Wer Entschädigung wegen einer Diskriminierung begehrt, muss zumindest Indizien vortragen

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 25.02.2013

Das AGG untersagt in seinem § 1 AGG die Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Wer im Arbeitsleben wegen eines solchen Merkmals benachteiligt worden ist, hat (u.a.) Anspruch auf Entschädigung, § 15 Abs. 2 AGG. Dabei kommt ihm die Beweiserleichterung des § 22 AGG zu Grunde: Wenn er im Streitfall Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in der genannten Merkmale vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Zumindest solche Indizien müssen aber vorgetragen (und im Streitfall bewiesen) werden. Anderenfalls ist die Klage abzuweisen. Das hat das BAG mit Urteil vom 21.02.2013 (8 AZR 180/12) bestätigt.

Der Fall

Die schwerbehinderte Klägerin begehrt Entschädigung, weil sie bei einer Bewerbung nicht berücksichtigt wurde. Sie war seit 1996 als Büro- und Schreibkraft im Bundespräsidialamt tätig. Nach längerer Erkrankung wurde im Rahmen eines BEM (§ 84 Abs. 2 SGB IX) im Dezember 2009 festgelegt, dass sie nach Möglichkeit die Beschäftigungsdienststelle wechseln solle. Das Bundespräsidialamt wandte sich daraufhin auch an den Deutschen Bundestag, ob diese - nicht namentlich bezeichnete - Beschäftigte dort eingesetzt werden könne. Im Juni 2010 schrieb der Deutsche Bundestag eine Stelle als Zweitsekretärin/Zweitsekretär für das Büro der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages aus. Auf diese Stelle bewarb sich die Klägerin, die über die verlangte berufliche Ausbildung verfügt, unter Hinweis auf ihre Schwerbehinderung. Am 20.08.2010 fand ein Vorstellungsgespräch mit der Klägerin statt, an dem vonseiten des Deutschen Bundestages über zehn Personen teilnahmen, darunter die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten. Ohne Angabe von Gründen wurde der Klägerin am 01.09.2010 eine Absage erteilt. Nach der Ankündigung, Schadensersatzansprüche geltend zu machen, teilte der Deutsche Bundestag am 10.12.2010 mit, dass die Ablehnung der Klägerin in keinem Zusammenhang mit der Schwerbehinderung gestanden habe. Vielmehr habe sie im Rahmen des Vorstellungsgesprächs keinen überzeugenden Eindruck hinterlassen.

Das Urteil

Die Entschädigungsklage blieb in allen drei Instanzen ohne Erfolg. Zur Überzeugung des Achten Senats des BAG hat die Klägerin keine Indizien vorgetragen, die die Vermutung zulassen, ihre Bewerbung sei wegen ihrer Schwerbehinderung erfolglos geblieben. Zwar hat die Beklagte die Gründe für die Ablehnung der Klägerin zunächst nicht dargelegt. Dazu wäre sie jedoch nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX aber nur verpflichtet gewesen, wenn sie der Pflicht zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen nicht hinreichend nach § 71 SGB IX nachgekommen wäre. Das hat die Klägerin nicht dargelegt. Auch die weiteren, von der Klägerin angeführten Tatsachen stellen keine Indizien dafür dar, dass sie wegen ihrer Behinderung bei der Bewerbung unterlegen ist. Auch der Ablauf des Vorstellungsgespräches lässt diesen Schluss nicht zu.

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