Polizeibeamter schlägt gefesselte Frau in Polizeigewahrsam - aus Notwehr?

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 07.02.2013
Rechtsgebiete: StrafrechtKriminologieMaterielles Strafrecht168|38696 Aufrufe

Die Presse berichtet über ein Vorkommnis im Münchener Polizeigewahrsam, das, wenn die Berichte zutreffen, geeignet ist, das Vertrauen in die Polizei auf eine harte Probe zu stellen:

Eine wehrlose Frau (gefesselt und von mehreren Beamten festgehalten) wurde mit einem so kräftigen Faustschlag ins Gesicht traktiert, dass zwei Frakturen die Folge gewesen sein sollen.

Nun heißt es zur Verteidigung, der Polizeibeamte habe in Notwehr gehandelt.

    "Um die Frau zu beruhigen, so sagt Reinhold Bergmann, Leiter der Pressestelle der Polizei, habe man sie in die Zelle gebracht. Fünf bis sieben Beamte seien in der Zelle mit dabei gewesen. Laut Erlmeier (Rechtsanwalt der betr. Frau)  lag die 23-Jährige seitlich auf einer Holzpritsche und wurde von vier Beamten niedergedrückt. Die sehr zierliche und kleine Frau wollte sich wehren, beleidigte die Beamten und spuckte einen von ihnen an. Daraufhin schlug der Polizist ihr mit der Faust ins Gesicht." (SZ)

    „Die Frau, die nach ihren eigenen Aussagen unter dem Einfluss mehrerer Drogen stand, schlug um sich. Um die Gefährdung der Beamten zu minimieren, mussten ihr Handschellen angelegt werden. Sie wurde in eine Zelle gebracht. Dort spuckte sie einem Beamten ins Gesicht und setzte zu einem Kopfstoß an. Wegen dieser Bedrohungssituation kam es zu einem Schlag.“ (Focus)

Ehrlich gesagt genügt meine Phantasie kaum, mir in der geschilderten Situation eine Notwehrlage (des Polizisten!) nach § 32 StGB vorzustellen, geschweige denn, dass - einmal die "Bedrohungssituation" durch die Frau als wahr unterstellt  -  ein derart hochgradig aggressives  Vorgehen "erforderlich" gewesen sein soll, um den drohenden Angriff zu stoppen. Und, mal abgesehen vom Strafrecht   möchte ich - ehrlich gesagt - als Bürger nicht Beamten begegnen, die meinen, sie dürften aus Notwehr in so einer Situation einer jungen Frau das Gesicht demolieren.

Nun wird dieser Fall wohl zu einer Art Feuerprobe für das neuartige  interne Ermittlungsverfahren, das der bayerische Innenminister - nach Vorwürfen gegen Polizeibeamte in anderen Polizeipräsidien Bayerns -   eingerichtet hat.

Ich gebe zu, dass ich skeptisch bin.

 

Anlässlich des aktuellen Falles hat die SZ meinen Kollegen Tobias Singelnstein interviewt.

 

UPDATE 21. Mai 2013:

Die Staatsanwaltschaft hat jetzt, nach einigen Monaten intensiven Ermittlungen, Anklage wegen Körperverletzung im Amt erhoben. Diese Entscheidung deckt sich mit meiner Einschätzung, dass eine Notwehr nach den übereinstimmenden veröffentlichten Einlassungen seitens Polizei und seitens des Opfers wohl nicht gegeben war. Alles weitere wird sich in einer Hauptverhandlung ergeben. Quelle SZ.

UPDATE 06.08.2013:

Der Polizeibeamte wurde heute nach eintägiger Hauptverhandlung vom AG München zu zehn Monaten Freiheitsstrafe (mit Strafaussetzung zur Bewährung)  verurteilt (SZ-Bericht). Nach Presseberichten deckt sich die Erkenntnis des Gerichts mit meiner Einschätzung: Eine Notwehrlage hat nicht bestanden. Ich schätze, ein Rechtsmittel des Verurteilten hätte wenig Sinn - aber das muss ihm sein Verteidiger sagen.

UPDATE 23.12.2013

Die Süddeutsche Zeitung berichtet heute über das anstehende Berufungsverfahren - im Februar wird erneut verhandelt.

Nachtrag (Feb. 2014)

Ergebnis der Berufungsverhandlung: Zehn Monate Freiheitsstrafe bestätigt, Degradierung des Polizeibeamten. (Münchner Merkur)

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

168 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Der FAZ-Artikel trifft es auf den Punkt! 

 

Kritik gilt als "Hochverrat".

 

Wendt ist auch der Gewerkschafter, der die deutsche Polizei mit Gummigeschossen ausrüsten will....irgendwann muss die Spaltung zwischen Bürgern mit und Bürgern ohne Uniform doch bitte so groß sein, dass sich alle Horrorszenarien 'bestätigen'.

Ich wurde jedenfallsmwährend 15 Jahren Polizeitätigkeit NIE bespuckt, angegriffen oder beleidigt - außer von einem Vorgesetzten, dem örtlichen Leiter der Schutzpolizei. ('charakterlich ungeeignet', untragbar für Polizei etc.... Wegen "zu langer Haare")...was letztlich zur Beendigung des Dienstverhältnisses führte.

 

So groß kann die Personalnot also gar nicht sein....! 

Konfliktfähigkeit ist jedenfalls kein Kriterium....

 

M.Deeg

4

Bitte nicht wieder M.Deeg mit seinen alten erfundenen Kriegsgeschichten. Nur mal eine kurze Zwischenfrage an den Mann, der seltsamerweise in 15 Dienstjahren noch nie beleidigt oder angegriffen wurde und auch an Josef Eisele: Wie wäre den der Grillsachverhalt durch die Polizei besser zu lösen gewesen? Ganz praktisch gefragt, weil man andere Ansichten ja auch durchaus lehrreich finden kann.

Man kann bei dem im Fernseh ja so reißerisch aufbereiteten Sachverhalt ja zunächst von einigen aus der Presse zu entnehmenden Fakten ausgehen:

1. Das Grillen an der Örtlichkeit war verboten.

2. Eine "normale" Streife der Polizei spricht die Familie an und wird verspottet. (wurde nicht gezeigt!)

3. Das USK wird als Unterstützung hinzugezogen, da hier offensichtlich mehrere Personen angetroffen werden.

4. Das USK erscheint (vermutlich nach einiger Zeit wegen der Anfahrt), man sieht aber selbst im Film noch verschiedene Uniformtypen, es sollen Personalien festgestellt werden, da hier eine Ordnungswidrigkeit vorliegt. Die Personalienfeststellung dürfte unstreitig als rechtmäßig anzusehen sein. Die Form ergibt sich aus den gesetzlichen Normen. Weiterhin sollen vermutlich zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes Verfügungen erlassen werden. Hier kommen insbesondere Maßnahmen nach §11 PAG bzw. eine Platzverweisung nach §16 PAG und weiterführend auch §17 PAG in Betracht.

Maßnahmen solcher Art sind im Wege der sofortigen Vollziehung durchzuführen, Widerspruch gegen den Verwaltungsakt führt gem. § 80 VwGO nicht zu einer aufschiebenden Wirkung.

5. Der spätere Angeklagte und Verurteilte (übrigens während des ganzen Handlungsablaufes mit unbekleidetem Oberkörper was im Film der Polizei als Mangel zugeschrieben wird) führt nach seiner Aussage keine Personalpapiere mit sich, diese sollen sich in seinem Fahrzeug befinden. Die Ausweispflicht ist gesetzlich geregelt. Die Transmissionsklausel aus §46 OWiG verweist bezüglich der Personalienfeststellung auf §163b StPO.

6. Zwei Beamte gehen mit dem Mann Richtung Parkplatz zu seinem Fahrzeug. In der Nähe des Parkplatzes steht die  kleine Gruppe, plötzlich kommt es zu einem Gerangel zwischen den Personen. Wie man aus den Aussagen des Sohnes und auch der Presse entnehmen kann, stößt der spätere Verurteilte eine Polizeibeamten zurück, der ihm in die Hosentaschen fassen will, was zur Suche nach Personalpapieren durch die oben genannten Normen gedeckt und rechtmäßig ist. Durch diese Handlung wird der Straftatbestand des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte verwirklicht.

7. Zu diesem Zeitpunkt steht die Identität des Mannes immer noch nicht fest.

 

Nehmen wir diese Punkte als Arbeitshypothese, da es sich um nachvollziehbare Fakten handelt.

Jetzt bin ich auf Vorschläge gespannt, wie die Lösung dieser konkreten Situation ganz praktisch aussehen soll. Möglicherweise lassen sich aus anderer Sicht ja Optimierungsreserven identifizieren, woran die Polizei immer Interesse hat.

