eine Erklärung veröffentlicht und wurde u.a. vom Focus interviewt:

„Was uns besonders ärgert, ist, dass die Opfer-Anwälte immer noch keine Akteneinsicht bekommen haben“, sagt Hagemann und findet Bestätigung in den Worten des Düsseldorfer Rechtsanwalts Julius Reiter: „Das ist schwer zu ertragen für die Opfer.“ Oftmals haben er und sein Kanzleikollege Gerhart Baum, der frühere FDP-Bundesinnenminister, Anträge gestellt – genauso oft ist dieser Antrag zurückgewiesen worden. „Die Hinterbliebenen wollen endlich eine Antwort auf die Frage, was genau mit ihren Kindern passiert ist“, fordert Reiter. Es sei nicht geklärt, „wer politisch, organisatorisch und strafrechtlich für diese beispiellose Missachtung der Teilnehmer verantwortlich ist“, so Hagemann.

...
Quelle FOCUS Online: http://www.focus.de/panorama/welt/zwei-jahre-nach-der-love-parade-katast...


Neben der Forderung auf Einsicht in die Ermittlungsakten appeliert Hagemann auch an die Stadt Duisburg und den neuen Oberbürgermeister Sören Link, über das bisher gelieferte hinaus, das "Verwaltungshandeln der Stadt Duisburg" aufzuklären:

Quote:
Die Katastrophe aufklären...   Bisher sind zahlreiche Fragen zur Loveparade 2010 unbeantwortet geblieben. Nicht selten hat man man uns gezielt desinformiert. Wir fordern daher die an Planung und Durchführung beteiligten Institutionen, also den Veranstalter Lopavent, die Stadtverwaltung Duisburg, und die Polizei dringend auf, ihre Dokumente zu Planung und Durchführung der Loveparade den Betroffenen und ihrer Selbstorganisation vollständig zur Verfügung zu stellen. Der im Auftrag der Stadt Duisburg durch die Rechtsanwälte Dr. Ute Jasper und Andreas Berstermann erstellte Bericht zum „Verwaltungshandeln der Stadt Duisburg“ hat Unsummen gekostet. Er ist jedoch kaum geeignet, das Handeln innerhalb der Duisburger Verwaltung aufzuklären. Jasper und Berstermann schrecken nicht davor zurück, Fakten zu verschweigen und Dokumente gezielt zu selektieren.Das ist inzwischen durch ergänzende Recherchen nachgewiesen:
  • Ein Treffen im März 2010 der für die Loveparade verantwortlichen Mitarbeiter der Stadtverwaltung Duisburg mit auswärtigen Experten, die vor der Katastrophe warnen, wird unterschlagen.
  • Es bleibt unklar, warum das Duisburger Bauamt eine Lautsprecher - Anlage für Durchsagen an Besucher der Loveparade erst fordert, dann aber das Gelände ohne deren Einbau abnimmt.
  • Die Rolle des Krisenstabes der Stadt Duisburg unter dem Duisburger Rechtsdezernent Rabe, im Zwischenbericht noch angedeutet, fehlt im Endbericht.

Verwaltungsvorstand, und Rat der Stadt Duisburg sollten daher umgehend eine unabhängige Kommission einsetzen. Ihre Aufgabe wäre es, die Lücken dieses Berichtes zu schliessen, die bisher unterschlagenen Dokumente zu veröffentlichen und damit eine politische Bewertung durch Betroffene, Rat und Öffentlichkeit zu ermöglichen.

Oberbürgermeister Link hat die Forderung aufgegriffen und in seiner Rede auf der Gedenkveranstaltung zum 2. Jahrestag der Loveparade-Katastrophe erklärt:'

Quote:

(...) Ich will mich zu diesem Tag bekennen und die Verantwortung annehmen, die aus ihm erwächst. Ich will aus diesem Tag lernen. Und ich will aus ihm Konsequenzen ziehen. 

Dazu gehört, auf einen offenen Dialog zu setzen und Transparenz zu schaffen, wenn große Pläne gemacht werden. Dazu gehört, den Menschen in den Mittelpunkt zu rücken. Und nicht falschen Ehrgeiz und zu große Ambitionen. 

Und dazu gehört ganz konkret, alles zu tun, um die Aufarbeitung des 24. Juli 2010 zu unterstützen und voranzubringen. Rückhaltlos und transparent. Ich stehe heute hier, um das für meine Stadt zu versprechen. 

