Fall Bettina Wulff: Google-Argumente fragwürdig (mit Update 6.11.)

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 08.09.2012

Bettina Wulff, Ehefrau des ehemaligen Bundespräsidenten, wehrt sich gegen die Google-Autovervollständigung bei der Suche nach Ihrem Namen. Google argumentiert: Das Autocomplete bei der Eingabe von Suchwörtern in die Google-Maske wird nicht von Google, sondern vom Algorithmus gesteuert. Aber kann sich Google mit dieser  Entschuldigung wirklich  von Haftung befreien? Thomas Stadler (internet-law) gibt der Klage gegen Google keine Chance. Das ist möglicherweise eine zutreffende Einschätzung. Aber ich halte zumindest die Google-Argumente für fragwürdig, weil sie auf falschen Tatsachenbehauptungen beruhen.

Google nehme keinen Einfluss auf die Suchbegriffe, sagte Google-Sprecher Kay Oberbeck der Deutschen Presse-Agentur (dpa). «Die bei der Google-Autovervollständigung sichtbaren Suchbegriffe spiegeln die tatsächlichen Suchbegriffe aller Nutzer wider.»(Zeit-Online)

Vor einiger Zeit hatte ich mich aus kriminologischer Sicht mit dem Thema Google-Autocomplete befasst, nämlich hier im Beck-Blog und im DRadio Wissen. Es ist keineswegs nur ein bloßer Algorhitmus, der das Suchverhalten der Internet-User wiedergibt: Die Musikindustrie hat erreicht, dass Google die Namen bestimmter Plattformen, auf denen Musikdateien heruntergeladen werden können, bei der Suche nicht mehr automatisch vervollständigt. Auch werden andere Suchanfragen von Google bewusst vom Autocomplete ausgesperrt, so etwa das Wort "Bombe".
Wenn sich also die Google-Anwälte darauf berufen, das Autocomplete gebe eben nur die häufige Suche nach bestimmten Wortkombinationen objektiv wieder, dann argumentieren sie glatt an der Wahrheit vorbei. Redaktionelle Eingriffe finden statt, Google nimmt Einfluss.

Ich bin der Ansicht, Google sollte sein Autocomplete entweder komplett abschalten, oder dafür auch die redaktionelle Verantwortung übernehmen. Was meinen Sie?

Ergänzung (09.09.):

Selbst wer google grundsätzlich Recht geben will, wird vielleicht in diesem speziellen Fall anderer Auffassung sein. Schon wer nur die Buchstaben "Be" eingibt (um etwa die Berliner Sparkasse zu suchen), erhält den von mir hier nicht wiederholten verleumderischen Ergänzungsvorschlag von google; nach meiner Einschätzung hat Frau Wulff deshalb auch vor Gericht keine schlechten Chancen.

Ergänzung (06.11.):

Mein hiesiger Beitrag und meine Kommentierungen beziehen sich auf die Autocomplete-Funktion von Google in diesem konkreten Fall, indem m. E. durchaus Persönlichkeitsrechte von Frau Wulff berührt sein könnten. Mein Beitrag bezieht sich dagegen nicht auf Versuche von Frau Wulff, Google hinsichtlich der Suchergebnisse gerichtlich zu belangen. Sofern die von Google verlinkten Ergebnisse nicht selbst rechtswidrige Inhalte haben, sehe auch ich hier kein berechtigtes Anliegen, vgl. dazu Thomas Stadler auf Internet-Law.

UPDATE 14.05.2013:

Spiegel Online berichtet heute von einer BGH-Entscheidung (BGH - VI ZR 269/12), nach der Google bei den automatischen Suchvorschlägen (auf entspr. Hinweis) Persönlichkeitsrechte beachten muss. Die Entscheidung bestätigt meine hier vertretene Auffassung.

Aus der Pressemitteilung

Nimmt ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine mit Suchwortergänzungsfunktion auf Unterlassung der Ergänzung persönlichkeitsrechtsverletzender Begriffe bei Eingabe des Namens des Betroffenen in Anspruch, setzt die Haftung des Betreibers die Verletzung zumutbarer Prüfpflichten voraus. Der Betreiber einer Suchmaschine ist regelmäßig nicht verpflichtet, die durch eine Software generierten Suchergänzungsvorschläge generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Der Betreiber ist grundsätzlich erst verantwortlich, wenn er Kenntnis von der rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts erlangt.