4

@Josef Eisele:

Ich konnte trotz der fleißigen Medienarbeit der Frau nirgendwo lesen, sehen oder hören (stern tv), dass sie irgendwann wegen Atemnot auch in Panik geraten wäre. Lediglich in der SZ  ("So geht  man doch nicht einmal mit Tieren um") heißt es, dass sie im Streifenwagen sitzend mit dem Oberkörper nach unten gedrückt wurde. Dabei hatte sie aber offenbar noch genügend Luft, da sie nach eigenen Angaben schreien konnte ("sie habe versucht, sich aufzurichten und geschrien: "Aufhören! Ich krieg' keine Luft!" "). Auch später auf der Pritsche in der Zelle ist von  Panik und lagebedingter Atemnot nicht die Rede.

 

Wenn Sie meinen, dass es die Polizei sei, die die Eskalationsleiter für den Betroffenen unabsehbar  immer höher fährt, finde ich das Video von spiegel -tv mit der Festnahme des Grillers für das genaue Gegenteil  recht instruktiv: als er am Boden liegt, reden die Beamten ständig auf ihn ein, dass er sich auf den Bauch legen und Ruhe geben soll, das tut er aber schlichtweg nicht, sondern beginnt z-B. mit Beißen.  Der Einsatz bei der Familie (blinder Vater und Junge)  ist etwas anders gelagert, aber auch da: der Junge, der trotz seiner psychischen Erkrankung klar die Beamten als Polizisten erkennt und sie situationsadäquat dann auch als Bullenschweine /Scheißbullen (eines von beiden war es, glaube ich) beschimpft, bedroht und in ihre Richtung tritt wird mE in dieser Situation zu keiner dieser Handlungen provoziert.

5

 

25.2.2013

@meine5cent:

Wenn jemand  schreit, er bekomme keine Luft mehr, und das Ganze keine Finte ist, dann hat er subjektiv Atemnot und wird möglicherweise versuchen, durch Aktionen dem abzuhelfen, was wiederum eine Widerstandshandlung darstellt. Soviel zum unterbundenen SMS Kontakt im Streifenwagen.

 

Das Video zeigt, dass ein eben zu Boden gebrachter Mensch nicht unbedingt sofort vernünftig reagiert, also geht die Sache, wie gesehen, erst mal weiter: Lass los, ich brech dir die Hand, ich sag´s dir... . Fünf gegen einen... . Hier war einige Sekunden später der Kampf zu Ende, die Hand wurde nicht gebrochen. Angenommen, er gibt nicht schnell genug auf, und der Beamte, dessen Daumen er umbiegt, oder andere werden aktiver. Dann  kann es im Extremfall zum "lagebedingten Erstickungstod" kommen, weil bei jedem, der objektiv Luftnot hat, eine Gegenwehr einsetzt, also die vorherige prinzipiell steuerbare körperliche Aktion fortgesetzt wird, für die Gegenseite sich also nichts ändert, unter Umständen mit fatalem Ausgang. Rechtliche Hinweise interessierten mich bei der Betrachtung dieses Ablaufs, der selten vorkommt, aber nicht gänzlich ausgeschlossen ist, erst einmal nicht. Eher die Möglichkeit, dass man sich noch auf der Eskalationsleiter wähnt, aber bereits in einem anderen Abschnitt des Geschehens sich befindet, und die "Widerstandshandlung" wegen sauerstoffmangelbedingter Steuerungslosigkeit bereits eine unkontrollierbare  Aktion darstellt.

 

Zu der Geschichte mit dem geistig behinderten Jungen:  Die Mutter hat versucht, sowohl die Situation zu erklären, als auch ihren Jungen zur Vernunft zu bringen, das ist ihr leider nicht schnell genug gelungen. Sie wurde dann aktiv an der Fortsetzung dieser sinnvollen Intervention schulmäßig durch Festhalten mit dem Gesicht nach unten auf dem Sessel gehindert, das mag hier jeder bewerten, wie er will, entscheidend ist der Ausgang des Verfahrens, und da war ja das nach vorne gehen des Blinden mit vorgestreckten Armen eine Widerstandshandlung.

 

Die rechtlichen Rahmenbedingungen interessieren mich in allgemeiner Form jetz nicht weiter, im speziellen Fall werden sie ja in den  entsprechenden Verfahren angewandt, und deren Ausgang wiederum ist statistisch einigermaßen klar. Na dann.

3

Ach, Saint.John, ich muss Ihnen nichts beweisen. 

 

Vielleicht ist das das ganze Geheimnis: nicht ständig zu glauben, man muss seiner Umgebung irgendwas "beweisen", nur weil man Polizist ist.....! 

4

So etwa hatte ich das erwartet. Kritik wird immer gern geübt, konstruktiv ist sie aber nur dann, wenn Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt werden und sie nicht aus persönlichen Befindlichkeiten entspringt. Plötzlich ist sogar die rechtliche Seite von Sachverhalten gar nicht mehr interessant.

Was die Meinungen der Herrn Behr und Behrendes betrifft, so sind das zwei Meinungen von unzähligen Meinungen von Menschen mit gleichwertiger Reputation, die das ganze Spektrum abbilden. Diese beiden passen aber zufällig zu dem von der Presse veranstalteten Auftrieb.

Was ist das denn außerdem für eine Aussage von einem Leitenden Polizeidirektor. Denkt man diese konsequent zu Ende wurden in der Vergangenheit massiv Strafvereitelungen im Amte begangen, da ja Straftaten nicht angezeigt wurden, obwohl Strafverfolgungszwang besteht. Das ist ja gruselig.

Zu M.Deeg kann ich nur sagen, daß es richtig ist, daß sie mir nichts beweisen müssen. Das habe ich auch nicht gefordert. Genau so wenig wie ich mich aufgefordert sehe etwas zu beweisen.

Was die FAZ und den Kampf um Privilegien angeht nur mal ein paar Fakten als Denkanstoß.

In den 80-Jahren rekrutierte die Polizei rein rechnerisch mit einem Verhältnis von 1:10. Auf 10 Bewerber kommt eine Einstellung. Heute ist das Verhältnis 1:6 und bereits bei diesem Verhältnis müssen sich nahezu die Hälfte aller Schulabgänger mit Fachhochschulreife bewerben. Wie attraktiv muß da der Polizeiberuf wohl sein, um die besten der Schulabgänger darfür zu interessieren? Ansonsten müssen wir mit den Bewerbern leben, die sich anbieten und diese in 3 Jahren zu rechtssicheren, psychologisch geschulten und in Selbstverteidigung versierten Athleten ausbilden. Noch weitere finanzielle Einschnitte und wir bekommen ganz sicher die Leute, die wir brauchen.

4

Glauben Sie wirklich, dass Sie so einfach davon ablenken können, dass die Ihrer Meinung nach "falsche These" der Retourkutschen von einem hohen Polizeibeamten mit Expertise auf diesem Gebiet bestätigt wird?

@Mein Name:

Die These der Retourkutschenanzeige ("Der wurde verletzt und will uns anzeigen, da machen wir doch gleich mal eine Anzeige wegen Widerstands")  müsste erst einmal derjenige belegen, der sie aufstellt. Die in der FAS zitierten unbelegten Aussagen halte ich für etwas vage. Wenn also nach dem FAS-Artikel seit 2009 die Anzahl der Anzeigen wegen Widerstands gegen "die Staatsgewalt" -so die FAS- abnimmt, müsste bei einer statistischen Korrelation auch die Zahl der Anzeigen wegen Körperverletzung im Amt/Nötigung abgenommen haben; umgekehrt eine Zunahme beider Delikte im Zeitraum 2005-2009. Vielleicht hat Prof. Müller eine kriminologische Studie zur Hand, die eine Korrelation zeigt?

0

Hm, eine Expertise sehe ich hier nicht, da Herr Behrendes lediglich für eine von 47 Kreispolizeibehörden in NRW sprechen kann. Ein Blick in die PKS 2011 (2012 ist noch nicht auf dem Markt) sieht beim Deliktschlüssel 621021 (explizit Widerstand gegen Polizeibeamte) einen Rückgang von 1,1 %. Dies deckt sich ja dann wohl nicht so ganz mit der Aussage von Herrn Behrendes. Die bekannt gewordenen Fällen von Körperverletzung im Amte (Deliktschlüssel 655100) sind sogar um 5,4% rückläufig.

Richtig ist allerdings, daß aktuell mehr Sachverhalte zu Papier gebracht werden als früher. Nicht in Form von Strafanzeigen, sondern auch in Form von Berichten damit polizeiliches Handeln nachvollzogen werden kann. Wo da die "Retourkutsche" ist sehe ich jetzt nicht wirlich.

