Fall Mollath – wie geht es weiter?

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 29.11.2012

ACHTUNG: Wegen der aktuellen Entwicklung ist der ursprüngliche Text nicht mehr ganz aktuell. Am Ende dieses Beitrags (nach unten scrollen!)  finden Sie aber Updates vom 30.11., vom 01.12., vom 06.12., vom 13.12.,  vom 14.12., vom 19.12.2012, vom 07.01.2013, vom 4.2.2013 und vom 20.02.2013

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Nachdem Ministerpräsident Horst Seehofer der bayerischen Justiz eine Prüfung der Unterbringungsvoraussetzungen empfohlen hat und die Staatsanwaltschaft eine entsprechende Anregung (im Rahmen des § 67 e StGB) an das zuständige Gericht angekündigt hat, meinen manche Beobachter und Unterstützer Herrn Mollaths, die Freilassung Herrn Mollaths stehe unmittelbar bevor. Andere meinen, es handele sich dabei nur um "vorgetäuschte Aufklärung". Beides trifft meines Erachtens nicht zu. Die Überprüfung bietet derzeit zumindest eine Chance, dass Herr Mollath freikommt. Eine Wiederaufnahme wird dadurch nicht ausgeschlossen.

Ich möchte im Folgenden die juristischen Konsequenzen in diesem Stadium versuchen darzustellen. Vorauszuschicken ist, dass ich kein Wahrsager bin und deshalb auch nicht in der Lage, gerichtliche Entscheidungen vorherzusagen. Es geht mir nur darum, die möglichen Entscheidungsoptionen und ihre Voraussetzungen darzustellen.

Die Überprüfung nach § 67e StGB ist keine Wiederaufnahme des Verfahrens (dazu unten), sondern ein Vorgang, der im Gesetz vorgesehen ist – „jederzeit“ kann das Gericht, aus welchem Anlass auch immer, eine Überprüfung der Unterbringungsvoraussetzungen vornehmen und nach § 67d Abs. 6 StGB entscheiden.

Die Überprüfung beinhaltet einerseits psychiatrische Fragen

a) das (weitere) Vorhandensein einer der in § 20 StGB aufgeführten Störungen bzw. Krankheiten,

sowie

b) die (weitere) Gefährlichkeit für die Allgemeinheit durch Wahrscheinlichkeit erheblicher Straftaten, wenn der Patient aus dem Vollzug entlassen wird

andererseits eine juristische Frage:

c) die Verhältnismäßigkeit der (weiteren) Unterbringung in Relation zu den begangenen und zu erwartenden Taten und zum angenommenen Risiko des Rückfalls.

Alle drei Fragen a), b) und c) müssen kumulativ positiv erfüllt sein, also mit JA beantwortet werden. Wenn nur einer der Punkte fehlt, wird man Herrn Mollath freilassen müssen.

Die Beurteilung von a) erfordert ein psychiatrisches Gutachten. Selbst wenn man Diagnose-Fehler der bisherigen Gutachten feststellt - was die Diagnose einer wahnhaften Störung betrifft - resultiert daraus noch nicht, dass gar keine Störung i.S. des § 20 StGB vorliegt. Eine Beurteilung wird prinzipiell eine Exploration des Herrn Mollath notwendig machen, also seine Mitwirkung. Natürlich kann man verstehen, wenn sich jemand, der sich zu Unrecht als psychiatrischer Fall eingestuft sieht, nunmehr einer weiteren Untersuchung misstrauisch gegenüber steht (siehe jetzt hier). Aber um Punkt a) zu beurteilen, wird man Herrn Mollath nicht guten Gewissens raten können, sich nicht untersuchen zu lassen.

Auch die Beurteilung von b) erfordert grds. ein psychiatrisches Gutachten. Nach den Informationen, die mir vorliegen, steht zwar die Gefährlichkeitsprognose im Gutachten aus dem letzten Jahr auf schwachen Füßen. Schon die wahrscheinliche Begehung weiterer Straftaten wird eher mit Vermutungen begründet. Und der Gutachter hat dann in der Verhandlung ohne weitere Gründe anzuführen aus der Wahrscheinlichkeit eine „hohe“ Wahrscheinlichkeit gemacht – angeblich habe er sich in der Formulierung geirrt. Für eine solch hohe Wahrscheinlichkeit hat er aber im schriftlichen Gutachten keine schlüssigen Argumente genannt. Allerdings ist für die Freilassung positiv eine Wahrscheinlichkeit dafür erforderlich, dass der Untergebrachte keine (erheblichen) rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Praktisch wird in der jetzigen Situation die Unterbringung des Herrn Mollath wohl nur beendet, wenn ein psychiatrisches Gutachten die Wahrscheinlichkeit weiterer erheblicher Straftaten verneint.

Schließlich Punkt c): Die Verhältnismäßigkeit der weiteren Unterbringung (§ 62 StGB) ist eine juristische Frage, die auch ohne Gutachten beantwortet werden kann. Die Verhältnismäßigkeit im Rahmen der Proportionalität hängt stark mit der Unterbringungsdauer zusammen. Das Gericht kann durchaus zu dem Ergebnis kommen, was noch im letzten Jahr verhältnismäßig gewesen sei, sei es nach einem weiteren Jahr der Unterbringung nicht mehr. Aber auch dies ist eher eine theoretische Option. Praktisch wird das Gericht wohl nur dann zu diesem Ergebnis kommen, wenn das psychiatrische Gutachten signalisiert, dass auch die gegenüberliegende Seite der Proportion, nämlich die angenommene Gefährdung der Allgemeinheit nach neuerer Einschätzung nicht mehr gegeben ist oder nicht mehr so stark ins Gewicht fällt. Zu berücksichtigen ist auch, dass Herr Mollath bei einer Freilassung unter Führungsaufsicht stehen wird.

Weder das Ergebnis eines neuen Gutachtens noch die gerichtliche Entscheidung lässt sich derzeit  vorhersagen, auch nicht, wie schnell eine solche Überprüfung zum Abschluss kommen wird. Allerdings hat die öffentliche Aufmerksamkeit meiner Einschätzung nach immerhin bewirkt, dass man nicht mehr befürchten muss, dass routinemäßig bisherige Entscheidungen bestätigt werden.

 

Herrn Mollaths Interesse, das wird aus seinen Stellungnahmen deutlich, geht wesentlich weiter: Er möchte die Aufhebung der ursprünglichen Entscheidung, also die Beseitigung des Urteils, aufgrund dessen er untergebracht wurde, erreichen. Das wird auch in aktuellen Kommentaren als Ziel geäußert. Da die Unterbringung auf einem rechtskräftigen Urteil beruht, ist dies nur durch eine Wiederaufnahme gem. §§ 359 ff. StPO möglich. Dazu muss ein Antrag gestellt werden, der formal die Voraussetzungen des § 366 StPO (!) erfüllt und insbesondere ein Wiederaufnahmegrund nach § 359 StPO genannt sein. Ein Wiederaufnahmeverfahren ist alles andere als einfach zu führen. Ob die bisherigen „Zweifel“ am Urteil Wiederaufnahmegründe i. S. des § 359 Nr.1 oder Nr. 5 StPO darstellen, kann ich derzeit nicht abschließend beurteilen.

Eine Überprüfung nach § 67 e StGB und eine Wiederaufnahme nach § 359 StPO sind völlig unabhängig voneinander. Das eine schließt das andere weder ein noch aus.

Der frühere Beitrag zum Fall Mollath inkl. sehr umfangreicher Diskussion in den Kommentaren  findet sich hier.

Ein lesenswerter Blog-Beitrag von Oliver Garcia  im de legibus-blog sei verlinkt. 

Bericht von Conny Neumann  in SPON

 

UPDATE 30.11.2012:

Das kommt wirklich überraschend (SZ). Offenbar soll jetzt sogar auf Anregung von Frau Merk (Justizministerin Bayern) von der Staatsanwaltschaft ein Wiederaufnahmeverfahren beantragt werden. Damit vollzieht die Ministerin eine 180-Grad-Kehre und setzt sich, könnte man fast sagen, an die Spitze der Bewegung zur Freilassung von Herrn Mollath. Das bedeutet für das oben Gesagte: Das Wiederaufnahmeverfahren, das möglicherweise mit jetzt bekannt gewordenen Tatsachen begründet wird, wird wesentlich schneller in die Gänge kommen als ich noch gestern vermutet habe. Wenn das Wiederaufnahmeverfahren erfolgreich ist, wird (im zweiten Schritt) eine neue Tatsacheninstanz klären müssen, ob Mollath überhaupt die Straftaten begangen hat, die man ihm vorgeworfen hat.  Ohne (erhebliche) Straftat(en) kommt eine Unterbringung ohnehin nicht in Betracht, so dass dafür eine psychiatrische Untersuchung nicht erforderlich wäre.

Weiter zu bedenken: In der Sache Mollath ist derzeit noch ein Beschwerdeverfahren vor dem OLG Bamberg anhängig und eine Verfassungsbeschwerde beim BVerfG. In beiden Verfahren könnte die (einstweilige) Freilassung recht schnell verfügt werden, wenn sich Anhaltspunkte dafür verdichten, dass die Unterbringungsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen (bzw. nie vorgelegen haben). Was man nicht vergessen sollte: Herr Mollath hat eine engagierte Verteidigerin, die zwar kaum einmal in der Presse erwähnt wird, aber sicher viel zu dieser Entwicklung beigetragen hat, ohne sich persönlich in den Vordergrund zu spielen (ich weiß nicht, ob ich ihren Namen nennen darf).

 

UPDATE 01.12.2012:

In einer neuen Stellungnahme wendet sich der Bayrische Richterverein gegen Angriffe auf die Justiz, betont deren Unabhängigkeit und fordert eine Rückkehr zur Sachlichkeit. Etwas nachdenklich macht mich eine Passage, wonach "keine Rede davon sein" könne, dass das Verfahren erst durch mediale oder politische Aufmerksamkeit in Bewegung gebracht worden sei. Das ist wohl eine komplett andere Realitätswahrnehmung als die meisten Menschen in Bayern haben. Nach meiner Einschätzung wären die jährlichen Überprüfungen der Unterbringungsvoraussetzungen bei Herrn Mollath noch einige Jahre routinemäßig behandelt worden, wenn der Fall nicht in der Öffentlichkeit diskutiert worden wäre. Die Augen vor der Realität  zu verschließen, zugleich aber eine Rückkehr zur Sachlichkeit zu fordern, erscheint mir - diplomatisch ausgedrückt -  ein etwas ungeschickter Versuch, Vertrauen in die Justiz zurückzugewinnen.

 

Eine äußerst lesenswerte, gehaltvolle und sehr plausible Analyse des Falls Mollath hat Gabriele Wolff verfasst - hier verlinkt

 

UPDATE 06.12.2012:

Ein neuer Beitrag, den ich auf LTO veröffentlicht habe, befasst sich mit den Chancen der Wiederaufnahme und mit der Revisisonsentscheidung des BGH. Allgemeiner zur Kritik der BGH-Revisionsentscheidungspraxis v.a. des 1. Senats vgl. Gisela Friedrichsen auf LTO und den Beitrag des Kollegen  v. Heintschel-Heinegg hier im Beck-Blog.

 

UPDATE 13.12.2012:

Beate Lakotta hat auf Spiegel Online "Zweifel an der Opferrolle" Mollaths zusammengestellt. Nach ihren Recherchen ist jedenfalls an der von einigen nach der Stern-Reportage aufgestellten These, das ärztliche Attest sei inhaltlich falsch oder gefälscht, nichts dran. Auch die Angaben Mollaths zur Schwarzgeldaffäre seien nicht belastbar - die angekündigten Belege habe er nie vorgelegt. Die psychiatrischen Gutachten seien zudem nachvollziehbar, da Mollath  merkwürdiges Verhalten gezeigt habe und insbesondere seine schriftlichen Äußerungen für eine wahnhafte Störung sprächen.

In der Wirklichkeit gibt es in der Regel nicht nur schwarz/weiß, sondern viel grau. Die Rechercheergebnisse von Lakotta im Spiegel und im Artikel in der heutigen "Zeit" (noch nicht online) überraschen mich daher nicht. Sie zeigen auf, dass Herr Mollath durchaus auch Symptome der ihm attestierten wahnhaften Störung aufgewiesen hat. Wer kein Psychiater ist und Herrn Mollath nicht kennt (wie ich z.B.) muss sehr vorsichtig sein mit eigenen Diagnosen (egal in welcher Richtung). Ich meine auch, diese Vorsicht gewahrt zu haben: Nur weil ein Gutachten in einigen Punkten nicht überzeugt, muss das Ergebnis nicht falsch sein. Und ein Komplott der Psychiatrie gegen Herrn Mollath gibt es sicher nicht. Aber selbst wenn eine wahnhafte Störung richtig diagnostiziert wurde, ist noch zu beachten:. § 63 StGB  setzt (anders als § 20 StGB, dort gilt in dubio pro reo) den Nachweis voraus, dass die diagnostizierte Störung auch schon bei der Tat vorhanden war und diese mitbestimmt hat. Die dafür gegebene Begründung im ersten Gutachten (immerhin musste der Gutachter fast vier Jahre zurückblicken)  ist äußerst dünn. Das Gutachten Pfäfflin baut darauf auf, da er die rechtskräftige Entscheidung als Grundlage annimmt, also die Körperverletzung als gegeben und eben als "wahnhaft" unterstellt. Das ist dann Basis für die Gefährlichkeitsprognose, die fast immer (so auch hier) im Kern auf der vergangenen festgestellten Tat beruht.

Wenn sich nun herausstellt, das Attest stamme eigentlich vom Sohn der Ärztin (ebenfalls Arzt), nicht von ihr, dann spricht das gegen ein inhaltlich falsches Attest, aber ist ein weiteres  Symptom für die Schlampigkeit der Aufklärung im Gerichtssaal, denn im Urteil heißt es: "Attest von Dr. Madeleine Reichel..." Die Verlesung erfolgte nach § 256 Abs.1 Nr.2 StPO. Hier hat möglicherweise auch die Verteidigung "geschlafen", wenn sie nicht beantragt hat, die (angebliche) Ausstellerin der Urkunde persönlich zu laden, oder wenigstens für die Revision wie Lakotta zu recherchieren, welcher Arzt eigentlich das Attest in Person unterschrieben/ausgestellt hat.

Auch wenn die Schwarzgeldvorwürfe sich im Kern als richtig herausstellen, bedeutet das nicht, dass Herr Mollath keinen Wahn hat - das habe ich in meinen Beiträgen verschiedentlich betont. Dennoch hätte man den Wahrheitsgehalt dieser Vorwürfe prüfen müssen, allein schon, um die Glaubhaftigkeit der Aussage der Ehefrau beurteilen zu können. Wären die Vorwürfe Mollaths damals bestätigt worden, hätte sicher auch nicht im Urteil gestanden, die Schwarzgeldaffäre sei "fixe Idee" und per se wahnhaft. Man hätte also das wahnhafte Erleben Herrn Mollaths genauer einordnen können, wenn sich der Kernvorwurf gegen seine Frau als zutreffend herausgestellt hätte.

