Streit um Kompetenzen Europäischer Betriebsräte

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 08.10.2012

Bislang nur selten haben wir in diesem Blog über Europäische Betriebsräte und ihre Beteiligungsrechte berichtet.

Beteiligungsrechte für "alte" Euro-Betriebsräte eingeschränkt

Seit 1994 gibt es eine EU-Richtlinie, die den Arbeitnehmern grenzüberschreitend tätiger Unternehmen die Bildung eines Europäischen Betriebsrats ermöglicht (RL 94/45/EG über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats, inzwischen novelliert durch RL 2009/38/EG). Diese Richtlinie findet jedoch keine Anwendung auf Unternehmen, in denen bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie (22.09.1996) ein Europäischer Betriebsrat gebildet worden war. Weitere Beschränkungen ergeben sich für Europäische Betriebsräte, die innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Änderungs-Richtlinie (05.06.2009 bis 05.06.2011) Vereinbarungen mit den Unternehmen abgeschlossen haben (Art. 14 Abs. 1 RL 2009/38/EG). Von diesen Ausnahmen sind mehr als 400 Euro-Betriebsräte betroffen.

Streit um Beteiligungsrechte bei Hewlett-Packard

Euro-Betriebsrat.de berichtet in seinem aktuellen Newsletter über eine daraus resultierende Auseinandersetzung um die Beteiligungsrechte des Euro-Betriebsrats bei Hewlett-Packard (HP). Im Mai 2012 hatte die US-amerikanische Zentrale von HP angekündigt, 27.000 der weltweit 325.000 Arbeitsplätze abbauen zu wollen, davon 8.000 in Europa. Genauere Zahlen, insbesondere über die wirtschaftlichen Gründe und die Verteilung der 8.000 abzubauenden Stellen auf die verschiedenen Standorte von HP in Europa, legte das Unternehmen dem Euro-Betriebsrat von HP nicht vor. Der Betriebsrat wollte ein Konsultationsverfahren einleiten und hierzu im Vorfeld Sachverständige einschalten. Das wurde von HP abgelehnt. Stattdessen begann der Konzern in Spanien bereits mit Entlassungen, ohne eine Stellungnahme des Euro-Betriebsrats abzuwarten. Daraufhin hat der Euro-Betriebsrat die zentrale Leitung von HP wegen des nicht durchgeführten Konsultationsverfahrens vor dem cour du travail (Arbeitsgericht) Brüssel verklagt. Zugleich hat er seine im Mai 1996 nach belgischem Recht abgeschlossene Alt-Vereinbarung über die Beteiligungsrechte mit dem Ziel gekündigt, zu einer neuen Vereinbarung zu gelangen, die ihm die vollen Beteiligungsrechte der RL 2009/38/EG sichert.

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