4

Vielleicht sollten alle Münchner Polizisten mal bei den Kollegen der PI 16 in den Nachhilfeunterricht gehen:

http://www.polizei.bayern.de/muenchen/news/presse/aktuell/index.html/173478

Die Beschuldigte zeigte sich während der polizeilichen Maßnahmen äußerst aggressiv und beleidigte die Beamten mit Schimpfwörtern, wie z.B. „Nuttenkinder“, „Wichser“, „hässlicher Knilch“ und „Vollidioten“. Des Weiteren beleidigte sie einen Beamten mit dunkler Hautfarbe mit den Worten „verfickter Judenschädel“.
...
Die Beamten brachten die junge Frau im Anschluss an die ärztliche Untersuchung wieder zur Polizeiinspektion 16 und aufgrund ihres wiederum aggressiven Verhaltens in die Zelle. Hier randalierte die 17-Jährige, indem sie ununterbrochen gegen die Zellentür schlug und zudem versuchte, sich durch Kopfstöße an die Wand selbst zu verletzen. Erkennbare Verletzungen entstanden bis auf Rötungen, die von den Handschellen herrührten, nicht. Durch beruhigendes Zureden gelang es den Beamten dennoch im weiteren Verlauf die junge Frau zu besänftigen. Letztlich entschuldigte sie sich bei den Beamten für ihr Verhalten. Sie wurde nach der Durchführung aller notwendiger polizeilichen Maßnahmen entlassen.

 

Andererseits: vielleicht wäre dies ohne die aktuelle Aufmerksamkeit auch anders ausgegangen, wer weiß?

Nochmal andererseits, vielleicht ist das der Normalfall? Täglich werden buchstäblich hunderte von Menschen in verschiedensten Situationen  völlig unspektakulär in Gewahrsam genommen und täglich bewältigt die Polizei auch tausende von Einsatzanlässen ohne Verletzungen bei sich oder anderen. Aber eine schlechte Tat macht ja hunderte gute nichtig.

5

Die tz teilt mit, dass das Gutachten zum BtM-Nachweis vorliege. Danach wurde MDMA, Amphetamin und Kokain sowie THC nachgewiesen.
Etwas kurios ist die Erklärung des Rechtsanwalts  „Meine Mandantin hat schon vor einem Millionenpublikum bei Stern TV gesagt, dass sie gelegentlich eine Graszigarette raucht, wenn sie auf Partys ist.“ und "Das ist in etwa das, was wir erwartet haben" .

Dass man von gelegentlichen Graszigaretten MDMA und Amphetamin ins Haar bekommt  - Kokain soll nicht ausschließbar  durch Hautkontakt mit dem Haar aufgefunden worden sein - dürfte ein biochemisches  Wunder sein.

5

meine5cent schrieb:
Die tz teilt mit, dass das Gutachten zum BtM-Nachweis vorliege. Danach wurde MDMA, Amphetamin und Kokain sowie THC nachgewiesen.
Zur Erinnerung: diese Haarprobe wurde bei der Durchsuchung veranlasst, die vier Wochen nach der "Schlägerei" in der Zelle stattfand - aus welcher Motivation auch immer.

Abgesehen davon: was ist an Speed so "schlimm"? Es wird von Experten nur wenig schädlicher als Rauchen eingestuft Ecstasy sogar weniger riskant als Methyplphenidat (Ritalin). Ich möchte lieber nicht wissen was Haaranalysen an einer Grundschule in Grünwald oder Zehlendorf ergeben würden ...

Sehr geehrte/r meine5cent,

 

1. wie ich schon früher schrieb, ist mir völlig unerfindlich, warum es rechtlich für die Frage der Notwehr eine Rolle spielen sollte, welche Drogen die Betroffene eingenommen hatte. Auch Drogenkonsumenten haben Menschen- und Bürgerrechte. Da die Frau ihre vorherigen Widerstandshandlungen (um sich treten, spucken) nicht bestreitet, ist der einzige Kontext, in dem dies erheblich sein könnte, einer, der den Polizeibeamten belastet (s.o.). Dass Sie (wie die Polizei) die Drogeneinnahme  jetzt als so wesentlich herausstellen, erweist sich als Gedankengang nach dem Motto: Wer Drogen nimmt, hat es nicht anders verdient, als verprügelt zu werden.  Eine - diplomatisch ausgedrückt - "seltsame" Rechtsauffasssung.

2. Wenn man aufklären will, mit welchem Alkohol- bzw.  Drogenstatus die Beteiligten unterwegs waren, hätte auch Anlass bestanden denjenigen, der die Frau mit Faustschlägen verletzt hat, entsprechend zu untersuchen. Ist das erfolgt?

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

 

@Professor Müller:

Ich weiß nicht, wie es kommt, dass Sie mir irgendwelche Gedankengänge unterstellen. Das ist jetzt schon das zweite Mal, dass Sie irgendetwas hineinlesen, was weder explizit noch sinngemäß in meinen Beiträgen steht. Sie sind doch sonst auch eher faktenorientiert.
Aber dann eben zur Glasklarstellung: Nein, wer Drogen nimmt und anschließend verpügelt wird, ist meiner Meinung nach NICHT selbst schuld.

Mein Punkt ist Folgender:

Es geht unter anderem um die Glaubwürdigkeit von Tamara/Teresa

So gibt es zum Tatgeschehen die Versionen :

1. Polizei/Beschuldigter

 Aggressive Frau, die bereits im Auto trat und schlug; in der Zelle: Spucken,  Kopf wegschieben, vermeintlicher Angriff durch Kopfstoß, Faustschlag (ob das dann einen Faustschlag tatsächlich rechtfertigt, ist eine andere Frage)

2. und die Version Tamara/Teresas:

war eigentlich ganz friedlich und wollte nur smsen, dann wurde ich deshalb (!) schon im Auto nach unten gedrückt, wurde dann erst etwas vor allem verbal aggressiv, auf der Wache  in der Zelle dann gespuckt und dafür zwei Faustschläge bekommen.

Schon die Frage nur einer oder sogar zwei Faustschläge ist sowohl für die Frage: können 2 Schläge noch Notwehr sein,  als auch für eine etwaige Strafzumessung deutlich relevant.

Auch beim subjektiven Tatbestand dürfte eine Rolle spielen, ob man es mit einer körperlich aggressiven Person zu tun hat, bei der man dann eine ruckartige Bewegung eher  als Angriff deutet als bei einem bis dahin kooperativen Festgenommenen.

Und wenn jemand durch Presse und Fernsehen tingelt und dort Dinge von sich gibt, die offenbar nicht so ganz stimmen, insbesondere dann, wenn es auch um eine Frage geht, die bei dem konkreten Vorfall eine Rolle spielt (angeblicher BtM-Einfluss bei der Tat) , dann ist das für die "allgemeine Glaubwürdigkeit" - ich weiß, die  ist ein eher sekundäres Kriterium bei der Beweiswürdigung-  durchaus ein relevantes Kriterium.
 

Dass der Beamte auch hätte untersucht werden sollen/müssen, nachdem er weder in der Öffentlichkeit (stern tv) behauptet hat, gelegentlich Drogen zu konsumieren, noch ein durchgehend aggressives Verhalten bei der Tat an den Tag gelegt hat (bis zur Zelle lief alles verletzungsfrei ab), meinen Sie jetzt aber nicht im Ernst? Abgesehen davon, dass nach wie vor die Behauptung im Raum steht, dass Tamara/Teresa gegenüber den Beamten schon am Tattag etwas von Drogenkonsum gesagt habe und man gerade deshalb einen 81a-Beschluss schon an diesem Tag beantragte. Es also konkreten Anlass gab, einen BtM-Einfluss anzunehmen.

 

@ mein Name:

Mir ist völlig egal, was die Frau sich einwirft und ob das schädlich ist oder aber weniger schädlich als Rauchen. Dass MDMA und XTC  vom Konsumenten erwünschte und vielleicht auch unerwünschte Effekte hat, wenn er akut unter Einfluss stehen sollte (ja, das mit den 4 Wochen habe ich mitbekommen), ist etwas deutlich anderes als die Frage der mittel- bis langfristigen Gesundheitsschäden.

5

@meine5cent,

Sie schreiben:

Aggressive Frau, die bereits im Auto trat und schlug; in der Zelle: Spucken,  Kopf wegschieben, vermeintlicher Angriff durch Kopfstoß, Faustschlag (ob das dann einen Faustschlag tatsächlich rechtfertigt, ist eine andere Frage)

Es ist die von Ihnen genannte  "andere Frage", die mich interessiert und die ich hier zum Ausgangspunkt meines Beitrags gemacht habe. Diese "andere" Frage wird im Prozess gegen den Polizeibeamten die entscheidende Rolle spielen, wenn es je zu einem Prozess kommt.

Nur die Frage, ob es ein oder zwei Faustschläge waren, ist (allerdings nicht entscheidend) bedeutsam, kann aber möglicherweise durch ein rechtsmedizinisches Gutachten geklärt werden. Alle anderen Fragen zum Sachverhalt sind entweder nicht bedeutsam, oder sie widersprechen sich gar nicht. Immer wieder wird in der Presse kolportiert, es gebe zwei völlig verschiedene Versionen: Das ist nicht der Fall!

Dass der Beamte auch hätte untersucht werden sollen/müssen, nachdem er weder in der Öffentlichkeit (stern tv) behauptet hat, gelegentlich Drogen zu konsumieren, noch ein durchgehend aggressives Verhalten bei der Tat an den Tag gelegt hat (bis zur Zelle lief alles verletzungsfrei ab), meinen Sie jetzt aber nicht im Ernst?

