Daimler: Abbau problematischer Vergünstigungen für Betriebsratsmitglieder rechtmäßig

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 07.01.2013

 

Nicht wenige Unternehmen lassen ihren Betriebsratsmitgliedern finanzielle Vorteile zukommen, die mit dem Prinzip des unentgeltlichen Ehrenamtes kaum in Einklang zu bringen sind. Meistens erfolgen solche Vergünstigungen nicht offen, sondern in versteckter Form. An dieser Praxis ist zuletzt sehr deutlich Kritik geübt worden (statt vieler Rieble, NZA 2008, 276). Das betraf auch die Daimler AG. Der Kritik Rechnung tragend hatte sich das Unternehmen zum Abbau dieser Leistungen entschlossen, was hingegen nicht alle der betroffenen Betriebsratsmitglieder akzeptieren wollten. Konkret verhielt es sich wie folgt: Auf Grund einer seit dem Jahre 1972 geltenden internen Richtlinie hatten Betriebsratsmitglieder der Daimler AG eine Mehrarbeitspauschale im Umfang von acht Stunden pro Monat erhalten. Freigestellte Betriebsratsmitglieder erhielten zudem noch eine sog. Aufwendungsersatzpauschale in Höhe von zuletzt 35,79 Euro monatlich. Mit Wirkung zum 1.2.2012 kürzte der Konzern die Mehrarbeitspauschale auf den betriebsüblichen Durchschnitt und strich die Aufwendungsersatzpauschale ganz. Eine hiergegen gerichtete Klage hat das ArbG Stuttgart (Urteil vom 13.12.2012, Az.: 24 Ca 5430/12) jetzt abgewiesen. Die bisherigen Regelungen verstießen gegen das in § 37 Abs. 1 BetrVG enthaltene Prinzip der ehrenamtlichen Erbringung der Betriebsratstätigkeit sowie gegen das Begünstigungsverbot aus § 78 S. 2 BetrVG. Pauschalen wie der gewährte Aufwendungsersatz können nach Ansicht des Gerichts nur zulässig sein, wenn sie sich an den typischen und erwartbaren tatsächlichen Auslagen des konkreten Betriebsratsmitglieds orientieren. Dies sei bei dem seit 1972 an alle Betriebsräte in gleicher Höhe gezahlten Aufwendungsersatz nicht der Fall, zumal die Arbeitgeberin für tatsächlich entstandene Aufwendungen wie Reisekosten unabhängig von der Pauschale Ersatz geleistet habe. Auch die Mehrarbeitspauschale in der bisherigen Höhe hielt das Gericht für unwirksam, da nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Regelung nicht erkennbar sei, dass sich die Pauschale an den tatsächlichen Verhältnissen orientiere und zudem § 37 Abs. 3 BetrVG selbst bei aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführender Mehrarbeit den Vorrang des Freizeitausgleichs vor der Vergütungspflicht zwingend vorschreibe. Von diesem Grundsatz könne nach der gesetzlichen Regelung nur bei betrieblichen Notwendigkeiten abgewichen werden. Demnach ist eine Mehrarbeitspauschale, die unabhängig von betrieblichen Notwendigkeiten Vergütungs- statt Freizeitausgleichsansprüche festlegt, unzulässig und damit unwirksam. Letztlich wertet das Gericht die bisherigen Pauschalen als unzulässige versteckte Vergünstigungen für Betriebsratsmitglieder. Teilt man diese Bewertung, so muss Arbeitgebern, die diese Praxis nicht länger fortführen wollen (Strafbarkeitsrisiko!), in der Tat möglich sein, die unerlaubte Besserstellung rechtlich wirksam zu beenden.

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