Kündigung in der Probezeit trotz schweren Arbeitsunfalls?

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 16.10.2012
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtKündigungArbeitsunfallProbezeit|5546 Aufrufe

Der Kläger war bei der Beklagten seit Mitte September 2011 als Industriemechaniker in der sog. Scherenendmontage tätig. Bei einem Arbeitsunfall am 16.11.2011 wurden ihm vier Finger der rechten Hand abgetrennt. Drei Finger wurden erfolgreich reimplantiert. Die Beklagte meldete den Unfall unverzüglich der Berufsgenossenschaft. Sie kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 25.01.2012 unter Wahrung der für die Probezeit vereinbarten Kündigungsfrist zum 09.02.2012.

Kläger wirft der Arbeitgeberin treuwidriges Verhalten vor

Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam, weil die Beklagte sich treuwidrig verhalte. Solange nicht geklärt sei, wen das Verschulden an dem Arbeitsunfall treffe, käme eine Probezeitkündigung nicht in Betracht. Er behauptet, er habe kurz vor dem Aktivieren der Schneidemaschine noch den Auftrag erhalten, die Transportrollen zu überprüfen. Die Beklagte behauptet, der Kläger habe die Maschine zusammen mit zwei Kollegen aktiviert und dann ohne jede Veranlassung in die bereits aktivierte Maschine gegriffen. Er habe sich bereits vor dem Arbeitsunfall als nicht „teamfähig“ erwiesen, weil er sich nicht verlässlich an Sicherheitsvorkehrungen gehalten habe. Es sei deshalb zweimal zu unfallgefährlichen Situationen gekommen.

Das Arbeitsgericht Solingen hat die Klage mit Urteil vom 10.05.2012 (2 Ca 198/12) abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Kündigung bedürfe keiner sozialen Rechtfertigung (§ 1 Abs. 2 KSchG), weil die sechsmonatige Wartezeit für die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes (§ 1 Abs. 1 KSchG) noch nicht abgelaufen war. Ein sitten- (§ 138 BGB) oder treuwidriges (§ 242 BGB) Verhalten der Beklagten habe der Kläger nicht darlegen können.

Urteil des Arbeitsgerichts wird rechtskräftig

Der Kläger hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf am 15.10.2012 hat der Kläger seine Berufung zurückgenommen (14 Sa 1186/12). Damit ist das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen rechtskräftig geworden.

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