Ein oder zwei knochenbrechende Faustschlag/schläge ins Gesicht einer Frau können ebenso Hinweis sein auf ein erhöhtes Aggressionspotential, das auch mit Drogen im Zusammenhang stehen kann - wie das von den Beamten ja beobachtete Verhalten der Frau. Dass sie Drogenkonsum einräumt, spricht - anders als Sie denken - gerade nicht gegen ihre Glaubwürdigkeit.

 

Mit Verlaub: sie räumt einen Drogenkonsum NUR von Gras ein, obwohl sie offenbar nachweislich AUCH anderes konsumiert hat. Wo genau sehen Sie die Glaubwürdigkeit bzw. einen fehlenden Widerspruch?

Gegenprobe:

Wenn der Polizist gesagt hätte (!): ich habe sie nur leicht mit dem Kopf gegen die Wand gedrückt, die Frau aber Knochenbrüche im Gesicht hat: würden Sie dann auch sagen, das spreche aber doch nicht gegen seine Glaubwürdigkeit?

In beiden Fällen prallen Aussage und Tatsachenbefund aufeinander. Mit dem Ergebnis, dass die Aussage offensichtlich falsch ist.

 

Mit Ihrer Argumentation zur Gleichbehandlung bei der Blutentnahme müssten Sie konsequent bei jeder Gewalttat eine Blutentnahme befürworten, egal, ob es außer der Tat selbst Anhaltspunkte für einen vorherigen Alkohol- oder  Drogenkonsum gibt. Ich wiederhole mich: sowohl nach der ersten Pressemeldung in der tz (die offenbar auf eine Mitteilung durch die Frau und ihren Anwalt zurückging, weil die tz als erste auch das privat erstellte Foto hatte) als auch von Seiten der Polizei wird behauptet, dass die Frau eingeräumt habe, zeitnah  - genaues zum Durchfeiern und Partyende steht nirgendwo-  zu dem Geschehen Drogen -ohne nähere Angabe dazu, welche- genommen zu haben. Es gab also bei der Frau begründeten Verdacht auf Drogenkonsum und nicht reine Spekulation.

4

Sehr geehrter meine5cent,

das Gutachten nach einer Haarprobe 4 Wochen nach der Tat kann (wie Sie ja wissen) nicht belegen, welche Drogen am betreffenden Tag eingenommen wurden. Ich halte die bisher veröffentlichten Angaben der Zeugin für relativ glaubhaft, was das juristisch relevante Kerngeschehen in der Gewahrsamszelle angeht. Diesen Angaben  wird (außer bei der Anzahl der Faustschläge)  von der Polizei auch gar nicht widersprochen.  Und die Frage, warum der gelegentliche Drogenkonsum der betr. Frau und der konkrete THC-Einfluss zur Tatzeit die Notwehrlage beeinflusst, steht weiter im Raum. Meine These: Obwohl dies rechtlich nicht von Relevanz ist versucht man, durch die Drogenthese und dem Versuch, den Ruf der Zeugin zu beschädigen, vom (Augenblicks-)Versagen des Polizeibeamten abzulenken und davon, dass die Notwehrthese tatsächlich und rechtlich auf tönernen Füßen steht.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Seit gestern "Asül für alle" lief, wissen wir auch woran's liegt: es werden einfach keine Fahrradspeichenfabriken und ähnlich ungefährliche Projekte mehr gebaut, die mit entsprechender Polizei...präsenz geschützt werden müssen - kein Wunder, dass die aufgestaute Energie irgendwie rausmuss:

Helmut Schlaich ab 32:25

(Vorsicht, Satire)

Da könnte man glatt meinen einige hätten im wahren Leben noch niemals einen Gerichtssaal von innen gesehen. Glaubwürdugkeit ist alles vor Gericht. Partielle Glaubwürdigkeit gibt es dort nicht. Wenn ein Anwalt die Glaubwürdigkeit von Belastungszeugen durch Pressemanipulation oder sonstige moralisch grenzwertige Kniffe erschüttert ist dies Prozesstaktik und legitim. Schlägt aber das Imperium mit gleichen Waffen zurück, bewegt es sich sofort auf der Achse des Bösen. Das ist mit Verlaub gesagt schizophren.

Auch die "Schwere" der Verletzungen zeugt nicht von besonderer Motivation des Schlägers sondern von unglücklichen Umständen.

Jeder Kampfsportler weiß, das üblicherweise bei einer Schlageinwirkung gegen den Kopf die Nackenmuskulatur diese abpuffert. Die Energieaufnahme erfolgt also verteilt auf mehrere Vektoren. Befindet sich der Kopf allerdings vor einem festen Gegenstand, wirkt die Krafteinwirkung unmittelbar auf den getroffenen Feststoff, hier die Knochen. Anders gesagt, in eine Wand die nachgibt / umfällt kann ich kein Loch schlagen, in eine die stehen bleibt und nicht nachgibt dagegen leicht.

4

Saint.John schrieb:
Jeder Kampfsportler weiß, das üblicherweise bei einer Schlageinwirkung gegen den Kopf die Nackenmuskulatur diese abpuffert. Die Energieaufnahme erfolgt also verteilt auf mehrere Vektoren. Befindet sich der Kopf allerdings vor einem festen Gegenstand, wirkt die Krafteinwirkung unmittelbar auf den getroffenen Feststoff, hier die Knochen. Anders gesagt, in eine Wand die nachgibt / umfällt kann ich kein Loch schlagen, in eine die stehen bleibt und nicht nachgibt dagegen leicht.
Dann erscheint es ja mit der Physik à la Saint John unvereinbar, dass es trotz gepolsterter Handschuhe so viele Boxer mit gebrochenen Nasen gibt (und auch bei Vollkontaktsportarten mit Kopfschutz wie Taekwondo kommen Nasen- und Kieferbrüche vor). Leiden die alle unter Muskelverhärtung im Nacken?

Abgesehen davon: von wie vielen Beamten wurde die Geschlagene festgehalten? Vier? Oder doch sechs? Seeeehr unglücklich, in der Tat ...

Sehr geehrter Herr Saint John,

Sie schreiben:

Da könnte man glatt meinen einige hätten im wahren Leben noch niemals einen Gerichtssaal von innen gesehen. Glaubwürdugkeit ist alles vor Gericht. Partielle Glaubwürdigkeit gibt es dort nicht. Wenn ein Anwalt die Glaubwürdigkeit von Belastungszeugen durch Pressemanipulation oder sonstige moralisch grenzwertige Kniffe erschüttert ist dies Prozesstaktik und legitim. Schlägt aber das Imperium mit gleichen Waffen zurück, bewegt es sich sofort auf der Achse des Bösen. Das ist mit Verlaub gesagt schizophren.

Im wahren Leben habe ich schon einige Prozesse verfolgt. Im wahren Leben wird fast immer den Polizeibeamten geglaubt, das ist richtig. Aber nicht weil sie glaubwürdiger wären - Sie lügen fast genauso oft wie andere Menschen, sondern aus institutionellen Gründen. man glaubt ihnen oft sogar dann, wenn sie offensichtlich abgesprochen ziemlich unglaubhafte Stories erzählen. Leider.

Dass man tatsächlich versucht, die allgemeine Glaubwürdigkeit von Zeugen zu untergraben, mag vorkommen und auch manchmal erfolgreich sein. Aber ich halte das für illegitim. Egal von wem es kommt. Es sollte bei Widersprüchen (die hier wie gesagt gar nicht so groß sind) auf die GluabHAFTIGkeit ankommen, nicht auf die Glaubwürdigkeit.

Auch die "Schwere" der Verletzungen zeugt nicht von besonderer Motivation des Schlägers sondern von unglücklichen Umständen.

...

Befindet sich der Kopf allerdings vor einem festen Gegenstand, wirkt die Krafteinwirkung unmittelbar auf den getroffenen Feststoff, hier die Knochen.

Dass das Opfer meines Mandanten so schwer verletzt wurde, ist leider dem "unglücklichen Umstand" zu verdanken, dass es sich mit dem Kopf leider auf einer festen Unterlage befand und dabei, wie mein Mandant genau erkennen konnte, gerade zum Kopfstoß ansetzte.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Das hat jetzt tatsächlich mit Sachlichkeit wenig zu tun sondern mit Denken in Stereotypen. Ich weiß nicht warum sich selbst jemand, den ich bei aller Kontroverse, für seine Sachlichkeit sehr geschätzt habe, wie Prof. Dr. Müller so weit davon entfernt hat.