 

UPDATE 14.12.2012

Drei Journalistinnen zeichnen verantwortlich für den längeren Artikel in der ZEIT, der diese Woche erschien. Insgesamt bemüht sich der Artikel darum, eine andere Perspektive der Geschichte in den Fokus zu rücken. Das wirkt gut im Gegensatz zu vielen anderen Presseberichten, die bisher etwas einseitig die Perspektive Mollaths betont haben. Und es ist grundsätzlich  richtig, sich eine Angelegneheit von verschiedenen Seiten anzuschauen, um die ganze Wahrheit zu erfahren. Die letzte Passage dieses Artikels ist allerdings so gehässig, dass ich geradezu abgestoßen bin von der Unmenschlichkeit, die aus diesem Absatz spricht:

"Florian Streibl von den Freien Wählern hat den Hamburger Rechstanwalt Strate akquiriert. Der hat Gustl Mollath in der Psychiatrie besucht, drei Vollmachten hatte er dabei - Mollath hat nicht unterschrieben. Dabei hätte Strate nicht einmal Geld verlangt. Will Mollath etwa gar keine Wiederaufnahme? hat er sich in der Rolle des Märtyrers eingerichtet?"

Herr Mollath, der eine Verteidigerin hat, hat also nicht sofort unterschrieben, als sich ihm ein Rechtsanwalt vorstellt und anbietet, seine Verteidigung im Wiederaufnahmeverfahren zu übernehmen. Sich dies gut zu überlegen ist genau das Richtige. Jeder Mensch in der Situation Mollaths sollte sich einen solchen Schritt - einen weiteren Verteidiger zu beauftragen -  gut überlegen. Herr Mollath kennt Herrn Strate ja bis dahin nicht persönlich und daher kennt er ihn auch nicht als Kapazität auf dem Gebiet der Wiederaufnahmeverfahren. Herr Mollath hat auch nicht wie wir hier draußen die Möglichkeit, Informationen über RA Strate im Internet  einzuholen. Er weiß aber, dass Herr Strate von den Freien Wählern, einer politischen Partei, beauftragt (und bezahlt?) wird, die in Opposition zur CSU steht und deren - jedenfalls medial verbreitetes - Hauptziel es ist, die CSU-Regierung bei der nächsten Wahl abzulösen.  Er muss also auch überlegen, ob die Interessen der Freien Wähler 100% mit seinen übereinstimmen. Andererseits ist es ein generöses Angebot, von einem der besten Strafverteidiger vertreten zu werden. Ich kann mir nicht vorstellen, das RA Strate, der als integer und seriös bekannt ist, seinem (beabsichtigt) künftigen Mandanten nicht schon von sich aus eine Bedenkzeit eingeräumt hat.

Wenn nun die drei Journalistinnen Herrn Mollath  zum Vorwurf machen, er habe die Vollmachten nicht sofort unterschrieben, dann scheint es mir, als habe  ihr Artikel am Ende doch das Ziel, Mollath auf eine perfide Art in ein schlechtes Licht zu rücken. Das schadet aus meiner Sicht der Reputation dieser drei Journalistinnen mehr als derjenigen Mollaths - und es wirft in der Rückschau auch ein schlechtes Licht auf den ganzen Artikel.
Ergänzung: Nach der Stellungnahme von Mollath und RA Strate in der SZ ist der letzte Absatz des ZEIT-Artikels "Unsinn".

Weitere Ergänzung (26.12.): Ursula Prem hat RA Strate zu dieser Passage des ZEIT-Artikels befragt. Hier seine Antwort:

»Der Hinweis von Frau Rückert [Anm.: Sabine Rückert, Journalistin und Mitglied der ZEIT-Chefredaktion] auf die nicht unterschriebenen Vollmachten ist besonders deshalb anstößig, weil sie mir in dem mit ihr fünf Tage vor der Veröffentlichung in der ZEIT geführten persönlichen Gespräch zugesagt hatte, alle Zitate durch mich autorisieren zu lassen. Indem sie mich nicht als Quelle zitierte, schien sie sich offenbar der Verpflichtung zur Autorisierung enthoben zu fühlen. Ich hatte ihr lediglich deshalb von den Vollmachten erzählt, weil die Reaktion von Mollath, vor Unterzeichnung der Vollmachten zunächst noch mit der für ihn bisher tätigen Rechtsanwältin Rücksprache nehmen zu wollen, gerade ein Ausweis überlegten und auch moralisch gebundenen Handelns war. Ich bekomme im Jahr mindesten fünfzig/sechzig Briefe von tatsächlich oder angeblich Unschuldigen aus Deutschlands Knästen und geschlossenen Anstalten, von denen in vergleichbarer Situation bestimmt jeder sofort unterschrieben hätte. Gerade dass Mollath dies nicht sofort getan hat, zeichnete ihn für mich aus.« (Quelle: newsandbuy.de)

Meine Kritik an dem ZEIT-Artikel und der journalistischen Tätigeit von Frau Rückert erscheint mir vor diesem Hintergrund noch als milde.

 

UPDATE 19.12.2012

In noch einem weiteren Artikel in den Nürnberger Nachrichten (das ist dieselbe Zeitung, in der die Recherchen von  Michael Kasperowitsch  veröffentlicht wurden, die den Fall Mollath "ins Rollen" brachten) wird ein Gegenstandpunkt zum Fall eingenommen. Ausgangspunkt ist die Frage, inwieweit Psychiater durch die Öffentlichkeit in Anspruch genommen werden, wenn sie (vermeintliche) Fehler machen. Dabei wird der Fall Mollath in eine Vergleichsbeziehung zu einem nach psychiatrischen Gutachten entlassenen und dann rückfällig gewordenen Sexualstraftäter gebracht. Die Öffentlichkeit, so der Tenor des Artikels,  habe damals die Psychiater beschimpft, als der Entlassene rückfällig geworden sei. Nun aber würde die Öffentlichkeit im Fall Mollath quasi das Gegenteil beanspruchen, nämlich die Freilassung eines psychiatrisch als "gefährlich" eingeschätzten Untergebrachten.

Im Fall Bernhard S. wurden, etwa in der Überwachung, Fehler gemacht, Gustl Mollath wird derzeit als mutmaßliches Justizopfer gehandelt. Beide Fälle zeigen, dass wir, die sogenannte Gesellschaft, Prognosen verlangen, die an Hokospokus grenzen. Denn Hand aufs Herz: Wer von uns weiß, ob die eigenen Kinder die laufende Schulklasse bewältigen, zu Ladendieben werden oder wie lange es noch den Euro gibt? Und natürlich gehört die Kristallkugel nicht zum Handwerkszeug des Wissenschaftlers.

Richtig ist daran, dass psychiatrische Gutachten mit Gefährlichkeitsprognosen, selbst wenn sie fachlich und sachlich korrekt sind, immer nur eine Wahrscheinlichkeit für künftiges Verhalten prognostizieren können. Dass die Zukunft tatsächlich wie die unwahrscheinlichere Variante verlaufen kann, liegt in der Natur einer Vorhersage menschlichen Verhaltens. Aber der Vergleich des Falls Mollath mit dem genannten "Serienvergewaltiger Bernhard S." hinkt an anderen Stellen gewaltig, namentlich nicht nur hinsichtlich der Schwere der Taten, die Mollath vorgeworfen wurden, sondern auch hinsichtlich der konkreten Kritik, die an einzelnen psychiatrischen Gutachten im Fall Mollath geübt wird.

Noch ein anderer Aspekt aus dem Artikel stößt unangenehm auf. Unterstellt die Darstellung der Journalisten trifft zu, dann hat der damalige Pflichtverteidiger Mollaths gegenüber Journalisten Auskunft gegeben über Interna der Mandatsbeziehung und hat damit bewusst zum Nachteil seines damaligen Mandanten Mollath Stellung genommen. Das ist das Gegenteil dessen, wofür "Verteidigung" steht und dies kann einen schweren Pflichtverstoß als Strafverteidiger darstellen. Dass er von den Nürnberger Nachrichten falsch zitiert wurde, liegt nicht nahe, denn es sind bereits ausführlichere Angaben von ihm in der Nürnberger Zeitung publiziert, die bislang nicht dementiert wurden.

 

UPDATE 07.01.2013

Die Strafanzeige von RA Strate vom heutigen Tage hat möglicherweise zweierlei Bedeutung.

Zum einen erscheint sie insofern wichtig, als die Öffentlichkeit sich mit einem weiteren Aspekt der Mollath-Sache befasst, aus dem sich ergibt, dass man - seitens Justiz und Psychiatrie - damals (wie heute) offenbar keine Skrupel kannte bzw. kennt, Herrn Mollath entgegen anerkannten rechtlichen Maßstäben zu inhaftieren. Zu den Tatsachen, die Strate jetzt noch einmal in einem 50seitigen Schriftsatz aufbereitet zur Anzeige gebracht hat,  lag schon letztes Jahr seitens der Verteidigerin Mollaths eine Strafanzeige vor - nur damals hatte der Fall noch nicht eine solche Aufmerksamkeit erlangt, dass sich Öffentlichkeit und insbesondere die Staatsanwälte hinreichend dafür interessierten. Deshalb ist es gut, dass die Sache nun mit Verve noch einmal präsentiert wird, denn sie hat nun wesentlich mehr Chancen auf Beachtung. Die Akte Mollath hält im Übrigen noch einige "Knaller" von ähnlichem Gewicht vor. Die Strafanzeige selbst ist jedoch weder ein Wiederaufnahmegrund, noch bringt sie die Freilassung Mollaths aus der jetzigen Unterbringung unmittelbar voran - es geht schließlich um die Unterbringung zur Beobachtung im Ermittlungsverfahren, also vor der Hauptverhandlung. Die jetzige Unterbringung beruht jedoch auf einem rechtskräftigen Urteil, das durch diese Strafanzeige nicht beseitigt werden kann.

Die Strafanzeige wirft aber das Licht auf einen möglichen Wiederaufnahmegrund, der bisher nicht im Brennpunkt der Diskussion stand, nämlich dass die Tatsachengrundlagen für das entscheidende psychiatrische Gutachten  möglicherweise mittels  verbotener Vernehmungsmethoden - Strate erwähnt ausdrücklich § 136 a StPO (S.41) - erhoben wurden. 

 

UPDATE 04.02.2013

Wie Spiegel Online berichtet, hat es die zuständige Strafvollstreckungskammer den Antrag der StA abgelehnt, ein neues Gutachten einzuholen, nachdem Herr Mollath eine Begutachtung abgelehnt hat. Das Gericht sah es wohl als wenig sinnvoll an, ein psychiatrisches Gutachten ohne Mitwirkung Mollaths zu erstellen.

Dennoch kann (und müsste)  die StVK auch eine Entscheidung darüber treffen, ob Herr Mollath nach fast sieben Jahren Unterbringung  freizulassen ist.

Die Frage der (Un)verhältnismäßigkeit ist eine rein juristisch zu beantwortende, die vom Gericht jederzeit getroffen werden kann - und muss. Ich habe im November, als mein obiger Beitrag entstand, gleichwohl noch angenommen, dass die StVK mit hoher Wahrscheinlichkeit auch eine solche Entscheidung, obwohl sie m. E. rechtlich klar zu beantworten ist (vgl. die beiden jüngsten BVerfG-Entscheidungen zur Maßregel der Unterbringung), nicht ohne Gutachten fällen werde. Aber seither ist eine Menge passiert. Ich wundere mich inzwischen wirklich, warum Herr Mollath nicht längst in die Freiheit entlassen wird (mit entsprechender Vorbereitung auf die Freiheit nach 7 Jahren), denn mit jedem Tag wird das mögliche Unrecht größer.

Außerdem: Wenn eine Wiederaufnahme ergibt, dass von Anfang an die Unterbringungsvoraussetzungen nicht gegeben waren, ist Herr Mollath zu entlassen - auch ohne neues Gutachten. Denn einige der Unterbringungsvoraussetzungen beinhalten wiederum Fragen, die nicht ein Gutachter, sondern nur ein Gericht beantworten kann, z.B. die Frage, ob die ihm vorgeworfenene Straftaten tatsächlich von ihm begangen wurden.  Auch ein erfolgreiches WA-Verfahren erschien mir noch Ende November relativ fern liegend. Derzeit sehe ich aufgrund vieler neuer Informationen das WA-Verfahren als möglicherweise erfolgsträchtig an.

UPDATE vom 20.02.2013
RA Strate hat nun einen Wiederaufnahmeantrag gestellt und auf seiner Website veröffentlicht, hier. Kern des Wiederaufnahmegesuchs sind diverse Rechtsbeugungsvorwürfe gegen den damaligen Vors. Richter am LG, Brixner. Eine Presseerklärung von RA Strate findet sich ebenfalls auf seiner Website, hier.

Die möglichen  Rechtsfolgen eines Wiederaufnahmeantrags ergeben sich aus der Strafprozessordnung:

 

§ 368

(1) Ist der Antrag nicht in der vorgeschriebenen Form angebracht oder ist darin kein gesetzlicher Grund der Wiederaufnahme geltend gemacht oder kein geeignetes Beweismittel angeführt, so ist der Antrag als unzulässig zu verwerfen.

(2) Andernfalls ist er dem Gegner des Antragstellers unter Bestimmung einer Frist zur Erklärung zuzustellen.

§ 369

(1) Wird der Antrag für zulässig befunden, so beauftragt das Gericht mit der Aufnahme der angetretenen Beweise, soweit dies erforderlich ist, einen Richter.

(2) Dem Ermessen des Gerichts bleibt es überlassen, ob die Zeugen und Sachverständigen eidlich vernommen werden sollen.

(3) Bei der Vernehmung eines Zeugen oder Sachverständigen und bei der Einnahme eines richterlichen Augenscheins ist der Staatsanwaltschaft, dem Angeklagten und dem Verteidiger die Anwesenheit zu gestatten. § 168c Abs. 3, § 224 Abs. 1 und § 225 gelten entsprechend. Befindet sich der Angeklagte nicht auf freiem Fuß, so hat er keinen Anspruch auf Anwesenheit, wenn der Termin nicht an der Gerichtsstelle des Ortes abgehalten wird, wo er sich in Haft befindet, und seine Mitwirkung der mit der Beweiserhebung bezweckten Klärung nicht dienlich ist.

(4) Nach Schluß der Beweisaufnahme sind die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte unter Bestimmung einer Frist zu weiterer Erklärung aufzufordern.

 

§ 370

(1) Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird ohne mündliche Verhandlung als unbegründet verworfen, wenn die darin aufgestellten Behauptungen keine genügende Bestätigung gefunden haben oder wenn in den Fällen des § 359 Nr. 1 und 2 oder des § 362 Nr. 1 und 2 nach Lage der Sache die Annahme ausgeschlossen ist, daß die in diesen Vorschriften bezeichnete Handlung auf die Entscheidung Einfluß gehabt hat.

(2) Andernfalls ordnet das Gericht die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Erneuerung der Hauptverhandlung an.

 

§ 371

(1) Ist der Verurteilte bereits verstorben, so hat ohne Erneuerung der Hauptverhandlung das Gericht nach Aufnahme des etwa noch erforderlichen Beweises entweder auf Freisprechung zu erkennen oder den Antrag auf Wiederaufnahme abzulehnen.

(2) Auch in anderen Fällen kann das Gericht, bei öffentlichen Klagen jedoch nur mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft, den Verurteilten sofort freisprechen, wenn dazu genügende Beweise bereits vorliegen.

(3) Mit der Freisprechung ist die Aufhebung des früheren Urteils zu verbinden. War lediglich auf eine Maßregel der Besserung und Sicherung erkannt, so tritt an die Stelle der Freisprechung die Aufhebung des früheren Urteils.

