Einsicht oder Beratungsresistenz?

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 12.12.2012

Der Rechtsauschuss des Bundestages hat eine Expertenanhörung zur Neuregelung der elterlichen Sorge für nicht miteinader verheiratete Eltern durchgeführt.

Das Ergebnis:

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern“ (17/11048) ist im Detail verbesserungswürdig. Das ist die Mehrheitsmeinung der acht geladenen Experten, die sich in einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses am Mittwochnachmittag zu der angestrebten Sorgerechtsreform geäußert haben.

Auch die drei Oppositionsfraktionen sehen Reformbedarf. Deshalb haben sie eigene Anträge zur Neuregelung der elterlichen Sorge für nicht miteinander verheiratete Eltern (SPD: 17/8601, Linke: 17/9402, Grüne: 17/3219) in den Bundestag eingebracht.

Im Zentrum der Anhörung stand die Gesetzesinitiative der Bundesregierung. Sie will den Zugang zum Sorgerecht für nicht verheiratete Väter erweitern. Wenn der andere Elternteil schweige oder keine potenziell kindeswohlrelevanten Gründe vortrage und diese auch nicht ersichtlich seien, bestehe eine gesetzliche Vermutung, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht widerspreche. Diesem Zugang zum Sorgerecht soll „in einem beschleunigten und überdies vereinfachten Verfahren zur Durchsetzung verholfen werden“, heißt es in der Vorlage.

Die Gruppe der Experten bestand überwiegend aus Juristen und Vertretern von Interessensverbänden. Zwar begrüßten sie mehrheitlich den Regierungsentwurf. Allerdings kritisierten sie auch überwiegend die Sechs-Wochen-Frist. Diese soll nach Regierungsmeinung als sogenannte Widerspruchsfrist für die Mutter gelten: wenn sie das väterliche Sorgerecht ablehnt, muss sie binnen sechs Wochen nach der Geburt widersprechen.

Thomas Meysen vom Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e.V. aus Nürnberg erklärte, der Gesetzentwurf habe „gute Chancen, dass er funktioniert“. Er lasse aus Sicht des Kindeswohles keine Fragen offen und enthalte das Potenzial zur Konfliktminderung. Anstelle der Sechs-Wochen-Frist, die mit der Geburt des Kindes beginne, forderte Meysen eine Frist, die überhaupt erst acht Wochen nach der Geburt einsetze.

Für eine Zwölf-Wochen-Frist sprach sich Sabine Schutter vom Deutschen Jugendinstitut e.V. aus München aus. Eine nur halb so lange Frist sei viel zu kurz gehalten. Schutter gab zu bedenken, dass sich die Mutter sowohl aus soziologischer als auch aus psychologischer Sicht in den ersten Wochen nach der Geburt in einer Stressphase befinde.

Die Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter Bundesverband e.V., Edith Schwab aus Berlin, erklärte, dass die Sechs-Wochen-Frist sogar der jetzigen Rechtssystematik widerspreche. Ihr Verband weise diese Frist ebenfalls zurück, denn in dieser Zeit seien Konflikte aus gegebenem Anlass zu vermeiden.

Weitere Argumente gegen die Sechs-Wochen-Frist führte Josef Linsler, Bundesvorsitzender des Interessensverbandes Unterhalt und Familienrecht – ISUV/VDU e.V. aus Nürnberg an. In diese Zeit fielen viele Entscheidungen, die nach der Geburt eines Kindes zu treffen seien, wie beispielsweise die Namensgebung und die Religionszugehörigkeit. Deshalb sei die Frist „schwer vermittelbar“.

(Quelle Bundestag)

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3 Kommentare

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In einem Zeitungsinterview äußerte sich ein Familienrichter über das neue Sorgegesetz: "Es wird dann genau das Verfahren, das bislang auch schon möglich war".

Man macht sich im Regierungsentwurf große Mühe die verfassungsmäßig mögliche Gleichstellung aller Kinder (siehe BVerfG vom 21.07.2010) wieder auszuhebeln und die Politik spielt Schattenboxen, indem sie so tut als gäbe es ein Problem mit der Dauer der Frist.

Jedoch: Die Erfindung einer völlig unnötigen Frist ist das eigentliche Problem. Daher: Keine Frist für Grundrechte.

Wenn ein Mensch ein Mensch ist, entstehen Grundrechte des Individuums, mit der Geburt eines Kindes entstehen Elternrechte, wenn junge Leute 18 werden, entsteht ihr Wahlrecht ohne weiteres. Man stelle sich nur mal vor, nun müßten Mädchen einen extra Antrag stellen, der von irgend jemand abgenickt werden müßte. Es wäre ungleichstellendes Unrecht, egal wie lange die Frist dauert.

Und da wundert man sich über die geringe Geburtenrate, wenn Männer derartig in öffentlichen Diskussionen herabgewürdigt werden.

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Interessant, wie man aus völlig gegensätzlichen Äusserungen des ISUV einerseits und den Vertretern der Mütterinteressen andererseits, eine angebliche Übereinstimmung herbei phantasieren kann.

 

Für Herrn Linsler vom ISUV ist die Frist auf 0 zu verkürzen, für die Damen vom VamV soll sie bis zum St. Nimmerleinstag verlängert werden.

 

Hier wird daraus, dass sich die Gruppen in ihrer Ablehnung der Frist einig seien.

Sauber. So kann man die Wahrheit auch verzerren.

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