Das jemand den Vollkontaktvergleich hier heranzieht zeigt allerdings, wie wenig Ahnung jemand von der Materie hat. Ja, gebrochenen Nasen und Kiefer sind tatsächlich bei allen Kampfsportarten durchaus üblich, was an ihrer exponierten Lage liegt.  Brüche des Augenbogens sind jedoch selbst bei MMA-Veranstaltungen kaum anzutreffen und entstehen nur dann, wenn ein am Boden liegender Gegner von Schlägen getroffen wird. Ich wäre, rein theoretisch, daran interessiert, wie Mein Name sich vorstellt, wie jemand gebändigt wird, der, rein theoretisch, unter Einfluß von Amphetaminen bzw. Kokain steht und vorübergehend nahezu kein Schmerzempfinden hat. Der also auf die bei üblichen Kampfsport- / Kampfkunsttechniken auf Schmerzreizen basierenden Grifftechneiken nicht reagiert. Komischerweise hat hier niemand Antworten auf praktische Fragen.

Ich war mir ohnehin sicher das aus dieser Ecke die Ausführungen dazu entweder ins lächerliche gezogen werden oder aber daß wieder behauptet wird, es aus eigenen Wissenstand  besser zu wissen. Deshalb habe ich zum Entstehen der Verletzungen bisher auch gar nichts gesagt.

Die Verharmlosung des offensichtlichen (straflosen aber doch vorhandenen) Betäubundmittelmißbrauchs in dem zitierten Umfang (Multitoxikomanie) gefällt mir nicht, erklärt aber doch einiges.

Grundsätzlich wäre ich aber dankbar, wenn die Diskussion von allen Beteiligten wieder auf eine sachliche Ebene gehoben werden könnte.

5

Saint.John schrieb:
gebrochenen Nasen und Kiefer sind tatsächlich bei allen Kampfsportarten durchaus üblich, was an ihrer exponierten Lage liegt.  Brüche des Augenbogens sind jedoch selbst bei MMA-Veranstaltungen kaum anzutreffen und entstehen nur dann, wenn ein am Boden liegender Gegner von Schlägen getroffen wird... Komischerweise hat hier niemand Antworten auf praktische Fragen.
Nun denn - praktische Antworten:

Aussage des Polizisten: ein Schlag in Notwehr, weil zu einem Kopfstoß angesetzt wurde

Verletzung: Augenbogenbruch entsteht nur, wenn Kopf nahezu keinen Ausweichspielraum hat

Denkbare Szenarien:

1. Kopf wird von Beamten so festgehalten, dass ein Faustschlag die Verletzungen verursacht. Damit fällt die Erklärung "zum Kopfstoß angesetzt und Notwehr" aus. m.E. unrealistisch u.a. wegen Haaren/nicht dokumentiertem Haarverlust und weil das Fixieren der Extremitäten Priorität hat.

2. T.Z. wird von den Beamten an den Schultern so auf die Pritsche gedrückt, dass der Kopf nach hinten kaum Ausweichraum hat, andererseits kein Kopfstoß möglich ist. Damit fällt die Erklärung Notwehr" aus.

3. T.Z. hat Bewegungsspielraum, um den Kopf in den Nacken zu legen (und evtl. zusätzlich ins Hohlkreuz zu gehen).

a) Beamter schlägt zu, als der Kopf ganz hinten ist und keinen Ausweichspielraum mehr hat. Erklärung "wollte zum Kopfstoß ansetzen"  unglaubhaft, da das Sich-Winden mit Kopf-nach-hinten-Legen ein normales Verhalten ist wenn man sich gegen Festhalten wehrt und von einem Kopfstoß nicht ausgegangen werden kann

b) Beamter schlägt zu, als sich Kopf nach vorne bewegt. Erklärung "wollte zum Kopfstoß ansetzen" unplausibel, da er in diesem Fall tatsächlich von ein Kopfstoßversuch ausgehen konnte und das auch so gesagt hätte. Ebenfalls unplausibel die Schwere der Verletzung, da Kopf nach hinten nachgeben kann. In diesem Fall ist ein zweiter Schlag, der den Kopf in seiner hintersten Position trifft, ein plausible Erklärung.

Vorläufiges Fazit: aus keinem der Szenarien lässt sich die Erklärung "Notwehr" in Kombination mit der Schwere der Verletzung vereinbaren.

Aber vielleicht gibt es ja noch 3c) oder 4) ? Nur zu, Kampfsportexperten vor - gerne auch selbsternannte ...

Saint.John schrieb:
Ich wäre, rein theoretisch, daran interessiert, wie Mein Name sich vorstellt, wie jemand gebändigt wird, der, rein theoretisch, unter Einfluß von Amphetaminen bzw. Kokain steht und vorübergehend nahezu kein Schmerzempfinden hat.
 

Dass hier jemand meint, unter Einfluß von Amphetaminen bzw. Kokain hätte man vorübergehend nahezu kein Schmerzempfinden, zeigt allerdings, wie wenig Ahnung jemand von der Materie hat. Merke: nur weil es in der Juristensprache "Btm" heißt, betäubt es in Konsumdosen noch lange nicht das Schmerzempfinden. Ich empfehle Ihnen ein Gespräch mit einem Nichtjuristen aus dem Rettungsdienst oder der Notaufnahme eines Krankenhauses, um mit der Wirklichkeit in Kontakt zu kommen.

Saint.John schrieb:
Die Verharmlosung des offensichtlichen (straflosen aber doch vorhandenen) Betäubungsmittelmißbrauchs in dem zitierten Umfang (Multitoxikomanie) gefällt mir nicht, erklärt aber doch einiges.
Na dann viel Spaß beim nächsten Kneipenbesuch (falls Sie es tatsächlich mal in die Wirklichkeit hinaus schaffen), wenn Sie beobachten müssen, wie massenhaft Leute am selben Abend rauchen und Schnaps trinken - Multitoxikomanie wohin man blickt. Und verharmlost wird es vor einem Millionenpublikum auch noch ...

Sehr geehrter Herr Saint John,

wer unsachlich austeilt ("noch nie im Leben einen Gerichtssaal von innen gesehen"  "ist mit Verlaub gesagt schizophren") sollte auch so souverän sein, eine entsprechende Antwort zu akzeptieren.

Aber kommen wir zur Sache  zurück:

Wie Sie selbst vor einigen Tagen noch schrieben, liegt hier wohl ein Fehler des Polizeibeamten vor - über die Schwere dieses Fehlers (ob "unglückliche Umstände" oder zumindest vorhersehbare Folgen seines Schlages) kann man verschiedener Ansicht sein. Aber ein Fehler, rechtlich eine einfache Körperverletzung, liegt wohl vor, und zwar nach meinem Dafürhalten aufgrund der von der Polizei geschilderten Sachlage  war der Schlag NICHT durch Notwehr gerechtfertigt (sachlich-rechtliche Einwände gegen meine Auffassung habe ich hier noch nicht gelesen) . Für diese Subsumtion kommt es auf Glaubwürdigkeit nicht an, weil ich ihr die Darstellung des Polizeibeamten (bis auf die Behauptung eines Kopfstoßansetzens, aber selbst bei Unterstellung eines solchen) zugrunde lege.

Nun stellt sich heraus, dass man (seitens der Polizei München) versucht, die Glaubwürdigkeit der jungen Frau in Zweifel zu ziehen, indem man bei ihr vier Wochen später einen Drogentest macht etc.. Ich habe wiederholt gefragt, was denn dies (bei im Kern gleichlautenden Berichten über die Kernsituation) für die rechtliche Subsumtion bedeutet. Eine Antwort kommt von Ihnen, "Glaubwürdigkeit ist alles", wobei unklar bleibt, ob Sie diese Feststellung nur als Beschreibung der Ist-Lage treffen wollen oder ob Sie dem auch im allgemeinen oder im konkreten Fall zustimmen. Ihre sachlich gemeinte Weiterung (Gegenansicht "schizophren") deutet darauf hin, dass Sie es richtig finden, so vorzugehen. Auch meinen Sie, es sei als "sachlicher" Einwand in der Diskussion der Notwehrlage des Polizeibeamten richtig, den Nebenschauplatz Drogeneinnahme des Opfers zu diskutieren und es "erklärt einiges", dass andere diesen Drogenkonsum verharmlosen. Was "erklärt es" denn Ihrer Ansicht nach für diese Sache (Notwehr oder nicht)? Meines Erachtens erklärt es sachlich gar nichts. An anderer Stelle (Beck-Blogbeiträge von Jörn Patzak) wird regelmäßig über die Gefahren des Betäubungsmittelkonsums und die Legitimität von Drogenstrafrecht diskutiert - da ist es auch "sachlich" angebracht. Aber hier wird m.E. versucht, durch die Behauptung und den Nachweis des Drogenkonsums der betr. Frau von der "Sache" abzulenken. Selbst wenn "Glaubwürdigkeit alles" ist, erscheint mir es in diesem Fall eben nicht zur Sache gehörig.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

#Prof.Dr. Müller

Die Aussage, daß ich die Vorgehensweise für nicht richtig und die Verletzung für unnötig erachte halte ich auch nach wie vor aufrecht. Ich glaube auch weiterhin, daß die Verletzungen so nicht beabsichtigt waren, deshalb habe ich Aussagen zu ihrer vermutlichen Entstehung getätigt. Dennoch teile ich ihre Meinung bezüglich der einfachen Körperverletzung. Auch was die Notwehr angeht habe ich, analog zu ihnen, meine Zweifel. Was mich an dieser Geschicht so stört ist die Schlammschlacht, die in der Presse ausgetragen wird. Da schenken sich beide Seiten nichts. Auch zur Pressearbeit der Polizei München und der Manipulation durch den Anwalt der Frau habe ich bereits eindeutig Stellung bezogen. Eine Meinung, die ich nach wie vor vertrete.

