BfDI Schaar zweifelt Rechtmäßigkeit der Datenerhebung über Versicherte durch Krankenkassen an

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 09.10.2012

 In einem Interview mit dem Norddeutschen Rundfunk (NDR info) übt der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar Kritik an der Datenerhebung von Patienten durch Krankenkassen. Danach gingen die „Selbstauskunftsfragebögen“ vieler deutscher Krankenkassen an ihre Versicherten häufig viel zu weit. Insbesondere seien Fälle Betroffen, in denen arbeitsunfähig gemeldete Versicherte Krankengeld beziehen wollen.

Laut NDR info beinhalteten diese teilweise umfassende Fragen über die Krankheit und persönliche Situation, die nach Ansicht des Bundesversicherungsamtes- eine Behörde zur Aufsicht über die Krankenkassen - nur der Medizinische Dienst der Krankenversicherungen - ein Verband, der als neutraler Gutachter im Gesundheitssystem fungiert - stellen dürfe. Teilweise wird nach Angaben von NDR info mit Zahlungseinstellung gedroht, wenn die Informationen nicht bereitgestellt werden.

Herr Schaar meint, Krankenkassen seien prinzipiell nur zu Fragen bezüglich „harte[r] Fakten“, nämlich zu Existenz und Dauer der Arbeitsunfähigkeit, berechtigt. Darüber hinausgehende Informationen dürften diese dagegen nur bei berechtigten Zweifeln über die Arbeitsunfähigkeit einholen, so Schaar, und äußert damit Kritik an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens der Kassen. Laut NDR info ermittelt die Datenschutzbehörde daher in mehreren Fällen.

Was meinen Sie: Erheben die deutschen Krankenkassen zu viele personenbezogene Daten? 

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4 Kommentare

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Im WDR wurde der Hinweis gegeben, sich bei der Krankenkasse im Zweifel nach der Rechtsgrundlage für die im Fragebogen gestellten Fragen zu erkundigen, dann würden die entsprechenden Fragebögen in der Regel zurückgezogen.

 

Das ist zwar für die Praxis hilfreich, wird die Krankenkassen aber vermutlich nicht davon abhalten, es weiterhin zu versuchen, es kost ja nicht viel mehr als das Porto.

 

Gibt es auch rechtliche Möglichkeiten, gegen einen solchen Fragebogen vorzugehen, die für die Kasse spürbare Folgen haben? Unterlassungsklage? Einstweilige Verfügung, insbesondere wenn die Einstellung der Zahlungen angedroht wird?

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Da Krankenkassen auch Interessenvertretungen sind, ist es schon befremdlich, die von derem MDK - ebenfalls eine von den KK finanzierte Interessenvertretung - bezahlte Gutachter als neutral zu bezeichnen. Sie sind genauso "neutral" wie jeder von einer Interessenvertreung beauftragte Gutachter ...

ein Blick ins Gesetz hilft auch den Krankenkassen:

§ 275 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 1a SGB V enthält insoweit eine Einschränkung von § 284 SGB V, wonach bei Zweifeln an der AU des Mitglieds zwingend der MDK zu beauftragen ist...

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Und nun haben die Regierungsfraktioenen anscheinend auch noch das Einwilligungserfordernis zur individualisierten Datenauswertung der individuellen Gesundheitskarten bzw. Versichertenkarten durch die Krankenkassen aufgehoben,

siehe:

https://community.beck.de/2020/09/07/pressespiegel-digitalisierung-august-2020

und

https://www.heise.de/tp/features/ePA-Datengesetz-Sie-haben-den-Affen-uebersehen-4861122.html

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