(4) Die Aufhebung ist auf Verlangen des Antragstellers im Bundesanzeiger bekannt zu machen und kann nach dem Ermessen des Gerichts auch auf andere geeignete Weise veröffentlicht werden.

 

Das Spektrum reicht also von Unzulässigkeit des Antrags bis hin zur Neuauflage der Hauptverhandlung mit anschließendem Freispruch. Interessant ist das  "dazwischen liegende" Ergebnis nach § 371 Abs.2 und Abs.3 S.2. Danach kann das Gericht auch im Beschlusswege (also ohne neue Hauptverhandlung) dazu kommen, das frühere Urteil aufzuheben.

 

Ich bereite einen neuen Beitrag zum Fall vor.

DISKUSSION WOANDERS

Zu den Artikeln auf SPON und in der ZEIT vgl.  auch delegibus-Blog, zudem eine sehr eingehende Analyse auf dem Blog humana conditio

Beate Lakotta verteidigte ihren SPON-Artikel gegen die Kritik von Oliver Garcia und Thomas Stadler im SpiegelBlog. Dazu erfolgte eine Gegenrede von Oliver Garcia (hier), von Thomas Stadler (hier) und von Sascha Pommrenke (hier)

Ein neueres Interview mit Frau JuMin Merk findet sich auf telepolis

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913 Kommentare

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@ M. Deeg, O. Garcia, H. Brandau, mkveits, Prof. Müller und wen´s immer interessieren mag

 

Betr. eV Heindl (2010); Brief Heindl (2012)

 

Jetzt argumentiere ich kurz zu den beiden hier mehrfach eingebrachten Texten dieses Berufsrichterpensionisten aus Lauf/Bayern. Aus meiner Sicht ist dieser Zeuge mit seinen beiden Schriftstücken kein geeigneter „Zeuge der Anklage“, vielmehr eher geeignet, Bumerangeffekte zu produzieren (wobei ich nicht verkenne, daß ein Betroffener „drinnen“ nach jedem gebotenen Stohhalm greift und sich bestenfalls tertiär für berufsrichterliche Moralitäten interessiert …)

 

-Die sogenannte Eidesstattliche Versicherung (2010)[1] enthält m.E. kein Faktum, das zu beeiden ist. Angesichts meiner Erfahrungen mit „Eidesstaatlichen“ einerseits und ganzdeutschen Berufsrichtern andererseits – drei Oberlandesgerichter akzeptierten Anfang der Nullerjahre in einem von mir vertretenen Verfahren sogar diese eV-Formel "...belehrt über die falschen Konsequenzen einer eidesstattlichen Versicherung erkläre ich..."[1] – lautet meine Arbeitshypothese: dieser Richter a.D. weiß gar nicht, was eine eV ist, beansprucht aber infolge seines Ex-Status als Richter besondere Glaubwürdigkeit

-Die Mutmaßung, der Brief (2012) dieses bayrischen Richters a.D. mit seinem nur „Eingeweihten“ wie etwa der noch immer amtierenden CSU-freistaatlichen Justizministerin M. verständlichen Subtext wäre „geheim“ und die impliziten Annahme, der Autor dieses, also der Richter a.D., hätte geglaubt, sein Brief an seine Landesministerin könne „geheim“ gehalten werden, zeigt m.E. nachhaltigen Wirklichkeitsverlust wie er für die Berufsgruppe nicht nur bayrischer, sondern ganzdeutscher Berufsrichter/innen nicht untypisch sein dürfte.

 

-Facit: die eV. (2010) ist dumm und anmaßend, der Brief (2012) anmaßend und dumm.

 

-Bei dieser Gelegenheit bemühe ich auch einen Hinweis des Großen Justizkritikers Bertolt Brecht: in einer Kalendergeschichte fabuliert dieser Augsburger eine altchinesische Vorschrift, der zufolge sozialräumliche Distanz/en von Richtern ihr personales Richtern qualifizieren könne/n … Brechts K-Geschichte klingt so aus[4]:

 

„Unrecht gewinnt oft Rechtscharakter einfach dadurch, daß es [zu] häufig vorkommt. Die Neuen mußten sich alles neu berichten lassen, wodurch sie das Auffällige daran wahrnahmen. Und endlich waren sie nicht gezwungen, um der Tugend der Objektivität willen viele andere Tugenden, wie die Dankbarkeit, die Kindesliebe, die Arglosigkeit gegen die nächsten Bekannten, zu verletzten oder so viel Mut zu haben, sich unter ihrer Umgebung Feinde zu machen."

 

[1] http://www.gustl-for-help.de/download/GMollath_AG_EV_Heindl.pdf

[2] http://erbendertara.wordpress.com/2012/11/23/der-fall-gustl-mollath-brief-des-ehemaligen-richter-heindl-an-dr-merk/

[3] http://www.oocities.org/de/hirnschrisse/

http://ricalb.files.wordpress.com/2010/11/hirnschrisse.pdf

[4] http://duckhome.de/tb/archives/8640-RECHTSPRECHUNG.html

 

Freundliche Grüße

Richard Albrecht

http://eingreifendes-denken.net

 

 

 

5

Eine Frage an das Forum, die mich beschäftigt:

 

In einem Artikel der Augsburger Allgemeinen Zeitung heißt es:

"Im zweiten Teil ihres Vortrags legte Merk dar, warum weder Staatsanwälte noch Steuerfahnder in Mollaths Anzeige gegen seine Frau „hinreichende, tatsächliche Anhaltspunkte“ für Schwarzgeld-Ermittlungen erkennen konnten. Das gelte auch für den erst Jahre später bekannt gewordenen internen Revisionsbericht der HypoVereinsbank. Generalstaatsanwalt Nerlich widersprach energisch der Darstellung in einigen Medien. „Der Revisionsbericht“, so Nerlich, „bestätigt keinerlei Schwarzgeldverschiebungen.“ Die Bank habe in Bezug auf Mitarbeiter lediglich arbeitsrechtliche Verstöße und unrechtmäßige Provisionszahlungen festgestellt."

 

http://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Beate-Merk-Wir-haben-alles-ge...

 

Zu diesem Absatz heißt es dann in einem Kommentar:

 

Oder doch: Der Generalstaatsanwalt (!) Nerlich wird in dem Artikel wie folgt zitiert: " Generalstaatsanwalt Nerlich widersprach energisch der Darstellung in einigen Medien. 'Der Revisionsbericht', so Nerlich, 'bestätigt keinerlei Schwarzgeldverschiebungen.' Die Bank habe in Bezug auf Mitarbeiter lediglich arbeitsrechtliche Verstöße und unrechtmäßige Provisionszahlungen festgestellt."

In dem Revisionsbericht, der auf Seite 15 feststellt, dass Herr Mollath " Insiderwissen" besitze und sich " alle nachprüfbaren Behauptungen als zutreffend herausgestellt" haben,  heißt es auf Seite 16 oben: " Allen Mitarbeitern waren viele und gravierende Verfehlungen bzw. Verstöße gegen interne Richtlinien und externe Vorschriften (u.a. Abgabenordnung, Geldwäschegesetz, Wertpapierhandelsgesetz) anzulasten."

 

Meine Frage: Wie bewertet das Forum die Aussagen von Generalstaatsanwalt Nerlich?

 

Danke

 

5

Sehr geehrte Kommentatoren,

da wieder ein paar Fragen aufgetreten sind, möchte ich kurz dazu Stellung nehmen:

1. Zur Eidesstattlichen Versicherung Heindl und zum Brief Heindl. Ich stimme Herrn Albrecht zu. Bei diesen Äußerungen handelt es sich um bloße Meinungsäußerungen/Vermutungen und Schlussfolgerungen  des Herrn Heindl, die für die Sache wenig Bedeutung haben, da sie keine zusätzlichen Fakten nennen. Deshalb bin ich auch nicht darauf eingegangen und werde es auch im Weiteren nicht tun. Das Engagement kann man ja begrüßen, aber man sollte versuchen, sich dabei - auch wenn es schwer fällt - einen objektiven Blick zu bewahren und sich nicht von den eigenen Vorurteilen gegen Justiz und Regierung davontragen zu lassen, sondern bei der Sache und den Fakten bleiben.

2. Zum Schwarzgeld-Anfangsverdacht, HVB-Prüfbericht und Äußerung des Genetralstaatsanwalts: Weder die Anzeigen von Mollath noch der Prüfbericht beweisen schon für sich, dass Schwarzgeld (unversteuerte Einnahmen) in die Schweiz verschoben wurde. Allein auf dieser Grundlage wäre sicher auch noch keine Anklage zu erheben. Aber für einen Anfangsverdacht genügt es schon. Auch die von manchen geäußerte Ansicht, wer einen Koffer von Bargeld über die Grenze trage (statt zu überweisen), mache sich noch nicht verdächtig, halte ich angesichts der aktuellen Situation und Diskussion für lebensfremd. Es war seit der Quellensteuer-Einführung verbreitete Praxis einiger Groß- und Kleinbanken in Deutschland, ihren wohlhabenden Kunden bei dem Transfer von Geld zu den Tochterbanken in die Schweiz "behilflich" zu sein. Dass solche  Schwarzgeld-Verschiebungen im großen Umfang in Deutschland passiert sind, ist  natürlich auch Herrn Nerlich bekannt.  Etliche Bankmitarbeiter sind dafür schon in den 90er Jahren wegen Beihilfe zu Steuerhinterziehung strafverfolgt worden, es gab auch eine breite wissenschaftliche Diskussion dazu.  Jedenfalls waren die Hinweise Herrn Mollaths nicht abwegig und sie waren konkret genug, um ihnen nachzugehen.

Natürlich hat die HVB kein Interesse daran gehabt, sich die Staatsanwaltschaft ins Haus zu holen, deswegen nur die arbeitsrechtliche Prüfung. Aber wer jetzt behauptet, weil nur arbeitsrechtliche Verstöße festgestellt wurden, läge kein strafrechtlicher Anfangsverdacht vor, zählt auf die Naivität des Publikums. Ich  glaube jedoch , über diesen Punkt ist die Diskussion schon hinweg gegangen, das sind Nebenschauplätze, die mit der Wiederaufnahme nichts zu tun haben.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

 

Herzlichen Dank an Prof. Henning Ernst Müller für die Beantwortung der Frage.
Natürlich ist die Diskussion längst über den angesprochenen Punkt hinaus gelangt, aber die Aussage des Generalstaatsanwalts scheint mir doch bemerkenswert zu sein.
Ist es nicht „erstaunlich“, dass ein Generalstaatsanwalt sich überhaupt mit solch einer schwachen Argumentation an die Öffentlichkeit traut?
Soweit ich weiß, hat niemand von kompetenter Seite, der mit der rechtlichen Seite des Falls vertraut ist, davon gesprochen, dass der Revisionsbericht Schwarzgeldverschiebungen „bestätigt“ hat (wäre es nicht auch ein bisschen naiv zu glauben, dass ein Revisionsbericht so weit geht, Schwarzgeldverschiebungen zu „bestätigen“?).
Der Hauptvorwurf geht dahin, dass eben der Anfangsverdacht, den man durchaus als gegeben hätte betrachten sollen/müssen, als nicht ausreichend bewertet hat.

Im Fall Mollath, das wurde mir deutlich, muss man immer genau auf die einzelnen Worte der Verantwortlichen aus Politik und Justiz hören.

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Das Kernproblem ist doch, ob Herr Mollath gefährlich war oder noch ist bzw. 

entlassen werden müßte da möglicherweise keine Gefahr von ihm ausgeht bzw. die weitere Unterbringung unverhälnismäßig ist.

Diese angebliche Gefährlichkeit, die anscheinend einige Gutachter mehrfach "festgestellt haben" andere aber nicht, müsste meiner Meinung nach dringend durch neue Gutachter untersucht werden.

Ich glaube die Öffentlichkeit und die Presse wirft die angeblichen großen Geldverschiebungen mit der möglicherweise Gefährlichkeit in einen Topf.

 

 

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Was unter dem Strich beeindruckt und wohl vor allem auch die zukünftige politische und juristische Nachschau bestimmen und weit über den Tag hinaus prägen wird, ist schlichtweg diese absolute peinliche Unredlichkeit und der fortwährende verdummende Versuch der Täuschung der Öffentlichkeit durch die Verantwortlichen der Justiz in Bayern!

Hätten die Akteure nur einen Funken Selbstachtung, hätten sie längst Konsequenzen gezogen und zumindest IN ANSÄTZEN. Das gezeigt, was von jedem angeklagten Ladendieb oder Falschparker vor jedem deutschen Amtsgericht erwartet wird: Reue!

Die Justiz in Bayern verspielt ihr letztes Ansehen, um einen Machtverlust der CSU zu verhindern, der nicht zu verhindern ist.

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 Herr Deeg, Ihre Schlichte Aussage ist: das hier kritisierte bayrische Justizpersonal hatte "keinen Funken Selbstachtung". Da widerspreche ich Ihnen inhaltlich nicht. Nur wozu Ihr Wortschwall?

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@ Deeg

 

Sehr geehrter Herr Deeg,

ich kann Ihre Empörung durchaus nachvollziehen, im Falle Mollath stelle ich mir aber noch zusätzlich die Frage, warum die Klinik meint, auch ihre eigene Beteiligung an dieser Scharade würde, angesichts des öffentlichen Interesses, nicht früher oder später in den Fokus geraten.

 

Es wäre aus PR-taktischen Gründen ihr zumindest  anzuraten, von sich aus eine Neubewertung zu verfassen und dem Gericht oder entsprechenden Stelle zukommen zu lassen, um das von Prof. Müller unter den Punkten a bis c nach  § 67 e StGB dargestellte Verfahren nachdrücklich voranzutreiben.

 

Da in der Öffentlichkeit davon ausgegangen wird, dass Herr Mollaths Darstellungen nicht "wahn"scheinlich sondern wahrscheinlich sind, und somit ein entscheidender Pfeiler weggebrochen ist, könnte die Klinik einem Reputationsschaden entgegenwirken. 

 

Somit könnte Herr Mollath baldestmöglich wieder Freiheit, wenn auch unter Begleitung, geniessen, was einem Wiederaufnahmeverfahren nicht entgegensteht.

 

M.M. nach wäre dies auf allle Fälle zu begrüssen.

 

Gruss

Re Max Mustermann:

Der Reputationsverlust für die Klinik und insb. den Chefarzt ist doch längst eingetreten. Es sieht nun so aus, als ob - wie immer - statt Fehler einzuräumen, sich lieber 'tot stellt' - was "die Öffentlichkeit," meint, darf man wohl schon aus Standesdünkel nicht wahrnehmen....Auch wenn das Neharren der Klinik durchaus als Realitaetsberlust zu werten ist, m.E.

Herr Mollath braucht unter den Gesichtspunkten einen neutralen Gutachter fernab der Klinik. oder: man nimmt endlich ernst, was Gutachter Simmerl festgestellt hat - dem allerdings steht das gleiche entgegen wie oben - die Notwendigkeit Fehler einzuräumen!

(Re Tari: das ist für Sie ein "Wortschwall"......? Und mit 'schlichten' Aussagen habe ich es nicht so, aber mit begründeter Ursache-Wirkung, auch wenn das Ergebnis schlicht anmutet.)