Das vor Gericht Zeugen massiv in die Mangel genommen werden, um ihre Glaubwürigkeit zu erschüttern gefällt ihnen nicht und mir nicht, ist allerdings gelebte Wirklichkeit, täglich zu erleben in beliebigen Gerichten in Deutschland. In diesen Fällen kommt es tatsächlich auf Glaubwürdigkeit an, die Glaubhaftigkeit von Aussagen spielt da dann keine Rolle mehr. Dazu gibt es sogar Schulungsvideos, was zumindest die Polizei NRW dazu veranlaßt hat, Fortbildungsreihen mit dem Thema "Verhalten vor Gericht" anzubieten.

 

Was die "Nebenkriegsschauplätze" angeht, so haben sie selbst einige Themen und Links hier eingeführt, die mit dem Fall in München nur durch die Beteiligung der Polizei daran als Schnittmenge zu tun haben. Von daher bin ich davon ausgegangen, daß sich diese  Diskussion auch neben dem eigentlichen Handlungstrang bewegen soll und ja auch hat.

Nochmals, in dem Sachverhalt aus München bin ich tatsächlich ganz nah bei ihnen, wenn nicht sogar einer Meinung.

Was aber die hier verlinkten Videos und sonstige Textbeiträge angeht leiste ich mir eine eigene Meinung und da geht es mir wie ihnen und ihrem Hinweis auf sachlich-rechtliche Einwände. Konkrete Antworten auf Problemstellung sind Mangelware, Kritik aber ist reichlich vorhanden.

Was die Verharmlosung des Drogenkonsums angeht, so brauchen sie sich diesen Schuh nicht anzuziehen. Diese Bemerkung war eigentlich an meinen Lieblingswiderpart gerichtet, was aber ganz nüchtern betrachtet auch nicht den Pfad der Sachlichkeit beschreitet, wie ich reumütig zugeben muß. Ich gelobe Besserung und wäre wirklich daran interessiert, das auch hier, bei dem emotionsbesetzten Thema, die mittlerweile vorhandene Schärfe zumindest gemildert wird. Im Sinne der auch hier beschriebenen Fehlerkultur erscheint es mir wichtig, auch andere Sichtweisen zu betrachten und zu durchdenken.

 

4

# Mein Name

Der Aufruf zur Sachlichkeit gilt natürlich auch an mich selbst, deshalb werde ich auf einige Punkte des Postings auch nicht eingehen, wenngleich ich manches schon für sehr unverschämt halte.

Die denkbaren Szenarien sind durchaus richtig dargestellt und entsprechen auch einem möglichen Handlungsablauf. Ich bin der Ansicht, das hier vermutlich zwei Schläge erfolgt sind. Von der Notwehrtheorie in diesem Fall habe ich ohnehin noch nie viel gehalten.

4

Vielleicht können sich noch Einige an die Diskussion erinnern, die wir bei einem Kindsmörder hatten. Ihm hat der Polizist mit körperlichen Schmerzen nur gedroht. Und der von ihm verfolgte Zweck war ehrenwert. Er wollte das Leben eines Kindes retten, das einem Verbrechen zum Opfer gefallen war. Trotzdem das Ergebnis: Menschenrechtsverletzung, das hat Straßburg festgestellt. Und damit Verletzung der Menschenwürde. Konsequenz: Kompensation u.a. durch Verurteilung des Polizisten. Manche haben sogar Entlassung aus dem Dienst gefordert. Die Berufung auf rechtfertigenden Notstand und rechtfertigende Pflichtenkollision hat das LG nicht gelten lassen, wegen der Unabwägbarkeit der Menschenwürde.

Und was haben wir vorliegend für einen Fall? Eine junge Frau, die sich nicht beruhigen wollte. Keine Kindsmörderin. Und wir haben einen Polizisten, der nicht nur körperliche Schmerzen angedroht, sondern gleich ausgeteilt hat. Und warum tat er das? Nein, nicht um ein Kind zu retten, sondern um die junge Frau still zu stellen, weil sie angeblich gespuckt und um sich getreten und die Beamten beleidigt und zum "Kopfstoß" angesetzt haben soll.

Was ist das denn? Dem einen Polizisten wollen wir keine Berufung auf rechtfertigenden Notstand gewähren und dem anderen, vermutlich unter krankhaften Sadismus leidenden Beamten, soll es möglich sein, sich auf Notwehr berufen zu dürfen, die aus tatsächlichen Gründen schon höchst fraglich ist?

Bei dem Kindsmörder wurde immer wieder argumentiert, dass in unserer Rechtordnung sogar Kindsmördern die Unverletzlichkeit der Menschenwürde garantiert sei. Es darf aber jetzt nicht der Eindruck entstehen, das sie nur für sie gilt.

Zum Vergleich ein aktuelles Urteil aus Nürnberg:

Gefesselten geschlagen - Bewährungsstrafe für Nürnberger Polizisten

Ob ein Nichtpolizist bzw. Nichtbeamter auch so einen Rabatt bekommen würde, wenn er erst abstreitet, wegen Kollegenaussage verurteilt wird, Berufung einlegt und dann erst gesteht?

Gab es denn überhaupt schon einmal ein Urteil, bei dem ein Polizist wegen KV eine beamtenrechtlich relevante Strafe von mindestens 12 Monaten bekam oder besteht da grundsätzlich eine systemimmanente Beißhemmung (siehe Polizeichef Rosenheim, Stuttgart21-Schläger nur 8 Monate bei gefährlicher KV)?

Mein Name schrieb:

Zum Vergleich ein aktuelles Urteil aus Nürnberg:

Gefesselten geschlagen - Bewährungsstrafe für Nürnberger Polizisten

Ob ein Nichtpolizist bzw. Nichtbeamter auch so einen Rabatt bekommen würde, wenn er erst abstreitet, wegen Kollegenaussage verurteilt wird, Berufung einlegt und dann erst gesteht?

Gab es denn überhaupt schon einmal ein Urteil, bei dem ein Polizist wegen KV eine beamtenrechtlich relevante Strafe von mindestens 12 Monaten bekam oder besteht da grundsätzlich eine systemimmanente Beißhemmung (siehe Polizeichef Rosenheim, Stuttgart21-Schläger nur 8 Monate bei gefährlicher KV)?

Das kann ich Ihnen sagen: wenn das Opfer in der Folge stirbt (§ 227 StGB)! S. dazu den Sachverhalt von EGMR, Urteil vom 19. 7. 2012, Rechtssache S. gegen DEUTSCHLAND (Individualbeschwerde Nr. 29881/07).

F.-C. Schroeder fasst das Geschehen in JR 2013, 170, 177 wie folgt zusammen:

Teils fidele, teils makabre Vorgänge in einem Kölner Polizeirevier
hat die Menschenrechtsbeschwerde vor den
Straßburger Gerichtshof und damit vor die internationale
Öffentlichkeit gebracht: Ein Polizistenpaar nutzt die Ruhe
nach Dienstschluss zu einem außerehelichen Geschlechtsverkehr
und wird dabei Zeuge, wie fünf Kollegen einen
gefesselten Mann in das Revier führen, schlagen und treten,
so dass er in ein Krankenhaus gebracht werden muss
und am nächsten Tag stirbt.

Das Tatgericht verhängte ganze 1 Jahr und 4 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung! Unter 12 Monate ging ja nicht (§ 227 Abs. 2 StGB)...

 

 

Es besteht keine systemimmanete Beißhemmung sondern lediglich Orientierung am üblichen Strafrahmen. Dieser liegt bei Ersttätern selbst bei Qualifizierung als Amtsstraftat i.d.R. unterhalb von 12 Monaten Freiheitsstrafe. Das wurde aber bereits schon auf den ersten Seiten dieser Diskussion erörtet. Mehrheitlich wird sogar bei § 223 nur eine Geldstrafe verhängt, die rein gesetzlich bei § 224 nicht mehr vorgesehen ist.

5

Dieser Eindruck täuscht:

Richter Seyb stimmte dem zu und betonte, dass es sich nicht um eine normale Körperverletzung handle, sondern um ein Delikt, "das das Vertrauen in den Rechtsstaat erschüttert". Es dürfe nicht sein, dass Bürger, auch wenn sie sich nicht ganz korrekt verhielten, von der Polizei geschlagen würden. Wenn der andere Beamte nicht als einziger die Courage gehabt hätte, gegen seinen Kollegen auszusagen "dann wäre diese Sache hier falsch ausgegangen".

http://www.sueddeutsche.de/bayern/polizeigewalt-mildere-strafe-fuer-prue...