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Inzwischen wird versucht die Loveparade für Werbung auszuschlachten von Antonio Tajani der behauptet die Loveparadekatastrophe verhindert werden können mit der elektronischen STASI INDECT.

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Sehr geehrter Herr Professor Müller,

ich hatte übersehen, dass es einen aktuellen Post gibt. Hier noch einmal die Kopie:

 

#22 Felix Licht

26.07.2012

@ Herr Prof. Dr. H.E. Müller

Eine Frage, bitte, in Verbindung zu einem Statement zur Rolle der Polizei:

Wie reagiert man auf den Fakt, dass die Polizei im Einvernehmen mit der Stadt gemeinsame Sache machten zugunsten von Politik und Prestige? Noch schlimmer jedoch wiegt meiner Ansicht nach der Fakt,dass der damalige Polizeipräsident Rolf Cebin offenbar auf seine Pflicht des Remonstrierens verzichtet hatte, denn was vielen nicht wissen ist, dass das Remonstrationsrecht des Beamten, vor allem des leitenden Beamten eine (verdammte) Pflicht ist. Es kann nicht anders gewesen sein als dass der damlige Innenminister Wolf diesen vorzeitig vom Dienst befreite, denn wir wissen ja, dass es mit Cebin nicht zu einer Austragung dieser Veranstaltung gekommen wäre. Eine frühzeitge polizeiliche Pressemitteilung aus Februar 2009 hatte dies deutlich gemacht. Duisburg bekam dann den Stellvertreter Detlef von Schmeling, einen Verwaltungschef OHNE Polizeilaufbahn. Und niemand fragt sich offenbar: Wie, was - und das bei DEM Ding?

Eine echte Polizeipräsidentin gabs dann erst wieder im September 2010, heißt 4-5 Monate hatte Duisburg keinen. Und da spricht man von normal in Rente gegangen??? Wie verfahren mit leitenden Beamten, in dem Fall einen Polizeipräsidenten, der von seinem "Pflichtrecht" zu remonstrieren keinen Gebrauch gemacht hat? Wer hat sich da schuldhaft gemacht außer eben diesem, der damalige Innenminister zudem?

Dies wird keine Sache einer staatsanwaltlichen Anzeige sein. Muss sowas vor ein Verwaltungsgericht, de facto, müssen Cebin, von Schmeling (wegen Kenntnis) und Wolf dort verklagt werden? Ich wette drauf, dass das noch nicht geschehen ist.

Danke im Voraus für Ihre kompetente Einschätzung.

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#1 Jolie

Hallo Jolie,

es hieß zum Polizeibulli, er hätte einen Einsatz gehabt aufgrund eines Menschen, der einen Zuckerschock erlitten hätte. Das muss aufgeklärt werden. Ich halte zudem eine Weisung von ganz oben für wahrscheinlicher, wobei m.M.n. "ganz oben" Rabe und Schreckenberg bedeuten.

Ich bin zu 100 % der Meinung, dass man sämtliche brutalen Kletterer und Springer identifizieren muss, Bilder sind vorhanden. 

Man muss ALLEN Motivationen nachgehen und vor allem untersuchen, ob die "Individuen" isoliert agierten.

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Sehr geehrter Herr Licht,

Ihre Fragen lassen sich juristisch schlecht verwerten. Das Verwaltungsgericht hat eine ganz andere Funktion als Sie offenbar annehmen - dort kann der (ehemalige) Polizeipräsident nicht "verklagt" werden. Ein Unterlassen der Remonstration lässt sich auch kaum in einen strafrechtlichen Zusammenhang  mit den Todes- und Verletzungsfällen bei der LoPa bringen. Zu den genauen Hintergründen der Pensionierung des Polizeipräsidenten fehlen die Fakten. Ihre Spekulationen halte ich für wenig sinnvoll.

Ich halte zudem eine Weisung von ganz oben für wahrscheinlicher, wobei m.M.n. "ganz oben" Rabe und Schreckenberg bedeuten.

Sie meinen, Herr Schreckenberg und/oder Rabe hätten den Einsatz eines einzelnen Polizeibullis angewiesen? - das ist sehr phantasievoll, aber erscheint mir extrem fernliegend.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Sehr geehrter Herr Evers,

eine ELA-Anlage zusammen mit einer funktionsfähigen notstromgepufferte Kommunikation und einer Sicherheitsbeleuchtung (gabs die denn überhaupt?) kostet bei einem derart großen Veranstaltungsgelände einen größeren fünfstelligen Betrag. Es ist nicht nur die zu verwendende gemietete Technik, sondern auch die Installation. Teuer, weil zeitaufwendig ist die fachgerechte und sichere Verlegung der Leitungswege. Je besser man das plant, desto preiswerter werden diese Arbeiten.

