Pädagogisch wertvoll

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 20.12.2012
Rechtsgebiete: VaterschaftsfeststellungFamilienrecht1|3618 Aufrufe

 

Die typische Situation bei der Vaterschaftsfeststellung.

Das Kind beantragte die Vaterschaft des Antragsgegners festzustellen. Zur Begründung wurde vorgetragen, die Kindsmutter, Frau B., gebe an, in der gesetzlichen Empfängniszeit vom 31.1.2011 bis 30.5.2011 nur mit dem Antragsgegner geschlechtlich verkehrt zu haben. Dem Antragsgegner sei Gelegenheit zur Anerkennung der Vaterschaft gegeben worden. Dem sei der Antragsgegner nicht nachgekommen.

Der Antragsgegner beantragte, den Antrag abzuweisen. Zur Begründung gab der Antragsgegner an, er bezweifle die Vaterschaft. Kindsmutter und Antragsgegner seien nach Bekanntwerden der Schwangerschaft beim Frauenarzt gewesen. Dort sei eine Rückrechnung erfolgt. Zum Rückrechnungstermin sei der Antragsgegner definitiv nicht mit der Antragstellerin intim gewesen.

Das vom Gericht eingeholte Vaterschaftsgutachten ergab, dass die Vaterschaft des Antragsgegners - praktisch erwiesen - ist.

Daraufhin erklärten die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt; der Antragsgegner erkannte die Vaterschaft beim Jugendamt an.

Wie lautet die Kostenentscheidung?

Dazu instruktiv das OLG Bamberg:

 

Einigkeit besteht, dass die Kostenentscheidung nach den Grundsätzen des § 81 FamFGzu treffen ist und somit eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen getroffen werden muss. Was im Einzelfall billigem Ermessen entspricht, ist jedoch umstritten.

Nach einer Meinung entspricht es in der Regel der Billigkeit, dass in Vaterschaftsfeststellungsverfahren die Gerichtskosten von Kindsvater und Kindsmutter hälftig getragen werden und jeder Beteiligte seine eigenen außergerichtlichen Kosten selbst trägt (AG Sinsheim, Beschluss vom 22.4.2010 - 21 F 282/09- FamRZ 2010, 1931; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.10.2010, - WF 133/10, 1 WF 133/10 - FamRZ 2011, 991und OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.5.2011- II - 1 WF 260/10, 1 WF 260/10 - zitiert nach Juris). Dies gelte auch dann, wenn der später festgestellte Vater vorgerichtlich die Vaterschaft trotz Aufforderung ohne triftigen Grund nicht anerkannt und somit die Abstammungsklage veranlasst habe.

Nach einer weiteren Meinung entspricht es in Abstammungssachen grundsätzlich der Billigkeit, dass jeder Beteiligte seine eigenen außergerichtlichen Aufwendungen trägt. Dies hindere es jedoch nicht, dem Beteiligten, der als Vater festgestellt werde, ohne Antragsteller zu sein, die gerichtlichen Kosten im Sinne von § 80 Satz 1 FamFGaufzuerlegen. Dies habe seinen Grund darin, dass der potentielle biologische Vater die Möglichkeit habe, seine Vaterschaft vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens urkundlich anzuerkennen (OLG Celle, Beschluss vom 26.4.2010 - 15 UF 40/10- FamRZ 2010, 1840). Eine Beteiligung der Kindesmutter an den gerichtlichen Kosten der Vaterschaftsfeststellung entspreche im Regelfall nicht der Billigkeit, denn die Kindsmutter habe keine Möglichkeit, die Erholung des gerichtlichen Gutachtens abzuwenden. Der Vater habe hingegen die Möglichkeit gehabt, das Entstehen der Kosten zu vermeiden (OLG Oldenburg, Beschluss vom 18.11.2011 - 13 UF 1348/11- FamRZ 2012, 733).

Nach einer weiteren Meinung entspricht es, wenn ein Antrag auf Feststellung der Vaterschaft erfolgreich ist, der Billigkeit, dem festgestellten Vater die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wenn er trotz entsprechender Aufforderung nicht bereit war, die Vaterschaft urkundlich anzuerkennen (OLG München, Beschluss vom 29.11.2010 - 16 UF 1411/10- FamRZ 2011, 923mit Anmerkung von RiOLG Kieninger in Juris-PR-FamR 18/2011, Anm. 4). Es entspreche nach § 81 FamFGder Billigkeit, dass der im Verfahren unterlegene Antragsgegner, der seine Vaterschaft zu Unrecht mit Hinweis auf seine behauptete Zeugungsunfähigkeit bestritten habe, die gesamten Kosten des Verfahrens zu tragen habe (OLG Stuttgart, Beschluss vom 11.4.2012- 17 WF 40/12- FamRB 2012, 274).