Weist ein Betroffener den Betreiber auf eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern.

Neuer Beitrag mit Diskussion zu diesem Thema.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

65 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Ganz pragmatisch gesehen gibt es zwei althergebrachte Rechtssätze, die gegen die gewünschte Maßnahme sprechen:

1. Da könnte ja jeder kommen und

2. Wo kämen wir da hin?

Rein technisch sind diese "Autovervollständigungen" auch nur Suchergebnisse; gesucht wird in den Eingaben aller Nutzer mit gleichen Anfangsbuchstaben/Wortbeginn nach Häufigkeit und unter Berücksichtung eigener Eingaben (!). Es spricht daher wenig dafür, daß es sich um eigene Inhalte von Google handelt.

 

Die Argumentation mit "rapidshare" und Co. verkennt, daß Google u.a. Begriffe wie "rapidshare" und "torrent" einfach generell aus den Autovervollständigungen entfernt hat. Das läßt sich vergleichsweise einfach umsetzen und führt dazu, daß sie in gar keinem Kontext mehr angezeigt werden. Übrigens auch nicht, wenn man "rapidsha" eingibt (damit läßt sich die These simpel prüfen). Ich halte das für einen Fehler, weil es genau dazu führt, daß bei den üblichen Verdächtigen (Rechteinhaber, Ehrschutz, Innere Sicherheit usw) die Fehlvorstellung entsteht, Google könne ohnehin mit wenig Aufwand alles.

Die von Frau Wulff geforderte Korrektur der Realität läßt sich so einfach nicht bewerkstelligen, sondern bedürfte einer ausgefeilteren Logik (die es offenbar derzeit nicht gibt). Generell zu fordern, daß die Worte "escort", "artemis", "prostituierte" usw. nur wegen der Ehre der Frau B.W. aus dem Autovervollständigen entfernt werden, läßt sich eigentlich nicht rechtfertigen.

Daß Frau Wulff nunmehr sehr viel eher autoergänzt wird, hängt wohl an der von ihr initiierten Berichterstattung ab. Ich bitte die Leute, die oben über "b" oder "be"-Autoergänzungen berichten, ihre eigene Search-History nicht zu vergessen. Mit einem sauberen Firefox ohne alle Cookies wird "be" nicht zu Bettina Wulff ergänzt. Man macht hier Experimente, bei denen man die Variablen für den Ausgang selbst gesetzt hat. Was vermutlich auch auf Frau Wulff zutrifft.

 

2

Sehr geehrter Tom,

Ihre "Rechtsgrundsätze" sind sicher passend,besagen bei mir aber das Gegenteil: Wenn Google (in D fast faktischer Monopolist für die Internetsuche) bei Eingabe von "B" oder "Be" den kompletten Namen einer Prominenten  plus (angeblicher) Berufsbezeichnung oder (nachteiliger) Eigenschaft dieser Person anzeigt, dann ist das für mich ein ziemlich klarer Punkt, der für eine Ausnutzung des Persönlichkeitsrechts dieser Person spricht. "Da könnte ja jeder kommen" und einen prominenten Namen für sein Geschäft (Google ist kein Wohltätigkeitsverein) mit solchen Suchvorschlägen missbrauchen und "wo kämen wir dahin?".

Es spricht daher wenig dafür, daß es sich um eigene Inhalte von Google handelt.

Es ist doch gar nicht der Vorwurf an google, dass sie diese Suchergebnisse und -vorschläge "erfunden" haben. Aber diese perfide Autocomplete-Funktion bewirkt eine viel weitere Verbreitung, denn die meisten werden erst durch den Vorschlag darauf gebracht, das auch anzuklicken. Ich denke, dass die Mehrheit der Suchklicks eben nicht darauf beruhen, dass die Leute danach suchen wollten, sondern darauf, dass sie diesen "interessanten Vorschlag" anklickten (s.o.). Google ist aber für das Autocomplete verantwortlich. Nur weil es ein Algorithmus ist, entfällt nicht die Verantwortung für solche Vorschläge.

Die Argumentation mit "rapidshare" und Co. verkennt, daß Google u.a. Begriffe wie "rapidshare" und "torrent" einfach generell aus den Autovervollständigungen entfernt hat.

Und meine Argumentation lautete anders als Sie meinen. Ich habe argumentiert, dass Google-Sprecher Overbeck dpa und damit die Öffentlichkeit schlicht anlügt, wenn er eine Einflussnahme von Google leugnet.

