SPD-Bundestagsfraktion fordert verstärkten Kampf gegen synthetische Drogen

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 12.09.2012

Passend zum Blog-Beitrag von Herrn von Heintschel-Heinegg hat die SPD-Bundestagsfraktion gestern eine Presseerklärung mit folgender Überschrift herausgeben: SPD-Bundestagsfraktion fordert verstärkten Kampf gegen synthetische Drogen und bringt Antrag ein.

Konkret geht es um den zunehmenden Konsum neuer psychoaktiver Stoffe (sog. Legal Highs) und von Methamphetamin (Crystal Meth oder Crystal Speed). In der Presseerklärung wird die Drogenbeauftragte der SPD-Bundestagesfraktion, Angelika Graf, wie folgt zitiert:

Der Konsum neuer psychoaktiver Stoffe wird zu einem immer größeren Problem. Die Zahl der Abhängigen, vor allem Jugendlicher, nimmt im Bereich neuer Substanzen zu. Deswegen hat die SPD-Bundestagsfraktion nun in ihrer ersten Sitzung nach der Sommerpause einen Antrag beschlossen, der die Situation neuer psychoaktiver Substanzen problematisiert.

 Kristalline Methamphetamine, auch Crystal genannt, werden derzeit überwiegend in der Republik Tschechien über die Anrainergrenze zu Bayern, Thüringen und Sachsen in das Bundesgebiet eingeschmuggelt. Die dortigen Landeskriminalämter melden seit einigen Jahren besorgniserregende Steigerungen, die sich auch im Drogenbericht der Bundesregierung 2012 widerspiegeln: allein die gemeldeten Fälle sind um 164,3 Prozent gestiegen. Man muss davon ausgehen, dass die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher liegt. Die explodierenden Zahlen müssen uns alarmieren. Viele der neuen Drogen haben ein außerordentlich hohes Suchtpotenzial. Die Geschwindigkeit und die zum Teil großen Mengen, mit der derartige Substanzen auf den Markt gebracht werden, sind erschreckend.

Die EU-Institutionen beklagen eine mangelnde Zusammenarbeit zwischen den betroffenen Mitgliedsländern bei synthetischen Drogen wie Crystal. Mit Workshops und einmaligen Aufklärungskampagnen, wie sie die Bundesregierung vorschlägt, kommt man den neuen Trenddrogen nicht bei. Wir brauchen zielgruppenspezifische Prävention in den Schulen, in Diskotheken und im Internet. Neue Impulse bei den Beratungs- und Aufklärungsstrukturen müssen dringend gesetzt werden. Polizeiliche Aktivitäten müssen intensiviert werden.

In Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten und der EU müssen rasch effizientere Maßnahmen zur Bekämpfung der neuen illegalen Substanzen ergriffen werden. Auch die Ländermaßnahmen müssen besser koordiniert werden. In allen Bereichen vertröstet uns die Bundesregierung und verweist auf alte Maßnahmen in den Ländern. Das ist zu wenig, daher macht die SPD-Bundestagsfraktion jetzt mit einem Antrag Druck.

 

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10 Kommentare

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Sorry....aber was ist von einer Drogenbeauftragten zu halten die so einen Bock wie

 "Kristalline Methamphetamine"

schießt? 

 

Klar mag es es sich um einen Schreibfehler handeln nur sollte einer Drogenbeauftragten es auffallen das es keine " Kristalline Methamphetamine" gibt, sondern nur "Kristallines Methamphetamin" was eine chemische Substanz darstellt.

Und das die Steigerung der gemeldeten Fälle auch einer intensiveren Verfolgung geschuldet sein kann (Aufklärung des Dunkelfelds wie es so schön heißt) solllte so einer Drogenbauftragten auch klar sein....und daher sind so nette Prozentzahlsteigerungen nichts weiter als heiße Luft....zumdem stellt sich die Frage wie man bei "neuen Drogen" dann sofort auf ein "außerordentlich hohes Suchtpotenzial" schließen kann.....die Glaskugel die dort anscheinend exisitert möchte ich gerne für meine Arbeit (Synthese von pharmakologisch aktiven Substanzen) haben; würde mir einiges erleichten.....