4

Sehr geehrter Herr Professor Müller,
in Ihrem Beitrag schreiben Sie, dass es bezüglich des Gutachtens keine Gründe für eine Wiederaufnahme geben würde.
Jede Diagnosemethode, die zum Zeitpunkt der Urteilsfindung unangewendet blieb, ist ein neues Beweismittel.
Nach den Veröffentlichungen wurde doch weder ein Explorationsgespräch noch eine Fremdanamnese durchgeführt. Dies bedeutet, dass doch diese beiden Methoden als neue Beweise eingeführt werden könnten.
Zudem wurde keine Überprüfung des Realitätsgehalts des Wahns vorgenommen. Die Überprüfung der Realität der vermeintlichen Wahngedanken ist ebenfalls eine Methode zur Diagnose von Wahn.

Deshalb müsste es doch auch bezüglich des Gutachtens Gründe für die Wiederaufnahme geben.

Oder habe ich einen Denkfehler?

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Sehr geehrter Gast34,

mit der Wiederaufnahme können nicht alte Verfahrensfehler und Aufklärungsfehler gerügt werden, diese sind mit der gescheiterten Revision und mit der Rechtskraft des Urteils "erledigt".

Das damalige Gutachten einschließlich dessen bis zum Urteil schon erkennbare Fehler sind deshalb kein Wiederaufnahmegrund. Die Wiederaufnahme ist keine nachgeholte Revision, in der die Unvollständigkeit des Gutachtens hätte gerügt werden können. Eine Exploration wurde nicht durchgeführt, weil Herr Mollath sie (viellicht aus gutem Grund) nicht durchführen ließ. Dies kann nicht Wiederaufnahmegrund sein, da es sonst jeder Beschuldigte in der Hand hätte, Wiederaufnahmegründe zu schaffen. Auch der Fehler, die Vorwürfe Herrn Mollaths nicht auf ihren Realitätsgehalt untersucht zu haben, ist alt. Neu ist der Hinweis (durch den HVB-Prüfbericht), dass es tatsächlich entsprechende Manipulationen der Ehefrau gab. Im Lichte dieser neuen Tatsache kann dann das gesamte Beweisergebnis neu überprüft werden, auch die Ergebnisse des psych. Gutachtens.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Henning Ernst Müller schrieb:
... Neu ist der Hinweis (durch den HVB-Prüfbericht), dass es tatsächlich entsprechende Manipulationen der Ehefrau gab. Im Lichte dieser neuen Tatsache kann dann das gesamte Beweisergebnis neu überprüft werden, auch die Ergebnisse des psych. Gutachtens.
Um eine i.S.v. § 359 Nr. 5 StPO geeignete Tatsache handelt es sich bekanntlich nur dann, wenn die damalige Entscheidung anders ausgefallen wäre, falls die betreffende Tatsache damals bekannt gewesen wäre (BGHSt 39, 75, 80: "Tatsachen, die die im rechtskräftigen Urteil als existierend festgestellten oder die ihm zugrundeliegenden tatsächlichen Vorgänge, Verhältnisse oder Zustände betreffen"); dies muss positiv festgestellt werden.

Nun hat aber das damalige Urteil des LG Nürnberg-Fürth es ausdrücklich für unerheblich erklärt, ob es Schwarzgeldverschiebungen durch die Ehefrau gab (insbes. S. 25 der Urteilsumschrift). Wie man angesichts dessen die Überzeugung gewinnen sollen, das LG hätte seinerzeit anders entschieden, wenn der HVB-Bericht bekannt gewesen wäre, ist nur schwer nachzuvollziehen.

Daraus ergeben sich folgende Fragen:

1) Wollen Sie also dafür plädieren, im Umgang mit den Wiederaufnahmevoraussetzungen und folglich mit der Rechtskraft des Strafurteils hier mal fünfe gerade sein zu lassen?

2) Soll das Ihrer Meinung nach in Zukunft immer so gemacht werden, dass ein Urteil, das rückblickend nicht mehr überzeugend erscheint, erfolgreich im Wege der Wiederaufnahme angegriffen werden kann, sobald man irgendetwas findet, was sich pro forma als irgendwie neue Tatsache bezeichnen lässt?

3) Welche Auffassung vom Sinn der materiellen Rechtskraft des Strafurteils liegt Ihren Stellungnahmen zugrunde? Sie haben sich in den letzten Wochen an die Spitze derer gestellt, die die Fähigkeit der Justiz zur Selbstkorrektur anmahnen. Haben Sie sich einmal gefragt, wie die engen Voraussetzungen, an die das Gesetz (!) die Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten bindet, sich zu dieser Forderung verhalten? Falls ja, was ist dabei herausgekommen?

3

Ich ging auch davon aus, dass unangewendete Diagnosemethoden, die zur Urteilsfindung bereits bekannt waren, als neues Beweismittel eingeführt werden können (Meyer-Goßner § 359 Rdnr. 32).

Dies sollte im vorliegenden Fall die Fremdanamnese sein. Darüber wurde nie gesprochen.

Beim Explorationsgespräch ist es sicher strittig, weil der Herr sich ja verweigert hat. Allerdings blieb ja unversucht, den Herrn mit dem Sachverständigen gemeinsam vor den Ermittlungsrichter zu laden, oder einen anderen Sachverständigen zu versuchen. Gegenüber Herrn Simmerl hat sich Herr Mollath ja geäußert.

Und auch wurde laut Urteil und Veröffentlichungen niemals der Realitätsgehalt des Wahns geprüft. Diese Prüfung ist auch eine Methode zur Diagnose vom Symptom Wahn. Somit könnte die Diagnosemethode Prüfung des Wahrheitsgehalts seiner Aussage als neues Beweismittel eingeführt werden.

 

Keineswegs soll die Tatsache der Realität der Verschiebungen an sich eingeführt werden, sondern nur die Diagnosemethode der Prüfung der Wahnsymptomatik.

 

Könnte nach Rdziff. 35 als neues Beweismittel ein Psychologe als Sachverständiger eingeführt werden? Dies müsste doch auch eine Möglichkeit sein.

 

 

 

 

 

 

4

Sehr geehrter Herr Prof. Müller,

danke für die Antwort.

Ich stimme zu, dass das Gutachten kein Wiederaufnahmegrund ist.

Aber ich bin auch der Meinung, dass jede Diagnosemethode, die damals bereits bekannt war und unangewendet blieb, als neues Beweismittel eingeführt werden kann.

Deshalb meine ich, dass doch die Methode zur Prüfung einer Wahnsymptomatik, indem ich die Realität der Aussagen prüfe, als neues Beweismittel eingeführt werden können sollte.

Das Gericht hat meines Wissens niemals über diese Methode gesprochen, sondern nur ob die Tatsachen wahr oder falsch seien.

Ich meine die medizinische Fragestellung: Wie real sind die Ängste? Hier fand keine Überprüfung statt, es wurde niemals darüber nachgedacht, die Frage der Wahnsymptomatik anhand einer Prüfung der Realität vorzunehmen.

Deshalb meine ich, dass Methode zur Feststellung, ob eine Wahnsymptomatik vorliegt, durch eine Prüfung der Realität ein neues Beweismittel sein kann.

Ich sehe hier die medizinischen und psychologischen Fachleute gefordert, diese könnten hier Beweismittel benennen.

Oder sehen Sie das anders?

 

Und: danke für den interessanten Blog.

 

 

4

Zwei Gedankensplitter speziell zur BGH-Frage

 

-Der erste zur BGH-Praxis mit der inzwischen vermutlich inflationierten ou-Formel „offensichtlich unbegründet“ im Sinne des § 349 Absatz 2 StrafProzessOrdnung. Im Anschluß an Detlef Burhoff[1] hermeneutisch weitergedacht: wenn diese Formel gebraucht wird und dann seitenweite „begründet“ wird, warum etwas „offensichtlich unbegründet“ sein soll, geht´s nicht nur mit diesem in-sich-Widerspruch auf die bekannte Reise nach Absurdistan;-). Sondern auch um dubiose, irrationale und möglicherweise auch contra-legem-Phänomene[2] … auch wenn im - vulgo „Fall Mollath“ genannten - bayrischen Justizskandal die BGH-Revionsablehnung ohne schriftliche Begründung erfolgte (was ebenfalls die  M ö g l i c h k e i t  von Rechtsverletzung nicht ausschließt[3]). Die Rolle des BGH, die Sie, sehr geehrter Herr Prof. Müller, hier sorgfältig fachjuristisch kommentierten, verweist schließlich auf ganzdeutsch Allgemeines: BGH meint B u n d e s gerichtshof, genauer: der BGH ist „das oberste Gericht der Bundesrepublik Deutschland im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit.“[4]

-Worüber ich, auch in Rückschau auf die drei Russelltribunale (1966 bis 1979), nachdenke: wegen der bayrischen Besonderheiten geht´s trotz dieses bundesweiten Gesichtspunkts nicht um einen „Dreyfus“-Fall (wie in Frankreich ab Mitte der 1890er Jahre) im Ganzdeutschland der zweiten Hälfte der Nullerjahre. Aber Zola´sche öffentliche Anklage nach dem „J´accuse“-Motto (1898)[5] ist allemal so möglich und nötig wie fachlich-aufklärende Netzpublizistik von Ihnen, Frau Wolff, Herrn García und anderen. (Wobei das oberste frz. Gericht, Cour de cassation, für Dreyfus erst 1906 endurteilte und ihn freisprach: zwölf Jahre nach der Erstverurteilung des Armeehauptmanns.) Im Übrigen gibt es eine Gemeinsamkeit historisch-französisches und aktuell-bayrischen Justizverbrechen: „Die Verletzung des Rechts eines einzigen ist die Verletzung des Rechts aller.“ (Hannah Arendt)

 

[1]

http://blog.strafrecht.jurion.de/2010/08/der-sermon-der-revisionsgericht-oder-was-heisst-offensichtlich-unbegruendet/

[2]

vor zehn Jahren als BVerfG-Praxis kritisiert: Richard Albrecht, Menschenrechte und Grundfreiheiten in Europa: Zur begründungslosen Nichtannahme / Ablehnung von Verfassungsbeschwerden nach § 93 BVerfGG als konkrete Menschenwürdeverletzung: http://www.grin.com/de/e-book/19612/menschenrechte-und-grundfreiheiten-in-europa-zur-begruendungslosen-nichtannahme; wieder in ders., StaatsRache. Justizkritische Beiträge gegen die Dummheit im deutschen Recht(ssystem) (2005; ²2007: 66-79): http://www.grin.com/e-book/36391/staatsrache-justizkritische-beitraege-gegen-die-dummheit-im-deutschen

[3]

Egon Schneider, Logik für Juristen. Die Grundlagen der Denklehre und der Rechtsanwendung. Bln.-Ffm. 1965: 102-105

[4] http://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Downloads/DE/DerBGH/broschuereBGHAktuell.pdf?__blob=publicationFile

[5]

im Anschluß an Hannah Arendt, The Origins of Totalitarims (1951) zuletzt Elke-Vera Kotowski, Der Fall Dreyfus und die Folgen; in: APuZ 50/2007: http://www.bpb.de/apuz/30051/der-fall-dreyfus-und-die-folgen?p=all

 

Mit freundlichem Gruß

Dr. Richard Albrecht

http://wissenschafsakademie.net

 

 

5

Information:

Dokumentation einer Anfrage zum Bundesverfassungsgerichtsbeschluss zur Einweisung zur Beobachtung nach § 81 StPO aus 2001 nur         verfassungskonform bei Mitwirkungsbereitschaft des Betroffenen.

 

Meine Anfrage vom 26.11.2012 wurde von der Pressestelle des BVerfG beantwortet. Das Schreiben ging heute ein und ich habe die Sache dokumentiert unter der Adresse:

http://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRJ/VerfG2001.htm

Abstract - Zusammenfassung - Summary: Es sieht so aus, als hätte sowohl die forensische  Psychiatrie, insbesondere ihre "wissenschaftliche" Führung, in den maßgeblichen Standardwerken  (z.B. Venzlaff, Foerster, Kröber, Leygraf, Dölling, Saß, ...), als auch die einweisenden Gerichte  diesen Beschluss zu einem Phantom gemacht, indem sie ihn verschwiegen, verbargen oder ignorierten und damit Berufsethik oder Recht gebrochen haben.

Rudolf Sponsel, Erlangen

 

 

 

 

5

Nachtrag: BverfG 2001 Einweisung zur Beobachtung

Ich habe die neueste Auflage von Nedopil & Müller (2012) Forensische Psychiatrie  über Google Books* eingesehen (S.94). Daraus geht hervor, dass auch die erste forensische Adresse Bayerns, Nedopil, dieses Beschluss nicht kennt (H1), ihn zwar kennt aber nicht für erwähnenswert hält (H2), motiviert verschweigt (H3), vergessen hat (H4) oder aus  sonstigen Gründen (H5) nicht enthält. Hypothesenraum: 5.

*

http://books.google.de/books?id=9Z1iVYXtFv4C&pg=PA414&lpg=PA414&dq=pers%C3%B6nliche+untersuchung+forensische+psychiatrie&source=bl&ots=GCECliTQ-t&sig=YiI16kTmQ3jaLoQZiBW1NqQFO34&hl=de&sa=X&ei=unfEUIueNPH44QSckoHoCQ&redir_esc=y#v=onepage&q=%C2%A7%2081%20StPO%20&f=false

Rudolf Sponsel, Erlangen

Sehr geehrter Herr Professor Müller !

Gut das es Sie, Ihren Blog-Forum und so wache Kommentatoren gibt.

Wenn ich Sie bitten darf auf folgende Fragenkomplexe einzugehen :

Nach Ihrem Update vom 30.11.12 zu Ihrer jur. Gesamtbetrachtung liegt beim

OLG Bamberg ein Beschwerdeverfahren vor, durch das  nach Ihrer Information eine (einstweilige) Freilassung recht schnell verfügt werden kann, wenn sich die Anhaltspunkte

verdichten, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung nicht mehr vorliegen.

Dem entscheidenden Gutachter, Herrn Dr. Leipziger sind wesentliche  neue Tatsachen bekannt geworden.  Der Revisionsbericht wurde ihm vom Gericht  zur Verfügung gestellt. Er ist nunmehr unter Einbeziehung aller bekannt gewordenen Fakten, in der Lage ,die wahren realen Zusammenhänge neu, aktuell und realistischer zu beurteilen einschl des aktuellen

sicherlich stabileren Gesundheitszustandes .M.E. ist er auch als behandelnder ! Arzt und Chefarzt  und evtl.auch als Beamter nach dem Beamtenrecht rechtlich verpflichtet seine Diagnose zu revidieren. Dafür sprechen auch eine große Vielzahl von Argumenten die nichts mit der Diagnose ,jedoch lebensnah  ausschlaggebend sein können (Ansehen der Justiz, des Berufstandes, Reputation, Anzeige wegen Freiheitsentzug, Verfassungsbeschwerde).

.Frage  1: Kann ein von Herrn Dr. Leipziger revidierte, aktuelle fachärztliche Neubewertung

dazu führen , daß das dem Beschwerdeverfahren beim OLG stattgegeben wird und Herr Mollath (vorläufig) entlassen wird ?

Frage   2:  Wie lange kann es noch dauern bis über die Beschwerde entschieden ist?

Frage   3:   Ist es richtig, dass sich die Beschwerde gegen die Verlängerung der Unter-

                  bringung richtet, die nach einer Zwischenbegutung (evtl. durch den Ober-

                  arzt Dr. Zappe) im Sommer erfolgt ist?

Frage   4:  Reduziert der Erfolg im Beschwerdeverfahren die Aussicht, dass die

                 Wiederaufnahme von gerichts- und/oder nur auf Antrag? zugelassen wird?