Die von Frau Wulff geforderte Korrektur der Realität läßt sich so einfach nicht bewerkstelligen, sondern bedürfte einer ausgefeilteren Logik (die es offenbar derzeit nicht gibt).

Es wäre eben keine Korrektur der Realität, sondern die Korrektur eines "spannenden unwahren Gerüchts" als Suchvorschlag. Woher wissen Sie, dass es diese ausgefeiltere Logik nicht gibt? Die Google-Leute bekommen noch viel kompliziertere Sachen hin. Und sei es einfach, den Namen "B... W..." im Autocomplete einfach nicht mehr mit dritten Begriffen zu ergänzen. Abgesehen davon, dass Autocomplete für die Internetsuche nicht derart wichtig ist. Google will einfach verhindern, für Persönlichkeitsrechte in Anspruch genommen zu werden und will damit weniger Verantwortung tragen als die kleinen Blogger, die viel weniger Einfluss haben. Ich denke, das steckt dahinter. Zumal sie ihren Autocomplete-Code auch nicht offenlegen wollen.

Ich bitte die Leute, die oben über "b" oder "be"-Autoergänzungen berichten, ihre eigene Search-History nicht zu vergessen.

Ich habe an vielen PC und mit verschiedenen Browsern das "B"- und das "Be"-Experiment gemacht, ohne auf den betr. Suchvorschlag zu klicken. Keiner der PC-Besitzer kannte dieses spezifische Problem. Keiner hatte jemals nach diesen Begriffen gesucht.

Ich glaube allerdings, dass Google mittlerweile doch reagiert hat, denn heute wird bei mir "B... W... P..." nicht mehr ergänzt, während "B... W... E..." noch ergänzt wird.

Mit besten Grüßen

Henning Ernst Müller

 

 

 

> Es wäre eben keine Korrektur der Realität, sondern die Korrektur eines "spannenden unwahren Gerüchts" als Suchvorschlag.

Es ist eine Korrektur der Realität. Die Funktion "Automatische Vervollständigung" macht nichts anderes als "basierend auf den Suchaktivitäten anderer Nutzer und auf Inhalten der von Google indexierten Webseiten Suchanfragen" zu vervollständigen.

Die Realität ist: diese Begriffskombination wird häufig verwendet. Mehr sagt die Funktion nicht aus. Ob der Kontext positiv oder negativ ist oder überhaupt ein Zusammenhang besteht, ist damit nicht gesagt. Probieren Sie "Erde s". Sie bekommen vermutlich als zweiten Treffer den Vorschlag "Erde Scheibe".

2

Tom schrieb:
Die Funktion "Automatische Vervollständigung" macht nichts anderes als "basierend auf den Suchaktivitäten anderer Nutzer und auf Inhalten der von Google indexierten Webseiten Suchanfragen" zu vervollständigen.
Kennen Sie den Algorithmus? Sind Sie im Entwicklerteam oder woher wollen Sie das so genau wissen?

Dass Google die Suchanfragen beeinflusst und verändert, zeigt nicht nur das Beispiel rapidshare, sondern auch die Unterdrückung der Kombinationen mit "ddl", "torrent" oder "download" in Verbindung mit aktuellen oder bekannten Kinofilmen.

Ein Vergleich mit bing zeigt: eine Eingabe von "bet" zeigt dort nicht einmal "bettina" als Suchvorschlag an, erst bei "bett" kommt der ganze Name und ein Kombinationsvorschlag mit "rotlicht". Gibt man bei bing einen Kinofilm ein und dann "d" oder "r" bzw. "ra" - o Wunder, wo bleiben die Vervollständigungsvorschläge? Gibt es keine Wörter, die mit d oder r anfangen? Oder ist es offensichtlich doch möglich, den Ergänzungsalgorithmus so zu programmieren, dass manche häufig eingegebene Wortkombinationen nicht vervollständigt werden?

Bei de.yahoo.com werden solche Kombinationen nämlich vorgeschlagen ...

Mein Name schrieb:
Kennen Sie den Algorithmus? Sind Sie im Entwicklerteam oder woher wollen Sie das so genau wissen?

Im "Autosuggest"-Fenster gibt es unten einen blauen Link auf "Weitere Informationen". Von der dort verlinkten Seite stammt das Zitat.