Ausreichende und gut gedrillte Ordner ähnlich Flugbegleitern beleiben unerläßlich, Technik alleine nützt nichts. Gerade bei einer lauten Musikveranstaltung ist der Lärm innerhalb der Menschenmenge so groß, dass akustische Durchsagen nur erfolgreich sind, wenn die Musik abgestellt werden kann. Hier ist die Hemmschwelle hoch, also gibt es meist keine Durchsagen. Gerade bei der Loveparade wären große LED-Wände zur Anzeige von Informationen sinnvoll gewesen. "...Hier geht´s lang >>>>>..." in 2-4  Meter hoher Leuchtschrift wird auch bei lauter Musik wahrgenommen. LED-Wände können angesteuert werden wie ein Computerbildschirm; d.h. in Echtzeit über z.B. einen Laptop. Bei der Loveparade hätte z.B. geholfen: "....hinten ist ist es zu voll! Nehmen Sie die erste Rampe!!!..... oder ".....NICHT drängeln!!! NICHT weiter nach vorne!!!! Es liegen verletzte Personen am Boden und andere stolpern drüber!!! Lasst erst die Sanis helfen!!!.... LED-Wände sind preiswert geworden, aber Duisburg war halt eine Dumpingpreis-Veranstaltung - es war nicht einmal Geld da, um den Boden zu planieren und kaputte Gullydeckel auszutauschen.

Vorraussetzung für die erfolgreiche Kommunikation bleibt eine Organisationstruktur ähnlich einer militärischen Kommandostruktur mit gut ausgebildeten Verantwortlichen, die dann sofort qualifizierte Entscheidungen fällen können und dies auch tun.

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Selbst ein paar an die Wände gesprühte Pfeile, an denen "Zugang" steht (etwas haltbarer als Schilder), hätte vermutlich auch ohne LED das Problem mit dem Knäul vor der kleinen Treppe entschärfen oder ganz vermeiden können, weil dann weniger Leute dort hingeströmt wären.

 

Aber nichtmal dafür haben Geld und Weitsicht gereicht. (Klar, wenn man die Treppe immer nur unverstellt und in kleinen Gruppen begeht, sieht man auch nicht die potentielle Engstelle.)

5

Im Focus der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen steht u.a. die Bauverwaltung der Stadt Duisburg. Dort enthüllt sich gerade ein weiterer Bauskandal, der von unsemrem nicht so weit entfernt ist. Daher ein kurzer Blick über den Tellerrand:

Ein Brand in der neuen Mercatorhalle hätte mit einiger Sicherheit zur Katastrophe geführt, weil Brandschutzvorschriften seitens der Sachverständigen und der Bauaufsicht eklatant missachtet wurden.

Die WAZ schreibt:
"Hinter der Missachtung der Brandschutzvorschriften muss System gesteckt haben, kriminelle Energie wahrscheinlich sogar. Selbst Rauchmelder sollen nicht aktiviert gewesen sein. Und war es Zufall, dass es keine Revisionsschächte gab, um so vielleicht den Pfusch zu verheimlichen? Erst nach und nach wurden sie eingebaut. Da hielt man das noch für normale Nacharbeiten, wurde noch nicht misstrauisch."
http://www.derwesten.de/staedte/duisburg/duisburg-hat-mit-der-mercatorhalle-einen-neuen-bauskandal-id7013386.html

Manchmal lohnt ein Stöbern in der Beck Community.
Aus dem Profil von VBB Rechtsanwälte

"Einen Zuwachs an Mandanten (v.a. Banken) kann die Kanzlei in letzter Zeit insbesondere im Bereich der Insiderdelikte feststellen. Auch Kommunen und kommunale Unternehmen mandatieren gerne die Kanzlei, wie zuletzt geschehen durch die Stadt Duisburg, die sich von Frau Verjans wegen des Loveparade-Unglücks verteidigen lässt."

Das ist nun etwas mysteriös. "Die Stadt Duisburg" ist doch gar nicht beschuldigt. 