                 Die Justizministerin sprach m.E. von einem W-verfahren von gerichtswegen

Frage   5:  Wenn auch  für Herrn Mollath seine Rehabilitierung (im Rahmen eines Wieder-

                  nahmeverfahrens) im Vordergrund steht, ist m.E. die schnellstmögliche Entlassung

                  für Herrn Mollat existenziell und emotional wichtiger und vorzuziehen.

Frage   6:  Ist es richtig, daß über eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde ohnehin

                  die Wiederaufnahme erfolgt , m.E. sogar mit einer sehr viel stärkeren Ausgangs-

                   position !

Frage   7:   Welche Vor- und Nachteile hätte die Freisetzung der Unterbringung im Rahmen

                   des Beschwerdeverfahrens  und dem Ausgang der Verfassungsbeschwerde

                   im Vergleich zum Wiederaufnahmeverfahren in Regensburg u. der Verf.be-

                   schwerde ? Das Wiederaufnahmeverfahren mit der Einholung eines neuen

                   Gutachten, Beweisaufnahmen kann doch 1 - 2 Jahre dauern , die Freisetzung

                   der Unterbringung jederzeit Nach § 67 e StgB erfolgen?

Ich hoffe um Ihre Nachsicht für meine viele Fragen und Ihre Mühe. Am liebsten würde ich

Ihnen dafür Barolo-Rotweise nach Regensburg überbringen. Lassen Sie sich überraschen.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit und  im voraus für Ihre Antworten !

Es ist für Herrn Mollath ! Grüße an alle Kommentatoren !

 

           

 

5

Sehr geehrte Frau Stephany,

zum Stand des Verfahrens vor dem OLG Bamberg bin ich sicher nicht 100%ig informiert - so weiß ich nicht welches Rechtsmittel dort noch "offen" ist, so dass ich nur einige vorläufige grobe Einschätzungen geben kann:

 

Frage  1: Kann ein von Herrn Dr. Leipziger revidierte, aktuelle fachärztliche Neubewertung

dazu führen , daß dem Beschwerdeverfahren beim OLG stattgegeben wird und Herr Mollath (vorläufig) entlassen wird?

Da das Gericht lt. Gesetz "jederzeit" die Unterbringung für erledigt erklären kann, ist dies auch in diesem Stadium möglich. Eine (neue)  psychiatrische Einschätzung kann dies natürlich fördern. Voraussetzung ist allerdings, dass Psychiater und Justiz ihre bisherige Haltung revidieren und entw. die Gefährlichkeit des Herrn Mollath verneinen oder zumindest die Verhältnismäßigkeit der weiteren Unterbringung. Theoretisch könnte dies auch ohne neue Begutachtung oder ärztliche Einschätzung vom Gericht entschieden werden (aber nur theoretisch, siehe mein Ausgangsbeitrag oben).

 

Frage   2:  Wie lange kann es noch dauern bis über die Beschwerde entschieden ist?

Das kann ggf. sehr schnell gehen, sobald die entsprechenden Stellungnahmen (StA, Verteidigung, Krankenhaus) eingeholt sind.

 

Frage   3:   Ist es richtig, dass sich die Beschwerde gegen die Verlängerung der Unterbringung richtet, die nach einer Zwischenbegutung (evtl.
durch den Oberarzt Dr. Zappe) im Sommer erfolgt ist?
Ich nehme es an, die Einzelheiten sind mir dazu nicht bekannt.

 

Frage   4:  Reduziert der Erfolg im Beschwerdeverfahren die Aussicht, dass die

                 Wiederaufnahme von gerichts- und/oder nur auf Antrag? zugelassen wird?

                 Die Justizministerin sprach m.E. von einem W-verfahren von gerichtswegen

Eine Wiederaufnahme muss von Staatsanwaltschaft oder vom Betroffenen/Verteidigung beantragt werden. Sie kann nicht vom Gericht selbst initiiert werden. Die Justizministerin hat die Staatsanwaltschaft angewiesen, eine WA zu beantragen. Derzeit ist die Staatsanwaltschaft in Regensburg mit der Vorbereitung dieses Antrags befasst.

 

Frage   5:  Wenn auch  für Herrn Mollath seine Rehabilitierung (im Rahmen eines Wieder-

                  nahmeverfahrens) im Vordergrund steht, ist m.E. die schnellstmögliche Entlassung

                  für Herrn Mollat existenziell und emotional wichtiger und vorzuziehen.

Das ist auch meine Einschätzung.

 

Frage   6:  Ist es richtig, daß über eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde ohnehin

                  die Wiederaufnahme erfolgt , m.E. sogar mit einer sehr viel stärkeren Ausgangs-

                   position !

Das Bundesverfassungsgericht wird keine Entscheidung über ein Wiederaufnahmeverfahren treffen, solange die Justiz selbst noch damit befasst ist (die Verfassungsgerichtsbarkeit wird nur nach Erschöpfung des Rechtswegs tätig). Allenfalls könnte das BVerfG einstweilig die Freilassung Herrn Mollaths anordnen. Auch dies setzt aber einen (zulässigen) solchen Antrag voraus. Da das OLG Bamberg derzeit noch die Freilassung im laufenden Verfahren anordnen kann, wäre ein entspr. Antrag an das BVerfG wohl (momentan) unzulässig. Das BVerfG wird auch nicht von sich aus tätig.

 

Frage   7:   Welche Vor- und Nachteile hätte die Freisetzung der Unterbringung im Rahmen

                   des Beschwerdeverfahrens  und dem Ausgang der Verfassungsbeschwerde

                   im Vergleich zum Wiederaufnahmeverfahren in Regensburg u. der Verf.be-

                   schwerde ? Das Wiederaufnahmeverfahren mit der Einholung eines neuen

                   Gutachten, Beweisaufnahmen kann doch 1 - 2 Jahre dauern , die Freisetzung

                   der Unterbringung jederzeit Nach § 67 e StgB erfolgen?

Die WA wird erst im letzten Schritt zur Freilassung führen, man kann nicht vorhersagen, wie lange das dauert, der Fall ist ja einmalig. Nach § 67 d, e StGB kann die Freilassung schon früher erfolgen. Beides ist rechtlich unabhängig voneinander.

 

 

Noch zwei Ergänzungen zu den Antworten von Prof. Müller:

* Auch schon während des Wiederaufnahmeverfahrens kommt eine Unterbrechung der Vollstreckung der Unterbringung in Betracht (§ 360 Abs. 2 StPO). Der Fall Harry Wörz, bei dem § 360 Abs. 2 StPO angewandt wurde, zeigt, daß hierfür keine überragende Gewißheit über den positiven Ausgang des späteren Verfahrens erforderlich ist (http://dejure.org/2001,21972). Immerhin ist bei Wörz der erste Freispruch nach dem Wiederaufnahmeverfahren vom BGH aufgehoben worden (http://dejure.org/2006,1565).

* Im Rahmen der Vollstreckung kommen Vollzugslockerung bis hin zu Urlaub in Betracht. In Bayern ist dies offenbar noch auf der Ebene von Verwaltungsrichtlinien geregelt. In NRW etwa findet sich die entsprechende Rechtsgrundlage in § 18 MRVG (https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=2&ugl_nr=2128&b...)

5

@St. Ivo

Hervorragend! Endlich mal eine qualifizierte Äußerung von der "Das Urteil ist rechtskräftig, und das ist auch gut so"-Fraktion, die über Sticheln aus der Schmollecke hinausgeht.

Der Absatz, den Sie ansprechen, lautet:

Auch in der Hauptverhandhmg hat sich - wie bereits in den von den Zeugen geschilderten Vorfällen - die wahnhafte Gedankenwelt des Angeklagten vor allem in Bezug auf den Sc[unlesbar] Hypovereinsbank bestätigt. Mag sein, dass es Schwarzgeldverschiebungen von verschiedenen Banken in die Schweiz gegeben hat bzw. noch gibt, wahnhaft ist, dass der Angeklagte fast alle Personen, die mit ihm zu tun haben, z.B. den Gutachter Dr. Wörthmüller völlig undifferenziert mit diesem Skandal in Verbindung bringt und alle erdenklichen Beschuldigungen gegen diese Personen äußert.

Ihre Fragen an Prof. Müller zur Grenzziehung zwischen der Rechtssicherheit und dem Gebot der materiellen Gerechtigkeit sind vollkommen berechtigt. Aber gehen Sie mit gutem Beispiel voran und beantworten Sie die Kernfrage erst einmal selbst: Nehmen wir an, wir haben ein Urteil (sei es abstrakt oder hier tatsächlich), das von falschen tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen ist, aber in einer Nebenüberlegung noch pauschal sagt, auch wenn es (irgendwie) anders wäre (von "völlig undifferenziert" kann hier ja keine Rede sein), würde sich nichts ändern. Wenn nun ein solches Urteil, wie es üblich ist, in der Revision unbeanstandet bleibt und somit rechtskräftig wird, dann muß Ihrer Meinung das Recht aus Gründen der abstrakten Rechtssicherheit dies akzeptieren? Fiat iniustia et pereat mundus? Ich glaube nicht.

Von dieser theoretischen Frage abgesehen betrifft Ihr Einwand nur die Feststellungen zur Schuldfähigkeit, nicht die Feststellungen zur Täterschaft. Auch hierfür kann der HVB-Prüfbericht eine neue Tatsache i.S.v. § 359 Nr. 5 StPO sein.

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O. Garcia schrieb:
Ihre Fragen an Prof. Müller zur Grenzziehung zwischen der Rechtssicherheit und dem Gebot der materiellen Gerechtigkeit sind vollkommen berechtigt.
Es wäre schön, wenn dieses Problembewusstsein schon Ihrem eigenen Blogbeitrag anzusehen wäre. Leider ist dies überhaupt nicht der Fall.

O. Garcia schrieb:
Aber gehen Sie mit gutem Beispiel voran und beantworten Sie die Kernfrage erst einmal selbst.
Ich persönlich würde den "Schieberegler" deutlich in Richtung materielle Gerechtigkeit verschieben. Aber ich finde auch, dass die Beantwortung dieser Grundsatzfrage zuallererst Sache des Gesetzgebers ist. Sie nicht?

Abgesehen davon: Ich erwarte von den gelernten Germanisten etc., die sich bei der SZ oder im SPIEGEL derzeit mit solchen Fragen befassen, kein Verständnis für derartige juristische Grundfragen. Ein Strafrechtsprofessor, der sich hier ohne Rücksicht auf Verluste mit juristischen Schnellschüssen und unhaltbaren Forderungen profiliert, enttäuscht mich aber doch.

O. Garcia schrieb:
Von dieser theoretischen Frage abgesehen betrifft Ihr Einwand nur die Feststellungen zur Schuldfähigkeit, nicht die Feststellungen zur Täterschaft. Auch hierfür kann der HVB-Prüfbericht eine neue Tatsache i.S.v. § 359 Nr. 5 StPO sein.
Vielleicht lesen Sie auch hierzu nochmal Ihren eigenen Blogbeitrag. Sie verwenden darin einige Mühe und viele Worte auf den Versuch des Nachweises, dass dem Gericht die Tatsachen, die zu einer kritischen Würdigung der Aussagen der Ehefrau hätten Anlass geben müssen, bereits damals bekannt waren. Ich persönlich meine, dass Sie damit leider recht haben. Leider hat dies dann aber wieder Rückwirkungen auf die Wiederaufnahme, die Sie offenbar nicht sehen wollen.

3

 

St. Ivo schrieb:

O. Garcia schrieb:
Ihre Fragen an Prof. Müller zur Grenzziehung zwischen der Rechtssicherheit und dem Gebot der materiellen Gerechtigkeit sind vollkommen berechtigt.
Es wäre schön, wenn dieses Problembewusstsein schon Ihrem eigenen Blogbeitrag anzusehen wäre. Leider ist dies überhaupt nicht der Fall.

Ich habe mir nicht vorgenommen, mit dem Beitrag eine tiefschürfende Arbeit zu dem Thema abzuliefern. Ich habe mir allerdings eingebildet, daß der erste Absatz anzeigt, daß es genau darum geht.

 

St. Ivo schrieb:

O. Garcia schrieb:
Aber gehen Sie mit gutem Beispiel voran und beantworten Sie die Kernfrage erst einmal selbst.

Ich persönlich würde den "Schieberegler" deutlich in Richtung materielle Gerechtigkeit verschieben. Aber ich finde auch, dass die Beantwortung dieser Grundsatzfrage zuallererst Sache des Gesetzgebers ist. Sie nicht?

 

Ich sehe es hier nicht so, daß es ein strenges, herzloses Gesetz gäbe, dem sich der eigentlich gutmeinende Richter notgedrungen beugen muß. Die Rechtsnorm, von der wir sprechen lautet:

 

Quote:
 

Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig, [...] wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind.

 

 

Inwieweit damit die Gratwanderung zwischen Einzelfallgerechtigkeit und Rechtskraft vom Richter bewältigt wird, ist vom Gesetz nicht vorgegeben. Ich sehe es so: Ebenso wie es etwa bei der Beweiswürdigung einen Kernbereich gibt, der keiner weiteren subsumtionsmäßigen Zergliederung mehr zugänglich ist, so ist dem Richter im Wiederaufnahmeverfahren die Aufgabe anvertraut, eine pragmatisch-lebensnahe Würdigung vorzunehmen, wann die Grundlagen eines Urteils nicht halten. Sie haben recht, daß es nicht akzeptabel wäre, daß bei jedem neuen Erkenntnis-Kieselstein ein Urteil aufgehoben werden könnte. Die grundlegenden - und richtigen - Überlegungen über den Wert der Rechtskraft sollen aber nicht verhindern dürfen, daß bei eine Entscheidung, die "greifbar" falsch ist (zugegebenermaßen ein Begriff aus einer anderen Ecke), schematisch gehalten wird. 

 

Kurz: Die Norm gibt bereits jetzt für den Schieberegler ein ausreichendes Bewegungsfeld her.

 

 

St. Ivo schrieb:

O. Garcia schrieb:
Von dieser theoretischen Frage abgesehen betrifft Ihr Einwand nur die Feststellungen zur Schuldfähigkeit, nicht die Feststellungen zur Täterschaft. Auch hierfür kann der HVB-Prüfbericht eine neue Tatsache i.S.v. § 359 Nr. 5 StPO sein.

Vielleicht lesen Sie auch hierzu nochmal Ihren eigenen Blogbeitrag. Sie verwenden darin einige Mühe und viele Worte auf den Versuch des Nachweises, dass dem Gericht die Tatsachen, die zu einer kritischen Würdigung der Aussagen der Ehefrau hätten Anlass geben müssen, bereits damals bekannt waren. Ich persönlich meine, dass Sie damit leider recht haben. Leider hat dies dann aber wieder Rückwirkungen auf die Wiederaufnahme, die Sie offenbar nicht sehen wollen.

 

Ich nehme an, Sie meinen folgende Aussage meines Beitrags:

Quote:
 

Die neuen Erkenntnisse setzen das Urteil nur einer Beleuchtung aus, in der die Fehler, die ihm von vornherein anhafteten, schärfer konturiert hervortreten. Unter dem UV-Licht der neuen Erkenntnisse werden die handwerklichen Fehler der Verfahrensführung und des Urteils offengelegt und klarer erkennbar.