Ein einziger Mutiger mach noch lange keine "Binnenhygiene".

Auch schön erklärt in dem Artikel: die "Mildespirale", nach dem Motto "wenn andere auch unter 12 Monaten bleiben, dann ist es nicht an uns, ein Signal zu setzen". "Richter Gnadenlos"-Typen fühlen sich offenichtlich nur zum Durchgreifen berufen, wenn Zivilisten angeklagt sind.

Das soll jetzt nicht heißen dass ich das Strafmaß in dem konkreten Fall für zu gering halte, aber die Begründung hat doch ein Geschmäckle - es geht schließlich immer um den Einzelfall und nicht darum, dass das "Gesamtbild" stimmt.

--------------

Innenminister Herrmann über Polizeigewalt: "Das sind Einzelfälle" (SZ)

Eine neutrale Anlaufstelle für Opfer von Polizeigewalt, etwa einen Ombudsmann beim Landtag, lehnt er weiter ab. "Dass für eine Strafanzeige der Staatsanwalt zuständig ist, daran würde auch ein Ombudsmann nichts ändern. Er kann Beschwerden anschauen, aber welche Befugnisse bekommt er sonst?"

Kleiner Tipp an Herrn Herrmann: Es sind Leute wie Sie als Politiker, die das bestimmen können. Wenn Sie das nicht wissen oder nichts gestalten wollen, dann sind Sie auf Ihrem Posten falsch und gehören in die Verwaltung.

Und noch interessanter ist, wie sich Polizisten bei Einsätzen aktuell gebärden:

Wenn die Polizei zur Gefahr wird - "Weil sie sich widersetzt haben" (Die Zeit)

Die Lage eskalierte dann heftig, als ein sehr aggressiver Polizist, der zuvor schon mit seinem Schlagstock drohte, einen völlig friedlichen Unterstützer von außerhalb zu sich riss. Auch hier wieder der neue ‚Polizeigriff’ – Mund und Nase zuhalten und Kopf nach hinten ziehen – diesmal bei einer Frau, die ebenfalls tatenlos am Rand der Menge stand. Wie können solche Methoden gerechtfertigt werden?

Dann hört man wieder Schreie aus dem Kreis der Polizisten, die einen der Flüchtlinge auf den Boden gedrückt haben. Eine blonde Polizistin tritt immer wieder an sein Bein, während ein Kollege ihm mit der Faust in den Bauch schlägt. Als die Polizisten ihn an den Armen Richtung Polizeiauto ziehen, ist er nicht mehr bei Bewusstsein. Er hat einen Schuh verloren und wird, die Beine auf dem Boden schleifend, in ein Auto gezogen. Viele rufen, dass er einen Krankenwagen brauche, aber die Polizisten tun diese Sorge nur mit einem “Jaja” ab.

Es ist eine Willkür der Polizeibeamten, die von keiner Instanz bei ihren Vorgehensweisen kontrolliert werden. Die Gefahr, dass etwaige Methoden an die Öffentlichkeit kommen, macht ihnen aber offenbar Angst. Gegenseitig wiesen sie immer wieder auf mich und meine Kamera hin, hielten die Hand davor oder stießen mich zurück. Von Pressefreiheit kann da keine Rede sein.

Blamabel war es zudem, dass die Polizisten den ganzen Abend über kaum Informationen über den Zustand der Festgenommenen oder den Grund des Einsatzes geben konnten. „Meine Schicht hat gerade erst begonnen“ oder „Dafür bin ich nicht zuständig“ waren gern gewählte Ausreden. Ebenso unglaubwürdig war die Aussage „Es ist Wochenende, das ist eine Ausnahmesituation, da dauert alles etwas länger“ einer Polizeibeamtin.

Da stellt sich doch die Frage, warum die Beamten am Wochenende in einer solch großen Zahl in wenigen Minuten am Einsatzort auftauchen können, es dann aber an der Informationspolitik und einem erreichbaren Pressesprecher hapert. Selbst der Einsatzleiter war nicht in der Lage, Anwälten und Pressevertretern Informationen zu liefern. Er wusste dann noch nicht einmal, wie man sich an den zuständigen Funktionär wenden kann.

"Binnenhygiene" ...? Wohl eher faul vom Kern her.

#MeinName

Die Geschichte von der "Freiheit statt Angst-Demo" ist mittlerweile uralt. Wenn es denn bei der angeblich ständig (faul vom Kern her) brutalen und unrechtmäßig handelnde Polizei nicht mehr Videos gibt, brauchen wir uns ja alle keine Sorgen machen. Es gibt übrigens noch mehr Videos, mit ein bisschen Mühe werden sie die schon finden. Bezogen auf die Einsatzzahlen der Polizei handelt es sich um Fälle unterhalb des Promillebereichs. Alles bedauerlich, aber wo Menschen arbeiten ist der Fehler eigentlich der Normalfall.

Das subjektive schneiden und kommentieren von Videos ist übrigens auch ein ganz alter Hut, insbesondere wenn bestimmte politische Richtungen beteiligt sind gehört das zum üblichen Spiel. In den einschlägigen Foren ist dann immer von geschlagenen schwangeren Frauen und auch sonstigen schwer verletzten Personen die Rede, allein, die tauchen niemals auf, keiner kennt sie und davon gibt es auch keine bewegten oder sonstige Bilder. Zur Manipulation der Öffentlichkeit reicht es aus, Behauptungen aufzustellen.

Beim Lesen des ideologisch gefärbten Bezugsbericht mußte ich einige Male doch sehr schmunzeln.

Polizeigriff finde ich insbesondere sehr lustig, handelt es sich doch um eine schon seit 30 Jahren überholte Technik. Heutzutage werden andere Eingriffstechniken verwendet.

Was den Mann mit dem blauen Fahrrad aus Berlin betrifft, so ist es falsch und höchst unprofessionel, was ihm passiert ist, ohne wenn und aber. Dennoch ist erwiesen, das es sich bei ihm um einen Berufsdemonstranten handelt, der gezielt die Nähe der Polizei sucht, um genau solche Situationen zu provozieren. Bis zu dem Sachverhalt in Berlin, bei dem er offensichtlich einen schwachen Geist gefunden hat, immer erfolglos aber höchst theatralisch seinerseits. Das ist übrigens auch für jedermann aus frei zugänglichen Videos auf Youtube verifizierbar. Spielt für die Bewertung der Schläge keine Rolle, zeigt aber deutlich, wie das Spiel mit den Meinungen läuft.

Erstaunlicherweise beschäftigen wir uns tatsächlich bereits ab der mittleren Führungsebene der Polizei sehr mit dem Thema.

Sie sind mit der Polizei nicht zufrieden? Wir sind dankbar für konkrete Vorschläge, wie und wo bessere Beamte zu gewinnen sind und wie der bestehende Personalstamm zu verbessern ist. Folgt man konsequent ihrer Ansicht, hatten ja bis jetzt die Führungsverantwortlichen der Polizei nicht die richtigen Ideen. Ich erwarte also einige Vorschläge.

5

Welcher objektive Schaden ist durch die Nichteinhaltung von offensichtlich nicht so klaren internen Meldewegen/-pflichten entstanden? Was hääte das an der Situation geändert? Offensichtlich ist man sich im Innenministerium über die Verfahrensweisen selbst nicht ganz klar. Gibt es in Bayern keinen Dienstweg, keine Vorgangskontrolle durch unmittelbare Vorgesetzte, keine Berichtspflichten an die Behördenleitung? In NRW gibt es jedenfalls solche Dinge und sie sind klar geregelt. Nach wie vor wird die Angelegenheit offenbar in den Medien und der öffentlichen Wahrnehmung ausgetragen und nicht objektiv und sachlich in einem Ermittlungsverfahren.

Das hier ist ganz interessant, vor allem, wenn man mal auf die Zahlen achtet, insbesondere Anzahl der Verfahren, wieviele hat AI sich angesehen, wieviele näher und wieviel haben tatsächlich Einzug in den Bericht von AI gefunden. Sieht man sich dann diese Fälle auch noch näher an, sind einigen darunter, wo sich tatsächlich die Haare sträuben, aber auch einige, die völliger Schwachsinn sind, wie der fall aus Hagen z.B..

http://www.youtube.com/watch?v=V24izI7LQxU.

0

Die US-amerikanischen Stationierungsstreitkräfte greifen bei polizeilichen Übergriffen hart durch: Fristlose Kündigung eines Militärpolizisten. Doch die deutschen Gerichte lassen diese Strenge und Null-Toleranz-Politik nicht durchgehen und erklären die Kündigung für unwirksam: LAG Rheinland-Pfalz vom 25.1.2013, http://dejure.org/2013,4423

0

Der oben genannte Fall beim Arbeitsgericht (nicht ansatzweise zuständig für Polizisten) berührt einen Angestellten, dem für den Bereich der Stationierungsstreitkräfte gewisse polizeiliche Befugnisse zugestanden werden. Was das mit der Polizei zu tun hat erschließt sich mir nicht ansatzweise.