Sehr geehrter Herr Evers,

das scheint in der Tat eine nicht ganz korrekte Darstellung - die Stadt Duisburg kann ja auch gar nicht beschuldigt werden. 

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Sehr geehrter Herr Müller,

 

kann sich dann ja nur um Herrn Sauerland gehandelt haben, der ja die "Stadt Duisburg" gewesen war und sein Stellvertreter in Sachen LoPa, Herr Rabe.

 

Besten Gruß

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P.S.

 

Was ist bitte damit, vor allem mit "Akquise" gemeint, und verstehe ich es richtig, dass die Beck-Community für die VBB-Kanzlei Werbung betreibt, ist sie einer Ihrer Partner/Mitglieder, Herr Müller?

 

(Zitat) Fazit: 

"Die Kanzlei geniest einen exzellenten Ruf — sowohl bezüglich ihrer forensischen Arbeit als auch bezogen auf die Compliance-Beratung. Namenspartnerin Frau Verjans war schon vor der Gewinnung des Loveparade-Mandants für ihr Akquisetalent bekannt, konnte dieses so aber nochmals deutlich unterstreichen."

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Sehr geehrter Herr Licht,

natürlich ist die VBB-Kanzlei nicht "mein Partner" oder "mein Mitglied". Ich erkläre ungern Selbstverständlichkeiten, aber bei Ihnen mache ich mal ne Ausnahme:

Der Beck-Verlag ist in Deutschland einer der großen juristischen Fachverlage. Er betreibt die Community und diesen Blog, der für Juristen und für andere juristisch interessierte Menschen gedacht ist. In der Community gibt der Beck-Verlag Anwälten die Möglichkeit der Selbstdarstellung, wahrscheinlich auch, weil überwiegend  Anwälte Kunden des Verlags sind und man seinen Kunden ein solches Angebot machen will. Anwaltskanzleien sind keine Wohltätigkeitsunternehmen, sondern konkurrieren um Kunden/Mandate, um Geld zu verdienen. Daher stammt der Begriff "Akquise". Hat man ein besonderes/prominentes Mandat akquiriert, wird dies gern in der Eigenwerbung erwähnt.

Das ist schon die ganze Geschichte.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Sehr geehrter Herr Professor Müller,

vielen Dank für Ihre Antwort. Und gleich noch eine Frage:

Macht sich ein Beamter strafbar, wenn er aufgrund von Sicherheitsbedenken (Leib und Leben von Menschen) aufgrund einer nicht geeigneten, da zu kleinen Veranstaltungfläche, ungenügender Zuwege mit zudem nicht vorhandenen Fluchtwegen und nicht vorhandenen Brandschutzbestimmungen es unterlässt zu remonstrieren, und wo wird so etwas zur Anzeige gebracht? Oder ist es so, dass so etwas automatisch von der Sta mit geprüft wird, in dem Falle bei Dressler, Geer, Rabe, Cebin nebst etwaigen anderen?

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Man kann nur hoffen, dass im Falle der Loveparade die Wahrheit früher ans Licht kommt:

http://www.sueddeutsche.de/sport/stadionkatastrophe-in-england-wahrheit-ueber-hillsborough-1.1466336

Leider fallen beim Lesen einige Parallelen zwischen der Hillsborough-Katastrophe und dem Lopa-Unglück auf - v.a. hinsichtlich der Legende, die Opfer seien irgendwie ja selber Schuld (was nun umgekehrt aber keine voreilige Schuldzuweisung an die Polizei sein soll).

 

 

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Vielen Dank für den Link. Das Hillsborough Desaster und die katastrophalen Fehler der Verantwortlichen sind in der Veranstaltungstechnik bekannt. Diese und andere Katastrophen waren z.B. die Grundlage für das "Purple Book" des HSE (englische "Bibel" für die korrekte und sichere Veranstaltungsplanung) und auch für die Vorgaben der FIFA und des DFB. Auf Drängen des DFB ist dann auch die Musterversammlungsstättenverordnung erstellt worden, ansonsten hätte die FIFA Veranstaltungen nicht mehr nach Deutschland vergeben. Deswegen mussten vor Planung der WM 2006 alle Bundesländer - trotz föderaler Eigenständigkeit im Baurecht- die Musterversammlungsstättenverordnung MVStättVO identisch als VStättVO in allen beteiligten Bundesländern beschließen. Die Verschlimmbesserungen der MVStättVO (z.B. in der SBauVO NRW) mit "Erleichterungen" kamen erst später. (Falls es irgendjemandem  hilft: ich habe noch meine Ordner aus 1999/ 2000 mit dem Entwurf der MVStättVO, der Begründung dazu und der Adressenliste der damals an den Beratungen Beteiligten - der DFB ganz vorne dabei!)