 

 

bombjack

 

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bombjack schrieb:
"Kristalline Methamphetamine"

vermutlich eine Nichtübersetzung vom englischen "crystalline metamphetamine" ins Cargo-Kult-Wissenschaftsdeutsch (genauso wie die beliebten "menschliche Wachstumshormone" von "human growth hormone (hGH)", obwohl es nur eines gibt, nämlich Somatropin).

P.S.: hiermit reklamiere ich die Urheberschaft für die Begriffe "Cargo-Kult-Juristerei", "Cargo-Kult-Gesetzgebung" und "Cargo-Kult-Rechtsprechung" für mich :-P

@smoky:

 

Es gibt aber nicht nur Legal Highs auf Basis synthetischer Cannabinoide, sondern auch Legal Highs mit Amphetamin- (z.B. Cathinonderivate), Ecstasy- (Piperazine) und Kokain-ähnlicher Wirkung (z.B. das gerade dem BtMG unterstellte 4-Fluortropacocain). Das ebenfalls mit der 26. BtMÄndVO ins BtMG aufgenommene MDPV etwa wurde ursprünglich man als Ritalin-Nachfolger (Wirkstoff Methylphenidat) erforscht.

Nur das ist doch die stinknormale, weil schon uralte Problematik, der sog. "Designer-Drogen" und RCs ("research chemicals") die es schon immer gab.....der einzige Unterschied zu früher ist, dass durch die Legal Highs auf Basis synthetischer Cannabinoide nun auch der Markt für diese anderen Substanzen eröffnet worden ist und das kann man durchaus den Cannabis-Prohibitionisten anlassten. 

 

Außerdem wie groß ist der Markt mit den sog. "Legal Highs" die auf anderen Derivaten beruhen?

 

Btw. haben ja gerade auch die Berichte über die Badesalze und Co. dafür gesorgt, dass viele Leute darauf aufmerksam geworden sind.....eine bessere Werbung kann sich doch kein Dealer wünschen und wie solche Medienpräsenz auf die Zielgruppe wirkt kann man hier mal nachlesen:

[...]GHB in Deutschland

Bis 1997 war der Gebrauch von GHB als Freizeitdroge in Deutschland wenig verbreitet. Dies änderte sich jedoch schlagartig nach einer bundesweiten Pressekampagne, die der damalige Bundesdrogenbeauftragte Eduard Lintner (CSU) vor der Love Parade in Berlin im Juni 1998 inszinierte. Unter Berufung auf die »Welt am Sonntag« vom 21. Juni 1998 und auf diverse Nachrichtenagenturen (AFP: Neue Designer-Droge in deutscher Techno-Szene aufgetaucht – Zahl der Drotgentoten drastisch gestiegen. Agenturmeldung vom 20.06.1998. DPA: Mehr Drogentote – Drogenbeauftragter warnt vor »Liquid Ecstasy«. Agenturmeldung vom 21.06.1998. AP: Bundesregierung warnt vor neuer Designerdroge. Agenturmeldung vom 21.06.1998) erschienen unter Ängste schürende Überschriften Artikel zu einer angeblich neuen Designerdroge namens »Liquid Ecstasy«, in denen der Bundesdrogenbeauftragte Eduard Lintner zitiert wurde:

