SPD will gegen Missbrauch mit Werkverträgen vorgehen

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 03.03.2013

Die SPD sieht (insoweit im Einklang mit den Gewerkschaften) eine offene Flanke des Arbeitnehmerschutzes im Bereich der Werkverträge, mit denen zunehmend Lohndumping betrieben werde. Vor allem im Einzelhandel, in Schlachtereien, aber auch in der Autoindustrie würden zunehmend Arbeitsverträge durch Werkverträge ersetzt, bei denen das Personal ein konkretes Ergebnis der Arbeit schulde und trotz dieses zusätzlichen Risikos zumeist weniger Lohn erhalte. „Das Problem ist zwar nicht neu, aber die Intensität nimmt zu“, sagte Anette Krampe, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion. Ob allerdings diese Einschätzung der Realität entspricht, ist nicht gesichert. Es gibt derzeit keine belastbaren empirischen Untersuchungen über den Einsatz von Werkverträgen im Grenzbereich zur Arbeitnehmerüberlassung. Gleichwohl sieht die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag Handlungsbedarf. Vor kurzem hat sie einen ausformulierten Gesetzentwurf eingebracht (BT-Drucks 17/12378), dessen Kernpunkt eine Vermutungsregel darstellt. Sie hat folgenden Wortlaut:

„Als § 1 Absatz 1a AÜG wird folgende Regelung aufgenommen: „Im Hinblick auf einen bei einem anderen als dem Einsatzunternehmen angestellten Arbeitnehmer besteht eine Vermutung für Arbeitnehmerüberlassung, wenn drei der folgenden Merkmale vorliegen:

1. Die Tätigkeit entspricht dem äußeren Erscheinungsbild nach der Tätigkeit eines im Einsatzbetrieb angestellten oder eines dort innerhalb der letzten zwei Jahre angestellten Arbeitnehmers;

2. der Arbeitnehmer verwendet Material oder Werkzeug des Einsatzbetriebes;

3. es soll kein Ergebnis erstellt werden, das dem Arbeitgeber zugerechnet werden kann;

4. eine Gewährleistung des Arbeitgebers ist vertraglich ausgeschlossen;

5. der Arbeitgeber haftet für Auswahl und fristgerechte Zurverfügungstellung der Arbeitnehmer;

6. es erfolgen von einem konkreten Ergebnis unabhängige Abschlagszahlungen an den Arbeitgeber;

7. die Tätigkeit des Arbeitnehmers ist im Vertrag mit seinem Arbeitgeber detailliert beschrieben.

Wenn im Streitfall eine Partei Indizien beweist, die das Vorliegen von drei Merkmalen vermuten lässt, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass keine Arbeitnehmerüberlassung vorliegt. Es entscheidet die tatsächliche Durchführung des Vertrags über seinen Rechtscharakter.“

Kann die Vermutungsregel nicht wiederlegt werden, liegt erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung vor. Verfügt der „Verleiher“ nicht über die erforderliche Erlaubnis, entsteht u.a. ein Arbeitsverhältnis zu dem „Entleiher“ (§ 10 Abs. 1 AÜG). Die Anwendung dieser Kriterien würde dazu führen, dass die meisten Outsourcing-Konstellationen künftig von der Vermutungsregel erfasst würden. Ob diese Auswirkung in aller Konsequenz bedacht worden ist, erscheint zweifelhaft. Auch fällt auf, dass die Kriterien sehr heterogen sind und von der Wertigkeit her stark differieren. Die wirklich problematischen Konstellationen, die ein Einschreiten rechtfertigen, hätten man wohl etwas zielgenauer identifizieren können. Nicht ganz zu Unrecht warnt der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Karl Schiewerling, davor, das Instrument der Werkverträge unter einen „Missbrauchs-Generalverdacht“ zu stellen. Jedenfalls ist der Antrag der SPD-Fraktion (zusammen mit einem Antrag der Fraktion DIE LINKE – BT-Drucks. 17/12373) am 21.2.2013 an den Ausschuss für Arbeit und Soziales verwiesen worden. Die Diskussion wird in nächster Zeit sicherlich noch intensiv fortgeführt werden.

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