 

Hier der Link zum "Purple Book":

http://books.hse.gov.uk/hse/public/saleproduct.jsf?catalogueCode=9780717...

Wenn man auf der Seite runterscrollt kommt man zum kostenlosen PDF des Buches. Dieses kann ich dringend empfehlen. Das Buch wäre z.B. vor Gericht spannend als Beleg einer schon seit 1999 bekannten "Best Practice" und eines damit verpflichtenden Stands der Technik. Die Veranstaltungstechnik ist international und englischsprachig. Das Werk kann durchaus als bekannt voraus gesetzt werden - vor allem bei den Organisatoren international bedeutender Events und als solches verstand sich die Loveparade.

 

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Ich möchte an dieser Stelle auf ein - ebenso "vorhersehbares" - Unglück hinweisen, das juristisch ganz ähnliche Probleme aufwirft: Den Einsturz der Eishalle in Bad Reichenhall 2006.

Hier ein Artikel aus der ZIS, der die "Zurechnungsprobleme beim Zusammenwirken mehrerer fahrlässiger Taten" beleuchtet. Die Parallelen sind beinahe unheimlich:

- Konstruktion und Bau waren von Anfang an mangelhaft und ohne baurechtliche Zulassung (LP: Genehmigung unter Umgehung der Vorschriften in der SonderBauVO)

- ohne Genehmigung und ohne statische Prüfung wurde eine 2,3 Tonnen schwere Abluftanlage auf das Dach montiert (LP: Weglassen der ELA)

- ein Gutachten, das drei Jahre vor dem Einsturz der Tragkonstruktion der Halle einen "allgemein als gut zu bezeichnenden Zustand" attestiert, obwohl er nur die Kosten von Sanierungsarbeiten hätte abschätzen sollen (LP: Entfluchtungsgutachten dient zur Überspielung/Verdeckung der unrealistischen Zugangs- und Abgangszahlen)

- eine Stadtverwaltung, die Warnhinweise (2001 und 2002, dann wieder 2004) mehrfach ignoriert (und wie diese Scheuklappen-Strategie auch noch im Prozess eine Rolle spielt nach dem Motto "nachdem die Stadt bisher alle Warnungen ignoriert hat, hätte auch ein erneutes warnendes Gutachten nichts genutzt, also ist ein positives Gutachten nicht mit ursächlich für die Katastrophe") und im Verdacht steht, sich mit einem Billiggutachten für 3000 Euro einen weiteren Persilschein für Untätigkeit erkauft zu haben

Immerhin: diesmal sitzt die wegschauende Genehmigungsbehörde - anders als in Bad Reichenhall - voraussichtlich auf der Anklagebank. Dafür kann man angesichts der relativ raschen und großzügigen zivirechtlichen Regelung der Versicherungskammer Bayern das Verhalten der Axa bezüglich der Loveparade-Opfer und -Angehörigen nur als schäbig bezeichnen.

Im Artikel der ZIS (Link siehe oben) steht auf Seite 3: "Die Untersuchungen ergaben, dass der Einsturz durch zahlreiche Mängel und Fehler verursacht worden ist, die durch kaum vorstellbar schlampige Verhaltensweisen hervorgerufen wurden." Genau das halte ich für Augenwischerei. Aus der Realität kenne ich im Bauwesen fast mehr Pfusch als solide Arbeit. Es ist nicht unüblich, dass wenige verantwortungsbewusste Leute langwierig auf der Suche nach statischen Unterlagen und Berechnungen sind, während Architekt und Bauleiter fröhlich drauf los bauen und das Bauamt vergessen machen will, die Unterlagen verlegt zu haben. Lastenkataster, in denen die nachträglich eingebrachten Lasten (Klimaanlagen/ Isolierungen/ neue Dachbekleidungen/ Maschinen) aufgeführt werden, fehlen meist. Pseudogutachten, die das Papier nicht wert sind, haben anscheinend Konjunktur. Um beim Beispiel zu bleiben: Wenn jemand ein baufachliches Gutachten abgibt (egal ob zu anstehenden Sanierungen oder zur Standfestigkeit) und nicht als allererstes die statischen Unterlagen in Augenschein nimmt, handelt er schlampig und grob fahrlässig. Die Statik ist die Grundlage eines jeden Gebäudes. Wenn Juristen das als lässliche Sünde ansehen und Gutachter eine fehlende Statik sogar als Ausrede benützen können, dann ist etwas faul. Und das Beispiel Bad Reichenhall ist passend. Es gibt Versammlungsstätten, bei denen es mit der Statik überhaupt nicht gut aussieht.

