Kostenentscheidung nach Verurteilung vergessen? Beschwerde der StA verspätet!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 10.01.2013
Rechtsgebiete: BeschwerdeStrafrechtVerkehrsrecht|3162 Aufrufe

Ein ganz interessanter Fall aus dem OWiG, wenn auch mit waffenrechtlichem Hintergrund:

 

Gegen den Betroffenen ist ein Bußgeldbescheid wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz ergangen. Auf seinen Einspruch hat das Amtsgericht die Höhe der Geldbuße auf 150 € halbiert und Ratenzahlung bewilligt. Eine Kostenentscheidung ist im Urteil vom 17. Oktober 2012 - versehentlich - unterblieben. Die Amtsanwaltschaft hatte auf die Teilnahme an der Hauptverhandlung verzichtet. Die Akten sind bei der Amtsanwaltschaft am 24. Oktober 2012 eingegangen. Ihre sofortige Beschwerde, mit der sie die - volle - Überbürdung der Kosten auf den Betroffenen erstrebt, ist am 25. Oktober 2012 bei Gericht eingegangen.

Das Rechtsmittel, das nach § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 311 Abs. 2 StPO binnen einer Woche einzulegen gewesen wäre, ist damit nicht fristgerecht bei Gericht eingegangen. Die Frist beginnt mit Verkündung der Entscheidung (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 311 Abs. 2, 35 StPO). Dass die Amtsanwaltschaft an der Hauptverhandlung nicht teilgenommen hat, ändert daran nichts (a. A. - ohne nähere Begründung - Kaiser NJW 1968, 1814 [1817]). Es ist anerkannt, dass Verfahrensbeteiligte, die freiwillig verzichten, an der Verkündung von Entscheidungen teilzunehmen, aus ihrem Verzicht keine weiter gehenden Rechte ableiten können (vergleiche etwa BGH bei Kusch NStZ 1995, 21, und Meyer-Goßner, StPO, 55. Auflage, § 401 Rn. 5, wonach der Nebenkläger sein Recht auf Rechtsmittelbelehrung bei Nichtteilnahme verwirkt). Bestätigung findet dies in § 75 Abs. 2 OWiG. Hier hätte es die Amtsanwaltschaft in der Hand, durch eine Teilnahme oder Nichtteilnahme den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft zulasten des Betroffenen zu steuern. Ihr hätte es oblegen, sich zeitnah nach dem Ergebnis der ihr bekannten Hauptverhandlung zu erkundigen, um die fristgerechte Einlegung von Rechtsmitteln zu prüfen. Im Übrigen hätte die Amtsanwaltschaft Gelegenheit gehabt, rechtzeitig am 24. Oktober 2012 sofortige Beschwerde einzulegen, weil ihr die Akten bereits zu diesem Zeitpunkt vorlagen.

 

LG Berlin: Beschluss vom 16.11.2012 - 510 Qs 122/12    BeckRS 2012, 25098

 

Ich bin mir gar nicht so sicher, ob alle anderen Gerichte das ähnlich sehen würden ...

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