Stellungnahme:

1) Außergerichtliche Kosten:

Der Senat schließt sich der Meinung an, dass es in Vaterschaftsfeststellungsverfahren grundsätzlich der Billigkeit entspricht, dass jeder Beteiligte seine eigenen außergerichtlichen Aufwendungen selbst trägt (so auch der von der Beschwerde zitierte Beschluss des OLG Bamberg vom 31.5.2012im Verfahren 2 UF 136/12). Dies ist in FGG-Familiensachen die Regel und entspricht der Rechtsprechung zu § 13 a FGGa. F., die bei der Ausübung des Ermessens im Rahmen des § 81 Abs. 1 FamFGherangezogen werden kann (Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 81 FamFG, Rdnr. 6).

Die Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 FamFG, unter denen einem Beteiligten ausnahmsweise die Kosten ganz oder teilweise auferlegt werden können, liegen hier nicht vor (siehe unter 2).

2) Gerichtskosten:

In der von der Beschwerde zitierten Entscheidung des OLG Bamberg vom 31.5.2012wurde von der Erhebung von Gerichtskosten gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFGabgesehen. Dies hatte seinen Grund in den Besonderheiten des Falles, der einen anderen Sachverhalt zum Gegenstand hatte als der vorliegende. In der von der Beschwerde zitierten Entscheidung des OLG Bamberg vom 31.5.2012wurde der Antrag auf Feststellung der Vaterschaft zurückgenommen, weil das eingeholte Gutachten ergeben hatte, dass der Antragsgegner nicht der Vater des Kindes war. Die Kindsmutter hatte im Verfahren von vornherein darauf hingewiesen, dass mehrere Männer als Vater in Betracht kommen. Von der Erhebung der Gerichtskosten wurde deshalb abgesehen, weil es im Verfahren keinen Beteiligten gab, dem man sie billigerweise hätte auferlegen können. Dem Kind konnten Kosten nicht auferlegt werden, § 81 Abs. 3 FamFG. Dem das Kind vertretenden Jugendamt konnten Kosten ebenfalls nicht auferlegt werden, weil das Jugendamt durch die Beistandschaft nicht zum Verfahrensbeteiligten wurde. Eine Kostenlast des zu Unrecht als Vater in Anspruch genommenen Mannes erschien ebenso unbillig wie die der Kindsmutter, die von Anfang an Mehrverkehr eingeräumt hatte. Aus diesem Grund wurde in diesem Fall von der Erhebung von Gerichtskosten ausnahmsweise abgesehen.

Dieser Sonderfall liegt hier nicht vor. Im vorliegenden Verfahren war der Vaterschaftsfeststellungsantrag erfolgreich, da das Gutachten den Beweis der Vaterschaft des Antragsgegners erbracht hatte. In diesem Fall besteht kein Anlass, von der Erhebung der Gerichtskosten abzusehen. Es entspricht in diesem Fall vielmehr der Billigkeit, dass die Mutter und der festgestellte Vater des Kindes die Gerichtskosten jeweils zur Hälfte tragen. Der Senat schließt sich insoweit der Meinung des Oberlandesgerichts Düsseldorf an, wonach in Vaterschaftsfeststellungsverfahren eine hälftige Aufteilung der Gerichtskosten in der Regel der Billigkeit entspricht.

Dass der Kindsvater Veranlassung für das Verfahren gegeben hat, weil er vorgerichtlich der Aufforderung, die Vaterschaft anzuerkennen, nicht nachgekommen ist, rechtfertigt es nicht, ihm die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Nach § 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFGsind die Kosten des Verfahrens in der Regel ganz oder teilweise einem Beteiligten aufzuerlegen, wenn der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat. Ein grobes Verschulden des Kindsvaters ist hier nicht erkennbar. Aufgrund der Auskunft des Frauenarztes hatte der Kindsvater berechtigte Zweifel an seiner Vaterschaft. Die Angabe der Kindsmutter, sie habe in der gesetzlichen Empfängniszeit nur mit dem Antragsgegner verkehrt, reicht zur Begründung eines groben Verschuldens des Antragsgegners nicht aus. Auch der Umstand, dass der Vater die kostengünstigere Möglichkeit eines privaten Vaterschaftstests und der Beurkundung der Vaterschaft durch das Jugendamt nicht genutzt hat, begründet jedenfalls kein grobes Verschulden des Antragsgegners, welches es rechtfertigt, ihm die gesamten Verfahrenskosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen war die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, dass die Kindsmutter und der Kindsvater ihre eigene notwendigen Auslagen jeweils selbst zu tragen haben und dass die Gerichtskosten von der Kindsmutter und dem Kindsvater jeweils zur Hälfte getragen werden.

OLG Bamberg v. 07.11.2012 - 2 UF 281/12

 

 

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1 Kommentar

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Die Begründung des OLG-Celle würde ich gerne mal in einem Verfahren zur Übertragung der gemeinsamen Sorge auf den Vater lesen.

Die Mutter bekommt ja nicht nur das Sorgerecht geschenkt, sondern hat es auch alleine in der Hand, ein Verfahren durch freiwillige Anerkennung zu vermeiden.

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