 

Ich glaube, der Umstand, daß das Gericht eine kritische Prüfung unterlassen hat, ist für jedermann so offensichtlich, daß ich keine großen Worte darauf verwenden müßte. Es ging mir tatsächlich um die psychologische Betrachtung, warum sich der Richter auch nachträglich so verbarrikadiert (anders als Sie hält er das Urteil ja auch in der Rückschau nicht für falsch).

 

Die von Ihnen angesprochenen Rück- und Wechselwirkungen sind nicht von der Hand zu weisen. Aber es gibt keine strikte Alternativität, kein Umklappen, wie Sie es andeuten. Wenn ein Irrtum im Urteil enthalten ist, daß als "unerkannt rechtsfehlerhaft" durch die Revision geschlüpft ist (oder auch gar nicht nachgeprüft wurde, weil keine Revision eingelegt wurde!), dann steht dem m.E. nicht entgegen, daß durch neue Beweismittel, die den Irrtum noch evidenter machen, das Urteil angegriffen werden kann. Ohne auf diesem Gebiet bewandert zu sein, wage ich die Annahme, daß dies im Wiederaufnahmerecht gängige Münze ist.

 

Und daß die Prüfvorgänge innerhalb der HVB und ihre Ergebnisse dem Gericht nicht bekannt waren (das sind ja die "neue Tatsachen oder Beweismittel" im Sinne des Gesetzes), bestreiten auch Sie nicht.

 

Wenn Sie "leider" sagen, hat das übrigens einen leicht genüßlichen Klang. 

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St. Ivo schrieb:

....

Abgesehen davon: Ich erwarte von den gelernten Germanisten etc., die sich bei der SZ oder im SPIEGEL derzeit mit solchen Fragen befassen, kein Verständnis für derartige juristische Grundfragen. ....

 

Juristen mögen derartige juristische Grundfragen in juristischen Seminaren hin und her wenden. Da hört man mindestens 3 Meinungen, wenn sich 2 Juristen darüber austauschen.

 

Andere, nicht gerade intellektuell Minderbemittelte, machen sich Gedanken, ob die angewandte Jurisprudenz, die Justiz, bei Juristen überhaupt richtig aufgehoben ist, und das zu Recht. 

Man muss nicht Jurist sein, um Gesetze korrekt anzuwenden .... 

 

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Dr. Matschke schrieb:

St. Ivo schrieb:

....

Abgesehen davon: Ich erwarte von den gelernten Germanisten etc., die sich bei der SZ oder im SPIEGEL derzeit mit solchen Fragen befassen, kein Verständnis für derartige juristische Grundfragen. ....

 

Juristen mögen derartige juristische Grundfragen in juristischen Seminaren hin und her wenden. Da hört man mindestens 3 Meinungen, wenn sich 2 Juristen darüber austauschen.

 

Andere, nicht gerade intellektuell Minderbemittelte, machen sich Gedanken, ob die angewandte Jurisprudenz, die Justiz, bei Juristen überhaupt richtig aufgehoben ist, und das zu Recht. 

Man muss nicht Jurist sein, um Gesetze korrekt anzuwenden .... 

 

 

Jurist zu sein, könnte dabei sogar hinderlich sein. 

Die Juristen wären schon mehr als ausgelastet, wenn sie die von ihnen ausgearbeiteten Gesetze und Verordnungen für die Rechtsobjekte verständlich und in sich konsistent formulieren würden. Das heißt selbstverständlich nicht, daß wir nicht auch Juristen brauchen. 

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Sehr geehrte/r Herr/Frau St. Ivo,

zu Ihren Fragen:

1)  Derzeit ist die StA Regensburg damit befasst, auf Anweisung der Justizministerin einen Wiederaufnahmeantrag vorzubereiten. Ich will nicht dafür plädieren,  irgendwelche "fünfe gerade sein zu lassen". Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass der HVB-Prüfbericht als eine neue Tatsache in Betracht kommt, anders als andere (merkwürdige und gesetzwidrige) Umstände, die im Urteil erkennbar sind. Ob diese neue Tatsache tatsächlich die Voraussetzungen des § 359 Nr.5 StPO erfüllt, hat selbstverständlich das zuständige Gericht zu prüfen, wie ich dargelegt habe. Wenn es darum geht, ob eine neue Tatsache möglicherweise ein neues Beweisergebnis herbeiführt, kommt es aber auf die objektive Sicht an, das Gericht ist nicht an die Meinung des (hier möglicherweise befangenen) ursprünglichen  Gerichts gebunden. Es würde Sinn und Zweck der Wiederaufnahme widersprechen, wenn es dem Tatgericht möglich wäre, künftige Wiederaufnahmegründe dadurch vorab unbegründet zu machen, indem im Urteil schon antizipiert wird, welche von ihm nicht geprüften Tatsachen das Urteil nicht berühren. Also: Das Gericht, das über die Wiederaufnahme entscheidet, muss selbst beurteilen, ob die neue Tatsache objektiv "geeignet ist" eine wesentlich andere Entscheidung zur Folge zu haben.

2) Nein. Vorzugsweise sollte der BGH landgerichtliche Urteile so prüfen, dass so ein Urteil nicht mehr rechtskräftig werden kann. Und natürlich plädiere ich dafür, dass die Justiz Urteile fällt, die sich auch bei nachträglicher Prüfung als verfahrensgerecht und sachgerecht erweisen. Und da keine Behörde (auch kein Professor) fehlerfrei arbeitet, ist auch bei der Justiz die Fähigkeit zur Selbstkritik entscheidend dafür, ob sie in der Bevölkerung Vertrauen behält. Ich bin froh darüber, dass die Poplitik das inzwischen erkannt hat. Ich plädiere auch deshalb dafür, damit die mit dieser Sache befassten Juristen und Psychiater  kein schlechtes Gewissen haben müssen, dass sie einen Menschen mit so einem Urteil und etlichen weiteren Entscheidungen auf unbestimmte Zeit und mittlerweile sieben Jahre in die geschlossene Unterbringung gebracht haben (ursprüngliche Straferwartung: ein Jahr mit Bewährung).

Es ist im Übrigen eine Aufgabe der Rechtswissenschaft, juristische Entscheidungen kritisch zu kommentieren.

3) Die Idee mit der WA stammt  maßgeblich nicht von mir sondern von der Justizministerin, ich maße mir nicht an, mich dort an "die Spitze" gesetzt zu haben. Vielmehr habe ich in meinen Stellungnahmen (für die ich hier von Blog-Kommentaren auch Kritik einstecken musste) vor allem auf die §§ 62, 67 d, 67 e StGB abgestellt, wie Sie leicht nachlesen können.

Das Gesetz gibt die Möglichkeit, in Fällen des Widerspruchs zwischen materieller Gerechtigkeit und Rechtskraft unter bestimmten Voraussetzungen ersterer den Vorrang einzuräumen. Und dies ist auch verfassungsrechtlich geboten. Das sieht das BVerfG genauso. Ich bin sicher, dass das Gesetz und die bayerische Justiz insgesamt besser ist als Sie offenbar annehmen.  Ich weiß , dass es schwierig ist, die gesetzlichen Voraussetzungen der WA zu erfüllen und genau das habe ich hier mehrfach geschrieben. Was Sie mir in Ihren Fragen unterstellen, ist daher ziemlich abwegig.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Tatsache ist, dass die hochgehaltene Rechtssicherheit hier mittlerweile erheblich den Rechtsfrieden und den öffentlichen Frieden stört.

Formaljuristisches Geeiere, wie 'qualifiziert' auch immer, steigert nur die Entfremdung zwischen Bürgern und dieser (!) Justiz.

Außerdem kann es bei Anwendungen des Paragraph 63 StGB nie eine endgültige 'Rechtssicherheit' geben, da das Bestehen oder der Wegfall der Voraussetzungen der Unterbringung einer permanenten gesetzlichen Prüfung unterliegen. Und einer permanenten Verhältnismäßigkeitsüberprüfung.

Wie das in der Praxis stattfindet, zeigt sich hier!

Was hier außerdem mittlerweile im Raum steht ist eine strukturell bedingte bayerische Methode der Freiheitsberaubung im Amt gegen Unschuldige mittels Paragraph 63 StGB - so etwas mit dem Argument Rechtssicherheit legitimieren zu wollen, gilt in gewissen Kreisen sicher als " brillant" - führt außerhalb dieser Kreise jedoch zu Verlust von Vertrauen und Respekt und im Ergebnis zur Wahrnehmung der Justiz und Polizei als Feindbild, das es zu bekämpfen gilt. Die Anfänge hierfür sind längst gemacht, wie jeder ahnt, der auch nur Zeitung liest.

Steuerhinterziehung lässt sich auch nicht dadurch legitimieren, dass man die falschen Angaben auf dem richtigen Formular gemacht hat.

Das ist im Vergleich genau das, was die bayerische Justiz hier versucht....beim schwersten Grundrechtseingriff, den es in der Bundesrepublik gibt! Ein Hoch auf die Juristen des bayerischen Staatsministeriums und ihrer "Aussenstellen"....

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@ Henning Ernst Müller: Ich nehme dankbar zur Kenntnis, dass Sie Ihre von mir zitierte Aussage nunmehr relativieren. Ich nehme aber an, Ihnen ist selbst klar, dass Ihre Gewissheit, § 359 Nr. 5 StPO werde sich schon so interpretieren lassen, dass am Ende das passende Ergebnis herauskommt, genau die Nonchalance im Umgang mit dem Gesetz widerspiegelt, die ich in Gestalt meiner Fragen vermutet habe.

Ein wenig ungläubig nehme ich zur Kenntnis, dass Sie sich zu Ihrer Entschuldigung auf die jüngste Volte der bayerischen Staatsregierung berufen. Bei aller Lebensfremdheit, die man den Professoren, nicht nur denen aus Heidelberg, gemeinhin zuspricht, sollte Ihnen doch nicht entgangen sein, dass es diesen Leuten vorher wie nachher keine Sekunde um die richtige Behandlung der juristischen Grundfragen ging und geht, die der Fall aufwirft, sondern allein darum, ihre eigene politische Haut zu retten.

Aber das Ergebnis, das glaube ich schon auch, wird Ihnen gefallen: Hat das Gericht im Urteil von 2006 nicht so genau hingeschaut, schaut man jetzt bei der Wiederaufnahme halt auch nicht so genau hin, das kennen die Leute vom Fußball (Konzessionselfmeter) und am Ende sind alle halbwegs zufrieden.

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Sehr geehrte/r Herr/Frau St. Ivo,

Sie schreiben:

Ich nehme dankbar zur Kenntnis, dass Sie Ihre von mir zitierte Aussage nunmehr relativieren. Ich nehme aber an, Ihnen ist selbst klar, dass Ihre Gewissheit, § 359 Nr. 5 StPO werde sich schon so interpretieren lassen, dass am Ende das passende Ergebnis herauskommt, genau die Nonchalance im Umgang mit dem Gesetz widerspiegelt, die ich in Gestalt meiner Fragen vermutet habe.

Ich brauche gar nichts zu relativieren, da ich in der Frage der WA von Anfang an Skepsis geäußert habe, ob die strengen Anforderungen des WA-Verfahrens zu erfüllen sind. Bitte oben und auf LTO nachlesen, bevor Sie mir "Nonchalance" unterstellen.

Ein wenig ungläubig nehme ich zur Kenntnis, dass Sie sich zu Ihrer Entschuldigung auf die jüngste Volte der bayerischen Staatsregierung berufen.

Ich brauche ich mich nicht für Äußerungen "entschuldigen", die mir (von Seiten des Richtervereins oder auch von Ihrer Seite) unterstellt werden. Dass  Politiker ihre Haut retten wollen, ändert nichts daran, dass durch den öffentlichen Druck und über den Hebel der Politik jetzt etwas Außergewöhnliches geschieht, das man auch als Rechtswissenschaftler kommentieren darf.  Dass die Politik kein Ergebnis einer Wiederaufnahme vorgeben kann und darf, habe ich zudem verschiedentlich betont.

Hat das Gericht im Urteil von 2006 nicht so genau hingeschaut, schaut man jetzt bei der Wiederaufnahme halt auch nicht so genau hin, das kennen die Leute vom Fußball (Konzessionselfmeter)

Woher wissen Sie, dass man jetzt bei der Wiederaufnahme "nicht so genau hinschaut"? Quelle? Ich gehe nach wie vor vom Gegenteil aus.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Allein die (selbstverständliche) Einigkeit die darüber besteht, dass man bei dem Urteil "nicht so genau hingeschaut" hat, sollte zu denken geben!

Wie ist es überhaupt möglich bei dieser außerordentlich beschwerenden Maßnahme des unbefristeten Eingriffs in die Freiheitsrechte "nicht so genau hinzuschauen"?

Der baden-württembergische Justizminister Traugott Bender ist zwei Tage nach den Vorfällen in Stammheim zurückgetreten - aus politischer Verantwortung! Das nur am Rande.

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 Ich verfolge jetzt den Blog und die Einlassungen von Prof. Henning Ernst Müller seit einiger Zeit.

Nachdem ich nun Kritik gelesen habe, die von verschiedenen Seiten an Prof. Müller geäußert wurden, möchte ich ein paar Worte als Leser sagen.

Eine Wissenschaft, die sich nicht einmischt, die nur auf Tagungen und irgendwo in den oberen Sphären der wissenschaftlichen Elfenbeintürmen den Mund aufmacht, ist für mich eine schwache Wissenschaft.
Wissenschaft, egal von welcher Wissenschaft wir reden, wird von Menschen gemacht und sie sollte für Menschen gemacht sein.

Eine Wissenschaft, die im Stile von l’art pour l’art fungiert, braucht die Menschheit nicht.

Ich finde es sehr erfrischend und lobenswert, dass hier Fachleute, Wissenschaftler, wie Herr Prof. Müller, bereit sind, sich mit ihrem Wissen, also mit und durch das, was sie sich über viele Jahre angeeignet haben, an der Diskussion zu beteiligen.

Die Einlassungen sind sachlich, sie versuchen mit sehr viel Fachwissen und Fachkenntnis zur Erhellung der Diskussion beizutragen.

Gerade, weil die hier vorgebrachten Argumente zum großen Teil bemerkenswert und gewichtig sind, reagieren wohl einige Außenstehende so gereizt.

Aber die Nervosität, die hier einige Gruppen und Individuen durchblicken lassen gefällt mir, schließlich darf man sie gerne als Indikator dafür betrachten, dass die Kritik, wie sie hier fundiert geäußert wird, nicht ohne Wirkung ist.  

Bitte weiter so!

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Oliver Garcia vom delegibus-Blog hat ein Interview mit Herrn Westenrieder geführt. Westenrieder war in der Hauptverhandlung gegen Mollath einer der beisitzenden Richter. Das Interview ist sehr lesenswert wegen Details der Hauptverhandlung, die bisher nicht so breit bekannt waren.

#2 Klaus

So eine offene sachliche Diskussion wie hier im Beck Blog geführt wird, braucht die Zunft der Juristen in noch mehr Fällen.

 

 

 

 

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Herzlichen Dank für die Beantwortung meiner 7 Fragen.