Mein Name schrieb:
Dass Google die Suchanfragen beeinflusst und verändert, zeigt nicht nur das Beispiel rapidshare, sondern auch die Unterdrückung der Kombinationen mit "ddl", "torrent" oder "download" in Verbindung mit aktuellen oder bekannten Kinofilmen.

Die Aussage, die v.g. Begriffe würden kontextabhängig gesperrt, erscheint mir bezüglich Google nach ein paar Versuchen als bösartiges und frei erfundes Gerücht; die Sperre greift auch bei unverdächtigen Kombinationen (z.B. Linux) oder wenn man diese Begriffe isoliert verwendet. Falsch ist auch, daß "download" gesperrt wäre.

0

Sehr geehrter Tom,

ich zitiere noch einmal aus dem schon oben verlinkten Interview:

Die Vorstellung, dass Google »neutrale« Suchergebnisse präsentiert, ist eine Fiktion. In unserer Netzgesellschaft trifft heute Google in den meisten Fällen die Entscheidung, welche Informationen den Leuten zugänglich sind. Das ist nicht Vielfalt, sondern informationelle Planwirtschaft.

Dies ist keine Einzelmeinung. Wenn man sich etwas länger mit Suchmaschinen im Allgemeinen und mit deren Geschäftsmodell befasst, das Google perfektioniert hat, bemerkt man, dass es völlig naiv ist anzunehmen, der Autocomplete-Algorithmus bilde "die Realität" ab "basierend auf Suchaktivitäten anderer Nutzer". Nein, die Suchvorschläge, jedenfalls wenn sie außergewöhnliche/spannende/interessante Assoziationen wecken, wirken wie andere trending topics auch, nämlich ähnlich wie Radiohitparaden: Was häufig gespielt (lies: prominent vorgeschlagen) wird, wird auch häufiger gewünscht (lies: geklickt). Deshalb ist eben nicht der bloße Algorithmus und die anderen Sucher, sondern es ist (zu einem großen Teil) Googles juristische Verantwortung, was da vorgeschlagen wird. Denn Google sitzt auf dem Code, den Google selbst entwickelt hat und den Google beeinflussen kann und auch tatsächlich beeinflusst.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

@Henning Müller:

 

Ich gehe leider mit ihnen d'accord. Was der Suchalgorithmus - neben Persönlichkeitsrechtsverletzungen - so an kollateralschäden an der Wissenschaftsgesellschaft anrichtet ist m.E. teilweise erheblich, denn er verstärkt Mehrheitsmeinungen (durch hervorgehobene Sichtbarkeit) und schwächt Minderheitsmeinungen ab (durch unterdrückte Sichtbarkeit). In einer zunehmend aufmerksamkeitsökonomisch geprägten Gesellschaft wird das aber zu einem echten Problem, dessen Ausläufer jetzt schon sichtbar werden....

 

Aber noch eine spezifische ffrage an den Juristen: wenn wir festgestellt haben, dass Google zumindest in der Auto-Vervollständigung aktiv agiert, dann müsste doch TMG §8 greifen, oder nicht?

§ 8 Durchleitung von Informationen

(1) Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz

übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich,

sofern sie

1. die Übermittlung nicht veranlasst,

2. den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und

3. die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.

Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer

seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen.

 

Also könnte die Klage möglicherweise doch nicht so aussichtslos sein, oder?

 

Ach ja, und aus aktuellem Anlass:

http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste_vom_04_10/die_wuerde_des_menschen.suggestion.true.htx 

 

Gruß,

 

SH

 

 

 

 

 

4

Sehr geehrter Herr Herwig,

vielen Dank für Ihren Kommentar. Ich bin nicht sicher, ob die Autovervollständigung bei der Sucheingabe eine "übermittelte Information" ist. Ich würde dies eher bejahen, aber das wird sicherlich Anlass zur Debatte geben.

Ihr Link zur Berichterstattung über die Max Mosley-Klage gegen Google funktioniert nicht. Hier ist er.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Danke für den Hinweis wegen des Links. Ich glaube die Forumsoftware hat ihn abgeschnitten.

 

Wegen der juristischen Würdigung: wenn die Autocomplete-Funktion keine "übermittelte Informaiton ist", wqas ist sie dann? Vielleicht kann Herr Härting hier mal den Antagonisten geben, und eine alternative Interpretation liefern?

 

Gruß,

 

SH

0

OLG Köln 15 U 199/11 vom 15.05.12 gibt Google in einem vergleichbaren Fall in einer sehr ausführlich begründeten Entscheidung Recht.

