Der Nazi und sein Kind

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 06.11.2012
Rechtsgebiete: Familienrecht|3875 Aufrufe

Der Kindesvater ist in der rechtsradikalen Szene aktiv. Die Beschwerdeführerin war hier ebenfalls engagiert, hat sich aber im Januar 2005 abgewandt und an einem Aussteigerprogramm teilgenommen. Sie hat ihren Namen und diejenigen ihrer Kinder ändern lassen und hat mehrfach ihren Wohnsitz gewechselt.

Das OLG Dresden hat dem Kindesvater mit Beschluss vom 23.07.2012 an jedem ersten Samstag im Monat, beginnend ab dem 6. Oktober 2012, für die Dauer von zwei Stunden begleiteten Umgang mit seinen Kindern gewährt und zur Sicherstellung der Durchführung des Umgangs Umgangspflegschaft angeordnet wurde.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Senat könne nicht feststellen, dass bei einem Umgang der Kinder mit ihrem Vater zu befürchten wäre, dass seine Kinder oder die Mutter der Kinder Angriffen aus der rechtsradikalen Szene ausgesetzt wären, die eine Gefährdung des Wohls der Kinder oder auch der Kindesmutter bedeuten würden. Insbesondere die von der Kindesmutter vorgelegten und vom Senat eingeholten Auskünfte der Polizei- und Verfassungsschutzbehörden ließen eine konkrete Gefährdung der Kindesmutter und ihrer Kinder nicht erkennen. Auch die Kindesmutter habe es nicht vermocht, konkrete, aktuell bestehende Gefahren zu beschreiben. Soweit sie darauf verweise, dass sowohl ihr Vor- und Zuname als auch diejenigen der Kinder abgeändert worden seien und ohne das Bestehen einer Gefährdungslage die Voraussetzungen für eine Umbenennung nicht gegeben gewesen wären, ergebe sich daraus keine konkrete Gefahrenlage. Eine solche sei auch den vom Senat beigezogenen Akten des Namensänderungsverfahrens nicht zu entnehmen. Auch andere Gründe stünden der Gewährung von Umgang in dem vom Senat angeordneten Umfang jedenfalls dann nicht entgegen, wenn ein Umgangspfleger die Ausübung des Umgangs überwache. Körperliche Übergriffe des Kindesvaters auf seine Kinder seien nicht zu erwarten. Die körperliche Verfassung der Kinder rechtfertige ebenso wenig wie der von ihnen (zum Teil) geäußerte Wille, keinen Umgang mit ihrem Vater haben zu wollen, den Ausschluss des Umgangs. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass ein Umgang sich auf das Wohl der Kinder eher förderlich auswirken werde.

 

Auf die Verfassungsbeschwerde der Mutter hat das BVerfG mit Beschluss vom 29.08.2012 - 1 BvR 1766/12die Wirksamkeit des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 23. Juli 2012 einstweilen, bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, längstens bis zum30. November 2012, ausgesetzt.

 

Es führt aus:

 

Erginge die beantragte einstweilige Anordnung nicht, würden ab Oktober 2012 Umgangskontakte der Kinder mit dem Vater durchgeführt. Bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens bestünde die Gefahr, dass der Kindesvater im Verlauf der bis dahin stattfindenden Umgangskontakte den Aufenthaltsort der Kinder in Erfahrung bringt. Unterstellt man, dass, wie die Beschwerdeführerin nachvollziehbar annimmt, infolge der Weitergabe dieser Informationen die Beschwerdeführerin und ihre Kinder Übergriffen aus der rechtsradikalen Szene ausgesetzt würden, wäre deren leibliches und seelisches Wohl gefährdet. Wägt man die Folgen gegeneinander ab, so wiegen die Nachteile, die im Falle des Erlasses der einstweiligen Anordnung dem Kindesvater durch die bloße Herauszögerung der Umgangskontakte drohen, weniger schwer als die Nachteile, die der Beschwerdeführerin und den Kindern im Falle der Versagung des Erlasses der einstweiligen Anordnung entstehen könnten.

 

Auf die Entscheidung in der Hauptsache darf man gespannt sein.

 

 

 

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