Jetzt kommt die nächste Frage und m.E. ein Komplex, der auch von den zahlreichen

Unterstützern bislang nicht bewußt wahrgenommen wurde und nach meinem Dafür-

halten zu der unverzüglichen Entlassung von Herrn Mollath führen könnte, müßte :

Nicht nur  die Befangenheit des Richters Brixner , der wegen seines Anrufs bei der Steuerfahndungsbehörde die Anzeige des Herrn Mollath  mit der infamen Unwahrheit  verhindert hat, daß der Anzeige wegen Steuerhinterziehung wegen Geisteskrankheit  des Herrn Mollath eingestellt werden kann, bevor er überhaupt als Richter eingesetzt war und bevor das entscheidende Gutachten des Dr. Leipzigers vorlag, sondern auch die

                B e f a n g e n h e i t , fehlende Neutralität, unprofessionelles

                Verhalten, Verletzung seiner ärztlichen Pflichten und seiner

                 Amtspflichten als vermutlich verbeamteter Chefarzt

kann Herrn Dr. Leipziger nachgewiesen werden.

Begründung : 

Herr Dr. Leipziger ist als Gutachter, als Vorgesetzter des ihm unterstellten Zwischengut-

achters g l e i c h z e i t i g  in der Doppelfunktion als behandelnder Chefarzt und gesamt-

verantwortlich für die Forensik . Das Justizopfer befindet sich im MACHT- UND Einflussbereich des Täters. Diese unhaltbare nicht neutrale Doppelfunktion führt unweigerlich zu einer unüberbrückbaren Aufgaben- und Interessenskollision.

Diese nicht neutrale unzumutbare Unterbringungssituation hat nachweisbar zu einer

sehr negativ-besetzten Interaktion, einer destruktiven Gruppendynamik geführt.

Dr. Leipziger erwartet  in seiner Eigenschaft als behandelnder Arzt aufgrund seiner Falschdiagnose Krankheitseinsicht, Behandlungsbereitschaft und vertrauensvolle Kooperation.

Wie kann Herr Mollath als Opfer Vertrauen zu dem Täter haben, der das Falschgutachten

seit s i e b e n  Jahren aufrechterhält. Eine fast  fast perverse sado-masochistische Opfer und Täterkonstellation !!! Herr Mollath wird in einer krankmachende "double-bind" Situation

psychologische Zwickmühle eingesperrt. Nach Konflikten seit ca. 2001, und einer

Zwangspsychiatrisierung  seit 2006 muß er um zu überleben sich in nahezu unmenschlicher Art und Weise diszipliniert verhalten, seine  verständlich angestauten Gefühle  kann und darf

Herr Mollath nicht äußern, um nicht den Vorwand für krankhafte Befunde zu liefern.

Diese Situation ist kaum auszuhalten. Wenn man noch nicht paranoid ist, dann kann

man es werden. Die Forensik hat die gesetzliche Aufgabe der Heilung, Therapie

wiedereingliederung. Hier passiert das Gegenteil . Herr Dr. Leipziger, der vorkurzem

eine Forensik-Tagung abgehalten hat, weiß das eine siebenjährige "double-bind-

Situation krankmachend ist. Die Schizophrenie Forschung geht teilweise davon aus

das dies einer der Ursachen der Schizophrenieerkrankung ist.

Dr. Leipziger hat unprofessionell und in unverantwortlicher Weise diese  destruktive

Verwahrungskonstellation angenommen und e x e k u t i e r t  sie auch mit allen

Konsequenzen und nimmt unbewußt und bewußt in Kauf, das Herr Mollath psychisch

kaputt geht ! Er  hat zweifelsohne ein starkes Interesse daran, daß seine Fehldiagnose

aufrechterhalten wird, lastet Mollath weiterhin Symtome , fehlende Koopertionan, die er selbst

selbst zu verantworten hat und die er oder sein Oberarzt jährlich  subjektiv und

nicht nicht neutral dem Gericht berichtet. Ein Kommentar  meinte "Ein Skandal

im Skandal".

Es ist die gesellschaftliche Forderung einzufordern, daß ein Gutachter nicht gleich-

zeitig Behandler sein darf. An sich selbstverständlich. Aber vieles läuft unbewußt oder

in diesem Fall sogar bewußt ab.

Alle Gutachten  vom BKH Bayreuth sind wegen fehlender Objektivitat und schwerwiegender professioneller Mängel  und der Befangenheit von Dr. Leipziger anzufechten und die

unverzügliche Entlassung von Herrn Mollath zu fordern.

Ich bitte das viele Kommentatoren dazu wichtige Beitrage leisten ,  insbes.Psychologen, Therapeuten und humane Psychiater, die es ja auch gibt.

Welcher Experte ist bereit diese destruktive Psychodynamik professionell, wissen-

schaftlich zu dokumentieren. Erbitte Namen !

Es  werden einprägsame Namen für den Fall Mollath gesucht. Vielleicht money-gate, Justice-Gate, forensischer Psycho-Gulag .

oder und Psycho-gate.

Frage an Herrn Prof. Müller : Besteht Aussicht dass diese fehlende Neutralität u.sw.

dazu führt, dass die Gutachten aktuell später im Wiederaufnahmeverfahren nicht mehr

Grundlage für die Unterbringung sein können. Gibt es so etwas wie Befangenheit

eines Gutachters und eines vermutlich verbeamteten  behandelnden Chefarztes in der

Forensik ?

Danke im voraus an Alle !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

 

 

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@Prof. Müller
Leider ist der Titel "Rekonstruktion der Hauptverhandlung" etwas großspurig bzw. sollte eher "Versuch einer Rekonstruktion" lauten.

Bemerkenswert ist, woran sich der Schöffe erinnert bzw. was er notiert hat: die  brennend interessanten Punkte "Begin und Ende der Hauptverhandlung" exakt , weil notiert, aber leider nichts dazu, wie denn die Hauptbelastungszeugin (Ex-Frau) ausgesagt hat.

Was Mollath zu dem Hauptvorwurf der gefährlichen Körperverletzung ausgesagt hat: keine Ahnung. Letztes Wort: keine Ahnung. Aber dass der Vorsitzende das Datum des Attestes nicht verlesen haben soll, weiß er noch ganz genau. Wer's glaubt, dass sich jemand nach 6 Jahren daran erinnert, was aus einem Attest gerade nicht verlesen wurde.....

Der Schöffe hat sich offenbar mit den aktuellen Berichten auseinandergesetzt, weil er immer wieder darauf Bezug nimmt (z.B. bei der Antwort zu den Anträgen des Verteidigers).

Ich möchte ihm, weil er in einzelnen Punkten durchaus offen Erinnerungslücken zugibt, auch nicht grundsätzlich die Glaubwürdigkeit absprechen, man kann aber den Eindruck gewinnen, dass er teilweise sehr selektiv im Hinblick auf seine neu gewonnene Erkenntnis, an einem etwaigen Fehlurteil mitgewirkt zu haben, erinnert. Das nennt man dann hindsight bias.

 

Leider enthält das vorgeblich um Aufklärung bemühte Interview auch ein paar offensichtlich ergebnisorientierte Suggestivfragen, etwa nach der Antwort des Schöffen auf die Frage, ob Brixner laut geworden sei, aber die Frage geht dann in die Hose, weil die erhoffte (?) Antwort ausbleibt:

"Da wurden ihm einzelne Fragen verboten? Die dürften aber auch mit dem Schwarzgeld zu tun gehabt haben?"

 

Und die  sinnfreie Frage (bzw. eigentlich  keine Frage, weil es eine nur abzunickende Antwort ist): "Das wäre aber wohl so ungewöhnlich, daß Ihnen so etwas in Erinnerung geblieben wäre."

 

4

GlaubHAFTIGKEIT - nicht GlaubWÜRDIGKEIT

Es ist sehr wichtig, dass man den grundlegenden Unterschied zwischen Glaubwürdigkeit (Persönlichkeit des Probanden) und Glaubhaftigkeit (Merkmal der Aussagen) streng unterscheidet. AussagepsychologInnen erforschen nicht die GlaubWÜRDIGKEIT einer Persönlichkeit - das ist ein wissenschaftlich alter Hut - sondern die GlaubHAFTIGKEIT von Aussagen. Und das, spätestens seit dem BGH-Urteil 1999, hypothesenorientiert.

Dies trägt der Lebenserfahrung und dem Wissen Rechnung, dass RichterInnen, StaatsanwältInnen, PsychiaterInnen, PsychologInnen, ÄrztInnen, Rechtsanwälte, ... kurz alles was einen gewissen Rang und Status hat, genauso lügen können wie alle anderen Menschen und dass Kriminelle, Verwahrloste, Minderbemittelte, Proleten, Huren ...  im Einzelfall die Wahrheit sagen können. 

Jede forensische PsychologIn weiß das, in Rechtskreisen, insbesondere bei der Richterschaft scheint hier aber ein gewisser Nachholbedarf zu bestehen. Die Gerichte, selbst eine Inszenierung, fallen viel zu oft auf Theater herein. Damit liegen sie allerdings im Trend. Nicht die Wahrheit zählt, sondern der Schein.

Das machte übrigens die hervorragende Sendung gestern Abend im MDR, Fakt Ist, auch klar:

 „Rechtsexperten gehen davon aus, dass bis zu 25 Prozent aller Urteile falsch sind. Allein im vergangenen Jahr wurden in Deutschland Haftentschädigungen für Fehlurteile in Strafverfahren von mehr als 1,2 Millionen Euro bezahlt: Für mehr als 47.000 Tage, die Unschuldige in Haft saßen. Oftmals haben die Betroffenen einen jahrelangen Kampf hinter sich, um ihre Unschuld endlich zu beweisen. Aber auch in Streitigkeiten mit Gerichtsvollziehern, Versicherungen oder Banken ergehen häufig falsche Urteile, weil geltende gesetzliche Bestimmungen einfach außer Acht gelassen werden. Daneben entsteht oftmals der Eindruck, dass prominente Rechtsfälle bei umfangreicher medialer Begleitung auch die Entscheidung des Gerichts beeinflussen können. Ist das wirklich so? Warum kommt es immer wieder zu Fehlurteilen? Wie kann man sich dagegen wehren? Fehlt eine Kontrollaufsicht für Richter?

Diese und weitere Fragen diskutiert Moderatorin Ines Krüger mit ihren Gästen:

* Dr. Andreas Geipel, Rechtsanwalt aus München
* Prof. Dr. Martin Schwab, Dekan Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin
* Gisela Friedrichsen, Journalistin und Gerichtsreporterin
* Horst Trieflinger, Vorsitzender des Vereins gegen Rechtsmissbrauch e.V.“

http://www.mdr.de/tv/programm/sendung199610.html

Rudolf Sponsel, Erlangen

Information zur Aussagepsychologie:

http://www.sgipt.org/forpsy/aussage0.htm

 

@klabauter

Ich persönlich finde es schade, dass niemand außerhalb der Justiz an das Wortprotokoll ran kommt, wie es von den Nürnberger Prozessen veröffentlicht wurde.

Ich nehme an, das würde ein viel besseres Licht auf die Sache werfen. Momentan stehen sie jedenfalls so ziemlich alleine da mit Ihren Versuchen, das Tun der Justiz zu verteidigen.

Noch ist ja gar nicht entschieden, wie es weiter geht, aber sie sind felesenfest davon überzeugt, dass die Justiz keine Fehler macht, oder geben es zumindest vor.

Was machen sie denn, wenn Bayreuth die Unterbringung aufhebt, das LG Regensburg eine Wiederaufnahme zuläßt und das Bundesverfasssungsgericht Verstöße gegen das Grundgesetz feststellt? Sind das dann alles Justizirrtümer, während der Prozess und die Gutachten die gegen Herrn Mollath sprachen für sie immer noch in Ordnung gehen?

 

Robert Stegmann

 

 

 

 

 

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@Tari

hindsight bias sind Rückschaufehler.

Das andere ist wahrlich nicht neu. Wir warten alle gespannt auf Bayreuth, Regensburg und/oder Karlsruhe.

 

Robert Stegmann

5

@Robert Stegmann:

Wichtig: Trolle nicht füttern! :)

Wortprotokolle gibt es leider nicht bei den Großen Strafkammern.

Recht haben Sie mit der Frage, was denn die Justizkritiker-Kritiker machen werden, wenn die Justiz feststellt, daß Fehler gemacht wurden. Da gibt es natürlich ein gewisses Loyalitätsproblem. Aber wir haben schon eine erste Kostprobe bekommen, wie versucht wird, dieses Dilemma aufzulösen: Der Bayerische Richterverein hat sich zweimal geäußert: Einmal, daß es eine Unverschämtheit sei, der Justiz Vorwürfe zu machen. Dann, als die Wiederaufnahme angeordnet wurde, daß es eine Unverschämtheit sei, der Justiz Vorwürfe zu machen, denn man sehe doch, daß sie von sich aus den Fall bereinigen kann.

4

@Stephany.

Ihr Anmerkung zu der Doppelrolle von Dr. Leipziger als Gutachter und Chefarzt, der für Mollath auch innerhalb der Klinik verantwortlich ist, finde ich sehr wichtig.

Leider wurde bisher dieser Sachverhalt kaum von den Medien, aber auch von den Juristen, beruecksichtig bzw. angemessen diskutiert.

Ich frage mich auch, ob es hier rechtliche Möglichkeiten gibt, mit denen man diesen doch recht befremdlichen Umstand „erfassen“ kann.

Mit anderen Worten: Bietet die Tatsache, dass Dr. Leipziger sowohl eine zentrale (wenn nicht DIE zentrale)  Rolle im Zusammenhang mit den Gutachten gespielt hat/spielt und er zugleich Chefarzt der Station ist, auf der Mollath untergebracht ist,  Raum für einen „juristischen Angriff“ ?

Wie koennte dieser Aussehen?

Ich bin gespannt, ob  die Juristen, die hier sind, eine Antwort auf diese Fragen haben (bzw. eine Meinung zu dem Sachverhalt als solches).

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Natürlich ist bei zeugenschaftlichen Äußerungen nach mehr als fünf Jahren in einer Angelegenheit, über die aktuell auf mehreren Fernsehkanälen und in fast allen überregionalen Zeitungen berichtet wird, und in die der Zeuge persönlich involviert war, ein kritischer Blick geboten. Man würde sich allerdings wünschen, dass die weithin bekannten Aspekte möglicher (auch unabsichtlicher) Erinnerungsverfälschung (z.B. durch den  "hindsight bias" oder durch suggestive Befragung etc.)  nicht nur in juristischen Blogs, sondern v.a. bei der Beweiswürdigung der Tatgerichte berücksichtigt würden.

So äußert sich das LG Nürnberg-Fürth zur Aussage der Hauptbelastungszeugin im Fall Mollath:

Sie "schilderte die Taten des Angeklagten so - wie oben dargelegt -, ruhig, schlüssig und ohne jeden Belastungseifer."

"Oben" bezieht sich wohl auf die Feststellung drei Zeilen darüber: "die Schilderung seines eigenartigen Verhaltens und seiner sich immer weiter steigernden Aggressivität beruhen ebenfalls auf der Aussage seiner geschiedenen Ehefrau, an deren Glaubwürdigkeit die Kammer keinen Zweifel hat." (UA S.17). 

Man hätte Herrn Mollath einen Vors. Richter namens Klabauter gewünscht, der mit seinem Wissen vom zeugenschaftlichen "hindsight bias" nach fast fünf Jahren bzw. überhaupt vom möglichen "bias" einer frisch geschiedenen Ehefrau deren Aussage effektiv und ohne Suggestion hätte hinterfragen können.

 

P.S. "hindsight bias" meint eine Erinnerungsverfälschung, die sich im Lichte neuer Berichte/Erkenntnisse zu einem erlebten Ereignis ergeben kann: Man meint sich so zu erinnern, wie es aufgrund der neuen Informationen gewesen sein müsste.