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Meister für Veranstaltungstechnik schrieb:
Aus der Realität kenne ich im Bauwesen fast mehr Pfusch als solide Arbeit.
In Bad Reichenhall kam aber noch das Entwerfen und Genehmigen jenseits aller Normen und Verordnungen hinzu, und das hat - wo sich normalerweise jeder gegen Regressansprüche absichert - doch eher Seltenheitswert im Vergleich zu mangelhafter Ausführung.

In Duisburg war es leider wieder der Fall - man kann nur froh sein, dass der Fall nicht in Kaprun verhandelt wird ...

Ein ganz anderer Fall von "Fahrlässigkeit" (?) wurde jetzt in Italien entschieden - es ging durch alle Medien.  Die Kausalkette ist viel lockerer als bei der Loveparade, aber in Bezug auf Verharmlosung und Garantenstellung gibt es mMn durchaus Parallelen:

Gericht verurteilt Erdbebenforscher zu langen Haftstrafen (Spiegel Online)

Insbesondere die Aussage, die Leute sollten sich bei einem Glas Wein entspannen (Die Welt), hat viele später Getötete davon abgehalten, angesichts der Vorbeben die Gegend oder nachts ihre Häuser zu verlassen.

Dieser Artikel fehlt hier offensichtlich in der Sammlung. Darin macht Herr Baum auf die wichtige Info aufmerksam, dass möglicherweise die AXA ja als (Mit-)Schuldige haftbar zu machen sei, wenn die Opferanwälte denn endlich Akteneinsicht hätten. Wie kann es sein, dass man ihnen die verehren kann, Herr Prof. Müller?

http://www.rp-online.de/niederrhein-nord/duisburg/nachrichten/warum-sind...

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Ermittler haben mittlerweile 3388 Zeugen vernommen (DerWesten.de)

Die Ermittlungsakte besteht aus 64 Bänden mit fast 32.000 Seiten.

Hinzu kommen 95 Sonderbände sowie 254 Beweismittelordner. Polizei und Staatsanwaltschaft haben 138 Terabyte an Daten gesichert. Diese Zahlen nannte NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) am Mittwoch vor dem Rechtsausschuss des Landtages in Düsseldorf. *)
Trotz des Ermittlungsstandes verzögert sich eine mögliche Anklage durch Nachfragen zum Gutachten des englischen Experten Prof. Keith Still. Der hatte wiederum um weitere Unterlagen gebeten, die zur Zeit von dem Ermittlerteam der Kölner Polizei zusammengestellt werden. Ende des Monats sollen sie dem Gutachter vorliegen.

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*)Zitat: Kutschaty reagierte damit auf jüngste Berichte, die Staatsanwaltschaft Duisburg habe dem Wunsch der Kriminalpolizei Köln zur Beschlagnahme fehlender Unterlagen der Stadtverwaltung Duisburg nicht entsprochen. Zudem habe es den Versuch gegeben, das Gesuch der Polizei aus den Ermittlungsakten zu entfernen. Kutschaty räumte lediglich einen „kurzzeitigen Dissens zwischen der Kriminalpolizei Köln und der Staatsanwaltschaft Duisburg“ ein. So habe erst in einer Besprechung der beteiligten Behörden geklärt werden müssen, dass vor einer möglichen Beschlagnahme von Unterlagen ein Herausgabeverlangen an die Stadtverwaltung gerichtet werden müsse.

Zum Nachdenken: Hier ein timelapse-Video über "crowd-control" bei einer Comicmesse in Japan. Natürlich geht es um weit weniger Menschen als bei der Loveparade. Aber es zeigt, wie man handeln sollte, wenn es darum geht, große Menschenmengen konrolliert Zugang zu einer Veranstaltung zu gewähren.