Auszug (zur Frage von Herrn Herwig):

Allerdings folgt dieses Ergebnis nicht aus einer die Beklagte – einer Diensteanbieterin i. S. von § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG –  von der Verantwortlichkeit für den Inhalt ihrer Webseite nach Maßgabe der §§ 8 bis 10 TMG befreienden Haftungsprivilegierung. Unabhängig davon, dass die für die Speicherung fremder Informationen in § 10 Satz 1 TMG  vorgesehene Haftungsbeschränkung lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadenshaftung betrifft und damit Unterlassungsansprüche nicht erfasst, (vgl. BGH, GRUR 2011, 152 – „Kinderhochstühle“- Rdz. 26 gemäß Juris-Ausdruck; BGH, NJW 2009, 2888- „Sprickmich.de“ – Rdz 14 gem. Juris-Ausdruck; BGHZ 158, 236/246 bereits zu der inhaltgleichen Vorgängerregelung in § 11 TDG – jeweils m. w. Nachw.), nehmen die Kläger die Beklagte im gegebenen Fall nicht wegen der Durchleitung, Zwischenspeicherung oder Speicherung fremder Informationen, sondern wegen einer eigenen Information, konkret der als Ergebnisse ihres B-Hilfsprogramms dem Nutzer auf der Webseite ihrer Suchmaschine von dieser angezeigten Suchergänzungsvorschläge in Anspruch. Es geht mithin um einen von der Suchmaschine der Beklagten angebotenen „eigenen“ Inhalt und nicht um das Zugänglichmachen und/oder Präsentieren von Fremdinhalten, auf die allein sich aber die die Verantwortlichkeit der Diensteanbieter beschränkenden Bestimmungen der §§ 8 bis 10 TMG beziehen.

(...)

(...)

Mittlerweile ergibt sich der Suchvorschlag B... W... P... (bei mir) erst wenn man die ersten vier Buchstaben des Vornamens  eingibt, ein bloßes "B" genügt nicht mehr.

 

Ich denke, bei der Autocompletefunktion geht es nicht um Meinungsfreiheit, allenfalls um Pressefreiheit. Es geht um einen von Menschen programmierten Allgorithmus, dessen Ergebnisse auch denen zugerechnet werden können, die sie programmiert haben. Die Ergebnisse sind zwar keine Aussagen der Programmierer bzw. von Google, aber sie sind Störungen, die man Google adäquat kausal zurechnen muss. Hierfür haftet Google und spätestens nach der ersten Beschwerde muss sich Google überlegen, ob sie in der Lage sind, die Störungen abzuschalten oder nicht. Wenn es nicht geht, muss im Zweifel das gesamte Autocompletesystem abgeschaltet werden, da die Folgen des Algorithmus wie das Beispiel Bettina Wulff zeigt verheerend sein können.

 

Ich glaube, die Sache würde spätestens beim BGH oder beim BVerfG gegen Google entschieden, wenn sich ein paar Aktivisten die Mühe machen würden, die Namen der Richter herauszusuchen, die über eine mögliche Revision bzw. Verfassungsbeschwerde entscheiden müssen und diese mit vergleichbaren Suchwortkombinationen unablässig bei Google in die Suchzeile eingeben.

4

Google löscht nur acht Suchergebnisse zu Bettina Wulff (Focus)

Bettina Wulffs Anwälte wollten dem Bericht zufolge Tausende weitere Einträge löschen lassen, darunter auch den Wikipedia-Artikel zur Ex-First Lady. Google lehnte das jedoch ab.

...
Rotlicht-Gerüchte um ehemalige First Lady: Google löscht nur acht Suchergebnisse zu Bettina Wulff - weiter lesen auf FOCUS Online: http://www.focus.de/politik/deutschland/wulff-unter-druck/rotlicht-gerue...

Spiegel-Online berichtet von einer Entscheidung des BGH (BGH - VI ZR 269/12), nach der Google auch bei den automatischen Suchvorschlägen Persönlichkeitsrechte beachten muss. Der BGh hat die oben zitierte Entscheidung des OLG Köln damit teilweise revidiert. Die Entscheidung bestätigt meine Auffassung uind wird voraussichtlich auch Auswirkungen auf den  Fall "Bettina Wulff" haben.

Seiten

Die Kommentare sind für diesen Beitrag geschlossen.