0

Saint.John schrieb:
Der oben genannte Fall beim Arbeitsgericht (nicht ansatzweise zuständig für Polizisten) berührt einen Angestellten, dem für den Bereich der Stationierungsstreitkräfte gewisse polizeiliche Befugnisse zugestanden werden. Was das mit der Polizei zu tun hat erschließt sich mir nicht ansatzweise.

Wenn Sie das Urteil gelesen hätten, dann wäre Ihnen nicht entgangen, daß es sehr wohl um einen Polizisten geht. Schon der erste Satz des Tatbestands lautet:

Die Parteien streiten über eine außerordentliche fristlose Kündigung wegen vermeintlicher Körperverletzung bei Ausübung des Polizeidienstes.

Daß die Stationierungsstreitkräfte nicht deutsches Beamtenrecht anwenden und der Militärpolizist demzufolge nicht Beamter, sondern Angestellter ist (und deshalb die Arbeitsgerichte zuständig sind), ändert an dem Sachverhalt nichts.

Im übrigen wendet das LAG auch ausdrücklich die Maßstäbe an, die es für beamtete Polizisten für richtig hält:

Da die Parteien Zuständigkeiten und Pflichtenlage wesentlich gleich der für deutsche Polizisten dargestellt haben, gilt auch insofern, dass ein Vollzugsbeamter, der in Ausübung seines Dienstes eine vorsätzliche Körperverletzung begeht, ohne dass ein Fall der Notwehr oder Putativnotwehr vorliegt, in grober Weise gegen den polizeilichen Auftrag der Gefahrenabwehr handelt und eine elementare Pflichtverletzung begeht (vgl. Bay VGH 12.10.2011 - 16a D 09.828 - zu IV 1a bb [1] der Gründe, juris).

5

#Gast

Ich habe das Urteil gelesen, sogar bis zum Schluss. Der Mann ist kein Polizist. Er ist von seinem Status vergleichbar mit einem Angestellten bei einem beliebigen Wachschutz, hier mit dem Arbeitgeber US-Militär.

Das ändert alles, da die Rechtsgrundlagen der vornehmbaren Handlungen völlig andere sind.

#Sebastian Sobota

Es handelt sich bei dem geschilderten Vorfall um die Polizeiwache Eigelstein in Köln, die seit Jahren, auch wegen diese Vorfalls nicht mehr existiert. Wenn man grundsätzlich Strafen von mehr als 12 Monaten bei Ersttätern unter "normalen" Umständen fordert, so muß man aber den Vergleich zur allgemein üblichen Vergleichbestrafung ziehen. Wie wird denn i.d.R. ein Nichtpolizist bei ein einfachen Körperverletzung bestraft?

Vielleicht könnte Prof.Dr. Müller hier mal mit Daten / Erfahrungswerten aushelfen.

0

Es ist interessant, was das OLG Nürnberg als Revisionsgericht dazu sagt, wenn es von Staatsanwalt Bernd Zuber angerufen wird. Die Begründung, die Richter Dieter Seyb jedenfalls mündlich gegeben hat, ist fehlerhaft - nach den Kritierien, die der 1. Strafsenat des BGH in http://dejure.org/2011,1639 vertritt:

Eine Anpassung an vereinzelte mildere Urteile würde auch - falls sie sich etwa allgemein durchsetzte - notwendig zu einem ständigen Abfall der Höhe der Strafen und damit zu einer immer weiteren Entfernung von der jeweils schuldangemessenen Strafe führen (vgl. BGH aaO S. 325). Es wäre bedenklich, wenn ein Gericht eine nach eigener Wertung angemessene Strafe allein im Hinblick auf in anderen Sachen von anderen Kammern verhängte Strafen mildern würde (vgl. u.a. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertungsfehler 23).

5

Stellungnahme von Hermann Benker, Chefs der Polizeigewerkschaft, in der SZ von heute. Online heißt es dazu (Ausschnitt):

Polizeipräsident Schmidbauer erregte nach dem Vorfall Aufsehen, weil er den beschuldigten Polizisten verteidigt und von einem angeblichen Drogenrausch der Frau gesprochen hatte.

"Es hat keiner verstanden, auch viele Polizeiführer nicht, warum er so ins Detail gegangen ist", sagt Benker. Ob Teresa Z. unter dem Einfluss von Drogen stand, konnte an dem Tag nämlich gar nicht geklärt werden: Der zuständige Richter lehnte eine Untersuchung ab. Der Druck auf das Präsidium sei so riesig gewesen, dass man der Versuchung erlegen sei, etwas zu sagen, was man nicht sagen hätte sollen, glaubt der Gewerkschafter. Er wirft den Medien vor, den Fall aufgebauscht zu haben.

Benker versteht nach eigener Aussage allerdings auch nicht, warum Innenminister Herrmann im Landtag persönliche Informationen über Teresa Z. preisgegeben hat. Er bescheinigt dem CSU-Politiker ein schlechtes Krisenmanagement. Auch von der Verlagerung der internen Ermittler, die Anschuldigungen gegen Polizisten bearbeiten, von den Präsidien in München und Nürnberg in das Landeskriminalamt (LKA) hält er nichts. "Was passiert, wenn es mal Vorwürfe gegen LKA-Beamte gibt?", fragt Benker.

Es gebe kein Konzept, und das Verfahren, nach dem Untersuchungen gegen Beamte gehandhabt würden, sei "absolut unprofessionell". Benker schlägt vor, Kameras in Haftzellen zu installieren. Man müsse sich aber auch Gedanken machen, wie man die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei optimieren könne.

In dem (noch) nicht online erschienenen Interview macht Benker durchaus einige Aussagen, die ich (auch in ganz andeen Fällen) für sehr beachtlich halte, nämlich, dass die Polizei überhaupt nicht auskunftsberechtigt sei in solchen Fällen. Benker meint,  dass sie deshalb auch gar nicht gefragt werden sollte. Ich denke, Fragen stellen kann man den Journalisten nicht verbieten, aber detailliert Antwort geben - in Sinne einer Ergebnisprognose - in einem laufenden Verfahren, das sollte tatsächlich weder Polizei noch Staatsanwaltschaft. Und dies ist (wie zuvor schon in vielen hier im Blog kritisierten Fällen)  auch hier geschehen: Sogar der Polizeipräsident hat sich öffentlich geäußert, um "seinen" Beamten zu verteidigen. Das ist - ohne vorherige Ermittlungsergebnisse - unprofessionell, da hat Benker Recht: Denn wie sollen Beamte noch unabhängig ermitteln, wenn der Chef schon das Ergebnis vorgibt?

Nicht zustimmen kann ich Benker bei seiner nach wie vor ablehnenden Haltung zu einer unabhängigen Polizei-Untersuchungskommission.

 

 

 

 

Da es sich bei den Fällen von "Polizeigewalt" um Verdachtsberichterstattung handelt, müssten allerdings auch die hier einschlägigen Anforderungen an die Berichterstattung zum Zuge kommen:

 

http://www.litigation-pr-blog.de/2010/10/10/sieben-punkte-zur-verdachtsb...

 

Auf Punkt 3 hier hob auch Florian Fuchs von der SZ in seinem Interview mit Benker, DPolG, ab:

"Die Presse ist verpflichtet, denen die Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, die in der Kritik stehen. Und das ist in diesem Fall nun mal die Polizei."...

 

Wobei diese "Regel" meiner Erfahrung nach in der Praxis jedenfalls bei "normalen" Beschuldigten fast gewohnheitsmäßig missachtet wird....

 

0

Im Zusammenhang mit Polizeigewalt und einer geforderten Untersuchungsstelle - vielleicht eine Lösungsmöglichkeit für einige Fälle: Zeit-Artikel vom 08.04.2013 - Die Polizei, dein Freund und Kameramann

 

Ich bin angesichts des Orwell'schen Dimension zwar eigentlich ganz und gar nicht angetan von der Idee, aber scheinbar funktioniert es. Die Zahlen sind meiner Meinung nach jedenfalls eindrucksvoll: Rückgang der Anschuldigungen gegenüber den Polizeibeamten von 24 auf 3. Rückgang der Gewaltanwendungen durch Polizeibeamte um 60 Prozent. 

Verkneifen kann ich mir dabei aber die Anmerkung nicht, dass im Fall des Rückganges der Gewaltanwendungen a) die absoluten Zahlen fehlen und b) der Autor dabei nur eine Verhaltensänderung der Beamten unterstellt. Ich halte die Argumentation, dass jemand der weiß, dass sein Verhalten dokumentiert wird, sich zweimal überlegt, ob er Anlass für die zwangsweise Durchsetzung von Maßnahmen (sprich: polizeiliche Gewaltanwendung) bietet, für wesentlich naheliegender.

 

Gruß

Klaus M.

0

Seiten

Kommentar hinzufügen