 

Es gibt inzwischen einen ganz hervorragenden Leitfaden für Sicherheitskonzepte bei Großveranstaltungen. Dieser findet sich auf der Webseite des Landes Sachsen Anhalt. http://www.sachsen-anhalt.de/index.php?id=56730 Ich halte den Leitfaden für sehr systematisch und gut verständlich. Der Text erläutert auch für Laien sehr gut, was für eine sichere Veranstaltung getan werden muss. Wenn man die systematische Gliederung abarbeitet, passieren die Fehler von Duisburg nicht. (Natürlich nur, wenn man nicht vorsätzlich falsche Angaben macht und sich damit selbst belügt.) Ganz hervorragend sind:

  • - der Hinweis, dass zuerst die Gefahren analysiert werden müssen (Prof. Still hat in seinem Gutachten zur Loveparade bemängelt, dass gar kein Gefahrenkataster erstellt worden war)

  • - Formularfelder für die Verantwortlichen (wenige echte Verantwortliche im Gegensatz zu unkoordinierbar großen Listen wie in NRW)

  • - Notwendigkeit eines Rettungswegeplans (der bei der Loveparade entgegen SBauVO NRW nicht aushing – vermutlich um zu verschleiern, dass es in vielen Bereichen keine Rettungswege gab wie z.B. in den Tunneln)

  • - ganz klare Abfrage, wie denn die Personenmenge kontrolliert wird

Auch wenn der Leitfaden für Großveranstaltungen gedacht ist, taugt er als Planungshilfe für alle Veranstaltungen. Sicherheit ist ja auch nicht schlecht auf kleineren Veranstaltungen...

 

Das Bundesforschungsministerium hat im März 5,5 Millionen Euro bewilligt, um einen Sicherheitsleitfaden erstellen zu lassen. http://www.abendblatt.de/ratgeber/wissen/article2205481/Sicherheitsleitfaden-fuer-Grossveranstaltungen.html

Beauftragt wurden Forscher, die Rechenmodelle für Personenströme entwickeln. Das hat auch bei der Loveparade nichts geholfen. Rechenmodelle nützen nichts, wenn keine Rettungswege da sind, notwendige Sicherheitseinrichtungen mit Duldung der Behörden fehlen und schon bei der Beantragung, Bewerbung und Genehmigung der Veranstaltung bezüglich der Personenzahl mit Vorsatz gelogen wird. Der Leitfaden aus Sachsen-Anhalt ist ja jetzt da, taugt was und kostet gar nichts mehr.

 

Das Land NRW hat in der Vergangenheit auch einiges veröffentlicht. http://www.mik.nrw.de/themen-aufgaben/schutz-sicherheit/gefahrenabwehr-feuerwehr-katastrophenschutz/grossveranstaltungen.html Das Material halte ich sachlich für schlecht und unvollständig. Gerade deswegen bin ich froh über den Leitfaden aus Sachsen-Anhalt.

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Die Loveparade-Opferanwälte haben immer noch keine Akteneinsicht, was bedeutet, dass auch mögliche Entschädigungen außer Sichtweite bleiben.

http://www.welt.de/regionales/duesseldorf/article112384214/Nach-der-Katastrophe-geht-das-Gezerre-weiter.html

Aber so langsam muss es doch mal zur Anklageerhebung kommen, möchte man meinen... Bleibt zu hoffen, dass es 2013 endlich soweit ist. Ach ja, ein gutes neues Jahr noch nachträglich an alle hier.

 

 

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Neues aus der Presse:

 

http://www.rp-online.de/niederrhein-nord/duisburg/nachrichten/loveparade...

 

Damit verbunden habe ich eine Frage an die Kenner der Justiz : Um welche Uhrzeit beginnen in der Regel solche Verhandlungstage? Ich bin nämlich daran interessiert, den einen oder anderen Verhandlungstag vor Ort zu verfolgen. Mein ÖPNV-Ticket gilt allerdings erst ab 9 Uhr, Düsseldorf als Ort wäre allerdings kein Problem für mich.

 

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Vielen Dank für die Info.

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Hallo Herr Professor,

ich habe eine Frage zu Staatsanwalt Haferkamp. Wie ich gelesen habe, ist er Jahrgang 48, d.h., er könnte im Laufe des Jahres pensioniert werden. Wird sich dann ein neuer Staatsanwalt einarbeiten müssen oder wird man ohne ihn auskommen? Es sind ja zurzeit wohl vier oder fünf mit dem Fall betraut.

 

Gruß

 

 

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