@Stegmann:

Ich habe nirgendwo geschrieben, dass das Urteil ohne wenn und aber richtig ist oder die Unterbringung andauern müsste. Das Urteil ist z.B.  zum Nachweis der Körperverletzung recht dünn begründet.
 

 Ich meine aber, dass die Kritiker bei ihrer Kritik teilweise selbst etwas faktenscheu sind, sich einiges zurechtbiegen und auf Gerüchten und  Mutmaßungen recht gewagte Konstrukte aufbauen.

So wird z.B. seit Kurzem auf einem  Anruf des Richters beim Finanzamt herumgeritten. Bislang ist dieser (angebliche) Anruf nur einem Bericht der Nürnberger Nachrichten ohne jede Quellenangabe zu entnehmen, SZ und SPON verbreiten dies weiter und irgendwann wird es als erwiesene Tatsache Grundlage für Spekulationen über die "Komplotteure" und Rechtsbeugung.

Leute, die sonst (zu Recht) kritisieren, dass zu schnell und mit zu massiven Eingriffen (Durchsuchung u.a.) ermittelt wird, meinen jetzt, dass die Kavallerie bei einer etwas spekulativen Anzeige eines dem ersten Eindruck nach zumindest leicht Verwirrten ("gealterte Blondinen") losreiten und die angeblichen Steuerhinterzieher dingfest machen müsste. Bzw. dass, wer auf eine solche Anzeige nicht ermittelt, sich wegen Strafvereitelung im Amt strafbar machen könne.

 

 

@ O. Garcia:

Dafür, dass Sie sich als selbsternannter kritischer Aufklärer gerieren, sind Sie offenbar sehr empfindlich; außer dem Totschlag"argument" Troll fällt Ihnen dann nicht recht viel ein, wenn man Ihre aufklärerische Suggestivfragetechnik kritisiert .  So what.

3

@klabauter

Ich moniere auch immer wieder, dass der Anruf bei den Finanzbehörden der Ausschlag für die Intervention von Frau Merk gewesen sein soll, ohne konkrete Indizien.

Wenn es aber nur die Meldung in den Nürnberger Nachrichten war, dann frage ich mich, warum die Staatsanwaltschaft nicht bereits 2003 ermittelt hat, wo die HVB den Herrn Mollath bereits informiert hatte, dass seinen Anschuldigungen nachgegangen wird. Das Schreiben hat meinem Kenntnisstand nach Herr Mollath an die Staatsanwaltschaft weiter geleitet.

Auf der einen Seite war es also der Aufhänger in einer Zeitung, der genauso gut eine Ente sein könnte, auf der anderen Seite ein konkretes Schriftstück an einen Angeklagten.

Hier ist einfach noch zu viel Verwirrung im Spiel und die Justiz tut (vorerst) nichts, aber auch gar nichts, um den Schleier zu lüften.

Fraglich ist für mich auch immer noch, wer den HVB - Bericht nun den Medien zugespielt hat. Ohne diesen Bericht und darauf folgend das starke Medieninteresse, sässe Herr Mollath, ob unschuldig oder nicht, bis zum St. Nimmerleinstag in der Psychiatrie.

 

Robert Stegmann

 

 

5

@klabauter:

Nun will ich Ihnen - unter Verstoß gegen die Troll-Regel - doch einmal antworten. Ich halte Sie keineswegs wegen Ihrer jetzigen Kritik für einen Troll, sondern weil ich Ihre Äußerungen in allen möglichen Blogs kenne. Sie sind ein gescheiter Mensch, der oft richtiges sagt und der es versteht, den Finger in die Wunde zu legen. Sie erfüllen dabei aber nach allem, was ich bisher gesehen habe, die Merkmale eines Trolls: Seine Tendenz ist destruktiv und gehässig. Auf ein Voranbringen der Diskussion kommt es ihm nicht an. Ab der Stelle, wo er - gemessen an seinen bisherige Beiträgen - etwas einräumen müßte, zieht er sich zurück. Warum sollte man sich also die Mühe machen, mit ihm zu diskutieren?

Sie haben recht, mein Beitrag könnte auch "Versuch einer Rekonstruktion der Hauptverhandlung" heißen, das war mir zu sperrig. Es kam mir auf die Anspielung darauf an, daß das Gespräch im Widerspruch zu dem gleichnamigen revisionsrechtlichen Verbot steht. Daß der Zeitabstand eine bessere Rekonstruktion verhindert hat, ist schade. Im Vorhinein hatte ich mir auch mehr zu den Einzelheiten der Beweisaufnahme erhofft. Aber ich bin trotzdem mit dem Ergebnis sehr zufrieden, wegen vieler Details, insbesondere der Erkenntnis, daß ein Fall in die eine oder andere Richtung kippen kann, je nachdem welche Polizisten geladen werden.

Suggestivfragen - ja, einige kann man sicher so bezeichnen. Im Sinne einer Vernehmungstechnik habe ich schlecht gefragt. Aber ich wollte nicht auf bestimmte Antworten hinaus, sondern habe geäußert, wie ich seine vorherige Antwort verstanden habe. In Ihrer selektiven Wahrnehmung haben Sie offenbar gar nicht bemerkt, daß die Suggestivfragen in diesem Sinne _zugunsten_ derjenigen gehen, von denen Sie meinen, daß ich sie anprangern will:

Wenn ich fragte "Da wurden ihm einzelne Fragen verboten? Die dürften aber auch mit dem Schwarzgeld zu tun gehabt haben?", dann war ja damit meine Überraschung gemeint, daß Brixner auch über den Komplex Schwarzgeld hinaus dazwischengegangen sein soll. Daß er noch mehr verboten hatte, war mir neu. Welche Antwort habe ich Ihrer Meinung nach hier erwartet, wenn ich nachhakte, ob es nicht vielleicht doch auch hier wieder um das bekannte Schwarzgeldproblem ging?

Gleiches gilt für die "Rehabilitierung" des Pflichtverteidigers durch das Interview. Meine Nachfrage ("so ungewöhnlich") bezog sich auf den Ton, mit dem die vorige Frage beantwortet worden war. Da dies in geschriebener Form nicht vermittelt werden kann, habe ich nachgefragt.

Natürlich bin ich "selbsternannt" - wer sollte für kritische Kommentare eine Ernennung aussprechen? Sie sind ja auch ein selbsternannter Gegenaufklärer. Oder sind Ihre Blogkommentare von Ihrem Richteramt mitumfaßt?

Ich gebe Ihnen vollkommen recht darin, daß der (tatsächliche oder vermeintliche) Telefonanruf Brixners bei der Steuerfahnder maßlos überbewertet wird. Was Sie aber nicht erwähnen, ist daß dieser Anruf nichts Zusammengebrautes von Komplotteuren ist, sondern die offizielle Begründung der Justizministerin für die Einleitung des Wiederaufnahmeverfahrens ("Wir haben jetzt wenigstens einen Grund, einen solchen Antrag zu stellen": http://www.br.de/nachrichten/merk-rechtsausschuss-mollath-100.html, siehe auch http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/im-gespraech-beate-merk-ich-ha...).

Eine Richterbefangenheit läßt sich unter keinen der Wiederaufnahmegründe des § 359 StPO subsumieren. Vielleicht will die Justizministerin darauf hinaus, daß Brixner möglicherweise Rechtsbeugung begangen hat (§ 359 Nr. 3 StPO; § 364 StPO stünde wegen Verjährung möglicherweise nicht entgegen). Davon kann aber nach jetzigem Kenntnisstand keine Rede sein. Allenfalls handelt es sich um eine einfache (Wald-und-Wiesen-)Befangenheit (Voreingenommenheit, Vorverurteilung). Die Darstellung, die derzeit kursiert, daß ein Richter, lange bevor er im Rahmen seiner Zuständigkeit mit Mollath befaßt war, sich in ein fremdes Verfahren eingemischt habe (von dem er vielleicht zufällig etwas mitbekommen hat), ist falsch: Die Anklage gegen Mollath wurde zwar erst Anfang 2006 beim Landgericht Nürnberg-Fürth anhängig (§ 225a StPO), aber Brixner war von Anfang an, seit dem 26.9.2003, amtlich mit Mollath befaßt, nämlich als Beschwerderichter.

Die Brixner-Anruf-Neuigkeit stellt sich für mich als ein politischer Notausgang für Merk da (Brixner als Bauernopfer?). Ihre Entscheidung war trotzdem richtig, weil allein schon der HVB-Revisionsbericht eine neue Tatsache ist und die Staatsanwaltschaft bereits zu vernagelt war, dies anzuerkennen.

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Im Augenblick fürchte ich am meisten folgendes Szenario:

1) H. Mollath wird in den nächsten Tagen unauffällig entlassen, nachdem ärztlich bescheinigt wurde, es gehe keine Gefahr mehr von ihm aus.
2) Daraufhin erklärt die Ministerin und alle mit der Sache befassten den Fall für erledigt.
3) H. Mollath wird deutlich gemacht, wenn er den großzügigen Deal samt der anonymen Spende nicht annähme, würde er für verrückt erklärt.

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Wie findet die in allen Instanzen versagende Justiz, die Justizministerein einen Ausweg

das ist nicht nur eine sehr interessante Frage, sondern auch für Herrn Mollath eminent

wichtig .

Denkbar aber eher unwahrscheinlich ist eine  sofortige, baldige Entlassung

( bei der Geradlinigkeit, Konsequenz von Herrn Mollath ist es möglich, daß  er darauf

unvorbereitet spontan und impulsiv die Entlassung verweigert, da sich eine Täter-

Opferbeziehung entwickelt hat. Beleg seine Aussage Tot oder lebendig ich will die

Wahrheit) Der Gustl sollte sich mit diesem unwahrscheinlichen Szenario auseinander-

setzen und sich trotz seiner hohen Intelligenz beraten lassen !!!!!!

wenn er die Entlassung verweigert, dann ist er unweigerlich in den Augen der meisten

Menschen verrückt.....

Eine sofortige Entlassung ist unwahrscheinlich, weil erst im Sommer durch eine ärztliche Stellungnahme vom BKH (von wem Dr. Leipziger oder dem Oberarzt Zappe) die Unterbringung verlängert wurde und auch kein neues Gutachten vorliegt.

Andererseits ist aufgrund des gesellschaftlichen und publizistischen Drucks erkennbar,

das man einen Ausweg sucht Herrn Mollath bald zu entlassen, auch wenn  im BR gesterndie Ministerin und der Rechtsexperte von der SPD, Herr Schindler die Justiz verteidigt haben.

Aber wie findet man  eine Lösung die juristisch weitgehend korrekt ist und von der Justiz

akzeptiert wird und dies auch der Öffentlichkeit gegenüber glaubhaft dargestellt werden

kann ohne sich wieder in heillose Widersprüche zu verwickeln.

Es ist anzunehmen das das Wiederaufnahme nicht mehr abgeblockt werden kann,

da es von der Justizminister  so gut wie zugesagt wurde. Der Staatsanwalt muß die

hohen Hürden des Wiederaufnahme prüfen und es dürfte unwahrscheinlich sein,

das die weisungsgebundene Staatsanwaltschaft das W-verfahre  ablehnt.

Jedoch ist dies nicht auszuschließen, da im baldigen Verfahren monatelang vor dem

Wahlkampf!!!!!! untersucht wird, was die tatsächlichen Hintergründe sind.........

und nachwievor versucht wird dies zu vertuschen z.B. in dem der Unrechtsexperte Schindler

versucht einen Untersuchungsausschuß zu verhindern, den ein namhafte Persönlich-

keit des öffentlichen Lebens -jeder kennt ihn- als den größten Justizskandal nach 1945

bezeichnet hat.

Absolute Priorität muss es sein, dass Herr Mollath bald in seine Freiheit entlassen

wird. Jetzt ist die Justiz und Politik in der Zwickmühle. Bis das W-verfahren anläuft

ein neuer Gutachten vorliegt, Zeugen verhört werden, das Urteil vorliegt können

Monate, Jahre vergehen. Deshalb verbleibt das anhängige Beschwerdeverfahren

bei dem die Unterbringung geprüft wird, aber ohne Gutachten kann man Gustav

nicht einfach entlassen, dies ist einfach nicht glaubhaft. Oder die Justiz springt über

ihren Schatten ignoriert alle Begutachtung en und entlässt Herrn Mollath einfach die öffentlich

keit ist dann nicht mehr so interessiert, die Berichterstattung lässt nach.

Dies könnte ein Grund  für Herrn Mollath sein, sich der Entlassung zu verweigern,

nicht unwahrscheinlich da er ja  konsequent rehablitiert werden möchte, was ohne

Begutachtung nicht erreicht wird und in Freiheit nicht objektiv ist.

 

 

 

Daraus ergeben sich mehrere Fragen. Ich bitte Herrn Professor Müller und die wachen

Kommentatoren pragmatisch  und lebensnah darauf einzugehen und nicht der Tendenz nachzugehen vielfach juristischen Haarspalteien  und  in sicherlich auch wichtige Einzelheiten

zu verlieren, statt die wichtigsten Hauptfragen zu klären. Am Fall Mollath ist exemplarisch

sichtbar, das die lebensnahen,psychologisch menschlichen Zusammenhänge vor den

Gerichten  und auch dem S e e l e n a r z t  nach einem durchgehenden Muster und System ausgeblendet  und zum Schweigen gebracht wurden und in keiner weise die belegbaren Verbindungen.....die Ex, die Hex, befreundete Arzthelferin, fragwürdige Befangenheit

des Dr. Wörthmüller, seine Empfehlung des ihm bekannten Dr. L. Abschiebung  in das

vom Tatort ferne Bayreuth, psycholgischer Versuch Herrn Mollath zum Schweigen zu bringen (vgl. mein Beitrag Opfer wird vom Täter Dr. Leipziger) gleichzeitig behandelt. Beleg und Motivation für Vertuschung ist der Revisionsbericht, in dem ausgeführt wird, das die Bank befürchtet, dass diese Vorgänge in die Öffentlichkeit kommen, wer hat am meisten zu

fürchten die Reichen, wie ist dies zu erreichen über Verbindungen, wie bei der EX

man kennt und trifft sich ja im Rotarier Club. Da geht  einfach der Gesamtzusammenhang

verloren. Kein Kriminaler oder Journalist kann so arbeiten, wenn er hauptsächlich

nur mit Beweisen arbeitet nicht lebensnah, realistisch und investigativ !Der angeblich so kleine Mann auf der Straße kennt die Zusammenhänge und spricht sie auch aus. Juristen, die sich nicht mit menschlichen, psychologischen lebensnah und empathisch auseinander setzen werden,wie bereits gehabt zu "furchtbaren "Juristen. Gute, humanistisch eingestellte Juristen

können Opfern, Angeklagten weniger helfen, wenn sie nicht den Mut haben lebensnahe,

psychologisch-menschliche Sachverhalte, Verbindungen, Verstrickungen, Motive, Täuschungs-

Manöver. Lügen, Seilschaften (DDR) möglicherweise ein Komplott aufdecken insbes.

wenn es um sehr viel Geld geht , drohenden Machtverlust sich handelt.

Deswegen sind die Namen gerechtfertigt: Psycho-Gate, justice-Gate und money-gate!

Bitte um viele Kommentare auch wenn nicht konkrete juristische Fragen gestellt werden,

die sich aus dem Beitrag ergeben, der Fragenkatalog wäre zu lang.

an das vorwiegend juristische orientierte Forum-blog.

Danke im voraus !

 

 

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