»Wie bei Ecstasy-Tabletten handelt es sich um eine höchst gefährliche Substanz, die zunächst euphorisiert, dann Übelkeit, Erbrechen und Atemnot bis zu schweren Atembeschwerden, Anfällen und Kommazuständen erzeugt. [...] Den Konsumenten, die meist aus der Techno-Szene stammen, droht ein totaler Horrortrip.« Weiter hieß es, in Diskotheken in Herford und Bielefeld seien größere Mengen sichergestellt worden. Keine der oben bezeichneten Nachrichtenagenturen und kaum eine Zeitung meldete jedoch, als sich herausstellte, daß die Bielefelder Drogenfahnder keinen einzigen Tropfen »Liquid Ecstasy« beschlagnahmten und daß »Liquid Ecstasy« keine neue Designerdroge ist, sondern ein verschreibungspflichtiges Medikament, das unter dem Namen »Somsanit« im Handel erhältlich ist. »Somsanit« ist ein eingetragenes Warenzeichen der Dr. Franz Köhler Chemie GmbH. Anwendungsgebiete des im allgemeinen intravenös verabreichten Medikamentes sind: Kaiserschnittentbindungen und Geburtsanästhesie, Unfallchirurgie und Risikofälle aller Art, langandauernde Operationen, Herzkathetisierung, Neurochirurgie und Kinderchirurgie.

Daß Lintner, der der Techno-Szene äußerst Medienwirksam den »totalen Horrortrip« verausgesagt hatte, am folgenden Montag von seinem Szenario abrückte, war kaum in einer Zeitung nachzulesen. Eine der wenigen erhellenden Ausnahmen stellte in diesem Fall der Kölner Stadtanzeiger dar. Axel Spilker berichtete in der Ausgabe vom 23.06.1998 über die Falschmeldung des Bundesdrogenbeauftragten ausführlich unter der Überschrift: Lintner tritt den Rückzug an. Vermeintliche Superdroge »Liquid Ecstasy« existiert nur in der Phantasie.

Bis Sommer 1998 wurde GHB in Deutschland außer als Arzneimittel in der Chirurgie vorwiegend nur als Leistungssteigerungsmittel (Doping-Stoff) im Bereich des Hochleistungssports und von Body-Buildern gebraucht. In der Partyszene war GHB bis dahin wenig verbreitet und kaum bekannt. Erst durch die vom Bundesdrogenbeauftragten ausgelöste Berichterstattung in den Medien wurden viele auf diesen sogenannten »neuen« Stoff aufmerksam und GHB hielt rasch einzug in diverse Gesellschaftskreise, so auch in der Party- und Technoszene.

[...]

http://www.eve-rave.net/abfahrer/presse/presse02-01-11.html

 

In der Hinsicht ist der Hype und Terz der um diese Badesalze, Räuchermischungen usw. von staatlicher Seite und den Medien gemacht wurde so richtig schön nach hinten losgegangen und ich wage soger den Blick in die Glaskugel, dass wenn Cannabis da schon teil-legalisiert gewesen wäre, es diese Entwicklung nicht in dem Ausmaß gegeben hätte, weil eben durch die CB1/CB2 Agonisten aka "Legal Highs auf Basis synthetischer Cannabinoide" der Markt erst erschlossen bzw. aufgebrochen wurde...dass sich daraus dann eine Nachfrage an Legal Highs auf Basis anderer synthetischer psychoaktiven Substanzen ergibt, die dann auch bedient wird, ist eine logische Konsequenz.   

 

bombjack

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Mir kommt es so vor als wirft die SPD-Bundestagsfraktion, angestossen von Marianne Schieder der BayernSPD, einiges durcheinander. In der Presseerklärung wird nicht zwischen Legal Highs und dem schon Jahre verbotenen Methamphetamin unterschieden. Man gewinnt den Eindruck es handle sich um ein und dasselbe.

Die Stellungnahme von Herrn Prof. Werse zeichnet doch ein gänzlich anderes Bild und lässt mich vermuten das die SPD Presseerklärung jegliche Sachkompetenz vermissen lässt.

Auch ich bin der Meinung das mit einer Legalisierung des Cannabis 90% des Legal High Marktes einbrechen würde.

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